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LchMatt ft UlsöM Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags and Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich I Ml. 30 Psg., durch die Pofi bezogen 1 Mi. 54 Psg. Fernsprecher Nr. S. — Telegramm-Adrefie: Amtsblatt Wilsdruff. lind Nmgege«-. Amtsblatt NInserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. Jusertious preis 15 Psg. pro vier gespaltene KorpuSzeile Außerhalb des Amtsgerichtsbezirks Wilsdruff 20 Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Aufschlag Mr die Lgl. Amtshauptmann schäft Weihen, kür das Kgl Amtsgericht und den Starrtest m Milsd^.e sowie für das Kgl. Forkrentamt ru ThaearrL. Lokalblatt für Wilsdruff, Mta««eberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, vrrzo8»wai»r mn ««msoer,. von— Kaufbach, Keffelsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf. Limbach, Lotzes. Mohorn, Ntltitz-Rüttzschen Munzig, Neukirchen, Neutannvberg, Niederwartha, Oberhermsdarf Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne SackWsrf, Schmie maldr Zora, Steinbach bei Keffelsdorf, Steinbach bei Mohorn Seeligstadt, Spechtshausen, TaubkNheiW Unkersdsr' WMtrovv Mit der wöchentlichen Geilage „Welt im Bild" und der monatlichen Geilage „Ansepe Heimat". Druck und Verlag von Arthur Zschunke, Wilsdruff. Für Politik und Inserate verantwortlich: Arthur Zschunke, für den übrigen Teil: Johannes Arzig, beide in Wilsdruff. No. 30. Donnerstag, den LH. März L909 68. Jahrg. Oslitische Rundschau. Wils druff, den 17. März. Deutsches Reich. Keine Vertagung der Reichsfinanzreform. Als ein angeblich in Relchsragskrcisen umlaufendes Gerücht verbreitet das Stuttgarter Zsntrumsorgan die Behauptung, „man" beabsichtige, die Reichsfinanzrefoim abermals bis zum Herbst zu Verlagen; der Bundesrat aber widersetze sich dieser „neuesten Ausflucht des Reichskanzlers, der nur an seinem Amt klebe". — Zu dieser an sich schon wenig glaubwürdigen Melvung wrrd einem Berliner politischen Korresponbenzorgan von einer dem Reichskanzler nahestehenden Seite versichert, bas Gerücht entbehre jeder Begründung. Der Reichskanzler sei weit davon entfernt, an «ine Vertagung der Reichsfinanzreform zu denken. Die Kriegsgefahr und die Börse. Die drohenden Meldungen aus Serbien sind nicht ohne Einfluß auf die Börse geblieben. Gestern zeigten die Kurse auf der Berliner Börse durchgängig fallende Tendenz. Der „Berl. Lok.-Anz" berichtet: Sehr kriegerisch lautende Belgrader Preßstimmen gegen Oester reich, sowie die Meldung eines süddeutschen Blattes, daß die Zweiteilung der österreichisch-ungarischen Armee direkt auf eine Mobilmachung htnauslaufe, riefen eine sehr starke Beunruhigung hervor, die um so begründeter war, als gerade Paris sich sehr dempremiert zeigt, das bisher die politische Konstellation immer noch optimistisch beurteilt hatte. Zu den politischen Alarmvachrichten gesellten sich ungünstige Meldungen industrieller Natur aus Newyork. Insbesondere verstimmten der erneute Rückgang der amerikanischen Roheisenpreise, sowie die vom amerikanischen Stahltrust vorgenommenen Gehaltsreduktionen. Eine Landung des „Zeppelin I" anf festem Bode«. An den Luttschlffmanövern der letzten Tage am Bodensee merkt man deutlich, daß der „Zeppelin I" in den Besitz der Heeresverwaltung übergegangen ist, die vor allem darauf ausgeht, die Kriegstüchtigkcit des Fahr zeuges auf die Probe zu stellen. Dagegen müssen Gründe finanzieller Natur oder Rücksichten auf die Schonung des Luftschiffes zurückstehen. So ist der „Zeppelin l" kürzlich in einer Höhenfahrt erprobt worden, die den Beweis etnbringen sollte, daß das Luftschiff sich außer Geschoßweite begeben und in dieser Höge sicher halten kann. Diese Probefahrt ist vollkommen gelungen. Jetzt hat man den Versuch einer Landung auf festem Boden — der ersten nach der unfreiwilligen bei Echter- dingen — folgen lassen, und auch dieser für die Kriegs tüchtigkeit nicht minder wichtige Versuch ist geglückt. Von Friedrichshafen wird darüber berichtet: Friedrichshafen, 16. März. Heute vormittag erfolgte eine etnstündige glatte Landung des Reichs- luftschiffes „Zeppelin i" auf dem neuen Gelände der Luftschiffbaugesellschaft. Bei der Landung wurde eine Höhensteuer durch einen herabhängendeu Baumzweig leicht beschädigt. Nach Abmontierung des Steuers fuhr das Luftschiff mit den drei übrigen tadellos auf und machte wettere Manöver. An der Fahrt nahmen teil: Graf Zeppelin, Frhr. v. Lynker, Major Groß und Major Sperling, Hauptmann Jena, sowie die Ingenieure Dürr, Müller und Basenach Nach einer weiteren Meldung landete das Luftschiff kurz nach 11 Uhr glücklich wieder bei Manzell in der schwimmenden Halle. Nachklänge znm Berger-Prozeß. Der im Prozeß Berger vielgenannte Vizeadmiral Schmidt ist von seinem Posten als Direktor im Reichs marineamt enthoben und zur Verfügung des Staatssekretärs gestellt worden. Das ist anscheinend doch eine Folge des Prozesses! Die Unruhen anf Samoa, von denen schon vor einigen Wochen erwaS verlautete, find doch ernsthafter als anfangs zugegeben wurde. Bisher soll es zwar noch nist zu Tätlichkeiten gegen die weitze Bevölkerung gekommen sein, doch hegt der Gouverneur für oie Zukunft Besorgnisse und hat infolge dessen um die Entsendung einiger Kriegsschiffe gebeten, deren Eintreffen in den nächsten Tagen erwartet wird. Das Koloatalamt in Berlin verbreitete am Sonnabend über die Angelegenheit folgende Darstellung: In Samoa hat bei dem Alter des Oderhäuptlings Mataafa die Nachfolgerfrage schon jetzt eine schwierige Lage geschaffen. Im Zusammenhang hiermit hat sich unter Führung des angesehenen Sprechers Lauaki von der Insel Sawait eine Bewegung gegen die deutsche Herrschaft bemerkbar gemacht. Lauaki hat eine Mafien- demonstration seiner Anhänger gegen die Regierung herbeige'ührt und den Anordnungen des Gouverneurs leine Folge geleistet. Es ist dem Gouverneur Dr. Solf indessen gelungen, Ausschreitungen sowohl von Seiten der Gefolgschaft Lauakis, wie auch von Seiten der dieses Vorgehen verurteilenden regierungsfreundlichen Samoaner zu verhindern. Zu irgend welchen Kämpfen oder auch nur Tätlichkeiten ist es nach den vorliegenden Meldungen nicht gekommen, auch sind direkte Angriffe gegen die weißen Ansiedler nach der Lage der Verhältnisse kaum zu befürchten. Im Interesse der Wiederherstellung und zur Sicherung der Lage der weißen Bevölkerung hat es jedoch der Gouverneur für erforderlich erachtet, um die Entsendung einiger Kriegsschiffe nach Samoa zu bitten. Der Chef des Kreuzergeschwaders in Ostasien, Konter admiral Coerper, ist demgemäß beauftragt worden, mit drei Kriegsschiffen sich nach Samoa zu begeben. Der Kreuzer „Leipzig" mit dem Geschwaderchef an Bord ist bereits in Apia eingetroffen. Das Kanonenboot „Jaguar" ist von Ponape ebenfalls nach Samoa in See gegangen. Es wird dort am 20. d. M. erwartet. Der Kreuzer „Arkona" und das Begleitschiff „Titania" (Kohiendampfer) werden etwa am 23. d. M. in Apia eintreffen. Es steht zu erwarten, daß die Anwesenheit dieser Kriegsschiffe genügen wird, um die Bestrafung der Schuldigen uns die Wiederherstellung der Ordnung ohne Kämpfe herbei zuführen. Ausland. Der Prager Mob. Beim Studentenbummel am Sonnabend in Prag kam es zu derartigen Ausschreitungen der tschechischen Menge gegen die deutschen Studenten, daß der Wenzels- Platz durch Gendarmerie, berittene Polizei und Schutz leute geräumt werden mußte. Die Menge wurde in die Vorstadt Weinberge gedrängt, wo sie sich der Wache ent- gegenstellte. Es wurden mehrere Verhaftungen vor genommen. Die Demonstranten folgten der Wache in die Stadt zurück und begingen Ausschreitungen vor dem Polizeikommissariat, sodaß die Polizei blank ziehen mußte. Daraufhin stob die Menge auseinander. Die Demonstrationen nahmen nach etwa zweistündiger Dauer ein Ende. Wie die Bohemia meldet, verbot die Statthalterei den Beamten die Teilnahme an Vereinen mit ausgesprochen nationaler Tendenz. Die Haltung Oesterreichs. Wie in Prag verlautet, sollen das 4,7., 12., 13. und 15. Armeekorps bereits mobilisiert sein bezw. die Mobilt- sterungsorder erhalten haben. Mit dieser Maßregel dürfte auch die Ausschreibung der Bereitschaftszulage für das Armeekorps von Serajewo in Verbindung stehen, denn die Bereitschaftszulage wird nur im Kriegsfälle gewährt. An die serbische Regierung soll in den nächsten Tagen eine letzte österreichische Note abgehen und für die Be- antwortung eine Frist von höchstens einer Woche gestellt werden. Die serbische Antwort auf die österreichisch-ungarische Note wird tu diplomatischen Kreisen einstimmig verurteilt. Auch von russischer Seite soll Serbien eine konziliante Haltung angeraten worden sein. In serbischen Kreisen herrscht über die serbische Antwort freudige Genugtuung. Kriegsstimmung in Budapest. Gestern nacht sind fämlliche Kriegsichlffe der Donau- Flottille, die bis jetzt in Budapest im Winterhafen lagen, nach Semlin abgegangen, wo sie avends eintreffen. In Budapest herrscht allgemeine Kriegspanik. An der Börse ist ein weiterer Kurssturz der Renten und übrigen maß gebenden Wertpapiere erfolgt. Alle Budapester Blätter führen eine äußerst scharfe Sprache gegen Serbien und verlangen eia sofortiges militärisches Vorgehen, da wettere diplomatische Verhandlungen ohnehin zwecklos seien. Alle übrigen politischen Angelegenheiten sind in Betracht der Tatsache, daß jeden Augenblick der Ausbruch des Krieges erfolgen kann, vollständig in den Hintergrund getreten. Eine schwere Beamteurevolte in Paris. Aus Paris wird gemeldet: In der Telegraphen- Zmtrale im Postmintstertum kam es am Freitag abend zu einer überaus schweren Beamtenrevolte, die beweist, wie sehr sich die Disziplin auch unter der französischen Staatsbeamtenschaft gelockert hat. Der Hergang bei dielen Tumulten, die Paris in Aufregung versetzten, und bet denen auch der Polizeipräfekt Lepiue schwer verwundet wurde, war folgender: Am Nachmittage wurde eine Ver sammlung von Beamten der Eisenbahnpost abgehalteu, die schließlich eine Abordnung an den Minister der öffentlichen Arbeiten und an den Unterstaatssekretär oes Postweseus sandte, aber an beiden Stellen eine Antwort erhielt, die sie nicht befriedigte. Als sie nun zu den Kameraden zurückkehrte und sie von dem empfangenen Bescheide in Kenntnis setzte, bemächtigte sich der Ver sammlung eine solche Aufregung, daß einige Hunderte Beamten «ach der Kammer zogen, um dort etnzudringen. Aber die Polizei vereitelte diesen Versuch und schlug sie zurück. Darauf begaben sich die Manifestanten, denen sich auch Mob und Neugierige anschlofien, nach der Telegraphen-Zentrale, wo mittlerweile eine größere Polizeiabteilung eingetroffen war, welche die Eingänge zum Postministerium besetzt hielt. Dort kam es nun zwischen den Beamten, die in das Gebäude einbringe« wollten, und der Polizei zu einem wilden Handgemenge,, bei dem auf beiden Seiten mehrere Personen verletzt wurden. Endlich gewannen die Polizisten die Oberhand und nahmen mehrere Verhaftungen vor, wogegen die Manifestanten protestierten. Allein die Polizisten kümmerten sich nicht darum, sondern schickten sich an, die Festgenommenen nach der Wache zu führen. Da erhielten die Demonstranten unerwartet starken Sukkurs. Es war nämlich gerade 7 Uhr geworden, und um diese Zeit findet im Telegraphenamt ein Schichtwechsel statt. Da schlugen sich nun die mehrere hundert Manu starken Be amten, die den Dienst verließen, auf die Seite der Demonstranten und nun stürmte man mit vereinten Kräften das Postministerium. Der Sturmangriff glückte vollständig, die zu schwachen Polizeiabteilungen wurden überrannt, und binnen wenigen Augenblicken waren alle Säle von meuternden Beamten besetzt, die in ihrer Wut zahlreiche für den Auslandsdienst bestimmte Apparate zertrümmerten und auch jonst barbarische Zerstörungen anrichteten. Mittlerweile aber waren zahlreiche Polizei- Mannschaften zusammengezogen worden und eilten, vcn Militär unterstützt, mit dem Polizeipräfekten Lepiue an der Spitze, zum Postmintsterium, das sie nach kurzem Handgemenge an den EingangStüren erstürmten, worauf sie in die Säle eindrangrn. Die Aufforderung des Polizeipräfekten, sich zu ergeben, beantworteten die meuternden Beamten mit Hohngelächter und mit einem Hagel von Wurfgeschossen, wozu sie die Metallstücke der zertrümmerten Apparate benutzten. Darauf ging die Polizei mit aller Energie vor und trieb mit blauker Waffe unter fortwährendem heftigen Handgemenge die Meuternden von Saal zu Saal. Während diejes Kampfes wurde der Polizeipräfekt schwer verwundet und mußte im Wage« nach seiner Wohnung geschafft werden. Näheres über seine Verwundung läßt sich zur Stunde noch nicht erfahren, man weiß nur, daß er blutüberströmt zusammenbrach. Endlich war eS der bewaffneten Macht gelungen, das ganze Gebäude von den Revoltanten zu säubern. Es wurden im ganzen 33 Veryaftunge« auf-