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Donnerstag, 2S. Mai ISIS. Nr. 121. Mer Tageblatt MA'DDWD mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: /wer Sonntagsblatt. »Sg«r un» »uiiabistelltn, s,wl» all» p»slanstcilt,n un» 0rl»ftr«,«, n»hm,a 0«sI«Uun,«a «nt,«,,u. Mseiger für -as Erzgebirge Sprechstunde S», Ne-aktioa «it -»»«nahm» »re Sonntag» nachmittag« 4—S Uhr. — Lelegramm-stSkest», Tageblatt flurerzgeblrg». Zer..sprech»! S? Nufa°?«^»«!':>ns!raÄ Zür unverlangt ringefanbt» Manuskript» kann SewShr nicht gelelstel wer»»«. manusti^«u'q«"Echlttd-rm 8. Jahrgang. Diese Nummer umfaßt 8 Seiten. Das Wichtigste vom Tage. Der Kaiser empfing am Mittwoch die argenti nische Sondergesandtschaft und die russi schen, österreichischen und württember- gischen Militärabordnungen. * Der ReichSangetger hat das Gesetz über di« Ge« ivährung von Beihilfen an Kriegsteilneh mer veröffentlicht. * Die erste Lesung des WehrbettragcS in der Vudgetkmmnisstou nimmt heute ihren Anfang. ' * Der Reichstag trat gestern in die zweite Le sung des Reichs- und Staat-angehörig- keitsgcsetzes ein.*) * Der Nu »beuch eine» Kriege» zwischen Grie che »land und Bulgarien wird al» unab wendbar betrachtet.*) * Nach sicheren Londoner Informationen dürfte der Abschluß de» Präliminarfriedens spä testens bi» Freitag erfolgen. »> .in ander»« will«. IE- Mutmaßlich« Witterung am 8V. Mai: Südwest- winde Bewölkungszunahme, warnu Gewitter, zeitwaise Niederschlag. -dL Braunschweig 'E> Einige Zeit vor der Vermählung der Prinzessin Vik toria Luise von Preußen mit dem Herzog von Brauw- schwetg-Lüneburg Wußten allerhand Seher der Zu kunft zu berichten, daß der Bundesrat den Thron von Braunschweig alsbald fretmachen würde, damit der Kai ser ihn als Hochzeitsangebinde dem jungen Herzogs» paar anbieten könne. Eine Weile sah es wirklich auch so aus, der braunschweigische Gesandte in Berlin ent wickelte eine rührige Tätigkeit, an allen maßgebenden politischen Stellen tauchte er auf und hüllte sich allen Fragern gegenüber über seine Mission und deren Er- folge in tiefstes Schweigen. An all der Geheimtuerei war aber nichts; der Bundesrat wurde nicht einberufen, um seinen Beschluß umszustoßen, wonach alle Mitglieder de» Cumberländischen Hauses auf Hannover verzichten ha- ben müssen, ehe eine» von ihnen zur Regierung in Braunschweig zugelassen werden könne. Auch die Hoch- zettsseterltchkeiten gingen vorüber, ohne daß die soge nannte braunschweigische Frage in den Vordergrund de» Interesses getreten wäre; nur der Kaiser machte in Naturwissenschaftliche Runäschau. Nachd.u« v»rd«i«n. (Neues vom vogelflug. — »rooo Rins« und th, stweck. — Lin- weit« Reise. — wind un» Wsist- al, Ursache von Lrdbeben — Kritisch« Leiten für die Lrde — Lirbera« und Ivaffertemp iatur. — v«r sechste Erdteil und seine Sr»ße. — Neueiungen beim w»«t»rdi«nst and der lveitervochersaae. — her Sona de» Urmenschen und der lN« scheu- suh. — von der Luiwicklung de» S.hirn».) Tine der interessantesten Aufgaben, diesich die Zoologie gegenwärtig gestellt hat, sind Forschungen über den Klug der Vögel. Man wußte Mar schon früher, daß sich unsere hei- mischen Dögelarten beim Herannahen der kälteren Jahre»- zeit zum größten Teil auf di« Wanderschaft Legeben, um südlichere Gegenden und mildere Klimata aufzusuchen. Uber welche Wege hierbei etngeschlagen werden, mit welcher S ch n e l l i g k e i t die Vögel fliegen, undwi« wett schließ- lich die Reise geht, darüber war Genauere» nicht bekannt. Die wenigen Angaben, die hierüber zu erlangen waren, rühr, ten -meist von den Reisenden her, die di« eine oder andere Vogelart da oder dort angetroffen hatten. Damit war aber noch lauge nicht gesagt, ob der Ort, an dem man sie im Sü den sah, auch wirklich da» Endziel der Nets» darstellt«, noch weniger aber wußte man, wie st» dorthin «»langt waren, und wie lange sie gebraucht hatten. Erft in neuerer Zett hat man die Beobachtung systematisch organisiert. Auf den so genannten Vogelwarten wttd alljährlich eine ganze Anzahl von Vögeln mit Ringen versehen, di» man an ihren Füßen befestigt und aus die man bestimmt» Angaben «ingraotert. Werden nun an anderen Orten derartig» mit Ringen ausge- stattete Vögel beobachtet, oder findet man ihre Leichen, so wird die» an irgendeine der Vogelarten mttgetetlt, die all« miteinander in Verbindung stehen. Lus dies» Weif» hat man im Lauf« der Jahre ein gewaltige» Material gesammelt, durch La» man wirtvoll» Ausschlüsse Über dt» Zugstraßen seiner gemütvollen Ansprache an da» neuvermählte Paar die Anspielung, daß e» Wohl bald den Thron von Braunschweig besteigen werde. Außer den Braunschweigern selbst scheint niemand die Sache für eilig zu halten, selbst das junge Herzogs paar nicht; es erfreut sich der Flitterwochen in dem Jagdschloß Hubertusstock und in den herrlichen Wäldern am Werbellinsee in der Mark Brandenburg und wird dann vorerst ein Tumberländtsche» Jagdschloß bei Gmunden beziehen. Dann wird der Herzog seinen mili tärischen Dienst beim Rathenower Husarenregtment fortsetzen und sich in der Führung seiner Schwadron üben. Er genießt den Ruf eines schneidigen Retters ohne die unangenehmen Beigaben, die sonst Wohl mit der Schnetvigkekt zuweilen verbunden sind. Ueberhaupt hat der junge Schwiegersohn des Kaisers auf alle Personen, die Gelegenheit hatten, bet den Hoffesten in seine Näh« zu kommen, einen geradezu entzückenden Eindruck ge macht wegen seine» einfachen, bescheidene» ritterlichen Wesens. Durch die Presse läuft die Nachricht, die Tochter de» Kaiser» habe zu einem vertrauten Kreise geäußert, sie richte sich mindesten» auf einen einjährigen Aufent halt in Rathenow ein. Danach würde sie also den Ein zug in Braunschweig erst für da» nächste Früh jahr in Aussicht nehmen — vorausgesetzt, daß die Aeußerung gefallen ist, wa» natürlich niemand kon trollieren kann. Geschmack, und taktlos ist die Erftn- düng, der Bundesrat werde dt« Beseitigung der Htnder- Nisse, die der Thronbesteigung entgegenstehen, erst be schließen, wenn au» der Ehe männliche Nachkommen schaft hervorgegangen sei. Daß von dieser Frage die Enk schetdung de» Bundesrate» nicht abhängig gemacht wer den kann, liegt für jeden mit staatsrechtlichen Dingen auch nur oberflächlich vertrauten Politiker auf der Hand. Der Thron von Braunschweig gehört dem Herzog aus Grund des bestehenden, von allen deutschen Regierungen anerkannten Rechte», einerlei, ob Nachkom menschaft vorhanden sein wird oder nicht. Eher ließe sich die Verzögerung de» Bundesratsbeschlusses erklären au» dem Umstande heraus, daß man erst die Entwick lung der wölfischen Bewegung in Hannover abwarten wolle, ehe man die Hand bieten könne zur Zu lassung de» gegenwärtig letzten WelfensprosseS auf den braunschweigischen Thr'on. Aber auch diese Annahme ist unbegründet. Allerdings ist die wölfische Bewegung äußerlich noch nicht im Abflauen begriffen; hat doch eine wölfische Versammlung in Hannover nun erst recht die Hoffnung auf eine Wiederherstellung des hannoverschen Throne» ausgesprochen und die Tochter de» Kaisers al» wölfische Fürstin begrüßt. Aber die Lo gik der Tatsachen wird auch in diesem Falle sicher nicht versage» und dl« wölfischen Gemüter zur endgtltigen Versöhnung mlt den staatlichen Zuständen seit 1866 bringen. Die Welfen in Hannover werden nicht welfi- scher fein wollen, al» der Herzog von Braunschweig, der auf Hannover verzichtet hat. Freilich, der Herzog von Eumberland hat auf Hannover noch nicht verzichtet, usw. erhielt, auf denen die einzelnen Vogelarten verkehren. Freilich -müssen viele Tausend« von Ringen Verwendung fin, den, bi» man vielleicht ein einziges Mal wieder einen davon aufftndet. Ein solcher Ning kann aber sehr wichtig für die Bereicherung unserer Kenntnisse werden. So wurden im Laufe der beiden letzten Jahre in England von einer Vogel- warte au» nicht weniger al» 82 000 Ringe verteilt, die allen möglichen freilebenden Vögeln, die man eigens zu diesem .Zwecke fing und dann wieder los ließ, angeheftet wurden. Lin mit einem solchen Ringe versehener Vogel, «ine Schwal be, wurde nun im Dezember vorigen Jahre» in Natal ge- fangen. Die auf dem Ringe befindliche Nummer ermöglichte di« Feststellung, daß der Llogel mehr al» Jahre vorher in Rosehtll, in Mittelengland, gezeichnet worden war. Die ser einzige Fund beweist, daß die Schwalbe ganz ungeheuer weit« W^e zurückgelegt hatte, um dem- Winter unserer nörd. lichen BrLiten zu entgehen. Man hat zwar früher schon in Nordafrika Schwalben gefunden, die von deutschen Vogelwar ten gezeichnet worden waren. Daß diese Tiere aber auch noch weiter südlich fliegen, hat erst der vorliegende Fall Le- wiesen, der zeigte, daß die gewöhnliche Mauerschwalbe ganz Europa und Afrika überfliegt, um endlich im Süden de» schwarzen Erdteil» «ine ihr behagende Ruhestätte zur Win- terszeit zu finden. Ebenso wie die Forschungen über den Vogelflug, so hat man auch dt« über die Entstehung vonErdLeben in ganz bestimmter Weise organisiert. Ueber weite Teile der Erde stnd heutzutage Erdbebenwarten verstreut, die mit sehr fei- nen Instrumenten ausgerüstet stnd, mit Hilfe deren sie auch die leisesten Schwankungen der Erdrinde zu erkennen und aufzuzeichnen, sowie Ort und Richtung des Beben» festzu- stellen vermögen. Da hat sich nun die merkwürdige Tatsache ergeben, daß die Erdbeben viel häufiger vorkommen, al« wir bisher glaubten. Wir IPrechen nämlich nur dann er ist aber auch von keiner Sette au» bekannten Grün den zu einem Verzicht aufgefordert tvorden. Jedenfalls iv-ird der Bundesrat au» dem Verhalten de- Eumbev- länder» keinen Anlaß entnehmen, dem jungen Herzog Schwierigkeiten zu bereiten. Aus der anderen Teste hat er aber auch keinen Anlaß, seine Entscheidung zu Le- schleunigen. Zn den Kreisen des Bundesrat, die sich vorzugsweise mit staatsrechtlichen Fragen zu befassen haben, wird angenommen, daß der Spätherbst her« ankommen wird, ehe der Kaiser durch die preußische Regierung beim Bundesrat den Antrag auf Aenderung oder Aufhebung des BundeSratsbeschlusses stellen las sen wird. Alsbald nach Schluß des Reichstage» geht auch der Bundesrat in die Ferien bis gegen"Ende Sep tember. So lange mindesten» wird man sich in Braun schweig und anderwärts gedulden müssen. Politische Tagesschau. «u. 29. Mai. Deutscher Reichstag. X Von der gestrigen Reichstagssitzung versprach man sich noch am Vortage eine kleine politische Sensation. Man hoffte nach den Pfingferien zum ersten Male den Reichs kanzler begrüßen zu dürfen und ihm über die soziastemokra- tische Interpellation wegen der Einschränkung de» Vereins gesetze» und des Preßgesetzes in Elsaß-Lothri ngen reden zu hören. Alle» Hoffe»' wurde zu Essig .'.. denn gleich zu Beginn der Sitzung e*' te der Staatssekretär de» In nern Dr. Delbrück, . , der Reichskanzler erst gegen Ende dieser Woche bereit sei, die Interpellation zu beant worten. So sah sich das Haus zu seinem Leidwesen genötigt, Kiesen interessanten und politisch aktuellen Punkt vorerst von der Tagesordnung abzusetzen. Man ging daher^bald zur Be ratung des Entwurfs eines Reichs-und Staatsange» Hörigkeitsgesetzes sowie zur Aussprache über ein» Abänderung des Reichsmilitärgesetze» und Wehrpflicht über. Eine besondere Kommission de« Reichstages hatte den Gesetzentwurf in zahlreichen Sitzungen vorberaten und für das Plenum wohl vorbereitet. So hatte sie eine Regierungssassung gestrichen, wonach die Häufung der Staatsangehörigkeit in deutschen Bundesstaaten beseitigt werden sollte. Die Aussprache blieb fast ausschließlich den Juristen in den Wbgeordnetenbänken vorbehalten. Ehe man auseinanderging, erteilte das Haus dem Präsidium die Er mächtigung, dem Kaiser die Glückwünsche des Reichstages zum Negierungsjubiläum persönlich zu überbringen. Auch die Schriftführer und die Quästoren werden sich an dieser Deputation beteiligen. Die bürgerlichen Parteien spendeten dem Vorschlag lebhaften Beifall. Am heutigen Donnerstag wird man in der Beratung des Staatsange-Hörigkeitsgesetze« fortfahren und im übrigen nur kleinere Vorlagen zur De batte stellen. deutsche Worts de« Fürste« Fürstsnverg. In der letzten Sitzung de» Ehrenausschusses der land- und forstwirtschaftlichen Wteilung der deutsch- oon einem Beben, wenn es uns in irgendeiner Weise zum Bewußtsein kommt, wenn wir es empfinden. Tatsächlich aber finden fortwährend Erschütterungen der Erdrinde statt, die zum Teil so schwach sind, daß sie nur durch die aller feinsten Instrumente wahrgenommen werden können. Beo bachtungen über den' Wind haben zur Gewißheit gemacht, daß derartige Schwankungen mit der Windbewegung in Zusammenhang stehen und durch diese hervorgerufen wer den. In ähnlicher Weise, wie der über die Wasseroberfläche dahinstreichende Wind auf dieser Wellen erzeugt, so erzeugt er auch im Innern der Erde wellenförmige Erschütterungen. Eine zweit« Ursache für die eben erwähnte Art von geringen Beben, fand man in der Wucht, mit der die Wellen de» Meere» gegen die Küsten anprallen und dadurch gleichfall« Schwingungen erzeugen. Diese Schwingungen stnd, wie die» angesichts der Art und Weise ihrer Entstehung ja erklärlich ist, am Ufer de» Meere» am stärksten. Ihr« Kraft und Ge walt nimmt dann gegen da» Inner« de» Festlandes zu all mählich ab. Diese Forschungen erklären jedoch nicht dt« Ei genart mancher Weben und insbesondere nicht, warum di größeren und schwereren Eidbeben ausgewst werden. Natürlich müßen zur Entstehung eine» solchen immer gewiss« Vorbedingungen gegeben sein. Aber diese Vorbedingungen können lange Zeit hindurch existieren, ohne daß es zur Ka tastrophe kommt. Um diese herbetzuführen, muß erst noch eine bestim 'e Ursache wirksam werden. Al» derartige Ur sache hat nun Professor Dr. R. Spitaler tu Prag dieAchs«n- schwunkungen der Erde ermittelt. Schon früher stellt« der bekannte Erdbebenfovscher Milne fest, daß zwischen der Zahl de^ Weben und den Veränderungen in der Lage de« Pole» gewisse Beziehungen obwalten. Bekanntlich liegt der Erdpol nicht immer in der gleichen Lage zur Erdbahn, sondern macht «ine ganz bestimmte, regelmäßige Bewegung. Durch diese Polverschiebnngen werden Flugkräfte wachgerufen, Li«