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Amts- iliiS AiiiÄtbliill für den Gezirk des Amtsgerichts Eibenstock L4L L»»S ÄiüUer. Tagesgeschichte Bei der Wahl für das Stadtverordneten - Kollegium am 4. Dezember 1905 sind folgende Herren wieder- bez. neugewählt worden: Vach, Otto Richard, Königl. Oberförster, Abonnement oiertelj. 1 M. 20 Pf. einschließl. des „Jllustr. Unterhaltungsbl." u. der Humor. Beilage „Seifen blasen" in der Expedition, bei unseren Boten sowie bei allen Reichspostanstalten. Trlegr.-Adrrlse: Amtsblatt. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag u. Sonn abend. Jnsertionspreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pf. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pf. Fernsprecher Ur. 2U>. Sonnabend, den 9. Dezember 19V5, mittaqS ' 2I Uhr soll zu Eibenstock eine goldene Herren-Taschenuhr mit Kette an den Meistbietenden gegen sofortige Barzahlung versteigert werden. Versteigerungslokal: Restauration „zum Stern". Eibenstock, am 7. Dezember 1905. Der Gerichtsvollzieher des Kgl. Amtsgerichts — Die Aufständischen in Deutsch - Ostafrika ziehen sich vor den heranrückenden deutschen Streifkorps zu rück, die bereits auf das etwa 80 Kilometer westlich von Morogoro gelegene Kilossa marschieren. Wenn nicht alle An zeichen trügen, befindet sich die Hauptmasse der Rebellen jetzt m der Umgebung von Ssongea, dem 100 Kilometer östlich vom Nyassa-See gelegenen Hauptort der Mharuli-Landschaft. Der „Berl. Lokalanzeiger" erhält nachstehenden Kabelbericht aus Daressalam, 0. Dezember: Die 5. Kompanie unter Oberleutnant Wendland ist in Morogoro eingetroffen. Ein Zug ist unverzüglich auf Kilossa weiter vorgeschoben worden, um das Detachement des Hauptmanns v. Wangenheim für die Expedition nach Mahenge frei zu machen. Die letzten Nachrichten von Ssongea lauten, daß die Situation dort sehr ernst ist. Der Berechnung nach muß Major Johannes dieser Tage in Ssongea eintreffen. — Rußland. Nach den spärlichen, gegenwärtig allein über Eydtkuhnen möglichen Nachrichten ist die Lage nach wie vor äußerst bedrohlich. Demgegenüber betont ein Re- gierungs - Communiquö unter dem Hinweise darauf, daß die Regierung unbeugsam entschlossen sei, die am 30. Oktober verheißenen Reformen durchzuführcn, die Unmöglichkeit, die Bevölkerung und die Verwaltung mit einem Schlage an die durch das "Manifest vom 30. Oktober geschaffenen neuen Verhältnisse zu gewöhnen. Bis die Reformen aus gesetz geberischem Wege durchgeführt seien, müßten die alten Ge setze in Kraft bleiben, soweit sie nicht durch zeitweilige Be stimmungen ersetzt würden. Gegenwärtig seien fertiggestellt die Entwürfe temporärer Bestimmungen über die Preßfreiheit und das Vereinsrecht. Die Beratungen über die Reform des Reichsrats und über die Erweiterung des Wahlrechts näherten sich dem Ende. Die Wahlen zur Reichs-Duma würden be schleunigt. Gleichzeitig seien Maßnahmen gegen die die öffent liche Sicherheit gefährdenden Ruhestörungen in Angriff ge nommen. Der Verband für Preßschutz erhebt gegen die er wähnte Einführung von zeitweiligen Preßvorschriften Einspruch, weil diese die durch das Manifest vom 30. Oktober gewährte Preßfreiheit entstelle und die Beibehaltung der bisherigen administrativen Willkür anstrebe. Der Verband protestiert energisch gegen den Geist des ganzen Planes, der die Präventivzensur für die Zeitungen beibehalte und dem Minister des Innern und anderen Verwaltungs - Beamten das Recht gebe, nach ihrem Ermessen Blätter zu unterdrücken, sowie die Presse des Rechtes freier Kritik der Regierungs angelegenheiten und der Handlungen von Amtspersonen be raube. Der Verband beschloß, falls der Entwurf Gesetzeskraft erhalte, die Preßfreiheit auf den vom Verband bekanntgegebenen Grundlagen in die Wirklichkeit umzusetzen. Der Cyef der Oberprcßbehörde Belgard hat den erbetenen Abschied erhalten. Auf dem in Moskau tagenden Gutsbesitzer-Kongreß richtete die Mehrzahl der Redner heftige Angriffe auf Witte; er führe Rußland dem Untergang entgegen. Es wurde beantragt, an den Zaren die Bitte um Entlassung Wittes zu richten. Der Kongreß beschloß, den Zaren durch eine Adresse um Wiederherstellung der Ordnung und Ersetzung der gegen wärtigen Regierung durch eine andere zu bitten, weil die gegenwärtige außerstande sei, die Wirren zu unterdrücken. Hinsichtlich der Agrarfrage wurde eine Resolution gefaßt, daß das Landbedürfnis der Bauern durch Kron- und Kommunal- Ländereien zu befriedigen sei. — Türkei. Konstantinopel, 7. Dezember. Die „Pforte" hat gestern an ihre Vertreter bei den Mächten ein Handschreiben gerichtet, worin sie mitteilt, daß sie die Finanzkontrolle mit einigen Abänderungen ent sprechend den Landesgesetzen angenommen habe. Die Vertreter wurden angewiesen, das Rundschreiben den be treffenden Regierungen mitzuteilen und sie zu ersuchen, daß sie ihre Botschafter beauftragen, die Vorschläge der Pforte gutzuheißen. — Amerika. In den Vereinigten Staaten ist die Botschaft des Präsidenten Roosewelt an den Kongreß ergangen. In ihrer Einleitung wird her- vorgehobcn, daß die Vereinigten Staaten sich fortdauernd großen Gedeihens erfreuen. HiriNchtllch der Finanzlage heißt es, eine Politik der Sparsamkeit sei ernstlich zu empfehlen, doch nicht am falschen Platze. An der Marine Abstriche zu machen, wäre ein Verbrechen gegen die Nation. In Betreff der Monroe-Doktrin erklärt die Botschaft, die Vereinigten Staaten hätten keine Annexionsgelüste gegenüber den süd lichen Republiken, sondern hätten nur die Wohlfahrt aller im Auge. Schließlich empfiehlt der Präsident dem Kongreß aufs entschiedenste, ohne Verzug eine genügende Summe zu bewilligen, um die laufenden Ausgaben für den Panama kanal zu decken. Lokale und sächsische Nachrichten. — Eibenstock, 8. Dezember. Vermißt wird seit Montag dieser Woche die 16jährige Ausbesserin Marie Baumgärt 1 aus Sauersack in Böhmen. Das Mäd chen hat am genannten Tage vormittags die elterliche Wohnung in Sauersack verlassen, um nachmittags in Eibenstock seine Arbeit wieder aufzunehmen. Bis jetzt ist das Mädchen hier aber nicht eingetroffen, sein Verbleib auch trotz vieler Forschungen nicht zu ermitteln gewesen. Die Annahme, das Mädchen könne sich nach einem andern Orte gewendet oder sich selbst ein Leid angetan haben, erscheint nach Angaben von Angehörigen völlig ausgeschlossen. Wahrnehmungen, die zur Ermittelung des Verbleibes der Vermißten führen könnten, wolle man mit Beschleunigung der Polizeibehörde hier oder sonst einer Be hörde melden. Das Mädchen ist von mittlerer Statur, kräftig, hat schwarze Augen, dunkelblondes Haar, nicht be sonders lebhafte Gesichtsfarbe, volles Gesicht, trüg einen weißen und einen grauen Nnterrock, einen schwarzen Oberrock, eine schwarze Jacke, einen blaßroten Schal als Kopfbedeckung, schwarze hohe Schnürschuhe aus Leder, und führte bei sich eine gehäkelte Handtasche mit verschiedenen Kleidungsstücken (Unterröcken, Jacken, Schürzen, Strümpfen) Inhalt. — Schön Heide zählte nach der vorläufigen Fest stellung bei der diesjährigen Volkszählung 7680 Einwohner in 577 Wohnhäusern und 1690 Haushaltungen. Gegen 1900 (7454) ein Zuwachs von 226 Einwohnern. — Schö nheiderhammer. Nach dem Ergebnis der am l. Dezember stattgefundenen Volkszählung waren hier in Summa 1193 und zwar 567 männliche und 626 weibliche Personen aufhältlich. Am 1. Dezember 1900 waren hier 1404 — 54 l männliche und 563 weibliche Personen. — Dresden, 6. Dezember. Der von der Regierung angekündigte Gesetzentwurf über eine veränderte Zusammensetzung der Ersten Kammer wirft seine Schatten voraus. In Befolgung des Grundsatzes, welchen schon Minister von Metzsch bei der Debatte über die Wahl rechts - Interpellationen' aussprach, daß die Regierung nur dann eine Vorlage an die Kammern zu bringen vorziche, wenn sie aus die Zustimmung der Ständeversammlung mit Bestimmtheit rechnen könne, hat die Regierung in letzter Zeit bei den einzelnen Abgeordneten Fühlung genommen, ob sie insonderheit mit der Vermehrung der Ersten Kammer um 5 Industrielle einverstanden seien. Da nun der Verband Sächsischer Industrieller in Erfahrung gebracht hat, daß die Regierung das Ergebnis zu verzeichnen hat, daß sie auf eine -Majorität für diese Verfassungsänderung rechnen kann, so sind Reibungen entstanden zwischen dem Verbände einerseits und den ihm freundlich gesinnten Abgeordneten, welche der national-liberalen Partei zugehören, andererseits aber auch mit denjenigen Abgeordneten (auch unter der konservativen Partei), welche sich auf das Programm des Verbandes Sächsischer Industrieller festgelegt haben. Die Mehrheit der Regierung war zahlenmäßig nicht anders zu erreichen, als daß mehrere dieser Herren ihre Zustimmung zu dem gaben, was die Regierung anbietet, womit aber der Verband Sächsischer Industrieller sich auf keinen Fall einverstanden erklären wird. Daß diese Differenzen schließlich zu einem Ab rücken des Verbandes von den betreffenden Abgeordneten führen, ist nicht ausgeschlossen. — Dresden, 7. Dezember. Es wird in Kreisen, welche über die Stimmung «n der sozialdemokratischen Ar beiterschaft gut orientiert sind, versichert, daß die Führer der Bewegung aus einen Massenstreik hinarbeiten. Man sondiert bereits die Zahl der Gefolgschaft, und eine ober flächliche Heerschau soll ergeben haben, daß mindestens 60 Prozent der Arbeiterschaft zu diesem Schritte, welcher gerade jetzt kurz vor Ablauf der alten Handelsverträge der Industrie doppelt peinlich sein würde, bereit sind. Vorläufig will man jedoch noch die Antwort abwarten, welche Herr Staats Minister von Metzsch auf die Interpellation des Genossen Goldstein über die Vorgänge bei den legten Straßendemon strationen im Landtage erteilen wird, und da diese — wie Kunz, Karl Richard, Kaufmann, Löscher, Bernhard, Maennek, Alban Otto, Mehnerk, Karl Paul, Stickmaschinenbcsitzer, Htt, Karl Eduard, Aeidek, Karl Hermann, „ Die Gewählten haben die Wahl angenommen. Einwendungen gegen das Wahlverfahren sind bei deren Verlust binnen 3 Wochen nach der Stimmenauszählung hier anzubringen. Ttadtrat Eibenstock, den 8. Dezember 1905. Hesse. — Deutschland. Der Reichstag hat am Mittwoch einen sogenannten großen Tag gehabt. Auf der Tagesordnung stand die erste Lesung des Etats in Verbindung mit der Marinevorlage und der Reichsfinanzreform samt den Steuer gesetzen. Gleich zu Beginn der Verhandlungen nahm der Reichskanzler Fürst von Bülow das Wort, um die Vorlage über die Reichsfinanzreform in streng sachlicher, von hohem Ernste durchwehter Rede nach den leitenden Grundgedanken hin zu rechtfertigen und ihre Annahme den Volksvertretern warm ans Herz zu legen. Der Reichskanzler betonte mit allem Nachdrucke, daß die der Reichsfinanzreform dienenden Gesetzentwürfe die wichtigste und bedeutsamste Vorlage seien; denn von ihren« Schicksal hänge nach der Ueberzeugung der verbündeten Regierungen die Wohlfahrt und die Sicherheit, die gedeihliche Entwicklung und die Zukunft des Reiches so wie der verbündeten Einzelstaaten ab. Die Einzelbegründung gab alsdann in mehr als zweistündiger Rede der Staats sekretär des Reichsschatzamtes Freiherr von Stengel. Nach ihm sprach der Abgeordnete Fritzen vom Zentrum, der gemäß der Taktik seiner Partei im großen und Ganzen eine zurück haltende Stellung beobachtete. Die Steuern auf Bier und Tabak gefallen ihm nicht, dagegen möchte er bei der Erb schaftssteuer noch weit über die Vorschläge der Regierung hinausgehen. Schließlich richtete er eine ganze Anzahl kon kreter Fragen über die auswärtige Politik an den Reichskanz ler, deren Beantwortung diesem Gelegenheit zu einer außer ordentlich bedeutsamen Rede gab. Fürst Bülow verhehlte nicht, daß die Lage ernst sei, soweit Frankreich und England in Betracht kominen. Zwar seien gewisse Verstimmungen beseitigt, aber weitere Verstimmungen seien für die Zukunft leider nicht ausgeschlossen, jedenfalls müsse man auf der Hut sein; denn heutzutage müsse, selbst wenn die Regierenden friedfertig gesinnt seien, mit feindseligem Aufflammen der Volksleidenschaft gerechnet werden. Der Kanzler betonte zum Schluffe die seit der Einigung der deutschen Stämme an dauernde Friedensliebe des Deutschen Reiches, die nur Bös willigkeit anzweifeln könne. Die Rede fand im ganzen Hause mit Ausnahme der Sozialdemokratie andauernden und leb haften Beifall. — Berlin, 7. Dezbr. Gouverneur v. Lindequist meldet, daß der Kapitän der Hoachanasser Hottentotten, Manasse nebst 23 Anhängern im Gefecht bei Gubuonis ge fallen sei. Kapitän Michael von Omaruru und sein Bruder Hugo hätten sich mit acht Begleitern bei der Behörde in Walfischbay gestellt. — Die Ursachen des Aufstandes in Deutsch- Südwest-Afrika werden in scharfer Weise dargelegt durch einen Bericht, den der Distriktschef von Gobabis über eine Reise nach dem Gebiet ain Ngamisec machte. Er traf dort die Häupter der Herero an, mit denen er sich über ver schiedene Dinge unterhielt. Da findet sich folgende Be merkung: „Bei der Beurteilung der Stärke der Deutschen vor dem Kriege war bei den Herero die Ansicht maßgebend, daß wir Deutsche zu schwach seien." Diese Ansicht war eine Folge der englischen Einflüsterungen. Ganz systematisch hatten die Briten den Eingeborenen diese Ueberzeugung bei gebracht, sie wurde immer und vor« vielen Seiten wieder holt und dann erschien sie den Leuten als etwas Greifbares. Schon im Jahre 1889, als die Wühlereien des englischen Abenteurers Robert Louis den alten Kamaharero zu einem feindlichen Vorgehen veranlaßten, durch welches der Reichs kommissar I)r. Goeving zur Flucht nach der Küste getrieben wurde, spielte/der Satz die Hauptrolle, daß die Deutschen schwach seien. Dieser Glaube wurde bestärkt, weil die Deutschen dort niemals mit entsprechender Macht auftraten. So war das zu einem Grundsatz erster Klaffe geworden, den britische Stimmen stets unterstützten und nährten. Daher konnten die Herero leicht zu einem allgemeinen Aufstande gebracht werden, da sie der Ansicht waren, daß sie mit einem Male die Deutscher« überwältigen könnten und dann nichts zu fürchten hätten, da man die ganze deutsche Macht vernichtet hätte. Alle anderen Ursachen des Kampfes, namentlich die Anklagen gegen die Händler waren dabei nur nebensächlicher Art. Die obige Feststellung durch die Häuptlinge ist daher von Bedeutu..g. und dessen Umgebung. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. > 52. Jahrgang. — > . Somabend, den 9. Dezember