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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharaud, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Gerichtsami Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Freitag, den 9. Juni l86ö. 23. Verantwortlicher Redacteur und Verleger: A. Lorenz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Vierteljahrgang beträgt 10 Ngr. und ist jedesmal vorauszubezahlen. Sämmtliche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche im nächsten Stück erscheinen sollen, werden in Wilsdruff sowohl (in der Redaction), als auch in der Druckerei d. Bl. in Meißen bis längstens Donnerstag Vormittags 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sofortige Bezahlung besorgt, etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. Redaction Die nächste Nummer d. Bl. erscheint des Jahrmarkts wegen schon Donnerstag, den 15. Juni. Anzeigen für dieselbe werden bis spätestens Mittwoch früh 8 Uhr erbeten. Die Redaktion. U m s ch a u. Am 7. Juni waren es gerade 50 Jahr,, daß König Friedrich August von Sachsen nach fast 2jäh- riger Gefangenschaft in sein Land einzog. Am 23. Oct. 1813 war er unter Eskorte von 100 Kosaken erst nach Berlin und später nach dem Schlöffe Fried- richsfclte bei Berlin gebracht worden. Der Jubel bei seinem Einzüge war ungeheuer und er wurde durch die Liebe seines Volkes, die durch das Un glück nur gesteigert war, einigermaßen entschädigt sür den Verlust der großen Hälfte seines Landes, das Preußen an sich gerissen hatte. Ueber die jämmerlichen Vorgänge aus dem Kongreß zu Wien, den traurigen Seelenschacher, den Sachsens Thei- lung zur Folge hatte, werden wir später ausführli cher berichten. Leipzig, den 7. Juni. Die 16. allgemeine deutsche Lehrerversammlung ist in unsere Mauern eingezogen und von den gastfreundlichen Bewoh nern Leipzigs auf's Glänzendste ausgenommen wor den. Bis heute belief sich die Anzahl der einge troffenen Lehrer auf es. 2600. Die Stadt ist zum großen Theil mit deutschen Fahnen geschmückt. Am ersten Morgen ereignete sich ein trauriger Fall. Ein Lehrer aus Bischofswerda sitzt mit sei nem Gastfreunde, Herrn Buchhändler O. Spamer, beim Kaffee, als er umsinkt und auf der Stelle todt ist. Ein Schlagfluß hatte seinem Leben ein Ende gemacht. Er ist erst 30 Jahr alt und Vater von 3 Kindern. In der Versammlung wurde der Vorschlag gemacht, eine Sammlung behufs Auf bringung der Beerdigungskosten zu veranstalten, als ein Leipziger Lehrer auftrat und erklärte: Unser College ist als Gast von Leipzig gestorben, Leipzig wird auch dafür sorgen, daß er als sein Gast be graben wird. — Das Conccrt im Schützengartcn am 2. Feiertage war so stark besucht, daß schon 1 Stunde nach Anfang die Thüren für alle Nicht- lehrer verschlossen wurden. Die Verhandlungen selbst finden in der Neuenkirche statt, die erst nach langem Widerstreben von Seiten der Geistlichkeit dazu hergcgeben wurde. Nach einer Ansprache des Bürgermeister Koch, einem Gebet des Diak. dl. Suppe und einer Rede des Vorsitzenden des Aus, schusses Dir. vr. Bornemann constituirte sich die Versammlung und wählte zum 1. Präsidenten Theodor Hoffmann aus Hamburg, zum 2. Dir. Bornemann aus Leipzig, zum 3. Dir. Kaiser aus Wien. Unter den Vortragen rief besonders der des Rekt. Fröhlich aus Rastenberg (Weimar): „Die Volksschule der Zukunft" eine längere Debatte hervor. Die Süddeutschen verlangten, daß die Volksschule Staatsanstalt, ganz unabhängig von der Gemeinde sein solle, was aber von vielen Seiten heftig bestritten wurde. Andere legten das Hauptgewicht auf die Unabhängigkeit der Schule von der Kirche, besonders war es Seminardirect. Lüben aus Bremen, der mit großer Schärfe und unter dem Beifall der Versammlung die Selbst-