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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, W.UW-uW« Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend üütnaev hid-rrr Drwall, Krieg oder sonstiger Belriebestirungen besteht kein Anspruch aus cheserung »er ,ki>uno oder «üftung de, «e,ug,preise». — Aücksendu», eingesandter Schriftftüch« crsolgt nur, wenn Porto beilirgt. Da« Wilsdruffer Tageblatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts und Stadtrats zu Wilsdruff, Forstreutamts Tharandt, Finanzamts Noffen. Nx 53. 86.Iahrgang Telegr Adr .Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden Postscheck Dresden 2640 Freitag, den 4 März 1927 I für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. ÄUrzeigenPreis: die 8gespaUeneRaumzeUe 20 Goldpfennig, die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Gold- 3 gespaltene Sieklame-eile im textlichen Teile 100 Goldpfennig. Nachweisungsgevühr 20 Goldpfennig. Dor- werdrn nach NMgt'iMt Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 bttL<üsichag°?°N^ annahme bi» oorin.ioUhr . —> > , " die Aichtiakrit drr durch Fernruf Ldermitteitc» Anzeige» üb-rnehuien wir keine «LnronNe. Jeder Radatlanspruch erlischt, wenn »er Betraa durch Klage eingezogen werden must oder derAuftraggeberinKcnkurt gerät. Anzeigen nehmen aUeVermittiung.stelien entgegen. Irmkreichs Organisation für den Krieg. Generaldebatte in der Kammer. Die Französische Kammer hat die Diskussion des Gesetz entwurfes betreffend die allgemeine Organisation der Nation iur die Kriegszeit begonnen. Der der Demokratisch-Nepubli- /""'wen Partei angehörcndc Abg. Fabry war der Ansicht, 'n Zukunft noch viel Weiter gehen müsse auf diesem i7ow. Deutschland sei zunächst in gewissem Matze entwaffnet, <wcr sehr ernste militärische Mittel sich erhalten und alle Staatsschule und Elternrecht über die Frage des jetzt erneut vom Reichsinnen Esster v- Keudell angekündigten Entwurfs eine« Rerchsschulgesetzes wird uns von parlamentarischer Seit« geschrieben: ' Es war eine gewisse Überraschung, als am Mittwoch seines Etats im Haushaltsausschuf des Reichstages der Innenminister v. Keudell an- knndigte, er werde einen neuenReichsschulgesetz- entwurf dem Reichstage vorlegcn. Man hatte näm- ttch ztemlwh sicher damit gerechnet, daß der Entwurf, den li)2o der Reichsinnenminister Schiele hatte ausarbeiten lassen und der wenigstens zum Teil in der Öffentlichkeit vekanntgeworden war, jetzt wirklich zur Beratung kom men würde. Der Artikel 146 der Reichsverfassung sagt, daß alles Nähere über den konfessionellen bzw. simultanen oder religionslosen (weltlichen) Charakter der Schulen ein künftiges Reichsgcsetz regeln soll. Wenn jetzt das Neichs- innenministerium einen neuen Entwurf hierüber schaffen will, so ist es der vierte. Denn schon 1921 kam der erste heraus, der dann schon fast fertig beraten war — bis auf die strittigen Punkte allerdings —, aber in der Versenkung verschwand, als 1924 der Reichstag aufgelöst wurde. Der Schielesche Entwurf kam überhaupt nicht über einen so genannten Neferentenentwurf hinaus, weil die partei politische Konstellation sich bekanntlich im Oktober 1925 änderte. Dann hat sich der Innenminister Dr. Külz an o«e Arbeit gemacht und erklärte Ende vorigen Jahres, daß der Entwurf geburtsreif sei. Aber wieder kam der Regierungswechsel dazwischen; der Entwurf teilte das Schicksal seiner Vorgänger. Nun soll der vierte in dieser Reihe drankommen. Die unklare und daher auch zwiespältig aufgefaßte Formulierung des Artikels 146 der Reichsverfassung — einer Kompromißarbeit — ist letzten Endes schuld daran, daß man nur so langsam vorwärtskommt. Platzen doch hier die größten weltanschaulichen Gegensätze der Parteien aufeinander. Während die Linke, von der Sozialdemokratie bis zur Demokratischen Partei, un bedingteste Befürworter einer rein weltlichen Schule ist, setzen Zentrum und Deutschnationale alles daran, den konfessionell-christlichen Charakter der Volksschule so, wie er besteht, zu erhalten und gesetzgeberisch zu stützen. Zwischen diesen beiden letzten Richtungen bestehen grundsätzliche Verschiedenheiten in der Auffassung und den Zielen eigentlich gar nicht. Bloß haben sie mcht die Mehrheit im Reichstag! Denn schon die Deutsche Volks partei ist Anhängerin der Simultanschule, allerdings mit christlichem Charakter, also etwa so, wie sie in Baden, Hessen, Oberschlesien und einem Teil des preußischen Ostens vorhanden ist. Man streitet sich, wie diese »nach Bekenntnissen nicht getrennte Schule" (Art. 174), also die Simultanschule, anssehen soll. Ein weiterer Streitpunkt ist der Satz im Art. 143, daß in den Bekenntnisschulen »der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der betreffenden Neligionsgesellschaft er- ^rden soll. Wie ist die praktische Durchführung >EE,n?"' welche Formen soll die durch o^?^Ä"Uls^elfcllos vorgesehene Einflußnahme der Relrglonsgeicll^ erhalten? Welches ist überhaupt dann kommt als weitere Schwierigkeit der Satz, daß „der Wille der Erttebuna^ bercchstgten möglichst zu berücksichtigen" ist. Streitfragen über -Streitfragen, über die zu einem Kompromiß zu ge langen angGchts der tiefen hierin obwattenden wettan- schanlichen Gegensätze ganz außerordentlich schwierig ist. Denn hinzu kommt ja noch die Forderung der Staats räson, daß „der geordnete Schulbetrieb nicht beeinttäch- """ Bei Schaffung dieser Artikel, die übrigens bei der ganzen Verfassungsberatung m Weimar die l e H t e n gewesen sind, über die man abstimmte, weil man sich über die Formulierung nur schwer einigen konnte, stellte man den Gedanken der Staatsschule mtt staatlichem Schul monopol in den Vordergrund und verfolgte auch das parteipolitische Nebenziel, den Wiedereintritt der Demo kraten in die damalige Reglerungskoalitron zu ermög lichen. Jetzt hofft man auf dem Wege über das Elte rn- recht vorwärtszukommen. Das heißt, daß die Er ziehungsberechtigten entscheiden sollen, welche Schule das Kind zu besuchen hat, während der Staat dre Mög lichkeit schafft, daß alle drei Schularten zur Verfügung stehen. Es wird also sicher außerordentlich schwerfallen, einen gangbaren Weg zu finden, und wir werden daher bei der Beratung des kommenden Entwurfs mit überaus heftigen innenpolitischen Auseinandersetzungen zu rechnen haben. Sie VmMMchm in MWM. Geplante Ser-effenulgen im Verwaltungsdienst. ' Dr. Von Keudell vor dem Haushaltsansschuß. Im Haushaltsausfchuß des Reichstages, der sich jetzt mit dem Etat des Reichsinnenministeriums befaßt, beschäftigte sich Minister Dr. von Ketidell mit wichtigen innenpolitischen Fragen. Der Reichsinnenminister gab zunächst Auskunft über den Stand der Verwaltungsrrform. Sie soll zunächst eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Rechtsprechung des Reiches aus öffentlich-rechtlichem Ge biet umfassen. Der neue Entwurf über die Schaffung des Reichsverwaltnngsgerichts unter Einbeziehung des Reichs wirtschaftsgerichts, des Bundesamts für das Heimatwesen nnd der verwaltnngsgerichtlichen Aufgaben des Staats gerichtshofes zum Schutze der Republik liegt dem Reichsrat vor. Gleichzeitig liegt dem Reichsrat der Entwurf zur Wah rung der Rechtseinheit vor. Sein Schicksal hängt mit demjenigen des eben genannten Gesetzes eng zusammen. Weiler teilte Dr. von Keudell mit, daß die Reichsministerien dabei seien, ihren Bnreaubetrieb wesentlich zn vereinfachen. Grundsätze über den Beamtenaustausch mit den Ländern sind vereinbart worden. Für Nachwuchs der Reichs ministerien ist der Grundsatz ausgestellt worden, daß künftig nicht mehr die jungen Assessoren bis an ihr Lebenscnde im Ministerium bleiben dürfen, sondern, daß sie nur kommissarisch vom Land übernommen und nach drei Jahren spätestens donhin zurückgegeben werden. Sie werden daun dort Richter oder Regierungsrat. Später können dann die Reichsministc- rien aus sie zurückgreifen, mit der Absicht der endgültigen Übernahme. Der Austausch der festangestellten Beamten zwischen Reich und Ländern stößt auf große technische Schwierigkeiten. Die Bemühungen, diese zu überwinden, ver sprach der Minister fortznsetzen. Von der Beamtcngrsctzgcüung wird die Reichsdienststrafordnung mit B.schleunigung er ledigt werden können. Inzwischen wird das Beamtenver- iretungsgesetz, über das nur noch die Schlußabstimmung im Reichsrat aussteht, dem Reichstag zugehen. Es soll angestrebt werden, das allgemeine Veamtengcsctz folgen zu lassen. D'c Besprechungen über den Entwurf mit den Bcamtenorganisa- tionen stehen bevor. Nm eine klare Arbeitsteilung auf den: Gebiete der Vereinfachung der Verwaltung, so fuhr der Minister fort, werde ich weiter besorgt sein, ebenso für die beschleunigte Entscheidung des Kabinetts bei Mei nungsverschiedenheiten. Ich werde mich für die Wahrung der Zuständigkeit der Reichsministeriums des Innern in den grundsätzlichen Fragen der Verwaltnngsresorm und des Ver hältnisses von Reich, Ländern und Kommunen einsctzen. Zur Verlängerung des NepuülikschutzgcsctzcS ist vom Kabinett noch nicht Stellung genommen worden; die Frage wird im Justizministerium und im Innenministerium geprüft. Der Deutschkonservativen Partei habe ich seit der Begründung der Dcntschnationalen Volkspartei nicht an gehört. Die Frage der Rückkehr des Kaisers wird bei Prüfung des Republikschutzgesctzcs beraten werden. Wegen der Stellung zur Konkordatsfragc bezieht sich der Minister auf die bereits von der Regierung bekanntgegebene Stellung nahme. Das Ministerpcnsionsgcsetz werde voraussichtlich bald dem Reichsrat zugchen; federführend sei der Fiuanzminister. Die Frage des Rcichsehrcumals werde gefördert. Von seinen Beamten verlange er die gleiche bejahende Einstellung zum neuen Staat, zu dem er sich selbst bekenne. In der Groß-Hamburg-Frage sei er weiter zur Vermittlung bereit. Zu der Frage, ob ein Kom munist Beamter sein könne, erwidere er, beamtenrechtlich komme für das Ministerium ein Gcsimnmgszwang nicht in Frage, dagegen vertrage sich eine Betätigung im Sinne eines gewaltsamen Umsturzes der Verfassung nicht mit den Beamten- pflichteu. mit Deutschland hinsichtlich Hessen Ennvaffnungzverfchlungcn geschlossenen Abmachungen hätten auch viele Meinungsver schiedenheiten bestehen lassen. Der radikale Abgeordnete Meunier fragte, ob im Falle eines neuen Ein falls die Räumung des Ge bietes, aus das sich der Einfall erstrecke, durch die Zivil bevölkerung fakultativ oder obligatorisch ungeordnet werdc nnd welche zivilen oder militärischen Autoritäten diese Räumung anordnen. Kriegsminister Painlevö antwortete darauf, er könne die Versicherung abgcben, daß die vorn Abg. Meunier ange regte Frage vom Obersten Rat sür die nationale Verteidigung ernsthaft geprüft worden sei und daß je nach den Ereignissen verschiedene Lösungen ins Auge gefaßt worden seien, um die Zivilbevölkerung vor den Schrecken des Krieges zn bewahren. Abg. Chastanet (Soz.) lenkt die Aufmerksamkeit des Par laments auf die wirtschaftliche nnd finanzielle Organisation nicht nur in Kriegszeiten, sondern bereits in Friedenszeiten Hierauf wurde die Gen»akdebatte geschlossen. Oie Lage in Schanghai. Verteidigung des KonzessionsgebietrS. „Times" berichtet über die Lage in Schanghai: Um britisches Leben und Eigentum zu schützen, werden die britischen Truppen nicht gestatten, das? zurückgchendc chinesische Truppen das VertcidigungSgebiet betreten, und werden Angriffen chinesischer Streitkräfte Wider stand leisten. Die Franzosen und die Italiener befolgen die gleiche Politik. Die amerikanischen Eeesoldatcn wer den ihrerseits Leben und Eigentum der Amerikaner in der Internationalen Niederlassung beschützen. Die aus verschiedenen Teilen Chinas stammenden Meldungen, daß es in Schanghai zwischen chinesischen und britischen Truppen zu Zusammenstößen gekommen sei, werden amtlich dementiert. Es sind lediglich einige Marodeure vor ihrem Eintritt in die ausländische Konzession aufgefordeA worden, ihre Waffen niederzu legen, sonst haben sich keine Zwischenfälle ereignet. Die dekgardriterMOgebung gegen SaldM. "»Gebt ihm einen guten Stein.* Die Kundgebungen von Bergarbeitern in Monmouth fhire gegen den Premierminister Baldwin, der dort ans Cardiff zu einem Beleidsbesuch anlässlich des Zechen unglücks kingetroffcn war, erregen in der Öffentlichkeit grosses Aufsehen. Wie die Blätter melden, hatten die Eiwohner von Own von dem geplanten Besuch des Premierministers gehört und strömten in beträchtlicher Zahl zu dem Schacht. Als der Premierminister vorfuhr und aus dem Wagen stieg, wurde er mit Hoynrufen empfangen, die noch stärker wurden, als er wieder abfuhr. Einige Bergarbeiter riefen: „Gebt ihm einen guten Stein!" und andere „Wie ist's mit dein Achtstundentag!" und „Wo ist Evan Williams?" (der Führer der Zechen- besitzsr). Der Premierminister war äntzerst erregt, verhielt sich jedoch vollkommen ruhig. Wie die Blätter melden, betrug die Zahl der demonstrierenden Berg arbeiter mehrere Hundert. Baldwin war ohne Hut und rauchte seine Pfeife. Eine Zeitlang standen er und seine Frau ganz allein zwischen den Bergarbeitern. Die Frau des Premierministers schien dem Weinen nahe und klammerte sich an den Arm ihres Mannes. Als der Wagen abfuhr, brachen neue Rufe aus. Der Arbeiterführer Ben Tillett erklärte, er bedauere tief, daß inmitten der Bergwerkskatastrophe ein solcher Protest wie der der Bergarbeiter gegen den Premier minister möglich gewesen sei. Nur der Tod habe so plötz lich die brutalen Tatsachen des Klassenkampfes in die Er scheinung treten lassen können. * Der englische Bergbau im Jahre 1926. _ In einem Artikel des Mitteilungsblattes des Han- delsamtes heißt es: Durch den Bergarbeiterstreik sind schätzungsweise 146 Millionen Arbeitstage verlorenge gangen. Im Jahre 1926 sind ungefähr 125^ Millionen Tonnen Kohlen gefördert worden, d. h., annähernd die Hälfte der jährlichen Durchschnittssörderung während der vier voranfgegangenen Jahre. Graf Westarp zur politischen Lage. Eigener Fernsprechdienst des „Wilsdruffer Tageblattes". Frankfurt, 3. März. Heute oben- fand hier eine stert besuchte öffentliche Versammlung der Deutschnationalen Volts- pertei statt, in der auch Gras Westarp zur politischen Lage das Wort ergriff. Der Redner betonte, dess die Räumung von Rhein und Saar, von der Regierung und den Parteien als die dringlich ste cussenpolitische Aufgabe des Augenblickes angesehen werde. Auf das letzte Interview Briands eingehend, erklärte der Redner, daß Briand den« Locarnvvertrag Auslegungen gebe, die vom deut schen Standpunkt ans nicht anerkannt werden könnten. Unrichtig sei, daß Deutschland durch grundsätzliche Anerkennung feiner West grenzen auf jede weitere Entwicklung im Sinne des Selbstbc- stimmungsrechtes der Völker verzichte und dass sich Frankreich das Recht Vorbehalten habe, in die entmilitarisierte Zone zur Unterstützung seiner polnischen und tschechischen Verbündeter« ein- znmarschieren. Zur Beruhigung jeder französischen Sorge nm Frankreichs Sicherheit hätte Briand nur die volle Entwaffnung Deutschlands inmitten eine« waffenstarrenden Welt und den Ver zicht Deutschlands aus jede militärischen Grcnzändcrungen sowie die Garantie dieses Verzichtes durch die Locarnomückw hervor- zuhcben brauchen. Diese Vorleistungen Deutschlands sollten mm I endlich zur Räumung -cs Rhein- und Sa. rgcöietcs führen. Bon