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§ — lb. Jahrgang Zreltag, -en 1. Bprttlä2l Nr. 7S WRi. Die Stimme 6er Dernunft. W.W. AuS Oberschlesien wird uns geschrieben t kie Abstimmung hat eine klare Mehrbeit für Teutsch- and ergeben. Denn nach den vorläufigen Ergebnissen -«tragen die deutschen Stimmen rund 716 000, die vol- lischen 460 000. Das hindert aber die polnischen Blät- «r nicht, den Polen den Sieg zuzuschreiben; im gleic hen Augenblick werden die führenden deutschen Blätter n Oberschlesien wegen irgend eines Versehens von der nreralliierten Kommission auf >15 Tage verboten. So "trd dem Entstehen falscher Urteile Vorschub geleistet, ^ie sehr hochgespannten Erwartungen im Reiche sind vielleicht nicht Poll erfüllt worden. Tie Kenner )berschlestenS aber !sind mit dem Ergebnis durchaus vfrieden, teilweise sind sie sogar angenehm überrascht. !iv gemeindeweise Abstimmung hat nämlich! gezeigt, daß !e einsichtigen Oberschlesier, ungeachtet aller Unzu- riedenheiten, der Stimme der Vernunft gefolgt sind, md sich für Deutschland entschieden haben. Hierzu «hören vor allem die gewandteren Städter und die lrbetterschaft, .soweit !sie auf Grund ihrer höheren Jn- elltgenz gewerkschaftlich organisiert oder als gehobene lrbeiter in den Hütten beschäftigt ist. So weisen außer en großen Städten auch die Gemeinden Bismarckhütte, -chwientochlowitz, Laurahütte, Hohenlohehütte, „Ein- rachtshütte u. a. ein» deutsche Mehrheit auf; eine di- ekt überraschende deutsche Mehrheit ergaben die stark olnischen Gemeinden Hindenburg und Zaborze, die Hochburgen der Unabhängigen. Gegenüber der deutschen 'Mehrheit von über eine Ziertelrnillion Stimmen fällt es nicht inS Gewicht, daß ir den Grenzkreisen kleine und kleinste Landgemein- en eine polnische Mehrheit hätten. Tis Bestimmun- en des Frieden-vertrageS (8 4, Abs. .5 der Anl. zu! lrt. 88). daß das Abstimmungsergebnis Gemeindeweise md zwar nach der Stimmenmehrheit in jeder Gemeinde, estgestellt wird, kann unmöglich dahin ausgelegt vier en daß die deutsch» Stadt Königshütte mit 31-800 rutschen Stimmen ebenso zu werten ist, wie die pol- ische Gemeinde Kruschütz mit 69 polnischen Dtimnren. Bestimmung hat vielmehr lediglich technischen Eha- atter, .die Auswerfung des Ergebnisse- muß man der Vernunft des Verbände- überlassen.' Auch eins Abtren- mng her Zusammenhängenden polnischen Landgemetn- en längs der Grenze kommt nicht in Frage. Gegen eins olche Absicht würden nämlich diese Gemeinden selbst in heftigsten protestieren, denn sie sind wirtschaftlich vollständig abhängig von den benachbarten deutschen Industriestädten. Sie würden also sich selbst.zu Grun de richten und Polen nichts nützen. Ter deutsche Sieg n Oberschlesien muß schließlich auch dem Verband lillkotnmen sein. Er hat in den dreizehn Monaten er Besetzung längst erkennen müssen^ daß Oberschlesten ulturell ein deutsches Land ist.und nur bei Deutschland -eiter gedeihen kann, bet Polen aber in den Wirtschaft-' ichen Untergang.dieses Lande» rettungslos mit Hinein- erissen würde., Frankreich hat daher kein Interesse, aß sein Schuldner Polen Oberschlesien erhält,, weil e» amtt noch lange nicht zahlungsfähig wird. Wenn rutsch land diese- Gebiet verliert^ müßte eS dafür einen kitsprechenden Nachlaß bet der Reparation-schuld er- alten, an der Frankreich mit 52 Prozent beteiligt Ist. >o mutz sich auch im Obersten Rat di« Stimm« der ver- unft für Deutschland entscheiden. Die Lag« in vberschlesien. In der Gegend von Beutben ist, nachdem der Kreis ieutheä von schottischen Truppen besetzt wor- en ist, größere Ruh« und Ordnung eingekehrt, Al is erste BesatzungSauto in den Kreis kam, wurde. e-I fort von der polnischen Bande, di« auch in Karf di« djäger erschossen hatte, angegriffen. Dabei kam e» iinem kürzen «äfecht. in -em di» »«brech« tckl» Wil» WmchM. Warschau«« Manöver. Beoichtnnü Verdient die Haltung der polnischen Presse zu dem Abstimmungsergebnis. In Warschau, wo man ursprünglich triumphierte, ist eine merkwür dige Abkühlung eingetreten. Man versucht nun mit allerlei Argumenten, Oberschlesten dennoch .für Polen zu erhalten. Man verlangt, daß nicht nach.der Zahl dec abgegebenen Stimmen, sondern nach.den Gemein den gezählt werden solle, wobei es gleichgültig sei, ob «S sich um ein kleine- Dorf -oder eine große Stadt handele. Auch .wird behauptet, da- Uebergewicht für Deutschland sei durch die Emigranten erreicht wor den. Ursprünglich war von Korfanth die Zahl der Emi granten nur mit 60 000 beziffert worden. Jetzt be hauptet man, daß es sich um 200 000 Emigranten» gehandelt habe, die an der Abstimmung beteiligt ge wesen seien. In Wirklichkeit liegt die Sache so, daß besonders in den Industriegebieten die Zahl der Eint- grantenstimmen einen kleinen Bruchteil der insgesamt abgegebenen Stimmen bildete. Fortschreitende Beruhigung. Nack der Einnahme der Leunawerke und der Ai-Hebung der Kommunistenzentrale in Halle ist in Mitteldeutschland eins weitere Beruhi gung ein getreten. ES treiben sich nur noch öst lich von Halle vereinzelt einige Banden umher. Ter Ort Liebenwerda ist von Kommunisten besetzt, die dort die Räterepublik auSgerufen haben. Unter den im Leunawsrk Festgenommenen befindet sich ein« Reihe von Ausländern, und zwar vier Rus sen, fünf Oesterretcher, ein Marokkaner, ein Algerier. Unter den Loten sind vier Russen festgestellt. In T h ü- ringen ist der Generalstreik beendet. In West deutschland herrscht Ruhe; irgendwelche nennens werten Zwischenfälle haben sich nicht ereignet. Tie preußische Regierung wird über die Entwicklung, die zu dem Kommunistenaufstand geführt hat, in der'nächsten Zeit eine Denkschrift herauStzeben. Wohin di« deutschen Kommunist«« fli«h«n. Tie Londoner Morning Post meldet au- Riga: Hier sind zu Schiffe einige 20 Kommunisten aus Deutsch land eingetroffen. die sich auf der Flucht vor den deut deutschen Behörden befinden. Sie reisen in den näch sten Tagen nach Moskau weiter und sind im Besitze von Pässen der Berliner Bolschewtstenver- tvetung. Ein »on Kommunist«« besetzte« W«rk gestürmt. Tas Kruppwerk in Rheinhausen war gestern morgen der Schauplatz eine- blutigen Kampfe» zwischen arbeitswilligen Arbeitern und den seit vorgestern das Werk besetzt haltenden Kommunisten« die gewaltsam jede Arbeit verhinderten. Gestern morgen 6 Uhr wur de das EingangStor des Werkes von einer nach Lausen den zählenden Meng« arbeitswilliger Arbeiter gestürmt und die Kommunisten angecirjffen, von denen 6—8 ver wundet wurden. In den Kampf griffen belgische Btzsatzungtztruppen ein. die etwa 20 Kommunisten verhafteten und sofort abtransportierten. Tie Arbeit auf.dem Werk ist wieder ausgenommen. Ein Dynamitattentat in Dortmund. Mittwoch gbend gegen 9^ Uhr wurde in Dortmund im Stadthause am Eingang.der KäMmereikasse eine Sprengladung zur Explosion gebracht. Tie linke Por- tälfeite wurde beschädigt.' Fensterscheiben wurden zer trümmert. Der Abzug der Kommunisten au« Gröber». Ti« Delitzscher Zeitung berichtet über dis Lag« Vet Gröber-: T«r Ort ist Mittwoch nachmittag 4 Uhr von den roten Banden kampflos geräumt worden, Sie hoben sich in die Gegend von Gütz und Dam» m^endorf zurückgezogen, wo sie sich .«inschanzen und plündernd und "raubend umhertreiben. Ter Ge- mSindeborsteher in Roitzschgen ist von ihnen erschossen worden.^ Ter HauptsMtzpunkt der Banden soll der Petersberg bet Halle sein. Schutzpolizei und Reichswehr ist pon Halle, Bitterfeld und Delitzsch .im Anmarsch. Kämpfe sind im Gange. Auffindung «in«» Dynamitkist« in Berlin. Bewohner eines Hause» der Kantstratze in Berlin sahen gestern vormittag eine ihnen verdächtig erschei nende Kiste tn dem an der Hinterseity deS Hause- ge legenen Garten. Sie benachrichtigten die Schupo, .die eine Streif« noch dort sandte.' Die Beamten öffneten di« Kiste und fanden darin etwa 10—12 Kilogramms Sprengstoff. Unter großen Vorsichtsmaßnahmen wurde die Kiste mit ihrem gefährlichen Inhalt nach der Wache gebracht.' Tie Kriminalpolizei ist zurzeit mit der Aufklärung peS Funde» beschäftigt. ' Allem Anschein nach haben die Kommunisten die Kiste tn einem unbe wachten Augenblick dort ni«derg«setzt. uw li« später abzuholen und nach einer Stell« zu bringen, an der ein Mue» Attentat beabsichtigt war. Sylt schwer verletzt. — Der Kommunistenführer Shlt, per gestern vor mittag im Berliner Polizeipräsidium bet einem Flucht- versuch, nachdem er einen Beamten angegriffen hatte, durch einen Schuß ntederg-estreckt worden war, wurde sofort vom Kreisarzt Medtztnalrat Lindemann unter-, sucht. Die Verletzung ist -wär schwer, aber nicht lvben-gefügvltch. da Wed« H«» «och Luns» ge- wo«*» sind Schändlicher Anschlag 6er Kommunisten iN Lugau-Velsnih. Sm letzten Augenblick vereitelt. Eia unerhörte» verbrechen ist am Mtttwvch »», den Kommunistin im S a g a u -Oe l,n i tz, , Kohle nr, vier begangen werd««. Gewissenlos» Element« l»sch.t,a d», Kesselsever auf den Schächten auf den de« Staat» gehöri- gen Werken »«^te-Segen und He,etzt.u di» Schächt». Wie ein Telegramm des vergamte, an da« Finauzmiuifteriu« meldet, ist die Ausfahrt aus der Sru», «icht unte- denkllich, so daß die noch im Schachte «ingeschlssssne» Mannschaften erheblich gefährdet stad. Die näch st« und offenbar beabsichtigte Folge dieser Schreckenstat find die Vernichtung der Wasserhaltung und de, Pum- penarbeit» sowie da-uölltgevussetzead», Beatt- lation und der Fahrkünste, so daß di« Gruben sausen und den noch in der Grub« eingeschlossenea Brrgleute« weder frisch« Wetter zvgesührt, noch daß sie selbst zutage gestr. dert «erden können. Es ist dies «in Verbreche«, da» ausschließ lich von Arbeitern gegen Arbeiter gerichtet worden ist. Me »ir hören, hat di« Regierung sofort das Erforderlich« u»r Rettung der bedrohten Schächte und zur verhiituag weitere, ähnlicher Schandtaten angeordnet. Durch ihr» Lrauen gerettet l Dank der Wachsamkeit der Erubenleitung ist «in größere» Unglück noch rechtzeitig verhütet »srdea. S»s«tt nach der Besetzung der Schächte durch verbrecherisch« ksmmuvistisch« Element« ließ die Direktion die große Sirene «»tönen. Da» hatte zur Folge,daß ein sehr gr,ß», Teil ds, kerung, vor allen Dingen viele V«r,a,b»l1,,f,au»a. die erst vor zwei Monaten durch da» groß« Unglück ans dem Heb- wigschacht in Angst und Schrecken »ersetzt worden waren, herbei- liefen. Kaum hawen diese erfahren, daß insolg, des verbrechen» der Kommunisten ihre Männer in de, Grube Mg,schlossen waren, wandten sie sich mit erfreulicher Energie gegsn dt« Schandbuben »nd trisbeadiefeaach »,,,,» Litt indi«Flucht. Möchte doch dieses Betspiel von Entschlossen heit, fa bemerkt das W. T. B. dazu, anfeuernd und ermutigend auf alle die wirken, die in diesen Tagen unter dem Terror von Verbrechern zu leiden haben.) Sicherheitspolizei eingerllckt. Lett Mittwoch abend ist hier die Etch«rh»it»p»ktz«i eingerückt. Weiteres von Belang ist nicht vorgefallen. Se stern nachmittag fand eine Versammlung der Kommunisten statt, - die ohne weiter« Beschlüsse zu fassen auseinonderging. Der Generalstreik in Dresden grschettert. Di» Lotz« in Dresden bleibt erfreulicherweise an- douernd ruhig. Von irgendwelchen Gewalttaten ist nichts bekannt geworden. Insbesondere ist auch der Plan eines Generalstreik» völliggescheitert. Rur in verhältnismäßig wenigen Betrieben war e» infolge der Hetzereien zur Arbeitsniederlegung gekommen; doch hat der überwiegende Teil der Arbeiter di« Arbeit bereit» wieder ausgenommen, ,fo daß nur noch, in einigen Fabri ken die Arbeit ruht. Ter Verkehr in den Straßen voll zieht sich in der gewohnten Weis«. Die Kommuniftenverhaftungen in Dresden. Von den in Dresden am zweiten Osterfeiertag der- hafteten Kommunisten find nunmehr 17 der Staats anwaltschaft zur weiteren Entschließung Angeführt wor den. Sie gehören zum überwiegenden Teil der ver einigten Kommunistischen Partei an. E» be finden sich darunter aber auch Anhänger der Kommu nistischen Arbeiterpartei und der Arbeiter union. Ein großer Teil der zugeführten Personen ist den Behörden bereits von früher wegen iltrer kommu nistischen Betätigung bekannt. Auch in Plauen der Streik geschektert. Am Mittwoch .haben die Kommunisten in' vlauen ein« Versammlung obgehalten und zum Generalstreik aufgefordert. Tie Vorstände de» Gewerkschaft-bunde-, der unabhängigen sozialdemokratischen Partei und der sozialdemokratischen Partei richteten gestern früh Hand zettel an die Arbeiterschaft, dieser Generalstreikparole keine Gefolgschaft zu leisten. Tie Straßenbahner haben den Streik mit 70 gegen 11 Stimmen abge- llehnt. Wasfenfnnde im Vogtland«. Nachdem vergangene Woche in der Nähe der Pump station am Wege nach Untermarxgrün bereit» fünf Militärgewehre ohne Schloß gefunden worben waren, entdeckte man am Ostersonnabend unter der Rasendecke eines zum Ortsteile Raschau gehörigen freien Vlad» zes wiederum drei Gewehre.' Spielend« Kinder fanden am 8. Feiertag in einem Hölzchen oberhalb de» Mariea- stifte» in O« 1-nitz zwei Gewehr«,^ri» noch völlig in takt waren, .sowie scharf« Patronen. Tie Gewehr« sind den Kindern von einem unbekannten Mann abgenom men worden; ihr Verbleib konnte nicht ermittelt werden. Vynamit-Euplosion in M«»r«n«. Eine Thuamit.Explosion ereignete sich in Meerane in der Wohnung de» Fabrikbesitzer» R. Brumm. Al ba» Dienstmädchen mit Brikett», die eigentlich für den Fabrikbetrieb bestimmt waren, .den Küchenherd ange heizt und gerade den Raum verlassen hatte, erk-lat« ein« heftige Explosion, durch Vie der gap-e Herd in Stücke zerrtssen wurde. Später fand man «tn« Spreng' kapsel, Pt« sich,jedenfalls in einem der von auswärts bezogenen Brikett» befunden Hatte. PMschplen »egen die ventzner Kasern», Anülich wird mitgetetlt r An der Nacht gtzgen 12 Uhr versuchten Zivilpersonen von der Südseite her den Laim der Husarenkasern« -u übersteigen und tn die Kasern« einzudriNtM. tztt» sich die Etndrinalinäe d* »«s e"rzs«diA A.» l-" su» s «ich. .«"Uch Das Wichttgste vom Tage. Sm Lntzaul.valtznrtznr Kvhlenrevier ha- ken sich die Kommunisten ein unerhö rte» Ver- rechen zu Schulden kommen lassen» indem sie die kesselfeNler löschten und damit ihrs politisch zndrr» denkenden ArbeitökolleLen in grüß- k« Lebensaefahr brachten. Li« Läge lm deutschen Aufruhrgebiet ßessepi sich im, allgemeinen weiter. Nur hier und da Ist e» öu erneuten Zusammenstößen gekommen. Nm 7. April beginnen in Paris neue Ver- andlupgen zwischen deutschen und franzö- rscheN Sachverständigen Aber die Fortket- zunü dar deutfchen Kohlenlieserungen. * Dem Generalsekretartat d«S Völkerbünde» ist eine neue deutsche Protestnote gegen dis Aus dehnung der Besetzung zugegangen. An feierlicher Weise soll in Stein am Anger di« Militärdiktatur für Westungarn aus« prüfen worden sein. Exkaiser Karl soll als König pon Ungarn di« Leitung der Diktatur übernommen haben. Eine amtliche Bestäti gung der Meldung liegt noch nicht vor.