Volltext Seite (XML)
MsdnOr Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ Dienstag, den 23. Juni 1931 Wilsdruss-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Telegr.-Adr.: .Amtsblatt' Nr. 143 — 90. Jahrgang M Amerika verlangt unverzügliche Annahme stand Leipzig vickau: cn1:3. röhrs- echts Kilo- tamen 12:3, cesdcn sc 6:7. > all- G: 1) sten Wctt- rngen. i 100- ^ugcl- icicru lausen :wann vom In den frühen Morgenstunden des Montag ist Präsi dent Hoover in Begleitung des Vorsitzenden des Finanz ausschusses des Senats, Smoot, und des Unterstaats sekretärs im Schatzamt, Ogden Mills, von seinem Wochen- cndaufenthalt nach Washington zurückgekehrt. Smoot und Mills werden Staatssekretär Stimson bei der Ausarbei tung des ins Einzelne gehenden Moratoriumsplans unter stützen, der spätestens am Dienstag den 13 interssierten Regierungen zugehen soll. Es verlautet, daß irgendwelche Versuche der franwü- Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wiisdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. mtag, über- simer lann- und i der Fubt- iann- b die tann- glatt ippen rwei- leiten leiten ands- lußer msee, e der halbe nhalb spurt gegen entag ums- >hnte, nister sident lichter zwei Ami- 1. am ei der endes für Äürgertum/ Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die »gespaltene Raum,eile rvRpsg., die 1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40Reichs, pscnnig, die »gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachwcisungsgebühr 2g Reich SP senuige. Vor. geschrieben-Erscheinungs. __ , „ tag-und Platzvorschristeu werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt. Anzeigen. annabmebisvorm.tgUhr. - — Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelten Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Iedcr Rabatl anspru ch erlischt, wenn derBctrag durch Klage eingezogcn werden niutz odcrder Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. r. FL. !). - gegen Glau- dar MO des Hmer-Planes England «. Italien stimmen zu. — Frankreichs Wider- Hoovers Botschaft. Daß sich eine englisch-amerikanische Front wirtschaft- lich-finanziell-kreditpolitischer Art gebildet hatte, war schon seit dem April zu spüren, als der Leiter der Bank von England, Sir Montague Norman, Newyork und Washing ton, also die amerikanischen Finanzmänner und Staats banken ausgesucht und besonders eingehende Besprechungen mit dem Staatssekretär Mellon gehabt hatte. Sein Pro jekt, für die Schaffung eines internationalen Instituts zur Kapitalsausgleichung die riesigen amerikanischen und — französischen Goldreserven nutzbar zu machen, ist damals am Widerstand Frankreichs gescheitert, das sich die poli tische Verwertung seiner Goldmassen nicht einschränken lassen wollte. Der Antrag Hendersons, in Genf die deutsch österreichische Zollunion nach dem Haag hinüberzuschieben, sie damit einer sofortigen, von Frankreich verlangten „Ver urteilung" zu entziehen, war die erste Antwort. Die zweite kam unlängst mit dem Eingreifen der Bank von England in die Verhandlungen zur Sanierung der Wiener Allge meinen Creditanstalt. Und d-rß die jetzigen Bestrebungen Mellons mit Norman in London auf die Botschaft Hoovers von ganz wesentlichem Einfluß gewesen ist, darf man wohl annehmen. Ebenso wird man wohl in der Vermutung vichl fehlgehen, daß der amerikanische Staatssekretär in London von den Engländern darüber „ins Bild gesetzt" wurde, wie ihnen Dr. Brüning und Dr. Curtius in Che- guers die Lage Deutschlands geschildert hatten. Die sich drängenden" rasch einer Katastrophe zutreibendcn Ereig - "lsseaufdemdeutschenGeld- und besonders dem Devisenmarkt, die praktische Erfolglosigkeit der Diskonterhöhung, dann die Kreditrestriktion und schließlich die beabsichtigte Verkürzung der Golddccke für die deutsche Währung waren Beweis genug, daß der deutsche Reichskanzler nicht übertrieben hatte. Gleich zeitig mit der Botschaft Hoovers erfährt man übrigens auch noch, daß der deutsche Reichspräsident seinerseits dem amerikanischen Staatspräsidenten das Her- annahen einer Katastrophe schilderte, „^znneryatv" des Young-Planes, also etwa durch die dort für solche Fälle vorgesehene Erklärung eines Transfermoratoriums, war Ausreichendes nicht herbeizu führen. Auch wäre selbst nur damit so lange zu warten, bis etwa die englischen Minister und der amerikanische Staatssekretär im Juli nach Berlin kommen, infolge der jüngsten Ereignisse auch nicht mehr möglich gewesen. Wirkliche Hilfe konnte nur von „außer halb" des Young-Planes Herkommen — wie es jetzt durch den Vorschlag Hoovers herbeigeführt werden soll. Dieses Weltmoratorium hat zur Voraus setzung natürlich die Zustimmung unserer Hauptgläubiger, va es im Young-Plan nicht vorgesehen ist, daß sich nun sofort die Blicke der Welt auf Frankreich richten, wo allein ein Widerspruch als möglich angenommen werden kann, ist die erste unmittelbare Folge der BotschaftHoovers; denn daß London und Rom einverstanden sind, ist ja selbst verständlich, ebenso daß der Amerikanische Kongreß und das Repräsentantenhaus die Zustimmung zum „Auf schub aller seitens fremder Regierungen den Amerikanern geschuldeten Zahlungen" gibt. Es handelt sich dabei also nur um die „politischen" Schulden. Die Zinsen der Dawes-Anleihe von 1924 sowie die der Young-Anleihe von 1930 einschließlich der Amortisationszahlungen müssen von Deutschland weiter aufgebracht werden. Eine kurze Berechnung zeigt, daß der deutsche Rcichshaushalt von 1931/32 eine Entlastungvon etwa 1500 Mil lionenerfahren würde, wenn der Vorschlag Hoovers Wirklichkeit wird. Wenn uns Deutsche diese Entlastung natürlich in aller erster Linie als Folge der amerikanischen Botschaft aus Washington berührt, wenn wir also vor allem die finan- zrell-wlrtschaftliche Rückwirkung auf uns felbst ins Auge «"°Slicherweise sogar auch noch ein großer — aber ein solcher zu ver- Üch rentierenden Bedingungen — für Deutschland gewahrt werden soll, so darf nicht ver- gessen werden, daß der Zweck der Botschaft Hoovers des „Weltmoratoriums", weit über diese Hilfeleistung für Deutschland hmansgeht. Das Ziel ist' eine Hi l f e - leistung fur dre ganze Welt, ist ein Versuch Edlich der Wewm^ hera^ukomm^' Leidet doch auch der Weltglaubtger spürbar aenua dar- un,°r. d°d °s Sch»I»°--n - L7L-L reich — überaus schlecht geht; dann mutz es natürlich am schlechtesten dem Lande gehen, das der Schuldner aller ist — Deutschland. Und wenn hier „außerhalb des Young-Pianes solche Maßnahmen ergriffen werden, die ihn aus ein Jahr „außer Kraft setzen", so vergessen wir darüber nicht, daß der Plan selbst grundsätzlich bestehen bleibt, seine Durchführung nur aufgeschoben, nicht aufgehoben ist. Und zwar, was wichtig ist: aufgeschoben ans Wunsch der^Glaublgerseite. Was an sich schon weit besser ist als ein Transferaufschub, den die deutsche Regierung erklären müßte gegen den Willen der Gläubiger. Selbstverständlich wird hierdurch auch nicht die deutsche Revisionspolitik m ihrem End ziel zum Stillstand gebracht, also in dem streben nach einer gründlichen Revision des Young-Plans. ^st doch dieses Weltmoratorium der stärkste Beweis dafür, daß diese Politik nur allzu berechtigt ist; denn es beweist die ta t s ä ch l i ch e U n d u r ch f ü h r b a r k e i t des Young- Plans. Inkraftsetzung des Hoover-Planes. Keine Konferenz nötig. Aus Newyork wird gemeldet: Staatssekretär Stimson erklärte bei dem Presseempfang: Die Inkraftsetzung des Hoover-Planes mache keine Konferenz erforderlich. Die beteiligten Mächte brauchen nur ihrer Zustimmung aus diplomatischem Wege oder durch eine öffentliche Erklä rung Ausdruck zu geben. Worauf die Regierung der Vereinigten Staaten vor allem Wert lege, sei rasches Handeln. Frankreich zum Hoover-Vorschlag. Erste französische Ministerbesprechung. Die erste vorbereitende Besprechung zwischen dem Ministerpräsidenten Laval, Außenminister Briand und Finanzminister Flandin über den Vorschlag des Präsiden ten Hoover hat stattgefunden. Der radikalsozialistische Abgeordnete Margaine hat bereits eine Interpellation über die Moratoriumssrage eingebracht. Wann diese in der Kammer behandelt werden soll, steht noch nicht fest. Aeue politische Forderungen? In französischen politischen Kreisen wird darauf hin gewiesen, daß Frankreich bei seiner Stellungnahme zu Hoovers Vorfchlag folgende Gesichtspunkte im Auge be halten werde: 1. Es sei zu bedenken, ob der Vorschlag des Präsidenten überhaupt Aussicht habe, vom amerika nischen Kongreß in vollem Umfange gebilligt zu werden. 2. Man möge ferner die Frage untersuchen, ob die Wieder herstellung der deutschen Zahlungsfähigkeit nach Ablauf des Moratoriums vollkommen gesichert erscheint. 3. Frank reich müsse alles tun, damit der ungeschützte Teil der deut schen Zahlungen weiter geleistet werde. Ferner müsse Frankreich jetzt die von Deutschland in Locarno verweigerte bindende Erklärung verlangen, daß die durch den Versailler Vertrag geschaffenen Ostgrenzen unabänderlich seien. Vermutlich werde die französische Negierung in Washington erklären, daß sic Hoovers Vor schläge nur unter der Voraussetzung grundsätzlich billigen können, daß Deutschland ihr die erforderlichen Sicherhei ten biete. Auch in bezug auf die Äbrüstungssrage seien politische Garantien von feiten Deutschlands unerläßlich. * Mmedmg Grandis mit demameMa- aWa Botschafter. Rom, 22. Juni. Montag nachmittag hat der italienische Außenminister im Palazzo Chigi den Botschafter der Vereinigten Staaten empfangen und mit ihm eine längere Unterredung ge habt. Obwohl über den Gedankenaustausch an zuständiger Stelle scheu Negierung unter Berufung auf den Young-Plan, Vorbehalte zu machen, in Washington stärkstem Widerstand begegnen würden, da man lediglich von einer uneinge schränkten Durchführung des Hooverschen Planes sich eine wirkliche Besserung der deutschen Finanzlage verspricht. England heißt den Hoover-Plan herzlich willkommen. Im Unterhause fragte Baldwin den Premierminister, welche Stellung England zum Hoover-Plan einnehme. Hierauf erwiderte Macdonald, die englische Regierung heiße die Aussehen erregende Erklärung des Präsidenten Hoover herzlich willkommen. Die Regierung stelle sich mit ganzem Herzen hinter das Prinzip des Vorschlages und sei zur Zu sammenarbeit zwecks Ausarbeitung von Einzelheiten bereit, um ihr ohne Verzögerung praktische Wirkung zu geben. Die englische Regierung hat am Montag vormittag die Antwort auf die Moratorinmerklkrung Hoover an die Regie rung der Vereinigten Staaken übermitteln lassen Das Tele gramm stimmt im wesentlichen mit den Erklärungen überein, oie Macdonald im Unterhause am Montag nachmittag abgab, wonach die englische Regierung die Vorschläge Hoovers begrüßt und sie grundsätzlich annimmi Hoovers Erklärung ist letzt der Gegenstand der näheren Bearbeitung durch die verschiedenen zuständigen Ministerien. Die Arbeit trage, wie ausdrücklich betont wird, nur einen vorläufigen Charakter, da die englische Regierung die Stellung, nähme der übrigen Staaten in dieser Frage selbstverständlich abwarten wolle. Englands Forderungen an die Dominions. Die Möglichkeit, daß die Dominions die Erklärungen Hoovers auch auf ihre Kriegsschuldenzahlungen an England unwendcn könnten, ist bereits der Gegenstand von Erwägun- gen, und die englischen Kreise stehen aus dem Standpunkt, daß sich eine amerikanische Meinungsäußerung oder Erklärung nicht auf die Beziehungen zwischen zwe: Ländern innerhalb des englischen Weltreiches erstrecken kann, die sich auf der letzten Wcltreichskonfcrenz erst dahin einigten, ihre etwaigen Streitig keiten durch ein Weltreichtribunal entscheiden zu lassen. Nach Ansicht von australischen Kreisen in London stellt sich jedoch die Lage nicht so einfach dar. Das wirtschaftliche Problem Austra liens ist mit der Schuldensragc eng verbunden, da es über fünf Millionen Pfund jährlich an England abführen muß. Die politischen Kreise in England rechnen damit, daß unter dem Lindruck der Hoover-Erklärung die Agitation zur Ein stellung der Schuldenzahlungen wieder aufleben wird, die gerade durch das letzte Abkommen im April d. I. ttwas zur Ruhe gekommen war. * Wilsdruffer Tageblatt- erscheint an allen Werktagen nachmittags s Uhr. Bezugspreis: dei Abholung in der Geschäftsstelle und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,30 RW„ Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgehend ftMungcn entgegen. Im Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht dein Anspruch aus Lieferung d«Mn° oder Kürzung »es Bezugspreises. - Rücksendung -ingesand.-r Schriftstücke erfolg, nnr, wenn Porto bewegt. Zustimmung zum ZahwuMuMd. Was wird Frankreich tun? Der Vorschlag des amerikanischen Präsidenten Hoover zur Durchführung eines einjährigen Weltmoratnriums Hai in allen Staaten der Welt das größte Aufsehen erregt. Wirtschafts- und politische Kreise in allen Ländern haben sich mit dem Vorfchlag bereits beschäftigt. Die deutsche Reichsregierung hat dem Plan bereits zugestimmt, ebenso liegen zustimmende Erklärungen aus England, Japan und Italien vor, während Frankreich, für das die Ein stellung der Zahlungen eine Mindereinnahme von rund vierhundert Millionen Reichsmark bedeuten würde, die es von Deutschland an Tributen über seine Schuldverpflich tungen an Amerika hinaus erhält, versucht, Verhand lungen über die Anwendung des Moratoriums einzu schalten, in der Hoffnung, dadurch den Hooverschen Plan um seine entscheidende Auswirkung zu bringen. Französischer Kabinettsrat. Der deutsche Botschafter in Paris, der dieser Tage in Berlin weilte, um an den Reparationsbesprechungen der Reichsregierung teilzunehmen, ist wieder nach Paris zu rückgekehrt, um mit Briand über den amerikanischen Vorschlag zu sprechen und die Stellungnahme der deut schen Reichsregierung darzulegen. Der französische Kabi nettsrat ist für Dienstag einberufen, um sich mit dem Hooverschen Vorschlag zu beschäftigen. Man ist natürlich in der gesamten politischen Welt gespannt auf den Aus gang dieser Kabinettsberatungen. über die Stimmung der französischen Regterungskreisc gibt vas guk umerrichlele „Echo Ve Paris" Auskunft. Danach läßt die französische Regierung ihre Hofsnung aussprechen, daß es sich in ver Auffassung des Präsidenten Hoover nicht darum handeln könne, in die Rechte Frankreichs einzugreifen, das wirtschaftlich und finanziell nicht in der Lage sei, auf me an- nähernd drei Milliarden Frank der bedingungslosen Jahres zahlung zu verzichten. Amerika könne nicht verlangen, daß sein Wunsch, die deutschen Finanzen wieder slottzumachen, durch eine Operation ausgedrück! werde, von welcher Deutschland allein Vorteil hätte zum Schaden Frankreichs und der Länder Mitteleuropas, welche aus uns Vertrauen setzen In deutschen Regierungskreisen hofft man übrigens, daß Amerika in der Lage sein werde, etwaige französische Widerstände zu überwinden. Nie deutschen Zahlungsverpflichtungen. Um einen überblick über die Gesamtheit der deutschen Zahlungsverpflichtungen aus Grund des Young-Planes und reiner Nebenablommen zu gewinnen, sind folgende Ziffern zu vermerken: Im Finanzjahr 1931/32 belaufen sich die reinen Young-Zahlungen aus 1618,9 Millionen Mark, hinzu kommen die Zahlungen, die von Deutschland aus Grund eines Zusatz abkommens zwischen dem Reich und den Vereinigten Staaten direkt in Washington tn Höhe von 66,1 Millionen Mark zu leisten sind. Das deutsch-belgische Zusatzabkommen, durch das der Streit um die tn Belgien lagernden Betrüge in Papter- marl betgelegt werden sollte, belastet die Reichskasse für das laufende Rechnungsjahr um 21,5 Millionen Mark. Als letzter Betrag ist die C. -ne zur Verzinfung und Amortisation der Dawes-Anleihe zu e.wähnen, die im laufenden Jahre 86,7, lm nächsten Jahre 85,4 Millionen Mark ausmacht. Die Gesamt heit der deutschen Zahlungsverpflichtungen beläuft sich demnach für das Rechnungsjahr 1931/32 aus 1793,2 Millionen Mark. In diesem Betrag ist auch die Summe zur Verzinsung der ersten Young-Anleihe enthalten, die etwa aus der gleichen Höbe wie die Zahlungen zur Dawes-Anleihe liegt. Sie wird aus dem ungeschützten Teil der Reparationszahlungen bestritten, der jährlich 660 Millionen Mark ausmacht.