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Sonnabenä» äen 8. Dezember ^928 ««lr-romm,: Daa'diaü ft»«rrsgrdi»v« Enthalte»- -le amtliche» HekanatMachungea -es Nates -er Stsöt «K- -es Amtsgerichts )lve. Är. 2SS poM<«-Koat»r ftmt L*tpr>0 M.1"» 23. Jahrgang Chamberlain gehl nicht nach Lugano? Er will Strefemann mel-en l yAAchue-t eine Londoner Meldung, wonach Ehamber-lai-n -di« Dölkevbundsovgane dahin verständigt haben soll, Latz er nur dann nach Lugano kommen werde, wenn bis aus dieser Meldung, daß Chamberlain eine Begegnung mit L-tr-e'semann vermeiden wolle, weil seine Erklärung zur Räu- mun-gsfrage in Deutschland einen Sturm ausgelöst hat. An amtlichEr Berb.ner Stelle lag dis zum Donnerstag abend keine Bestätigung der Nachricht vor. Englische Mclduu- gen sprechen auch vwlnrehr davon, daß der englische Außeu- n- ster am Sonnabend Lvndmi verlassen werde, um sich nach Lugano zu begeben. In Berliner politischen Kreisen neigt man der Ansicht zu, daß die Erklärung Chamberlains im Unterhaus als sehr wohlüberlegt« Vorbereitung für die Dechandlungen im Lu gano gedacht war, was auch dadurch bestätigt werde, daß Chamberlain diese Erklärung ausdrücklich noch einmal im Par lament wiederholte. Die deutsche Delegation unter Führung des Reichsaußen- Ministers Dr. Strefemann wird Berlin am Freitag abend ver- lassen. Am Mittwoch hat noch «ine Unterredung des Außen» Ministers mit verschiedenen Parteiführern über außenpolitische Fragen im Hinblick auf die Luganoer Tagung stattgefunden. Oelterreicbs neuer Vunäespraliäenr Eine merkwürdige Wahi Der ö. Dezember wird in der Geschichte der Repu blik Oesterreich ein denkwürdiger Tag sein. Er hatte längst seine schweren Schlagschatten vorausgeworfen. Drei Wahlgänge waren nötig, um den Nachfolger des scheidenden Bundespräsidenten Dr. Hainisch sestzu- stellen. Endlich im dritten Wahlgang siegte der Christ- lichnationale Wilhelm Mik las, der bisherige Prä sident des Nationalrats, dank der Stimmenthaltung der Sozialdemokraten. Der neue österreichische Bundespräsident, der fromme und biedere 58Mrige MiklaS, der schon vor dem Weltkriege politisch! hervortrat und zu den füh renden Persönlichkeiten der Christlich sozialen Partei gehört, trat sein Amt unter den Glückwünschen seiner Parteifreunde und der Sozialdemokraten an, die durch ihrs Stimmenrhaltung erst seins Wahl ermöglichten. Im sozialdemokratischen Lager weist man, dast Miklas als Vater von elf lebenden Kindern einen schweren Lebenskampf durchzufech.en hatte, zumal er über ein nennenswertes Privativer mögen nicht verfügte. Auch die Grostdeulsche Partei bringt dem aeugewühlten Bun despräsidenten aus Grund ihrer langjährigen Zusam menarbeit "im "Nationalrat volle Achtung und Wert schätzung entgegen. Der Parteikampf um den Posten des Bundespräsidenten, der in Wien mit seltener Leb haftigkeit parlamentarisch durchzefochten wurde, ist vorüber und die Gemütlichkeit hat wieder ihre lie benswürdige Herrschaft angetreten. In Oesterreich herrscht über dl« Persönlichkeit des neuen Bundespräsidenten natürlich völlige Klar heit und Einigkeit. Die Frage, die aber in Wien heute die politischen Gemüter beschäftigt und erregt, ist die, welche logischen Folgerungen aus der Wahl zu ziehen sind. Die Großdeutschen und Landbündler haben durch die Aufstellung des Wiener Polizeipräsidenten Scho ber sich von den Christlich sozialen getrennt und Ha mit die bestehende RegierungSkoalition gesprengt. Die Sozialdemokraten dagegen haben durch ihre Stimm enthaltung die Wahl des CHristlichsozialen Miklas zum Bundespräsidenten erst ermöglicht. Alte Politiker er blicken in dieser sozialdemokratischen Taktik den Auf takt zur schwarzroten Koalition, wenn auch der Weg zu ihrer Erstellung noch! wett und beschwer lich sein sollte. Die Sozialdemokraten taktieren auf das Ver schwinden der Mittelparteien hin. Da» reine Zweiparteiensystem schwebt ihnen in Oesterreich als Ideal vor. GS ist nicht ausgeschlossen, dast sie sich durchsetzen werden und dast dann der Entscheidungs kampf zwischen rot und schwarz beginnt. In dieser Hinsicht ist die Wahl de» CHristlichsozialen Wilhelm MiklaS zum Bundespräsidenten ein Symptom, welche» ernste Beachtung verdient. Neberzeichmmg Mer deutschen Anleihe in der Schweiz Die in der Schoeiz aufgelegte v^vrozerütge Anleihe der Badischen GirdLr-ck M Maun^im, ow sich auf 18 MW^- nen Schwei-er VrsrLa Le-i-r^ B mehrfach Wer-sichnei worden» vas arme Sayern Eine Entschließung d«o bayerischen Landtages Dis Koalitionsparteien und die Natio nalsozialisten haben im Bayerischen Landtag fol gende Entschließung eingebracht: „Der Bayerische Landtag erklärt seinen Willen und seinen Entschluß, am Bestand des Staates Bayern festzuhalten. Er wird alles tun, die dem Staat Bayern nach Verfassung und Verträgen zujichenden Rechte zus wahren. Er handelt hierbei in der Ueberzeugung, da-i mit am besten dem inneren Zusammenhalt deS Reiches und der Zukunft des deutschen Volkes zu dienen." Abg. Ackermann gab namens der sozial demokratischen Fraktion eine Erklärung ab, in! der es u. a. heißt: „Wir lehnen «S ab, wenn von irgendeiner Seite der Versuch gemacht werden solltet durch Ausnützung bestehender Machtverhältnisse und- von Gesetzen die Aushungerung eines Teiles Deutsch-1 lands herbeizuführen. Wir lehnen aber auch die Me-j thoden ab, mit denen man in den letzten Tagen im Landtag versucht hat, dis Belange Bayerns gegenüber dem übrigen Deutschland zu wahren. Wir erblicken darin nicht nur eins Schädigung der Interessen s Bayerns, sondern halten diese Methoden für die wci-i tere friedliche Entwicklung des ganzen deutschen Volkes für verhängnisvoll. Die sozialdemokratische Fraktion lehnt eS deshalb ab. dieser Entschließung beizutreten. Wir hoffen, daß auch in Bayern noch die Einsicht ein kehren wird, dast die ungeheuren Schwierigkeiten, von " denen das ganz« deutsche Volk heimgesucht wird, nur gelöst werden können durch eine rückhaltlose und vor behaltlose Zusammenarbeit aller deutschen Länder." Auch die kommunistische Fraktion liest erklä ren, dast sie die Entschließung ablehne. Für die Deutsche Volkspartei erklärte Abg. k Burger: „Wir werden die bayerische Regierung gerne unterstützen, wenn sie den Bestand der Selbständigkeit s Bäherns wahrt. Wir sind aber auch der Auffassung, dast jeder Versuch, den Staat gegen das Reich auszu spielen, ebenfalls den inneren Frieden des Reiches! und seine Entwicklung schädigt." In der namentlichen Abstimmung wurde dis er wähnte Entschließung mit 68 gegen vier Stimmen bei 32 Stimmenthaltungen angenommen. Der Stimme ent-! hielten sich die Sozialdemokraten und die Abgeordneten der Deutschen Volkspartei; dagegen stimmten nur die Kommunisten. s Sine Erinnerung an schwere Teil Weihe eines Denksteines für Ne Auslandshilfe Di« Deutsche Liga der Freien Wohlfahrtspflege, Präsident Hugo Graf von Lerchenfeld, und der Deutsch« Zentralausschuß für di« AuÄrndshilfc, Vorsitzender Ministerialrat Dr. Bose, veranstalteten gestern mittag im Festsaal des Wohlfahrtshaufes in Berlin di« Weihe «irres Denksteines für di« Auslandshilfe. Der Denkstein zeigt sine Tafel mit einer Inschrift, an deren Seiten zwei Frauengestalten stehen und gemeinsam «ine Opfer schale erhüben, in der die Flamme der Erinnerung und des Dankes brennt. Die Inschrift lautet: „Bleibe du, Stein, eia Zeuge des Dankes für helfende Güte, die durch Jahre der Not uns eine Welt hat gewährt. Auslandshilfe 1917—1924." Das Hilfsw-erk wurde in erster Linie getragen von den im Krieg neutralen Ländern, besonders von Schweden, Holland und der Schweiz, von Ausländsdeutschen und den deutsch stämmigen Angehörigen der ehemals feindlichen Städten, vor allem der Bereinigten Staaten von Nordamerika. Ihnen schlossen sich di« großen kirchlichen Hilssw-erke aller Bekenntnisse und der Humanitären Gesellschaften, nam-nttlich der Nol- kreuz-Vevsme an, As im schweren Notwinter 1923/24 die Hilfe für das notleidende Deutschland eine Angelegenheit fast aller Kulturstaaten wurde. Ein besonderes Verdienst erwarb sich neben dem Deutsch-Amerikanischen Hilfsverein im Central Relief Comidte-e in Neuyork di« Religiös« Gesellschaft der Freund« (Quäker), die das amerikanische Hilfswerk als Treu händer in Deutschland verwaltete und durchführte. Insgesamt sind durch den deutschen Zentralausschuß für die Auslandshilfe und die ihm angeschlossenen Verbände der freien Wohlfahrts pflege von 1920 bis 1966 schätzungsweise 136 Millionen Kilo gramm Waren, hauptsächlich Lebensmittel im Werte von 125 Millionen Golvmark und -etwa 17 Millionen Goldmark in bar wtch Deutschland vermittelt worden. Die sogenannte Quäker- pe-isung hat während ihrer fünfjährigen Dauer von 1920 As 1925 durchschnittlich 500 000, im Juni 1921 und im Sommer 1924 Über «ine Million Schul- und Kleinkindern, Jugendlichen und Müttern «ine tägliche Mahlzeit geboten. Etwa 260 000 deutsche Müder wurden während der Zeit von 1917 bis 1924 in benachbarten Ländern ausgenommen. Ohne dies« Hilfe hätte ein großer Teil der deutschen Jugend, die heut« schon am WisdeoauMu Deutschland» nniarüntst, an seiner Gesundheit Vie Tätigkeit äer Arbeitsgerichte Von den Arbeitsgerichten wißen ^gewöhnlich nur der Ar beitnehmer, auch längst nicht alle, und der Arbeitgeber etwas. Die Austragung des Eisenkampfes hat erst Len Weg derartiger Streitigkeiten bei den Arbeitsgerichten deutlicher in der Oef- -fentlichkeit gekennzeichnet. Bekanntlich sind die Arbeitsgerichte die zuständigen Gerichte für bürgerliche Rechtsstreitigkeilen deS Arbeitslohnes ohne Rücksicht auf den Wert des Gegenstandes im ersten Rechrszua. Berufungsinstanz sind die LcmdesarbeitS- gsrichte, Revisionsinftanz das Reichsaro-oitSgericht, das beim Reichsgericht in Leipzig besteht. Mitte 1927 waren 80 Landes arbeitsgerichte und 527 Arbeitsgerichte vorhanden. Ein ein heitliches Urteil über die Bor- und Nachteile der Einrichtung der Arbeitsgericht« in Deutschland wird sich erst in späterer Zeit Hernusbilden: es ist selbstverständlich, daß das Vorhanden- sein derartiger Arbeitsgericht« wohltätig in mancherlei Be ziehung wirkt, man darf al»er auch nicht verkennen, Laß mit der Zunahme der Beanspruchung dieser Gerichte, besonders bei Berücksichtigung der Billigkeit des Verfahrens, so -etwas wie eine Prozeßust in breiteren Schichten entsteht, eine Erscheinung, die keineswegs förderlich ist. Hinzu kommt weiter, daß das heutige Verfahren noch gewisse Wandlungen durchwachen muß, «he >es allgemein befriedigt. Es hat eine Berechtigung, Latz der Arbeitgeber sich nicht durch -einen gewerblichen Rechts vertreter vertreten lassen darf, der die hohe Zahl der Ver säumnisurteile — 12,4 Prozent — zeigt, daß, da es sich oft nur um Bagatellen handelt, der Arbeitgeber lieber die Ver urteilung erträgt, als zwei oder drei Termine, mit denen er zwei oder drei unter Umständen sehr wertvolle Arbeitstage verliert. Eine genauere Unterteilung der Versäumnisurteile würde keineswegs identisch sein mit Verurteilungen der je weiligen Partner. Dieser Umstand wiederum. Laß mau auch gleichsam zu Unrecht, sehr häufig eben -infolge Les Versäumnis urteils Recht beim Arbeitsgericht bekommen kann, ist ohne Frage ein schädliches Moment. Es wird Ausgabe der Zukunft fein, diesen schädlichen Nebenwirkungen zu begegnen. Denn die Tätigkeit der Arbeitsgericht« ist so schon genügend umfang- reich, waren doch allein im letzten Halbjahr 1927 164 618 hängig; davon stammten 65,6 Prozent aus Arbeiter« ;n, 24,1 Prozent aus Angestelltenstvei-tigkeiten und reich, waren doch Sachen aul" ' ' strestigkeiten, 10,3 Prozent aus Handwerksstveitigkeiten. Bei 41 Prozent aller Streitigkeiten kam -ein Vergleich zustande. Daß die Ar beitsgerichte häufig unnötig angerufen werden, zeigt, Laß in 21,5 Prozent aller Fälle die Klage zurückgenommen wurde. Die Landesarbeitsgericht« hatten 4064 Berufungsv-erfahren, die Zahl der Revisionen betrug im ersten Geschäftshalbjahr beim Reichsarbeitsgericht 123, von Lenen aber 75 Prozent noch nicht abgeschossen wurden. Der Jnstanzenzug ist nicht allzu sehr beschleunigt oder die Gerichte sind so überlastet, Laß «ins größere Schnelligkeit zunächst nicht erzielt werden kann. Lnteesiützungsgesuch -es Deutschen Sergarbeiter- veebon-es Der Vorstand Les Deutschen Bergarbeiterverbandes (Al ter Verband) hat an Len preußischen Wohlfahrtsminister eine Eingabe -gerichtet, in der -er auf die schlimmen Folgen der Aussperrung in der Eisenindustrie für -die Bergarbeiter hin weißt. Wöchentlich seien, so heißt -es in der Eingabe, im Durch- schnitt über 100 000 Feierschichten eingelegt worden, -der Lohn- ausfall sei sehr groß, sodaß in vielen Familien Not und 'Elend -eingezogen seien. Eine gesetzliche Handhabe zur Gewährung von Kurzarbe!ler-1lnterstützun-g fehle. Mit Rücksicht auf den Winter wird der Wohlsahrtsminister gebeten, helfend -einzu greifen und den betroffenen Bergarbeitern -eine Unterstützung zu gewähren. Paraphierung des deutsch-jugoslawisch«» Vertrages üb« Sozialversicherung Im Reichsarbeitsministerium wurde gestern «in deutsch« jugoslawischer -Vertrag über Sozialversicherung paraphiert, der Len Schutz der gegenseitigen Staatsangehörigen in Len Arbeit»« und Versicherungsvsrhaltnisfen zum Gegenstand hat. Die rumänischen Verhandlungen in Berlin Bci den unlängst von dem rumänischen Arbeits-monister in m-En geführten Verhandlungen handelte es sich darum, -die in dem Abkommen Berlin—Bukarest r-egi-srungsseitig zug-e« -sagten Milli onenzahlungen für -die Rumänen flüssig zu mache« und zwar -dadurch, daß sie von der Bank bevorschußt werden. Regierungsseitig bleibt es bei dem verabredeten Zahlungs termin. Belgisch« Markberräge Von Verhandlungen mit Brüssel über -eine Zahlung der sogenannten Markbctrüge ist in Berlin nichts bekannt. Revision im Fememordprozetz Schmidt Der dritte Strafsenat des Reichsgerichts hob gestern das Urteil des Schwurgerichtes in S-tettm im FememorLprozeß Schmidt auf und verwies die Sache zur nochmaligen Behand lung an die Vorinstanz zurück. Das Schwurgericht Stettin hatte am 25. Mai wegen Totschlages an dem Soldaten Schmidt den Leutnant a. D. E-dmund Heines zu lö Jahren Zuchthaus, den Mitangeklagten Ottow wögen Beihilfe zu vier Jahren Zuchthaus und einen weiteren Angeklagten Fräbel -ebenfalls wegen Beihilfe zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, vier w-krr-e Angeklagte waren frei gesprochen worden. Gegen die ses Urreil hatte sowohl die VerteftftgM- wie auch die Staats anLo-ltschast Berufung eingelegt.