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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. , Freitag, den l. März 1867. 9. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Bierteljahrgang beträgt >0 Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmtliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl (in der Redactton), als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erdeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Dankt '»genommen, nach Befinden honortrt. Neda,ein» Umschau. Die Eröffnung des Reichstages ist mit dem größten Pompe vollzogen worden. Die Abgeord neten batten sich im weißen Saale versammelt; gegen l Ubr erschien der König in Begleitung der Prinzen und zahlreicher hoher Beamten. Den Zug eröffneten Graf Bismarck und der sachs. Minister von Friesen. Die Thronrede hat allgemein einen sehr guten Eindruck gemacht. Wir können uns nicht versagen, die wichtigsten Stellen daraus wie- berzugeben: Es ist ein erhebender Augenblick, in welchem Ich in Ihre Ritte trete; mächtige Ereignisse haben ihn herbeigesührt, große Hoffnungen knüpfen sich an denselben. Daß es Mir vergönnt ist, in Gemeinschaft mit einer Versammlung, wie sie seit Jahr hunderten keinen deurschen Fürsten umgeben hat, Liesen Hoff nungen Ausdruck zu geben, dafür danke Ich der göttlichen Vorsehung, welche Deutschland Lem von seinem Wolke ersehnten Ziele auf Wegen zuführt, die wir nicht wählen oder voraussehen. Jin Vertrauen auf diese Führung werden wir jenes Ziel um st früher erreichen, je klarer wir die Ursachen, welche uns und unsere Vorfahren von demselben entfernt haben, im Rückblick aus die Geschichte Deutschlands erkennen. Einst mächtig, groß und geehrt, weil einig und von starken Händen geleitet, sank das deutsche Reich nicht ohne Mitschuld von Haupt und Gliedern in Zeirissenheit und Ohnmacht. Des Gewichte« im Rathe Europas, des Ein- stusse« auf die eigenen Geschicke beraubt, ward Deutschland jur Wahlstatt der Kämpfe fremder Mächte, für welche es das vlut seiner Kinder, die Schlachtfelder und die Kampspreise »ergab. Niemals aber hat die Sehnsucht des deutschen Volkes nach seinen verlornen Güicrn aufgehort, und die Geschichte unsrer Zeit ist erfüllt von den Bestrebungen, Deutschland und dem deuischen Volke die Größe seiner Vergangenheit wieder zu erringen. Die verbündeten Regierungen hätten sich im Anschlusse an frühere Verhältnisse über bestimmte praktisch bedeutsame Ein richtungen unmittelbaren Bedürfnisses verständigt, indem sie den Einzelstaaten nur die für den Friedensschuh, Sicherheit 'des Bundesgebietes, Entwickelung der allgemeine« Wohl fahrt erforderlichen Opfer zumulheten. Indem der König den Verbündeten für ihre Bereit willigkeit dankt, sagt er, er würde, wenn er nicht an die Spitze des mächtigsten Bundesstaates zur Leitung des Ge meinwesens berufen sei. diesem die gleiche Hingebung be wiesen haben. Alle Erfolge Preußens führten zur Wiederherstellung deutscher Macht und Ehre. Ungeachtet allgemeinen Entgegenkommen« sei bei de» von gewaltigen Ereignissen .getragenen Verhandlungen die Schwierigkeit empfunden worden, die volle Ueberein stimmung so vr.ler, auch an Landkänke gebundener Regie rungen zu erzielen Eingedenk dieser Schwierigkeiten möge man den Verfaffungsentwurf vorsichtig prüfen, di« schwer wiegende Verantwortung vor Augen, wenn das für die jetzige Vorlage hergestellte Einverständniß für die von dem Reichstag etwa begehrten Aenderungen nicht wieder ge wonnen würde. Sobald der norddeutsche Bund durch Feststellung seiner Verfassung zur Abschließung von Verträgen befähige, werde unser« Hand d«n süddeutschen Brüdtrn offen ent gegenkommend dargereicht weiden. Die Erhaltung de« Zoll vereins, die Sicherheit Gesammtdeuischlands, die gemein same Pflege der Bolkswirihschaft würden für beide Theile die Grundlage für die Verständigung bilden. Die Bundesge nossenschaft deutscher Staaten, sowie die ganze d«utsche Be wegung sei srei von jeder EroberungStendenz und lediglich defensiven Charakters, sie finde daher keine Mißgunst bei de» europäischen Staaten, welche Deutschland die Vorthetl« eines großen staatlichen Gemeinwesens ergreifen sehen, de ren jene sich längst erfreuen Schon in der ersten Sitzung wurde über den geringen Raum im Saale geklagt, noch mehr über den Mangel einer Tribüne. Es muß Jeder von seinem Platze aus sprechen, daher wird nur derje nige, der eine Löwenstimme hat, im ganzen Saale verstanden. Die sächsischen konservativen Abgeord neten halten sich von allen Parteien zurück; die 6 liberalen haben sich unter Führung vr. Schaff raths der aus I1L Mitgliedern bestehenden allge meinen liberalen Fraction angeschlossen. Den Vorsitz