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8. Jahrq. 22 Donnerstag, den 22. Februar 1883. Erscheint wöchentlich drei Mül und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonnementspreis betrag! vierteljährlich i Mark 20 P, prssnnm«r»n<jn. Inserate werden bi« spätesten« Mittag« de« vorhergehenden Tage- de« Erscheinen« erbet«' und die Lorpu«spaltepzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit >0 Pf. berechnet. politische Aundschau. Deutschland. Der Reichstag hat durch seine bis zum 3. April währende Vertagung dem preußischen Abgeordnetenhause nunmehr das Feld wieder geräumt. Wie es heißt, würde das Abgeordneten haus am 16. März seine letzte Sitzung vor den Osterferien halten und diese Zeit ist so knapp beinessen, daß in derselben schwerlich mehr als die Berathung des Etats wird zu Ende geführt werden können. Ob dann noch zur Erledigung der übrigen dringendsten Vorlagen eine Sommersession abgehalten werden wird, ist jedenfalls noch ungewiß. Am Sonnabend erledigte das Haus einen großen Theil des Eisenbahnetats nach meist unerheblicher Debatte. Bei der am Montag fortgesetzten Discussion über diesen Gegenstand wurden das Ordinarium und das Extraordinarium der Ausgaben genehmigt. Aus derselben ist namentlich eine längere Rede des Abgeordneten Wagner hervorzuheben, in welcher derselbe auf den großen Segen und die ausgezeichnete Wirksamkeit des Staatsbahnsystems hinwies. Die Ausführungen Wagner's riefen von verschiedenen Seiten Wider spruch hervor, wobei sich der Abgeordnete Windthorst in seiner Rede für ein gemischtes Eisenbahnsystcm erklärte. Die Berathung des Eisenbahnetats wurde am Dienstag fortgesetzt. In der kirchenpoliti'chen Frage bildet die Veröffentlichung der beiden Briefe, welche der Papst im December und Januar an Kaiser Wilhelin gerichtet hat, im „Moniteur de Rome", dein officiellen Organ das Vaticans, einen bemerkenswerthen Zwischenfall. Wie versichert wird, hat der preußische Gesandte beim Vatican, Herr v. Schlözer, den Auftrag gehabt, der Curie die Bitte um diese Ver öffentlichung auszusprechen, welcher Bitte die Curie demnach nach gekommen ist. Was nun die Briefe selbst anbelangt, so spricht der Papst in seinem ersten, vom 3. December v. I. datirten Schreiben seine Hoffnung auf Wiederherstellung des religiösen Friedens aus, doch verlangt der Papst hierbei, daß die neue kirchenpolitische Ge setzgebung in Preußen in definitiver Weise gemildert und verbessert werde, es sei dies das einzige Mittel zur Wiederherstellung eines dauernden religiösen Friedens. Im zweiten Briefe, datirt vom 30. Januar, drückt der Papst seine Genugthuung darüber aus, daß sich der Kaiser, wie aus dessen Antwort vom 22. December hervorgehe, zu einer Revision der gegenwärtigen kirchenpolitischen Gesetzgebung geneigt zeige. Er, der Papst, habe darum beschlossen, den Bischöfen zu gestatten, die Wahl neuer Pfarrer der Regierung zu motificiren, ohne eine complette Revision der in Kraft befindlichen Gesetze abzu warten. Der Papst verlangt jedoch, daß man die Maßregeln mil dere, welche die Ausübung des geistlichen Amtes und die Ausbildung des Clerus verhindern. Kirche wie Staat müßten in der Lage sein, die Personen, deren sie sich bedienen, jeder Theil seinem eigenen Geiste entsprechend, anszubilden. Der Papst glaubt, daß diese Acu- derungen für das Leben der Kirche unvermeidlich sind; sei hierüber eine Einigung erzielt, so sei es leicht, hierüber zu einem wirklichen und dauerhaften Frieden zu gelangen. Der Landtag des Großherzogthums Weimar ist am vergangenen Sonntag durch Vorlesung einer Propositionsschrift Seitens des Staatsministers von Stichling eröffnet worden. In Bayreuth hat am Sonntag die Leichenfeier für Richard Wagner — dessen irdische Ueberreste bereits in der Nacht vom Sonn abend zum Sonntag und nicht, wie irrthümlich gemeldet, am Sonntag Mittag dort eingetroffen waren — unter großer Theilnahme der Bevölkerung wie auch der auswärtigen Verehrer des Dahingeschiedenen Meisters stattgefunden. Die Leiche wurde in der Gartengruft, die zu diesem Zwecke eigens erbaut worden war, der Wagner'schen Villa „Wahnsried" nur im Beisein der speciell hierzu Geladenen beigesetzt. Die ganze Feier verlief in einfacher, aber würdiger Weise und machte einen tieserareifenden Eindruck. Bekanntmachung. Der 1. Termin Commun-Anlage ist am 2V. dieses Monats fällig und innerhalb 14tägiger Frist an unsere Stadt» cassen-Verwaltung abzuführen. Gegen Säumige wird nach Ablauf der nachgelassenen Zahlungsfrist das Mahn- bez. Executionsverfahren eingeleitet. Zwönitz, am 19. Februar 1883. Der Stadtgemeinderat h. Adam. für .Zwönitz und Umgegend Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. Oesterreich-Ungarn. Das österreichische Herrenhaus beschäf tigte sich ain Montag und Dienstag mit der Berathung der Novelle zum Volksschulgesetz. Die Schulfrage hat bekanntlich in Oesterreich eine politische und staatsrechtliche Bedeutung erlangt, welche sich namentlich in den Debatten des Neichsrathes im vorigen Jahre über den Antrag Lienbacher zum Schulgesetze widerspiegelte. Unterrichts minister von Eybesseld erinnerte am Montag cur diese Debatten und betonte dann, daß rückschrittliche Ideen in der Vorlage nicht ent halten seien, dieselbt lasse neben der Gerechtigkeit auch die Billigkeit walten. Die heutige Volksschule in Oesterreich würde, wenn sie stabil bliebe, nach Decennien oen zeitgemäßen Anforderungen nicht mehr entsprechen, sie müsse daher vor Allem mit der bürgerlichen Gesellschaft in Contact bleiben; auch müsse das erziehliche Moment noch über dem rein wissenschaftlichen stehen. Die Vorlage dürfte schließlich die Billigung des Hauses gefunden haben. Pest, 19. Febr. Das Theater in Arad ist abgebrannt. Der Schaden beträgt über 150,000 Fl.; Menschenverlust ist nicht zu be klagen. Die Entstehungsursache ist bisher noch nicht bekannt. Frankreich. In Frankreich hat das Numpf-Cabinet FalliereS nunmehr definitiv das Zeitliche gesegnet und Ferry die Bildung des neuen Ministeriums übernommen. Wie es heißt, würde Ferry das Auswärtige, Martin Feuillöe das Innere, Waldeck - Rousseau die Justiz, Tirard die Finanzen, General Thibaudin das Kriegsministerium, Rayual das Ministerium der öffentlichen Arbeiten und Cochery das jenige der Posten und Telegraphen übernehmend Diese Äste kann zwar nicht als unbedingt feststehend gelten, doch dürften nur geringe Aendenmgen erfolgen. Indessen sind mit der Neubildung des Cabi- nets die Schwierigkeiten der gegenwärtigen politischen Lage in Frank reich nicht beseitigt, denn noch ist keine Verständigung zwischen den beiden Häusern des französischen Parlaments bezüglich der Präten- denten-Vorlage erfolgt, da der Senat auch den modisicirten Entwurf Barbey am vorigen Sonnabend mit 142 gegen 137 Stimmen ab gelehnt hat. Trotzdem ist in parlamentarischen Kreisen die Meinung vorherrschend, daß der Senat, zumal derselbe die allgemeine Stim mung gegen sich hat, schließlich nachgeben werde. England. In England fesselt der in Dublin spielende Mord- Coniplott-Proceß die öffentliche Aufmerksamkeit fast mehr als es die Verhandlungen des Parlaments zu thun vermögen. Die Aussagen der Kronzeugen gestalten sich für die Angeklagten immer gravireNder und besonders sind die Aussagen, welche der Zeuge Carey über die Ermordung Lord Cavendisch und Sir Thomas Bourke machte, höchst belastend für mehrere der Angeklagten. Die der Theilnahme an der Ermordung der beiden Staatsmänner angeklagten Gefangenen sollen zur Abmtheilung formell vor das Tribunal gestellt werden. Auch sollen in England mehrere Verhaftungen wegen Theilnahme an deü in Irland begangenen Mordthaten bevorstehen. Rußland. Die Vorbereitungen zur Krönungsfeier in Moskau nehmen ihren ungestörten Fortgang und nach den Summen, welche hierzu ausgeworfen sind, zu urtheilen, wird die Feier mit ungewöhn lichem Glanze begangen werden. Nicht weniger als 17 Millionen Rubel sind dazu bestimmt, dem Krömulgsfest jenen glänzenden Schimmer zu verleihen, durch welchen dasselbe in den Augen her Menge erst seinen wahren Werth erhält; freilich wird von dieser Riesensumme wohl mancher Rubel in fremde Taschen wandern. Ueber den Krönungstag selbst verlautet noch immer nichts Bestimmtes und scheint es fast, als ob man in den maßgebenden Petersburger Kreisen der Ansicht ist, daß den Nihilisten doch noch nicht recht zu trauen ist. Italien. Die italienische Negierung hat jetzt in Sachen des von einer arabischen Schildmache in Tripolis gemißhandelten Italieners von der Pforte vollständige Genugthuung erhalten. Der betreffende Soldat erhielt einen Monat Gefängniß und der hierbei mitbetheiligte schuldige Osficier 14 Tage Gefängniß. Uebrigens wird die Nach-