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MsdrufferTageblatt Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- gertchts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, Das .Wilsdruffer Tageblatt- erschein» an allen Werktagen nachmittags S Uhr. Bezugspreis monatlich 2,— AM frei Hans, bei Poftbestellung 1,80 AM. zuzüglich Bestellgeld. Linzeinummern 10 Rpsg. Alle Postanstalten, Post. Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgeqend Lg^W^ Falle höherer Gewalt, > — Krieg oder sonstiger Be- «-brstörungen besteht kein Anspruch ans L.eserung der Heilung oder Kürzung des Beuigspreises. - Rücksendung eengesondter Schriftstücke ersolgi nur, wenn Porto deiiiex». für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. 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In London hat man damit aber auch die Dar legungen des deutschen Außenministers an die französische Negierung beantwortet, da man es ja in Paris für zweck mäßig hielt, die deutschen Forderungen auch den anderen am Lausanner „Vertrauens"pakt beteiligten Staaten zu übermitteln. Vor acht Tagen erfolgte zuerst die fran zösische, alles rundweg ablehnende Äntwort, jetzt kam — nicht weniger ablehnend — die zweite aus England. Wenn man im Hinblick auf sehr ausführliche Äuße rungen der englischen Presse deutscherseits annehmen zu können glaubte, die Zwischenzeit würde von der englischen Regierung zur Ausarbeitung, zum mindesten zur Vor bereitung eines mittleren oder Vermittlungs- Weges für Berlin und Paris benutzt werden, so ist Liese Erwartung geradezu gröblich getäuscht worden. Während sich nach halbamtlicher englischer Mitteilung Italien beim Außenminister Sir John Simon noch Darum bemüht habe, England zu einer solchen vermitteln den Rolle zu veranlassen, vermochte der französische Außenminister Herriot triumphierend dem Kammeraus- sschuß mitzuteilen, er hätte über deutsche Geheim- rüstungcn nach London berichtet, und seine Mit- teilungen hätten dort „ihren Eindruck nicht verfehlt". Gleichzeitig unterstrich Herriot die französische Ablehnung der Forderung Deutschlands nach Gleichberechtigung noch Lurch ein auffallend scharfes „Nein! Niemals! Un- möglich!" — offenbar, weil er wußte oder ahnte, auf welchen Standpunkt sich die englische Negierung gestellt hatte. Die Entrüstung, mit der jeder Deutsche durch den unerträglich-schulmeisterlichen Ton der englischen Antwort erfüllt werden muß, ist überaus berechtigt; solche Aus drücke wie „unklug" und „unzweckmäßig" und dergleichen in einer diplomatischen Note zu gebrauchen, uns eine beabsichtigte Mißachtung der bestehenden Ver träge oder den Willen zur Aufrüstung vorzuwerfen, ist eine Unhöflichkeit, die man sich uns gegenüber nicht ein mal in der voraufgehenden französischen Note geleistet hat. Und daran ändert nur wenig, daß die englische Regie rung ein paar Worte des „Verständnisses" sür die „bitteren Gefühle" findet, und — das ist vielleicht der richtigste Satz in der ganzen Note — zugeben muß, die Frage des Rüstungsstandes „berühren den nationalen Stolz und die nationale Würde". Hier aller dings liegt der Kernpunkt des deutschen Strebens nach Gleichberechtigung und Sicherheit. Aber dies bißchen „weiße Salbe" der Verständigungsbereitschaft und des Verständnisses genügt nicht im entferntesten, um uns die scharfe Ablehnung des deutschen Rechtsstandpunktes in Ler ganzen Frage weniger brennend empfinden z« lassen rind uns etwa glauben zu machen, es käme bei den „freundschaftlichen Verhandlungen", die die Note zum Schluß vorschlägt, irgend etwas Positives für Deutsch lands Stolz und Würde heraus, geschweige denn eine „gemeinsame Billigung" dessen, was zu erstreben unser Stolz und unsere nationale Würde uns gezwungen haben. Sogar die Wirtschaftler der Baseler Sachverständigen konferenz hatten ein besseres Empfinden als die englisch- französischen Politiker; sie haben ausdrücklich darauf hin gewiesen, daß die nicht vorhandene GleiMerechtigung Deutschlands bei uns eine steigende Erregung erzeugt habe und dies zum großen Teil daran schuld sei, wenn nun die wirtschaftlichen Verhältnisse schlecht sind und immer schlechter werden. Das ist auch gleich schon die Antwort auf den Vorwurf Englands, wir seien es, die Lurch unsere Politik des Strebens nach Gleichberechtigung „die Arbeit der wirtschaftlichen Gesundung durchbrächen". Mn übrigen liegt in dieser Andeutung der Note ganz un zweifelhaft eine Art Drohung mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen gegen den deutschen „Störenfried"! Denn ein „S t ö r e n fr i e d" sollen wir ja auch gegen über der „glatten und harmonischen Arbeit" der Ab rüstungskonferenz sein. Hinsichtlich dieser „GlSttennd Harmonie" dürfe man Wohl Onkel Bräsigs erstauntes Mort zitieren: „Daß dn die Nase ins Gesicht behältst!" Man hat sich ja in Genf auf länger als ein halbes Jahr vertagt, einfach deswegen, Werl man festsaß, weil man sich an die Hauptfragen nicht herantrautc. Diese geradezu massierten Vorwürfe gegen Deutschland dürften Wohl das ungeeignetste Mittel sein, uns wieder in den Konferenzsaal h meinzulotsen! „Die korrekte Auslegung des Versailler Vertrages ist, daß Teil 5 noch immer bindend und nur in allgemeiner Übereinkunft aufgehoben werden kann," — das ist der Hauptpunkt der englischen Rote. Von Artikel 8 des Völker- bundstatnts, der jedem Staat das Recht der Wahrung seiner nationalen Sicherheit zuspricht, hört man in der Note aber lein Wort. Teil 5 bindet nur Dcutsch- land, aber die darin enthaltene Abrüstungszusage sei nur ein „Ziel", nicht aber ein auch die Gegenseite bindendes Versprechen. Und wenn in überaus verklausulierter Form die grundsätzliche deutsche Forderung auf Gleich? MO« HM« hie Hensche Absage Deutschland soll zur Abrüstungskonferenz kommen. Hendersons Antwort an Deutschland. Das Schreiben, das der Präsident der Abrüstungs konferenz, Henderson, an den Reichsaußenminister in Be antwortung der deutschen Note vom 14. September (mit der Ankündigung des Fernbleibens Deutschlands von der Bürositzung der Abrüstungskonferenz) gerichtet hat, wird nunmehr vom Völkerbundsekretariat veröffentlicht. In dem Schreiben drückt Henderson sein lebhaftes Bedauern darüber aus, daß die Reichsregierung beschlossen habe, an der Bürositzung nicht teilzunehmen. Die deutsche Regie rung scheine der Auffassung zu sein, daß nach der Annahme ver großen Vertagungseittschlietzung des Hanptausschusfes ver Abrüstungskonferenz vom 23. Juli nunmehr feststehe, daß das kommende Abrüstungsabkommen weit unter dem Abrüstungsregime des Versailler Vertrages bleiben werde. Als Präsident sei es nicht seine Aufgabe, eine Aussprache über „das Abrüstungsregime des Versailler Vertrages" zu eröffnen. Da jedoch die Form und der Inhalt der Ab rüstungsmatznahmen des kommenden Abrüstungsabkom mens jetzt noch nicht bestimmt seien, müsse er seinen Zweifel an der von der deutschen Negierung zum Ausdruck gebrachten Auslegung der Vertagungsentschließung vom 23. Juli geltend machen. Henderson sucht sodann den Nachweis zu erbringen, daß gewisse Bestimmungen oiescr Entschliessung durchaus als eine wirksame AbrüstuugSmassnahme auszufasscn seien. Henderson weist daraus hin, dass die Vertagungsent- schlicssung in keiner Weise wcitergchcnden Abrüstungs- matznahmen vorgreifc. Die deutsche Negierung müsse zu- gcbcn, dass schon jetzt weder die Form noch der Inhalt noch die Tragweite des Abrüstungsablommens als feststehend anzufehcn seien und daß diese Fragen erst aus der weiteren Tagung der Abrüstungskonferenz entschieden werden könnten. Henderson ersucht sodann die deutsche Regie rung, seine Rede nachzulesen, die er am 23. Juli bei der Beratung der Vertaguugscntschlicßung gehalten habe, und in der er betont habe, dass er nicht wieder nach Gens kommen werde, wenn nicht in der zweiten Phase der Ab rüstungskonferenz praktische Ergebnisse erzielt würden. In seiner Rede habe er ferner ausdrücklich betont, dass sämt liche Mächte nach Genf mit dem festen Entschluß zurück kehren würden, zu einer wesentlichen Herabsetzung der Weltrüstung, zu einem allgemeinen Abkommen zu gelangen. Henderson schließt mit der Aufforderung an die deutsche Regierung, aufs neue so schnell wie möglich an den Arbeiten des Büros der Konferenz teilzunehmen, nm so mehr, als eine längere Abwesenheit Deutschlands von den Verhandlungen in ernstester Weise den gesamten Ab rüstungsgedanken gefährden könnte. Henderson teilt dann mit, daß er die deutsche Note vom 14. September gleich zeitig mit seinem Schreiben sämtlichen Mitgliedern des Büros zur Kenntnis bringe. Sie Aufnahme -es Sen-erson-Schreibens in Verbn. In der Negierung nahestehenden Kreisen ist das Schreiben des Präsidenten der Abrüstungskonferenz, Henderson, insofern nicht ungünstig ausgenommen worden, als der Brief den persönlichen Stempel Hendersons trägt und durchaus freundlich gehalten ist. Allerdings wird der amtliche Optimismus des Präsidenten der Ab rüstungskonferenz nicht geteilt, da leider nicht an zunehmen ist, daß andere Staaten auf den Stand der für Deutschland geltenden Rüstungsbestimmungen des Ver sailler Vertrages abrüsten werden. Bemerkenswert ist der Hinweis Hendersons, daß er nicht wieder nach Genf kommen werde, wenn nicht in der zweiten Phase der Ab berechtigung anerkannt wird, so doch eben nur — und das ist das moralisch Entscheidende — unter Festhalten an den Entwaffnungsbestimmungen von Versailles. Damit ist die deutsche Aktion, die ihr erstes, damals stillschweigend unter den Tisch fallendes Kapitel in Lau sanne erlebte, auf offenen Widerstand und Widerspruch ge stoßen. Sie ist damit aber nicht zu Ende. Die Schwierig keiten für sie sind aber noch gewachsen, da wir einer Front von Gegnern gegenüberstehen, die unbedingt Versailles auch militärpolitisch „wie ein roober äs Krones stabilisieren" will. Was der hierin über uns verhängte, können die fremdländischen Offiziere mit eigenen Augen als Zuschauer bei den Manövern der Reichswehr sehen: „Haubitzen" ans Ofenröhren und Holzattrappen als „Tanks". Es ist mehr als nur „bittere Gefühle" die diese „Be rührung des nationalen Stolzes und der nationalen Würde" in uns erregen! rüstungskonferenz praktische Ergebnisse erzielt würden. Auf diese praktischen Ergebnisse, die ein Aufhören der Diskriminierung Deutschlands zur Grundvoraussetzung haben, kommt es auch der Reichsregierung an, die die Weiterentwicklung der Verhandlungen in Genf aufmerksam beobachtet. Keine Anwort anfdieenMcheAoie. Die schroffe Antwort der englischen Regierung auf die deutsche Forderung nach gleichmäßiger Abrüstung für alle, entsprechend den Bestimmungen des Versailler Vertrages, wird von der deutschen Regierung nicht be antwortet werden, da diese Note an dem bisherigen deutschen Standpunkt in dieser Frage nichts ändert. Die Rcichsrcgierung wird also, wie angekündigt, z« den demnächst beginnenden neuen Beratungen der Abrüstungs konferenz keine Vertreter mehr schicken, denn es hat ja für Deutschland gar keinen Zweck, an Beratungen über Rüstungsbestimmungcn teilzunchmen, die nur sür die anderen, nicht aber für Deutschland gelten sollen. Die Rcichsrcgierung erklärt, dass sic die weiteren Beratungen der Abrüstungskonferenz in Genf mit Interesse verfolge und ihre weiteren Entschlüsse vom Ergebnis der Genfer Beratungen abhängig mache. Auch für eingeweihte politische Kreise war die eng lische Note eine Überraschung, denn nach der bis herigen Haltung Englands konnte man annehmen, daß London in dieser Frage mehr die Rolle eines Vermittlers zwischen Frankreich und Deutschland einnehmen würde. Ohne Zweifel ist eine auffallende Schwenkung in der englischen Politik eingetreten. Welche Gründe dabei eine Rolle gespielt haben, läßt sich natürlich noch nicht erkennen. Verschiedentlich wird behauptet, die Eng länder hätten sich durch das sogenannte Pariser Geheimmaterial über angebliche deutsche Gchcimrüstungeu beeinflussen lassen. Mit diesem Geheimmaterial hat schon der frühere französische Ministerpräsident Tardieu ope riert, hat aber nie den Mut gefunden, dieses Material der Öffentlichkeit vorznlegen, wahrscheinlich weil er selbst wenig Vertrauen in die Glaubwürdigkeit des Materials hatte. Aus Paris kommt jetzt auch die Drohung, man werde eine neue militärische Untersuchungs kommission nach Deutschland schicken. Die deutsche Regierung sieht einer solchen Kommission, die bekanntlich den schönen Namen Jnvestigationskommission trägt, mit Gelassenheit entgehen; aber wenn man in Paris solche Beschlüsse fassen sollte, so wäre das gleichbedeutend mit einer ungeheuren Verschärfung der ge samten weltpolitischen Lage. Auffallend ist, daß die maßgebenden Blätter in England, die sonst in allen außenpolitischen Fragen die Auffassung ihrer Negierung unterstützen, diesmal Meinungen äußern, die auch dem deutschen Standpunkt Rechnung tragen. Ob die englische Regierung damit ihren offiziellen Stand punkt, den sie um Frankreich willen eingenommen hat, in der Öffentlichkeit mildern will, ist möglich, bleibt aber natürlich nur eine Vermutung. Vie M-ekfpröche in -er englischen Note. England zeigt in dem Schreiben an Deutschland, daß es aus den Beratungen der Abrüstungskonferenz unter allen Umständen etwas Greifbares herausholen will, teils aus geldlichen Gründen, um einen Abbau der militärischen Ausgaben zu erzielen, teils aus Rücksichten auf die Ameri kaner, die bekanntlich sagen, solange Europa nicht abrüste, sei an einen Schuldennachlaß nicht zu denken. Deshalb versucht England mit allen Mitteln, die Abrüstungskonfe renz zu einem greifbaren ErgebniS-tzu bringen. Man weiß aber auch in England, daß aus den Beratungen nicht viel herauskommt, wenn Deutschland wegbleibt. Im ersten Teil ihres Schreibens an die deutsche Regierung haben di« Engländer sich ganz auf die französischen Wünsche eingestellt und erklären, an eine Änderung des Versailler Vertrages sei gar nicht zu denken, Deutschland müsse sich unter allen Umständen an diese Bestimmungen halten. Wie man das in Paris ja auch sagt. Im zweiten Teil des Schreibens werden aber gewisse Verhandlungsmöglichkeiten offengelassen, die dem deutschen Standpunkt Rechnung tragen sollen. Wie schwer es den Engländern gefallen ist, ihr Ein treten für die französischen Wünsche zu rechtfertigen, zeigen die offenen Widersprüche !n diesem Schreiben. So wird im ersten Teil der Reichs- :egierung vorgeworfen, sie habe unklug gehandelt und nicht weise, daß sie gerade jetzt, wo die anderen dem be drängten Deutschland entgegcnkommen wollen, ungemüt lich werde und die Forderung nach Gleichberechtigung auf stelle. Dadurch würden, Lasen die Engländer. docvÄthe Be-