Volltext Seite (XML)
.L U F F WWIKMIWUOi ^MMWWWU 4 Wckv d W»U w Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das »Wilsdruffer Tageblatt^ erscheint an ollen Werktagen nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3o RM., bei Postbesteliung 2 AM. zi'zSglich Abtrog- n gebühr. Einzelnummern U«pig.AMPoIi°nst<iI>cn Wowenblatt für Wilsdruff u. Umgegend PostboienundunskttAus. träger und Geschäftsstellen - nehmen zu jeder ^eit Be« stellungen entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung der Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Riicksrndung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur. wenn Porto beiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: Lie 8 gespaltene Raumzelle 20 Rpfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Rachweisungsgebühr 20 Reichspsennigc. Do^ geschriebene Erscheinungs- — _ taae und PlatzvUrschriften werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Am^ Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt.' Anzeigen annahme bis norm.10 Uhr. - — Für die Mehligkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Gar antic. nieder Radattansprr ch erlischt, wenn der Betra g durch Klage eingezvt,en werden nmß oder der Auftraggeber in Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Dermitllur gsftkllen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Sonnabend den 16 Juni 1928 Rr, 139. — 87. Jahrgang Telegr.-Adr.: .Amtsblatt« Milsdrnff- Dresden Postscheck: Dresden 2640 Präsidentenwahlen. Der Gentlcmanpräsidcnt. — Unerfreuliche Aussichten. — Hoover in Front. In keinem Lande der Welt wird so viel Gewicht ans Innehaltung äußerer Tradition gelegt wie in England. Noch heute umwallt jedes höheren englischen Richters Haupt die gewaltige Weiße Lockenperücke, noch heute tragen die englischen Regimenter Uniformen aus längst vergangener Zeit mit Bärenmützen und in buntester Farbenpracht. Noch heute sitzt der Präsident des Eng lischen Unterhauses, der „Speaker" (Sprecher), auf dem Wollsack, die Weiße Perücke auf dem Haupt und in der Tracht des 17. Jahrhunderts. Dazu paßt es, daß auch heute noch im Englischen Unterhaus der Zylinder als Kopfbedeckung dominiert und nur abgesetzt wird, wenn der Betreffende das Wort ergreift. Jetzt ist Neuwahl des Präsidenten gewesen und natürlich stellte hierfür die stärkste Partei, die Konserva tiven, den Kandidaten. Aber auch die Arbeiterpartei wählte ihn, nicht deswegen, weil er der stärksten Partei «»gehört, sondern als Menschen. Als Gentleman, der nicht mehr einer Partei angehört, wenn er sich auf den Wollsack setzt. Für den alle nur Mitglieder des Parla ments sind, nicht Mitglieder der Regierungspartei oder der Opposition. Nur für die Würde des Hauses sorgt er und für glatte Erledigung der parlamentarischen Ge schäfte. Seine Geschicklichkeit und Überparteilichkeft über wand einmal schwerste Hindernisse, als die Gemüter zum Sieden erhitzt waren und die Opposition zur Obstruktion wurde. Ihn, den Konservativen, wählte jetzt dieselbe Oppo sition, die er damals mit fester, aber schonender Hand in die Wege normaler Betätigung zurückgelcitet hatte; die Arbeiterpartei wählte den Mann, der sein Adelsgeschlcch: zurücksühren kann auf die normannischen Barone, die vor fast 900 Jahren unter Wilhelm dem Eroberer nach Eng land kamen. -j- Und in Deutschland!/ Da entbrannte jetzt bei der Wahl des Reichstagsprästdiums erbitterter Kampf. Stän diger, nur selten durchbrochener Brauch ist es, daß die stärkste Partei den Präsidenten stellt, die Posten der Vize präsidenten besetzt werden gemäß der Stärke der Parteien. Wohlgemcrkt: der einzelnen Parteien, und kommende oder vorhandene Koalitionsgruppicrungen spielen dabei keine Rolle. Nur 1912 hat man es anders gehandhabt. Dieser rein mechanische Gesichtspunkt schaltet also partei politische Strömungen ans — wenn er allseits beachtet würde. Aber das geschah bei der jetzigen Neuwahl nicht. Schon daß die Kommunisten gegenüber dem Kandidaten der stärksten Partei, der Sozialdemokratie, durch Auf stellung eines Sonderkandidatcu demonstrierten, war eine Durchbrechung jenes stillschweigenden Übereinkommens, «der auch die Deutschnationalen gaben nur weiße Zettel ab, enthielten sich also der Stimmabgabe für Löbe. Beides hat dann zu einem parteipolitischen Wirrwarr bei den Wahlen der Vizepräsidenten geführt, die deswegen un erfreulich ist, weil sie nur eben die Wahl eines Partei mannes, nicht aber des überparteilichen, allseits an erkannten „Gentleman" veranlaßte. Weil schon jetzt und bedauerlicherweise bei dieser sonst nur formal behandelten Angelegenheit die Gegensätze aufeinanderplatzten. Das ergibt unerfreuliche Aussichten auf die Zukunft des Reichstages und seiner politischen Arbeit. Gerade im deutschen Parlament ist das Parteimäßige überhaupt zum Selbstzweck geworden, verschwindet der Abgeordnete als Mensch in der Parteimaschine. Auch 1924 gaben die Sozialdemokraten dem Kandidaten der damals stärksten Fraktion, der deutschnationalen, bei der Präsidentenwahl ihre Stimmen nicht — aus politischen und persönlichen Gründen. Der Deutsche hat ja im parteipolitischen Leben uoch niemals die beste politische Tugend gezeigt, vergessen Ki können. * Wir haben eben „Wellanschauungs"parteiett mit allen Vorzügen, aber auch mit allen Nachteilen dieses Begriffs. In Nordamerika ist's ganz anders und nicht bloß der Außenstehende kommt in Verlegenheit, zu sagen, worin eigentlich der Unterschied zwischen den beiden dortigen Parteien, den Demokraten und den Republikanern, be steht. Auch dort gibt es jetzt eine Präsidentenwahl, aber eine Wahl des Staatspräsidenten, des Nachfolgers Coolidges. Sie erfolgt durch die Parteien, die in einer besonderen Zusammenkunft ihrer Delegierten die Kandidaten nominieren. Jetzt haben die Republi kaner, in deren Händen zurzeit die größere Macht im Repräsentantenhaus liegt, die also wohl auch die Mehrheit des amerikanischen Volkes hinter sich haben, den auch in Deutschland nicht unbekannten Hooverals ihren Kandi daten aufgestellt. Einst hat er die Verproviantierung namentlich des durch Krieg und Nachkriegsblockade fast verhungerten Deutschlands'in die Wege geleitet und als Staatssekretär brachte er jene Aktion in Gang, die schließ lich zum Dawes-Pakt führte. Krach hat es dabei auch genügend gegeben, weil die Farmer in tumultua- ^lscher Weise gegen die Kandidatur des ihnen aus wirt- lchaftspolitischen Gründen sehr mißliebigen Hoover vor- stlngen. Aber ob Republikaner oder Demokrat — der Staatspräsident Amerikas ist nicht mehr Parteimann, Sie RegiMNgMuUimg im Reich Die Schwierigkeiten für Müller-Franken. Das Reichstagspräsidium bei Hindenburg. Das neugewühlte Präsidium des Reichstages, die Abgeordneten Löbe, Graes-Thüringen, Esser und von Kardorff, statteten dem Reichspräsidenten einen Besuch ab. Neichstagspräsident Löbe berichtete hierbei über die Präsi dentenwahl und stellte das Neichstagspräsidium in seiner neuen Form vor. Reichspräsident von Hindenburg gab, wie amtlich mitgeteilt wird, seiner Genugtuung darüber Ausdruck, daß der bisherige Reichstagspräsident auch weiter die Leitung des Reichstages inne habe, begrüßte die anderen Herren und sprach seine guten Wünsche für den Fortgang der Arbeiten des Reichstages aus. Inzwischen hat sich der Abgeordnete Müller-Franken weiter um das Zustandekommen einer neuen Reichsregie- runa auf Grundlaae der aroßen Koalition bemüht. Da Abg. Dr v. Campe. die Fraktionen der Deutschen Volkspartei des Reichstages und des Preußischen Landtages nach wie vor darauf zu bestehe« scheinen, daß mit einem Eintritt der Volkspartei in die Reichsregicrung auch vo'ksparteiliche Minister in die preußische Regierung einziehen, wogegen sich wiederum der preußische Ministerpräsident Dr. Braun im gegen wärtigen Augenblick wehrt, suchte der Abg. Müller den volksparteilichen Führer Dr. Stresemann auf, um mit ihm die politische Lage zu besprechen. Wie es heißt, wird Dr. Stresemann nunmehr persönlich in die Verhandlungen eingreifen, um die Große Koalition zustande zu bringen. Die H a u p t s ch w i e r i g k e i t soll gerade die Um bildung der Regierung in Preußen sein. Man will die jetzigen Regierungsparteien in Preußen zu der Er klärung bringen, die vom preußischen Ministerpräsidenten in Aussicht gestellte Umbildung der Negierung dahin zu interpretieren, daß sie spätestens beim Zusammentritt des Preußischen Landtages im Herbst erfolgen wird. Wie es heißt, sollen die Regierungsparteien in Preußen mit diesem Wunsche der Deutschen Volkspartei sich einver standen erklärt haben. Ziemliches Aufsehen hat es in parlamentarischen Kreisen erregt, daß der Führer der Fraktion der Deutschen Volkspartei im Preußischen Landtage, Dr. von Campe, plötzlich diesen Posten niedergelegt hat. Politische Kreise wollen wissen, daß dieser Schritt Dr. v. Campes mit den Verhandlungen über die Regierungsbildung Zusammen hänge, da er ein Gegner der Großen Koalition sei. Weiter wird behauptet, daß sich Dr. v. Campe darüber empört habe, daß er der von der Volkspartei eingesetzten Kom mission, die über die Regierungsumbildung verhandeln soll, nicht angehöre. Die Landtagsfraktion der Deutschen Volkspartei teilt zu den Gerüchten mit, daß Dr. v. Campe bereits am Schluß der letzten Session auf Parteiveranstal tungen und auch sonst zum Ausdruck gebracht habe, er werde mit Rücksicht auf sein After (68 Jahre) den Vorsitz der Landlagsfraktion nicht wieder übernehmen. Nachdem die Arbeiten im neuen Landtag in Fluß gekommen seien, habe er seinen Entschluß verwirklicht. In der Verlaut barung werden weiterhin die oben angegebenen Rück- trittsaründe auf das bestimmteste in Abrede gestellt. wenn er -ein Amt antritt. Wohl umgibt er, der an Macht stärker ist als jeder König, sich dann mit Männern seines politischen Vertrauens, aber auch seine politischen Gegner sehen in ihm nur den Repräsentanten des Landes, aller Bürger, deren oberster er ist. Parteien sind etwas ganz Schönes und sie wird und mutz es immer geben im politischen Leben; aber oft sind allzuviel Parteien, namentlich in Deutschland, etwas sehr wenig Schönes. Jedenfalls zeigt das Hin und Her, das auch bei dieser Negierungsneubildung wieder in Augenschein tritt, daß sich der Abg. Müller seine Funktion doch viel leichter gedacht hat. Von einigen Seiten wird ihm auch schon der Vorwurf gemacht, daß er bei seinen Verhandlungen die altx Taktik anwendet, zunächst mit den Fraktionen sich in langwierige Verhandlungen eiuzulasseu, anstatt einfach mit einem Kabinett, dessen Mitglieder den Parteien zu entnehmen wären, aus die sich seine Regierung stützen würde, vor das Plenum des Reichstages zu treten und dort nach Abgabe der Regierungserklärung die Ver trauensfrage zu stellen. Natürlich hat die Durchführung dieses Vorschlages auch ihre Schwierigkeiten, da sich kaum Parlamentarier finden dürften, die ohne Zustimmung ihrer Fraktion einen Ministerposten annehmen. * Deutsche Volkspartei «ach wie vor zu Verhandlungen bereit. Berlin, 15. Juni. Die Freitag-Sitzung -er Reichstags- src ltion der Deutschen Volkspartei beschäftigte sich nur kurze Zeit mit der Frage der Regierungsbildung. Wie mitgeteilt wir-, ist die Fraltion nach wie vor zur Fortsetzung -er Verhandlungen über die Regierungsbildmrg in Bezug auf die materielle Frage bereit, inzwischen hofft man, die preußische Frage im- Sinne -er bekann ten Stellungnahme der Partei zu klären. - Die Wirtschvstspartei zur Regierungs bildung. Berlin, 15. Juni. Die Reichstagsfraktion der Wirtschafts partei beschäftigte sich am Freitag abend mit -er Frage der Re gierungsbildung. Es wurde nochmals die grundsätzliche Bereit- willigteit zur Regierungsbetciligung betont. Die Fraktion formu lierte eine Reihe von Mittelstandsfor-erungen, die -er Vorsitzen- -c, Abg. Drewitz, noch in den Abendstunden dem Abgeordneten Müller-Franken unterbreiten wird. Zer „Tem-s" zur RegimWMW is DkMim. Paris, 16. Juni. Bei Besprechung der Regierungsbildung in Deutschland fuhrt der Temps u. a. aus, es sei anzunehmen, daß Stresemann feinen ganzen Einfluß gelter - machen werde, um seine Freunde von der Volkspartei zum Nachgeben zu bewegen. Der Reichsaußenminister hätte persönlich das größte Interesse a« einem Erfolg der Bemühungen Hermann Müllers und dem Erfolg der Enlspannungspolitik, deren Urheber er sei. Andererseits ständen zu wichtige Fragen aus dem Spiele, MN die Bildung des Kabinetts der großen Koalition an -cm Feilschen der einzelnen Parteien scheitern zu lassen. Man dürfe sich allerdings nicht ein- bilden, daß dir Berufung eines Sozialisten auf den Kanzlerposten und die Beibehaltung Dr. Stresemanns in der Wilhelmstraße ge nüge, um die Alliierten zu veranlassen, Deutschland alle von ihm verlangten Zugeständnisse zu machen, ohne von ihnen solide Ga rantien sowohl auf finanziellem wie emf dem Gebiete der Sicher heit zu verlangen. Die deutsche öffentliche Meinung würde einen gefährlichen Irrweg beschreiten, wenn sie meine, daß eine Neuregelung der Reparationsflage von -er Frage -er interalliierten Schulden ab hänge, bei -er Frankreich durchaus nicht ausschlaggebend sei. Auch die vorzeitige Räumung des Rheinlandes könne nicht eher praktisch behandelt werden, als bis das Reich alle seine Ver pflichtungen erfüllt habe. Auch die allgemeine Sicherheit dürfe nicht bedroht sein. Ser Reichstag auf MeMmte Zeit vertagt. Berlin, 15. Juni. Der Reichstag vertagte sich am Freitag nachmittag auf unbestimmte Zeit. Die Anberaumung der nächsten Sitzung wurde dem Präsidenten überlassen. Auf der Tagesordnung soll die Entgegennahme einer Erklärung der neuen Reichsregie rung stehen. Sie wirtscha-llchr Notlage Aordschleswigs Appell an den dänischen König. Der König von Dänemark weilte dieser Tage in dem durch den Vertrag von Versailles wieder dänisch ge wordenen Nordschleswig. In, Apenrade emp fing er an Bord seiner Jacht „Dancbrog" die Führer der deutsch-dänischen Wirtschaftsbewegung, in deren Auftrag der Hofbesitzer Lei die Forderungen und Wünsche der „Sammlungsbcwcgung" in bezug auf Maßregeln zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Nordschles- wiaer vortrua. Er betonte dabei, daß vom dännmen