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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Bormittag). AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich t Mark so Ps. prsenuwsranäo. ÄMM für Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Ztvöniir und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. 73 Verantwortlicher Rcdacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. Sonnabend, den 24. Juni 1882. 7. Jahrq. Bekanntmachung. Der HI. Termin Communanlagen ist am 20. d. M., das Hl. Quartal Schaukzinsen, die Feldpachtgelder, sowie die Laas- und Wasserstiinderzinsen sind am 1. Juli d. I. fällig und innerhalb der zur Zahlung nachgelassenen achttägigen Frist pünktlich an unsere Stadtkaffenverwaltung abzuführeu. Gegen Säumige ist alsbald nach Ablauf der Zahlungsfristen das Mahn- u. bez. Executionsverfahren einzuleiten. Expeditionszeit: Vormittags von 9—12 Uhr, Nachmittags von 2—5 Uhr. Mittwochs werden Gelder nicht angenommen. Zwönitz, am 19. Juni 1882. DerStadtgemeinderath. Adam, Bürgermeister. Der europäische Friede. Wenn man die Wendungen überblickt, welche in den letzten Wochen und Monaten die allgemeine Lage der europäischen Politik durchgemacht hat, so muß man entschieden betonen, daß das Fricdens- gestirn trotz aller momentanen Verdunkelungen an Leuchtkraft für unsern Erdtheil nicht das Geringste verloren hat, ja, daß sogar der Friedensstern, unter dem Europa steht, heute noch glänzender und Heller als früher strahlt. Die tonangebenden Großmächte wollen den Frieden und von diesem gewaltigen Willen mußten die intriguanten und ehrgeizigen Friedensstörer weichen. Wo sind ein Skobeleff und Jguatieff, die vor nicht langer Zeit so sehr in die Kriegsposauue bliesen, geblieben? Und was besitzt Gambetta noch von seinem Ruhme uud seinem Glanze? Jene mußten dem mächtigen Friedenswillen und dem Bestreben, innere Reformwerke in Nnhe zu vollenden, weichen, und Gambetta vernichtete durch seinen maßlosen Ehrgeiz uud seine selbstherrlichen, antirepublikanischen Neigungen sein Ansehen und seine Popularität uud mit der Beseitigung dieser drei Männer aus den maßgebenden politischen Kreisen sind auch die drohenden schwarzen Punkte im Osten und Westen Europa's geschwunden. Ob für immer oder recht lange Zeit wollen wir allerdings nicht behaupten, denn die Politik wird von Fall zu Fall gemacht und oft kann schon ein einziger Monat große Umwälzungen bringen, aber innerhalb des friedlichen Reliefs, welches unter der kräftigen Initiative von Deutsch land und Oesterreich auch die übrigen Großmächte der politischen Lage Europa's gegeben haben, hat man eine Friedensstörung sobald nicht zu fürchten, auch nicht in Hinblick auf die verwickelte ägyptische Frage. In dieser Beziehung werden die Großmächte lediglich nur solche Schritte thun, die unter Berücksichtigung der egyptischen Ver hältnisse und der OberlehnSherrlichkeit des Sultans lediglich das all gemeine Kulturinteresse im Auge haben und dies wird wohl ohne großes Blutvergießen zu erreichen sein. Gegensätze hinsichtlich der egyptischen Frage bestehen ja unter den Großmächten nur bei Eng land und Frankreich, aber weder in London, noch in Paris rührt man jetzt an diese Gegensätze, geschweige, daß man sie mit dem Schwerte auszukämpfen Lust hätte. Die egyptischen Trauben hängen eben für England, wie für Frankreich noch zu hoch und es ist für keinen dieser Staaten rathsam, Egypten zu annektiren, deshalb glauben wir anch, daß die oben angedeutete Lösung der egyptischen Frage nach und nach eintreten wird. Die Ruhestörer werden mit Hülfe der Türkei und der Großmächte zur Ordnung verwiesen und eine Konferenz der Mächte beschließt dann darüber, auf welche Weise bessere Garantien für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung lind der vizeköniglichen Herrschaft in Egypten herzustellen sein werden. Einige Gemetzel und Zusammenstöße der noch in Egypten befindlichen Europäer oder dahin zu sendenden türkischen, französischen oder eng lischen Occupationstruppen mit der fanatischen egyptischen Bevölkerung werden allerdings die traurigen Ereignisse, die man im ferneren Ver laufe der egyptischen Frage wahrscheinlich zu befürchten hat, wohl noch bilden, aber das Ziel, die Ordnung und den statushuo in Egypten wieder herzustellen, wird sicher erreichbar sein und damit auch dieser Schatten am europäischen Friedenshimmel über kurz oder lang verschwinden. Tagesbericht. — Die Ziehung der ersten Classe der 102. sächsischen Landes lotterie findet am 3. und 4. Juli statt. — Von den sächsischen Generälen, welche zur Disposition ge stellt oder verabschiedet sind, hat der Tod in neuerer Zeit eine ganze Reihe abberufen: v. Apel (P 19. Dezember 1881), v. Schreibers hofen (P 24. Dezember 1881), v. Holtzcndorff (24. Februar 1882), v. Rouvroy (P 7. Juni 1882) und am 17. Juni ist in Bad Ems am Herzschlag auch der sächsische Reitergeneral v. Fritsch im 77. Lebensjahre verstorben, v. Fritsch, welcher 1867 seinen Abschied erbat und in Dresden wohnte, war in Ems zur Kur. — Vor dem Schwurgerichtshofe in Chemnitz wurde am 16. Juni ein Prozeß zu Ende geführt, welcher ein Bild des krassesten Aberglaubens entrollte: Der 63 Jahre alte Strumpfwirker Viertl und der 70 Jahre alte Müller und sog. Sympathiedoctor Parthum, beide in Wechselburg wohnhaft, haben es verstanden, verschiedenen leichtgläubigen Personen glauben zu machen, sie ständen mit höheren Geistern in Verbindung und könnten mit deren Hilfe Anderen Geld verschaffen, natürlich gegen vorherige Gewährung von Geld. So hatte Viertl den Leichtgläubigen gegenüber, welche dringend Geld bedurften und zu Erlangung desselben 13 Thaler bezahlten, eine „Geisterbeschwörung" in Scene gesetzt. Nach Aufforderung Viertls gehorchte auch der „Geist"; derselbe erschien, nachdem ein blaues Flämmchcn, wie Viertel erklärte, angezeigt hatte, daß der Geist im Anzuge sei, und frug die drei, welche ihn natürlich nicht zu sehen bekamen, mit hohler Stimme nach ihrem Begehr. Diese trugen ihm denn nun vor, daß sie zusammen 9000 Thaler haben wollten, und als der Geist hierauf erklärt hatte, daß sie zur Ablösung dieses in der Erde vergrabenen Geldes 100 Thaler hergeben müßten, wurden sie durch Vermittlung Viertls mit dem „Geiste," der mit sich Han« dein ließ, dahin einig, daß sie zusammen 45 Thlr. beschaffen wollten. Bei der nächsten Zusammenkunft wurde dieser Geldbetrag hinter Viertls Scheune unterhalb der Dachtraufe in die Erde vergraben, am nächsten Morgen, als nachgesehen wurde, hatte der „Geist" das Geld schon geholt. Hiernächst erhielten die drei von Viertl wieder Anweisung, zu ihm zu kommen, und da nun wurde ihnen eröffnet, der gute Geist habe mit den bösen Geistern einen tüchtigen Kampf gehabt, weil er sich mit der Hälfte begnügt habe, die Geister seien nicht eher wieder zu beruhigen, als bis auch die anderen 45 Thlr. bezahlt seien. Auch diese wurden beschafft und am gleichen Orte vergraben. Hieran knüpften sich in der Folgezeit noch verschiedene andere Geistercitationen in Viertls Wohnung, wobei Viertl es ver-