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Ottendorfer Zeitung. Die „Bttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen b20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Rioritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme. »«nAInseratenA bis vormittag to^Uhr. Inserate werdenzmit w'pf- für die Spaltzeile^berechnet.j Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 16. Freilag, den 6. Februar 1903. 2. Jahrgang. Bekanntmachung. Die hiesige Einwohnerschaft wird hiermit gewarnt mit dem wegen Geisteskrankheit entmündigten, in Cunnersdorf wohnhaften Handelskonsulent Emil Friedolin Arends Rechtsgeschäfte ohne Zustimmung seines Vormundes abzuschließen, da solche vor Gericht Gültig keit nicht haben. Ottendorf-Moritzdorf, am^5. Februar 1903. Der Gemeindevorstand. Lincke. Oertliches und Sächsisches. (Vttendorf-Vkrilla, s. Februar 1903. ^Ottendorf-Moritzdorf. Die Kasien- bewegung bei der hiesigen Sparkasse im Monat Januar 1903 war folgende: 4829,55 Mk. Kasfenbestand am 31. Dezember. 12026,85 Mk. neue Einlagen in 85 Posten. 16856,40 Mk. Summa der Einnahme. Hiervon ab: 300 Mark ausgeliehene Kapitale. 303 Mark Rückzahlungen in 5 Posiert. 16253,40 Mk. Kassenbestand Ende Januar. Seit dem Bestehen der Kasse, 1. November 1902, sind 144 Einlagebücher mit 32174 Mark 86 Pfennige Einlage zur Ausstellung gelangt. — Nach den für den hiesigen Gemeinde bezirk über die Erhebung der Hundesteuer geltenden Bestimmungen sind für di« Zug und Ketten (Wach)-Hunde 3 Mark und für freiumherlaufende Hunde 6 Mark pro Jahr Hundesteuer zu entrichten. Die Steuermarke ist an dem vom Hunde stets zu tragenden Hals bande zu befestigen. Werden Hunde für die nur eine Marte für 3 Mack gelüst worden ist, von den mit der Aufsicht beauftragten Polizei organen außerhalb von Gehöften angetroffen, so machen sich die Besitzer derselben der Steuer hinterziehung schuldig und haben den hinter zogenen Steuerbetrag dreifach zu entrichten. Es liegt somit im Interesse eines jeden Hunde besitzers, sich mit diesen Bestimmungen recht zeitig vertraut zu machen. — In unserer letzten Nummer hat sich in Folge eines JrrtumeS des detr. Berichterstatter» insofern ein kleiner Fehler eingeschlichen als es in der ersten Noliz, Zeile 17, heißen muß: „Herr Buchhalter Wauer etc." — Das Gesetz über den un lauteren Wettbewerb zieht seine Kreise, wenn auch bei Weitem nicht alle Ent scheidungen auf Grund der einzelnen Bestimm ungen durch alle Blätter gehen. Ein inter essantes Urteil betrifft die Preisfrage. Es kommt vor, daß ein gar zu eifriger Konkurrent ganz speziell und mit aller Bestimmtheit ver sichert, eine genau bezeichnete Ware sei bei ihm billiger, als in anderen deutlich bezeichneten Gewerbebetrieben. Das erscheint harmlos, es ist aber schon Verurteilung in dem Falle ein getreten, daß sich die Behauptung als nicht zu treffend erwies. Es ist ja der Wettbewerb nicht überall zu solcher Schärfe gediehen, daß nun auf jedes kleine Stück, welches die ge schäftliche Hitze heroocruft, geachtet, gleich der Klageweg beschritten wird, immerhin können sich die Gegensätze einmal zuspitzen und dann bietet das Gesetz über den unlauteren Wetldewerb eine Handhabe zur Anrufung des Gerichts. — Den sächsischen Truppenteilen ist, wie das „Chemnitzer Tageblatt" meldet, nunmehr bekannt gegeben worden, daß in diesem Jahre Kaisermanöoer stattfinden. Die Bekanntgabe spricht sich aber vorläufig nicht darüber aus, wo und gegen welche preußischen Korps die Manöver flaltfinden und ob beide sächsische Armeekorps bezw. welche Teile derselben daran teilnehmen werden. — Ueber die rechtlichen Wirkungen, die die Ausschließung der früheren Kron prinzessin aus der sächsischen Königs- samilie zur Folge hat, erfährt die „Neue Freie Presse" von einem Dresdner Juristen: Als die im vorliegenden Falle allerwichtigste und wohl am schwersten wiegende Folge diese« Verzichtes erscheint der Verlust des Mutterrechtes, so daß die unglückliche Frau niemals, auch nicht privat rechtlich, die Vormundschaft über ihre in ihrer prinzlichen Ehe geborenen Kinder ausüben darf. Weiler hat sie jedes Recht auf eine Apanage verloren und ist nicht mehr erbberechtigt; zwar behält sie die durch ihre Ehe mit dem Kron prinzen Friedrich August erworbene Eigenschaft als sächsische Staatsangehörige, würde aber, falls sie jemals zu längerem Aufenthalte nach Sachsen zurückkehren sollte, keine Steuerfreiheit mehr genießen und es dürften ihr keine Ehren bezeugungen, die allen Mitgliedern der säch sischen Königsfamilie zukommen, wie zum Bei spiel das Präsentieren des Gewehres seitens der Wachen und Anderes mehr, erwiesen werden. Sollte die frühere Kronprinzessin ein uneheliche» Kind zur Welt bringen, so würde dieses zwar ebenfalls die sächsische Staats angehörigkeit besitzen und daher einmal, wenn ein Knabe, militärdienstpfüchtig werden, jede Beziehung zum hiesigen Hose wäre ihm jedoch verschlossen. Wie der „Fränkische Courier" müteill, verlangte man in Mentone von der früheren Kronprinzessin von Sachsen einen Heimatschein oder doch Ausweispapiere über chre Perfon. Solche besitzt die Kronprinzessin mcht, und wohl auf höhere Weisung hat sich die österreichische Behörde geweigert, sie aus- zustellen, da ine Geburts- und Ehematrikel dem Archiv des kaiserlichen Hauses einverleibt sind. Dort weigerte man sich ebenfalls, der ehe maligen Kronprinzessin jeden Ausweis über ihre Heimat und Geburt auszustellen, um ihr den Uebertritt zu einem evangelischen Bekennt nis und eine Verehelichung mit Giron zu er schweren. Die frühere Kronprinzessin hat sich nun an ihren Vater mit der Frage gewandt, ob sie wirklich seine eheliche Tochter sei, und, wenn dies der Fall, mit welchem Rechte man ihr den Namen dessen zu tragen verbieten könne, besten letbltche Tochter sie sel und als dessen eheliches Kind sie in den Kirchenbüchern und Geburtsregistern eingetragen ist. Sie schreibt: „Ich verzichte auf Rang und Titel, und habe nur die Absicht, daß Recht der ehelichen Tochter des Großherzogs von Toskana zu verteidigen. Wenn ich es Vin, so dürfen mir die Papiere darüber nach dem Gesetz von meiner Heimat nicht verweigert werden. Man hat in dem ganzen Verfahren immer betont, streng nac dem Gesetz handeln zu wollen. Man soll dies beweisen, denn ein Gesetz, das die Frau aus ihrem Heimats- und Geburtsland aus Ehe scheidungsgründen einfach ausweist, sie heimat los macht, glebt es nicht. Ich werde mein Recht nicht als Frau des Kronprinzen von Sachsen, sondern als die durch Ausschließung zur Bürgerin erhobene, eheliche Tochter meines Vaters suchen und erzwingen." — Die ehemalige Kronprinzessin Luise ist mit Glron am Mittwoch Mittag m Genf eingetroffen. Sie wurde auf dem Bahnhof von ihrem Bruder Leopold Wölfling begrügt, der sie zärtlich umarmte und Giron die Hand schüttelte. Alsdann begaben sich alle drei, ohne der Zollrevision beizuwohnen, zu Fu nach dem Hotel Schweizerhof, wo sie di Kammerfrau mit dem Gepäck einholte. Der Aufenthalt in Genf ist voraussichtlich kurz Die Prinzessin begiebt sich angeblich demnach allein nach Salzburg- Weiter liegen au Mentone Nachrichten vor, von denen einige mitgeteilt sein mögen. Unterm 2. d. M. wird olgendes gemeldet: „Die Prinzessin Luise und Herr Giron statteten gestern den Spielsälen einen zweiten Besuch ab. Sie gingen von Roulette zu Roulette. Herr Giron spielte und die Prinzessin trug ihm, damit er die Hände zum Spiel frei habe, den Hut. Während das Liebespaar bei seinem ersten Besuch im Kasino wenig Glück gehabt hatte, gewann Herr Giron diesmal mehrere Züge sn plain. Er setzte edesmal einen Louisdor auf Nummer 31 und diese Nummer kam einige Mal heraus, wodurch er jedes Mal 700 Frank gewann. Die Prin zessin war ziemlich auffällig gekleidet. Sie trug eine Robe von hellblauer Seide mit einem großen blauen Federhut und einem pelzgefütterten Cape. Nach einiger Zeit wurde das Liebes paar erkannt und von einer dichten Schaar Neugieriger umringt. Die Prinzessin verlor völlig die Fassung, zumal ihr aus der Menge einige wenig schmeichelhafte Bemerkungen ins Gesicht geschleudert wurden. Doch schritten alsbald die Saaldiener ein und ließen das Paar durch eine Nottür ins Freie gelangen. Wie schon gemeldet wurde, erfreuen sich die Prinzessin und Herr Giron an der Riviera durchaus keiner Sympathien Die Bevölker ung von Mentone und Monte-Carlo, die doch sonst wahrhaftig nicht an übertriebenen moral ischen Skrupeln leidet, ist gegen diese fürstliche Mutter und Gattin ganz erbarmungslos und auch von Herrn Giron spricht man an der Riviera nur verächtlich. Man stellt °ihn hier auf eine Stufe mit den Spielern und Aben teurern, von denen es in der Umgebung von Monte-Carlo wimmelt. Die sittliche Entrüstung besonders der Frauen aus dem Volke macht sich nicht selten auf offener Straße in Un- Höflichkeiten gegen das Liebespaar Luft." Un term 3. Februar wird von Mentone berichtet, daß das Paar den 4 Uhr 35 Minuten von Mentone abgehenden Zug benutzte, um nach Genf zu fahren, wohin sie der Advokat La chenal, der schweizerische Rechtsbeistand der Prinzessin, unter dringenden Vorstellungen be rufen hatte. — Die unerwartete Abreise der Prinzessin aus Mentone ähnelt der Flucht aus Salzburg sowohl als auch dem späteren plötz lichen Verlassen Genfs, wohin die ruhelose Frau jetzt wieder zurückkehrt; ihr Aufenthalt an der Riviera hat nur fünfzehn Tage ge dauert. Welche Gründe Lachenal zu seiner neuesten Maßnahme veranlaßten, bleibt !,abzu- warten. — Weiter meldet ein Telegramm: Die Abreise der Kronprinzessin Luise und Girons erfolgte plötzlich, trotz der offenkundigen Indis position der Prinzessin. Sie ließen ihre Koffer und ihre Effekten in größter Unordnung im Hotelzimmer zurück. Der Eigentümer des Hotel Anglais, Arbocast, erklärt, daß er über die un erwartete Abfahrt des Paares ganz erstaunt sei. Giron Härte wohl gestern angedeutet, daß die Prinzessin demnächst allein nach Salzburg reisen werde, über die Motive dieser gemein samen Reise verweigerte er aber jede Aus kunft. Arbocast versichert, daß Giron Auftrag gab, ihm die eintreffenden Briefe im Hole Anglais aufzubewahren, da er möglicherweise in dieses Hotel zurückkehren werde. Die Po lizei hat nach Genf und Lyon große Jnstruktions- öepeschen gesandt. — Fahrgäste wollen bemerk haben, daß die Prinzessin in ihrem Abtei bitterlich weinte. — Dem „Neuen Wiener Tageblatt" wird aus Mentone berichtet, daß Giron von der dortigen Präfektur zur Vor zeigung seiner Papiere aufgefordert und ihm eine Frist zu ihrer Beschaffung eingeräumt wurde. Gleichzeitig aber erschien ein Präfektur beamter im Hotel bei der Kronprinzessin, die auf die Frage nach ihren Dokumenten erklärte, sie habe keine, doch wisse alle Welte, wer sie sei. Der Beamte drückte schließlich den Wunsch des Präfekten aus, daß die Kronprinzessin wegen Vorlage ihrer Dokumente das Nötige verlaffen möge. (Die Gerüchte über eine be ¬ absichtigte Ausweisung Girons aus Mentone bestätigen sich bisher nicht.) Skassa. Der 12 Jahre alte Pflege- ohn des WirtschafWbesitzers Steinicke hierselbst mrd seit Freitag vermißt. Vermutlich ist er auf dem Eise eingebrochen, da seine Mütze am Wehre gesehen worden sein soll. Senftenberg. Ein frecher Dieb —> ein Spezialist in seinem Fache — treibt hier ein Unwesen. Schon zum dritten Male ist sier vor einigen Tagen in der Werkstätte des Gerbermeisters L. eingebrochen worden. Vor Weihnachten wurde ihm mittelst Einbruches durch ein Fenster eine Menge gegerbter Felle entwendet; daraufhin ließ er Eisenstäbe vor den Fenstern anbringen. Kurze Zeit später kam der Dieb wieder, stieg oben durchs Giebel fenster ein und holte sich die besten Hand schuhleder; die weniger guten warf er beiseite. Der Wert derselben betrug etwa 80 Mark. Vor einigen Tagen erfolgte der dritte Besuch, welcher durch die Rückseite des Hauses bewerk stelligt wurde; diesmal fielen dem Diebe ca. 50 rohe Schaffelle in die Hände. Diese Felle transportierte er auf einer des L. gehörigen Karre. Chemnitz. Der Mörder Borrmann, welcher vor einigen Monaten seinen kleinen Lohn durch einen Schuß in den Kopf tötete und seine von ihm getrennt lebende Ehefrau durch Revotverschü sie zu ermorden versuchte und nach vollbrachter Tat nach Wien entfloh, ist am Sonnabend Nachmittag nach Verbüßung einer ziveimonatigen Freiheitsstrafe ins hiesige Untersuchungsgefängnis eingeliefert worden. Buchwald. Auf eigenartige, entsetz liche Weise verunglückte der 13 Jahre alte Lohn des GasthossvesitzerS Hering in Buchwald bei Treuen i. V. Im Begriffe, ein Pferd einzuschirren und die Brustkelte einzuhängen, sprang das Tier in die Höhe. Die Laufkette schlang sich dadurch um einen Arm des Jungen und verknebelte sich so, daß der urme Junge ms Seitengeschirrteil verwickelt wurde. In solch schrecklicher Lage würde nun der Junge von dem scheuen Pferde durch Huftrilte und Schläge so verletzt, daß das Fleisch von den Beinen gelöst, die Hände verstümmelt und die Gedärme ologgelegt wurden. Der Unglückliche wurde außerdem nnch gegen einen Baum geschleudert dadurch löste sich die Kette von dem Arm und das Opfer war frei. Der Knabe ist seinen Verletzungen erlegen. Deutsch-Gabel. In einem benach barten Dorfe erhielt das Anwesen eines Oeko- nomen im Laufe eines halben Tages einen dreifachen Storchbesuch. Fast zu gleicher Zeit wurden Frau, Tochter und Magd entbunden. Mittweida. Am Montag Vormittag kurz vor 12 Uhr erschoß im hiesigen Stadt park der 24jährige Stallschweizer Grunert zu erst seine Geliebte, die Tochter eines Werk meisters in Weißthal, und dann sich selbst. Infolge mannigfacher Hindernisse, die sich ihrer Verheiratung entgegenstellten, ging das Paar in beiderseitigem Einverständnis gemeinsam in den Tod. Leipzig. Der Markthelfer Ebenroth, der sich auf offener Straße erschoß, hatte seiner Geliebten vorgespiegelt, daß er der Geschäfts führer einer großen Firma sei. Statt dessen war er von der betreffenden Firma wegen Unregelmäßigkeiten angezeigt und gerichtlich be straft worden, wofür er sich an dem wirklichen Geschäftsführer rächen wollte. Er ging mit geladenem Revolver in den Hofraum des Ge schäftshauses, traf aber den Gesuchten, den er jedenfalls erschießen wollte, nicht an und zog es deshalb vor, allein in das Jenseits zu wandern, da seine Braut nichts mehr von ihm wissen wollte. Zwickau. Die 40. Division (Leipzig, Chemnitz, Zwickau) hält in diesem Monat eine Winter-Felddienst-Uebung ab.