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Nie „GUen^orfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Ilmgegend. Akt wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes UnterhalLungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bt» vormittag io Uhr. Inserate werden wtt io ps für die Spaltzetie berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 126. Freitag, den 21. Oktober 1904. 3. Jahrgang. Vie öffentliche Ausstellung uns Lelsetrung Seiner Majestät Ües Migs «sorg. Die Leiche ihres Königs noch einmal zu sehen, bevor sie in die stille Gruft der katholischen Kirche versenkt wird, war den Untertanen des entschlafenen Monarchen am Dienstag und Mittwoch vergönnt, und schon lange vor der festgesetzten Zeit hatte sich eine überaus große Menschenmenge vor der Kirche angesammelt, die sich zu breiten Kolonen an einander reihte und so eine etwa zehn Mann starke Menschenmauer bildete, die sich von der Kirche zur Hauptwache und weiter im Bogen bis zum Obernhaus erstreckte. Wie viele der harrenden Personen standen drei bis vier Stunden und mußten das Warten aufgeben. Denjenigen Mitgliedern der Presse die dem Königlichen Oderhofmarschallamt gegenüber den Wunsch ausgesprochen hatten, die Aufbahrung der Königlichen Leiche gesondert besichtigen zu dürfen, war es vergönnt, kurz vor 11 Uhr die Kirche vom Residenzschlosse aus durch lieber- schreiten des Ueberganges zu betreten. Ueber das Schiff der Kirche hinweg direkt vor dem Hochaltar über dessen Wandgemälde ein langer schwarzer Schleier niedcrwallte, war eine Brücke geschlagen worden, die man überschritt und von der man den Blick über das Gcsamt- arrangement der Aufbahrung schweifen lassen konnte. Auf der Höhe des Katafalks stand der offene Sarg mit der Leiche des Königs. Der Monarch trug Generalfeldmarschallsuniform. Auf dem Stufen des Katafalks standen mehrere Reihen mehrarmiger Kandelaber mit brennenden Kerzen. An dem Paradebette stand die große Leichenwacht, die sich wie folgt zusammensetzte: zu Häupten der Leiche, links und rechts auf der dritten Stufe des Katafalks, ein Königlicher Oberhofscharge und ein Königlicher General oder Flügeladjutnt, denen zu beiden Seiten des Sarges je ein Königlicher Kammerherr und je zwei Obersten beziehentlich Regiments kommandeure folgten. Am Fußende des Sarges auf der ersten Stufe des Katafalks ein Königlicher Leibarzt und ein Königlicher Kammerdiener. Links und rechts knieten im Gebet versunken vier Zisterzienserinnen und Vorromäerinnen. Außerhalb der das Parade bett umgebenden zahlreichen Kandelaber standen zu beiden Längseilen Königliche Pagen und Königliche Lwreediener, sowie an den vier Ecken je ein Militärpoiten. Zu Füßen König Georgs lag ein großer Kranz mit weißen Blüten und weißer Attas- schleife, auf die in goldenen Lettern ein Widmungsgruß des Königs Friedrich August ün seinen entschlafenen Vater geprägt war. Rechts und links davon lagen die Kranzspenden der Mitglieder des Königlichen Hauses, der Königin-Witwe und der Prinzen und Prinzessinnen, sowie die verschiedener Fürstlich keiten, unter anderen der Kaiser von Deutsch land, Oesterreich und Rußland. Zu Füßen des Sarges standen auch die herzförmige Kapsel Mit dem Herzen und das Behälter mit den übrigen Teilen des Körpennnern, die eigen artige, dem Grünen Gewölbe entnommene .Königskrone mit Rubinen und Saphiren in wundervoller Goldfassung. Der General feldmarschallstab und andere Herrscherinsignien, wie das Szepter mit dem Reichsapfel, Helm und Degen, lagen auf samtüberzogenen Postamenten vor dem Katafalk. Die Orden des hochseligen Königs ruhten auf vier mit Goldschnuren und Quasten besetzten roten Kissen zu beiden Seiten des Katafalks auf Postamenten. Der vierstufige Ausbau war mit schwarzem Tuch überzogen und seine oberste Plattform mit eimr roten, mit Goldtreffe besetzten Plüsch decke bedecku An der Kopfseite des Katafalks waren ein Kruzifix und zwei silberne Kirchen leuchter auf Postamenten ausgestellt. Der Trauerbaldachin, der von der Decke herabhing war mit schwarzen Draperin und Falbeln, sowie mit Goldtressen und Fransen dekoriert und an den vier Ecken mit je einem weißen Straußen- ederstutz besteckt. Unendlich groß war die Reihe )er Blumengewinde, der Lorbeer- und Palmen- ttänze mit farbigen Widmungsschleifen, die am Katafalk niedergelegt worden waren. Im Königlichen Schlöffe versammelten sich am Mittwoch kurz nach 7 Uhr die Abgesandten und die fremdländischen MilitärdepMationeu im Ministerzimmer des ersten Stockes, die Herren der ersten und zweiten Klaffe der Hofrang ordnung sämtliche dienstfreien Königlichen Kammerherren und die Herren des früheren Dienstes Sr. Majestät des hochseligen Königs m den Bilderzimmern des ersten Stockes, die Präsidien und die Mitglieder beider ständischer Kammern im Spiegelsaale des ersten Stockes sowie die Herren der dritten, vierten und ünften Klaffe der Hofrangsordnung die evan- zelische Geistlichkeit, eine Deputation des Rates und die Stadtverordneten der Residenzstadt Drcsd n, die fremden Konsuln und sonstige angemeldete Deputationen im Bankettsaale des zweiten Stockes. Der Königliche Zeremonien meister Graf Rex und Königliche Kammerherren führten die Erschienenen in das Schiff der Kirche und wiesen ihnen ihre Plätze an. Die zur Beisetzungsfeier hierher gekommenen fremden Fürstlichkeiten versawmelten sich gegen 8 Uhr im Salon, ihre Suiten und Ehrendienste im Audienzzimmer des ersten Stockes. Um 8 Uhr schritten unter dem Vortritt und der Begleitung des großen Dienstes Se. Majestät der König und Se. Majestät der Kaiser, Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen des Königlichen Hauses und die fremden Fürsten in die Kirche vor den Aitarplatz. König Friedrich August saß neben Kaiser Wilhelm. Sobald die allerhöchsten und höchsten Herrschaften, umgeben von der übrigen glänzenden Trauerversammlung, ihre Plätze am Hochaltar eingenommen hatten, begann die kirchliche Feier. Die Geistlichkeit, Weihrauch gefäße und brennende Kerzen tragend, durchzog die Kirche und 'begab sich zum Hochaltar, wo die heilige Zeremonie ihren Anfang nahm. Der Zelebrant stimmte das Oo xrokunäis an, der Sarg hüllte sich in Weihrauchwolken, und von außen her drang in den Raum des schwarzbehangenen Gotteshauses das Geläute der Glocken, die ihre ehernen Stimmen zum letzten Gruße für König Georg erschallen ließen. Nachdem der -Gesang verklungen war, hielt Herr tzofprediger Kummer die Predigt. Nachdem die Predigt beendet war, wurde das Libera gesungen, und der Zelebrant stimmte sodann die Responlorien an. Am Schluffe dieses Gesanges versank der Sarg ganz lang sam in die Gruft. Sobald der Sarg nicht mehr zu sehen war; stimmte der Chor und das Orchester unter Leitung des Herrn General musikdirektors Hofrat v. Schuch das Lalva raZina an, und sogleich begann der Ehrensalut der seinen Donner während des Gesanges, der Veisikel und der Schlußgcbete erdröhnen ließ. Ein Postludium der Orgel beendete den kirchlichen Akt. Nach Beendigung der Infanterie-Salven feuerte die Batterie als Königssalut Noch 101 Schuß in Zwischenräumen von je vier Sekunden. Zur Absperrung des gesamten Schloß- und Theaterplatzes sowie der Augustus- brücke waren elf Kompanien verschiedener Regimenter zu Fuß und eine Eskadron des Gardereiterregiments empfohlen worden. In der Kirche begab sich nach der gottes dienstlichen Handlung der Königliche Kommissar Graf Vitzthum v. Eckstädt mit den Kammer herren, welche die edlen Teile trugen und mit dem Pfarrer der Hofkirche, Herrn Vikariats rat Fischer, in die Gruft und händigte dort dem letzteren einen Schlüssel zum Sarge m s. Die allerhöchsten und höchsten Herrschaften ver ließen nach der Beisetzung die Kirche in der selben Reihenfolge und auf demselben Wege, wie sie gekommen waren, und verabschiedeten sich im Spiegelsaale des ersten Stockes, wohin sich auch ihre Majestät die Königin-Witwe und die Fürstlichen Damen begeben hatten. Alle, die sonst bei der Feierlichkeit anwesend waren, folgten dem Königlichen Hofe über die Gänge nach dem Schlöffe und nahmen ihren Augang über die Haupttreppe. OerLliches und Sächsisches. Ottendorf-Mrilla, 20. Oktober ISO». — Bei der am Dienstag stattgefundenen Ziehung der K. S. Landeslotterie entfiel ein 10 000 Mark-Gewinn auf die Nummer 70 997, ein 5000 Mark-Gewinn auf die Nr- 13593 der hiesigen Lotterie-Unter-Kollektion von Hermann Knöfel. — Für die Gemeinden Boden und Groß dittmannsdorf war der vergangene Montag ein Fest- und Freudentag. An ihm fand in Gegenwart des Herrn Amtshauptmannö Dr. Uhlemann und des Herrn Bezirksschulinspektors Sieber die feierliche Einweisung des neuen Schulhauses in Großdittmannsdorf statt. Um 1 Uhr rief feierliches Glockengeläute vom nahen Kirchturme die beiden Gemeinden zur Feier herbei. Herr Baumeister Großmann aus Hermsdorf übergab die Schlüssel an den Herrn Amtshauplmann Dr. Uhlemann, welcher in semen Worten hervorhob, daß von nun ab die Schule sich in Schutz und Aufsicht der vor gesetzten Behörde befinde. Den Höhepunkt der ganzen Feier aber bildete die herrliche Rede des Herrn Bezirksschulinspektors Sieber. Ein vom Herzen kommendes Weihegebet des Herrn Pastor Clauß erflehte den Segen des Herrn auf das Haus und auf alle die herab, die in diesem Hause aus- und eingehen. Nachdem noch ein Schüler „Kaiser Karls Schulvisitation" vorgetragen hatte, war die Weihe beendet. Ge sänge der Gemeinde und der Schuljugend um rahmten die herrliche Feier. — Wegen einer Lotteriegemeinschaft sollen Verhandlungen nicht nur zwischen Preußen und Hessen, sondern auch mit anderen Bundes staaten schweben und nach einer Angabe, die wir vorläufig aber noch mit einem Fragezeichen verfeh-n möchten, ein günstiges Ergebnis er hoffen lassen. Dresden. Am 17. dss. Mts. sind von einer hiesigen Firma dem 20 jährigen Kommis Alfred Otto Heyde aus Schneeberg 5305 M. in bar zum Einlösen von Wechseln bei der Reichsbank übergeben worden. Heyde ist von dieser Besorgung nicht zurückgekehrt und hat auch dis Wechsel nicht eingelöst. Es besteht begründeter Verdacht, daß der genannte die Summe unterschlagen hat uud flüchtig geworden ist. Heyde ist 1,65 m groß, schlank, hat dunkle, kurz geschnittene Haare, Anflug von dunklem Schnurbart, trägt Klemmer mit ver schiedenen Einsaffungen, sowie dunklen Jacket anzug und Sommerüberzieher. — Vor einigen Tagen riß sich im hiesigen Zentralschlachthof ein durch den vorausgegangenen Eisenbahntransport unruhig gewordener Ochse von seinem Treiber los und raste davon. Das wütende Tier jagte ungefähr zwei Stunden im Schlachthofe umher, machte alle Fangversuche zu nichte, erfaßte einen ihm zu nahe gekommenen Arbeiter mit den Hörnern und warf ihn mehrere Schritte weit fort, wobei er stürzte und auf den Arbeiter zu liegen kam. Da man des Tieres nach Verlauf einer weiteren Stunde immer noch nicht habhaft werden konnte, erschoß man es schließlich. Ter Arbeiter halte Rippen brüche und eine starke Quetschung des Körpers erlitten und mußte in das Stadtkrankenhaus übergeführt werden. Radeberg. Der am Donnerstag auf dem hiesigen Bahnhofe von einer Maschine über fahrene und wegen der dabei erhaltenen schweren Verletzungen in das Friedrichstädter Krankenhaus eingelieferte Hilfsweichenwärter Höfgen ist am Freitag denselben erlegen. Sch morkau. Ein bedauerlicher Unfal ereignete sich am Sonnabend gegen Mittag im hiesigen Orte. Der Viehhändlersehefrau Ernestine Kunath geborene Mitschke wurde von einer Kuh der Unterleib aufgeriffen. Die Ver unglückte war im Stalle mit dem Füttern der Tiere beschäftigt. Als sie aber gezwungen war, sehr nahe an eine Kuh heranzutreten, stieß diese infolge einer plötzlichen Kopfbewegung ein Horn in den Unterleib und riß das Bauchfell vollständig auf. Wurzen. Die hiesige Apotheke die der gegenwärtige Besitzer vor etwa zwei Jahren für 300000 Mk erwarb, ist für 500000 M. verkauft worden. Das Hausgrundstück hat einen Wert von etwa 60000 Mark. Leipzig. Beim Vollstreckungsamte sind im Jahre 1903 beinahe 100000 (9i 509) Pfändungsanträge gestellt und 1555981,34 M. eingezogen worden. „Freiwillig" haben die Säumigen außerdem noch 61074 M. an Voll- 'treckungskosten gezahlt. Frankenberg. Die Kohlenabbauversuche auf Ebersdorfer und Oberlichtenauer Flur werden nach der mehrjährigen Pause, die den letzten ziemlich erfolglosen Bohrungen folgte demnächst wieder begonnen. Von den Vertretern der „Ebersdorfer Kohlenabbau-Genoffenschaft" sind in dem in frage kommenden Kohlenreviere fünf Plätze bestimmt worden, an denen um fassende Bohrungen von neuem ausgenommen werden sollen. Zuvörderst wird das erste Bohr loch bis zu einer Tiefe von 200 m geteuft und bei guten Erfolge weiter gebohrt werden. Die letztmaligen Bohrungen mußten da dec Betrieböapparat nicht ausreichte, bei 90 m Tiefe eingestellt werden. Bei den neuen Bohrungen wird mit Dampf gearbeitet und das Material des neuen Bohrstuhles reicht bis zu einer Tiefe von 900 w aus. Chemnitz. Von dem früh «/i4 Uhr von Chemnitz—Hilbersdorfüber Wüstendrand—Höhl teich nach Oelsnitz i. E. verkehrenden Güterzuge ist gestern bei der Einfahrt in den Bahnhof Lugau die Lokomotive entgleist. Niemand ist verletzt worden- Der Personenverkehr in Richtung Wüstenbrand wurde mittels Umsteigens aufrecht erhalten, während der Güterverkehr über St. Egidien geleitet wurde. Gegen Mittag war die Störung wieder behoben. Zittau. Der unter dem Verdachte, den Lustmord an der Helene Ginskey verübt zu haben, verhaftete Streckenarbeiter Israel ist wieder aus der Haft entlassen worden. — Unter dem Verdachte, den Lustmord in Seifhennersdorf an dem Hausmädchen Helene Ginskey verübt zu haben, ist am Dienstag vor mittag der Streckenarbeiter Gustav Emil Israel aus Seifhennersdorf auf Anordnung des Staats anwalts wieder verhaftet und diesmal gleich nach Bautzen in das Untersuchungsgefängnis gebracht worden. Schwarzenberg. Eine drollige Geschichte liegt einem Strafantrage zugrunde, den der hiesige Stadtrat gegen einen Reisenden aus Gera uud gegen die Wirtin des Hotels „Wettiner Hof" wegen Beleidigung bezw. Verächtlichmachung der Polizei gestellt hat. Der betreffende Reisende übernachtete im Juli dieses Jahres im genannten Hotel, und da damals gerade große Aufregung über den Raubmord des flüchtig gewordenen Polizei- Wachtmeisters Schramm herrschte, beantwortete der Reisende auf dem polizeilichen Meldezettel die Frage nach dem Reiseziel mit der Aufgabe: „reist ins Gebirge, um den Wachtmeister Schramm zu suchen." Die Wirtin des Hotels schickte den ausgefüllten Meldezettel der Polizei zu. Der Reisende behauptet, daß er wirklich die Absicht gehabt habe, den flüchtigen Wacht meister, den er gut kenne, zu suchen. Der Stadtrat schickt- ihm zuerst einen Strafbefehl wegen groben Unfugs, lautend auf 10 Mark und als der Reisende dagegen Widerspruch er hob, stellte er den erwähnten Strafantrag nicht nur gegen den Reisenden, sondern auch gegen die Hotklwirtin. Auf die Verhandlung ist man sehr gespannt.