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21 für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter Anzeigenpreist die 8gefxvl1ene Aavmreile 20 Rpfg., die 4gespeltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 4Ü Neichs- pl^uuige, die 3 gespaltene Neklärnezeile im textlichen Teile 1 AMK. Nachweisungsgedühr 2V Rcichepjenvige. Boy» w-rd-n nach MögjiÄai Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 de?ü»sich?«g°?° annahmcbi-vorm.iorihr. ffür di- Richtigt-il d«, durch Fernruf Übermittelten Anzeigen übern, wir keine Garantie. Jeder Aabattonsprnch erlischt, wenn der Betrag durch -in°°i°nd.« Sch-M-ch- NU-, w-nn P°..° " ' ' - - " """"" d.r durch Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amts- gerrcyls und des Stodtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, La» Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend lrieb»liörun,«n b«st,hi dein Aniprutt au, L,-i-r-n- dkl >«nun„ odkr Kürzung d-L RÜckikNdung erngesandtcr Schrifistücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. Nr. 197 — 91. Jahrgang Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" WilSvruss-DreSden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 23. August 1932 Ottawa und Deutschland. Sehr schnell ist England an die Grenzen gestoßen, die seinem Streben nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit, nach „Autarkie", nach „Stärkung des Binnen marktes" gesetzt sind. Seit es die gesamte Politik des ^slhandels über Bord warf und zur Belebung seiner Geschäftstätigkeit all die bekannten Maßnahmen von den Hochschutzzöllen über die Einfuhr-Kontingente und -verböte bis zur Devisenwirtschaft durchführte, sind erst neun Msnate vergangen und der auch anderswo eingetretene Mißerfolg war sichtbar geworden. Ein Ersatz für den aus fallenden Auslandsabsatz ließ sich für den Binnen markt auf diese Weise nicht schaffen; denn Englands Volkswirtschaft ist in ihrer ganzen Entwicklung abgestellt auf das, was der deutschen Hansestädte Wahlspruch gern verwirklicht wissen möchte: „Mein Feld ist die Welt!" Und wenn es die Welt nicht sein will, dann soll es wenigstens das englische Weltreich sein, — das war Sinn und Zweck der „Empire"-Konferenz in der Hauptstadt Kanadas, Ottawa. Wenn England schon nicht mit der ganzen Welt einen unbehinderten Waren- und Kapitalaustausch Pflegen kann, dann soll er wenigstens im „Empire" mit den Dominien und Kolonien möglichst weit ausgebaut werden. Wobei man vielleicht daran er- mnern kann, daß die Vorzugsbehandlung der Kolonien durch daZ Mutterlaud bereits 1919 als eine Art Dank- geichenk für die ausgiebig geleistete Hilfe im Weltkrieg emgeführt wurde. Charakteristisch ist, daß die überspannten Er wartungen gewisser Kreise durch die Konferenz in Ottawa stark enttäuscht wurden. Von einer „Empire" - W ä h - rung wurde überhaupt nicht gesprochen; denn es wäre doch ein seltsamer Witz, wenn das goldprodnzierende Südafrika ebenso vom Goldstandard seiner Währung ab- llehen wollte, wie es neben England auch die Dominien Australien und Indien taten. Daneben spuken übrigens auch allerhand „S i l b e r w ä h r u n g s" - Projekte herum, die Mele mächtige, bisher aber erfolglose Befürworter haben. Dazu hat England selbst noch feststellen müssen, daß handelspolitisch die „Abhängung" des Pfund Sterlings vom Goldstandard nicht im entferntesten die erwarteten Wirkungen einer Ausfuhrsteigerung gehabt hat. Wenn eine der angesehensten englischen Finanzzeitschriften ichrewt, das Ergebnis der Konferenz von Ottawa bringe eine starke Er Nüchterung für diejenigen, die große Er- !"Eungen i" jene Konferenz gesetzt und gehofft hatten, oaß sie der Anfang für die Verwirklichung einer „Wirt- fwmlseinheit des englischen Weltreichs" sein würde, — so jv diese kritische Zusammenfassung der Ergebnisse zweifel- ws richtiger, als es die mühsam herbeigeholten Lobsprüche ans Ottawa sind. Noch mühsamer waren allerdings die Verhandlungen selbst; denn in diesem „englischen Völkerbund", wie ein bezeichnender Ausdruck lautete, lrat anläßlich der Empire-Konferenz ein sehr gesunder Egoismus der Dominien immer wieder zutage, und der englische Delegationsleiter, Minister Baldwin, hatte alle n holl zu tun, um die ganze Sache zu einem wenig stens einigermaßen guten, wenn auch nicht gerade viel- lagcnden Ende zu führen. Baldwin durfte ja ebensowenig vergessen, daß 60 Prozent der Ausfuhr Englands in nicht- vntiiche Länder geht, wie daß die Dominien und Kolonien handelspolitisch ebenfalls stärker mit dem „Ausland" vcr- ^!"?en sind als mit dem Mutterland. Ein paar charakte- rouichc Kleinigkeiten seien erwähnt: A u st r a l i e n z. B. ?"'^gte vom Mutterland einen möglichst hohen Zoll auf tue Gefricrslcischeinfuhr — der anderen, um in England wzuiagen einen Monopolabsatz für seine gefrorenen Hammel zu erhalten. Das richtete sich gegen Argen- rlnlen; aber in der dortigen Fleischindustrie arbeiten riegge englische Kapitalien, die entwertet würden, wenn Apolitisch die argentinische Fleischzufuhr allzu schlecht behandeln würde. Mit der Butter ist es ähnlich, England darf sich aber den dänischen Kunden nicht verärgern, an dem man in letzter Zeit einen guten Ab- vehmer für den Jndustricexport — durch Abdrängung Deustchlands — gefunden zu haben glaubt. Und schließ lich darf England durch allzu hohe Lebensmittelzölle nicht die notleidende, zum großen Teil arbeitslose Be völkerung in Bedrängnis bringen um der „schönen Augen" der Dominien willen, die es übrigens ablehnten, die eigene Arbeitslosigkeit durch den Zustrom englischer Arbeitsloser noch verstärken zu lassen. Zu einer Erhöhung der Zollmauer n rings um das „Empire" ist es also nicht gekommen und bestenfalls irltt cm, was Baldwin in seiner Eröffnnngsrede von der erwartete: Eine Belebung des Warcnaus- n I E „Empire" als Anregung auch für den Welt- ? " " v e l. Baldwins andere, damals geäußerte Hoffnung vN s-eilich vorläufig noch nicht erfüllt: Eine Herab- / . d" Zölle im „Empire" als Beginn einer Zoll- in der ganzen Welt. Aber es ist heute schon viel wert, wenn eine solche Konferenz nicht zu einer Er- yoyung und Verstärkung der Zollmauern kommt! In einem späteren internationalen worden " neuen Hindernisse in den Weg gelegt „G r o ß r a u m - W i r t s ch a f t" englischen - eprages oder aus dem Beginn einer „regionalen Tei- Mf Adesmcile« Mheu Zum Tode verurteilt! Im Namen des Volkes verkündete der Vorsitzende des Beuthcner Sondergeri chtcs, Landgcrichts- direktor Himml, folgendes Urteil: Die Angeklagten Kottisch.Wolnitza, Müller und Graupner werden wegen Totschlags aus poli tischen Beweggründen und schwerer Körperverletzung zum Tode verurteilt. Außerdem erhalten die Angeklagten Kottisch, Müller und Graupner je zwei Jahre und der Angeklagte Wolnitza ein Jahr Zuchthaus. Der Angeklagte La ch mann wird wegen Anstiftung zum Tode verurteilt und die bürgerlichen Ehrenrechte werden ihm aberkannt. Der Angeklagte Hoppeist wegen Beihilfe zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Angeklagten Nowak, Hadamik und Czaja werden freigesprochen. „Oie ganze Schwere -es Gesetzes." Die Begründung zum Beuthener Urteil. Der Vorsitzende des Sondergerichts, Landgcrichts- direktor Himml, führte in der Urteilsbegründung u. a. folgendes aus: Es sei als erwiesen zu betrachten, daß die Angeklagten die Fahrt nach Potempa angetreten hätten, um dort den Kommunisten Konrad Pietrzuch zu erschlagen. Der Angeklagte Lachmannsei als der U rh e ö e r u n d geistige Führer der Tat zu bezeichnen. Die An geklagten Wolnitza, Müller, Graupner und Kultisch seien in das Mordzimmer eingedrungen und hätten auf die beiden Brüder Pietrzuch eingeschlagen. Die Tat sei mit der ganzen Schwere des Gesetzes zu bestrafen. Die Notverordnung vom 9. August müsse hier volle Anwendung finden, da die Tat um um ^2 Uhr ausgeführt worden sei und die Notverordnung um 12 Uhr nachts in Kraft getreten sei. Die Angeklagten Nowal, Hadamik und Czaja hätten freigesprochen werden müssen, weil man ihnen nichts habe nachweisen können. Rechtsfolgen aus dem Beuthener Llrteil. An zuständiger Berliner Stelle hat man zu den Todesurteilen des Beuthener Sondergerichts noch nicht Stellung genommen. In Kreisen der preußischen Staats regierung erklärt man, daß durch die Bestimmungen über die Einsetzung von Sondergerichten das Begnadi gungsrecht der Länder an sich nicht berührt worden sei. Auch eine Frist, innerhalb derer die Urteile vollstreckt Werden müßten, ist bekanntlich nicht gesetzt worden. 8 17 der Verordnung über die Bildung von Sonder gerichten besagt: „Gegen Entscheidungen der Sonder gerichte ist kein Rechtsmittel zulässig, über Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens entscheidet die Strafkammer. Die Wiederaufnahme zugunsten des Verurteilten findet auch dann'statt, wenn Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die es notwendig erscheinen lassen, die Sache im ordentlichen Verfahren nachzuprüfen. Die Vorschrift des 8 363 der Strafprozeßordnung bleibt unberührt. Ist der Antrag aus Wiederaufnahme be gründet, so ist die Hauptverhandlung vor dem zuständigen ordentlichen Gericht anzuordnen." 8 363 der Straf prozeßordnung regelt das Verfahren vor dem Berufungs gericht. Ungeheure Erreguug in Beuchen. Nationalsozialistische Kundgebung nach dem Urteilsspruch. Während der Vorsitzende des Beuthener Sonder gerichts den Urteilsspruch mit den fünf Todesurteilen ver kündete, herrschte im Saale eisiges Schweigen. Auch die Begründung wurde lautlos angehört. Nachdem der Vor sitzende geschlossen hatte, erhob sich der Gruppenführer Ost der SA. und SS., Heines-Vreslau, der in voller Uniform mit mehreren SA.-Führern an der Verhandlung teil- gcnommen hatte, und rief laut in den Saal: „Das deutsche Volk wird in Zukunft andere Urteile fällen! Das Urteil von Beuthen wird das Fanal zu deutscher Freiheit werden. Heil Hitler!" lung" der Weltwirtschaft ist also nichts oder nur sehr wenig geworden. Die Einzelheiten der zoll- und handels politischen Abmachungen in Ottawa werden bis zu ihrer Ratifizierung durch die zustädigen Parlamente geheim gehalten. Ob durch sie auch Deutschlands Außen handels-Interessen geschädigt werden, wird sich erst dann zeigen; aber auch wir haben als Land der Verarbeitungs- Industrien und daher als wichtiger Bezieher von Roh stoffen doch einige nicht ganz unwesentliche Trümpfe im Spiel um die Zukunft der Weltwirtschaft. Es folgte ein ungeyeurerTumult. Ein großer Teil der Zuhörer sowie auch ein Teil der Pressevertreter erhoben sich und stimmten in den Hitler-Ruf ein. Auf der Straße Pflanzte sich der Rus mit Windeseile fort. Tausende von Menschen strömten zusammen. Die Schutz polizei machte von dem Gummiknüppel Gebrauch. Unifor mierte SA.-Lcute wurden von der Polizei auseinandcr- gctriebcn. Als Heines das Gerichtsgebäudc verließ, wurde er von einem leidenschaftlichen Begrüßungssturm mit dem Hitler-Ruf empfangen, überall auf den Straßen herrscht ungeheure Erregung, es kam immer wieder zu lebhaften Kundgebungen. Ausschreibungen in Beuchen. Scharfes Vorgehen der Polizei. —- Nach der Urteilsverkündung kam es, privaten Mel dungen zufolge, in Beuthen zu Tumultszcnen. So wurden die Schaufensterscheiben mehrerer Geschäfte sowie des sozialdemokratischen Volksblattes, der Obcrschlcsischen Zeitung, und der Beuthener Geschäftsstelle des Allge meinen Lokalanzcigers eingcworfcn. Die Polizei ging bei der Räumung der Straßen, insbesondere in der Umgegend des Gcrichtsgcbäudes, scharf vor. Beamte mit Stahl helmen, Karabinern und Maschinenpistolen drängten die Volksmenge, die immer wieder Verwünschun gen gegen das Gericht aussticß, ab. Der Führer der SA. Ost. Heines, ließ die SA. in Gruppen vor dem Gerichts- gcbäude antreten und daraufhin in ihre Quartiere ab- marschicren. Auch nach dem Abzug der SA. hielten die Kundgebungen des Publikums weiter an. Mehrere Zivil personen wurden von der Polizei zwangsgestellt. Der zweite Verteidiger, Assessor Dr. Lowack, bezeichnet das Beuthener Urteil als „eine einzige Unmöglichkeit". Der Gruppenführer der SA. Ost, Heines, hielt vom Balkon des Cafes Hindenburg eine Ansprache, in der er erklärte, ehe dieses Urteil vollstreckt würde, würde sich gan2 Deutschland erheben. Wenn es vollstreckt werden sollte^ „so würde die Befreiung Deutschlands von Beuthen aus gehen". Die SA. ermahnte er weiterhin, die vollste Ruhs zu bewahren. Die Frauen der zum Tode Verurteilten haben sich geweigert, in ihre Wohnungen nach Rokittnitz, Vroslawitz und Fricdrichswille zurückzukehren, da sie fürchten, kom munistischen Überfällen schutzlos ausgeliefert zu sein. Sie sollen in Beuthen untergebracht werden. Es wurde ver anlaßt, daß auch ihre Kinder nach Beuthen geholt werden. -i- Von zuständiger polizeilicher Seite wird zu den Vorgängen in Beuthen erklärt, daß von irgendwelchen Unruhen in Beuthen keine Rede sein könne. Es hätten sich lediglich am Gerichtsgebäude und in den anliegenden Straßen zahlreiche Gruppen Neugieriger angesammelt, dis das Ereignis lebhaft besprachen. Die Polizei habe dis Ruhe mit Leichtigkeit aufrechterhalten können, ohne äußerste Gewalt anwenden zu müssen. Außer den Schau fenstereinwürfen sei es zu Ausschreitungen nicht ge kommen. Gegen Abend herrschte in Beuthen wieder völlige Ruhe. Eine Anzahl Personen wurde zwangs gestellt. Adolf Hitler an die verurteilten SA-Leute München, 22. August. Von Adolf Hitler ist an die zum Tode verurteilten SA.-Leute folgendes Telegramm abgegangen: „Meine Kameraden! Angesichts dieses ungeheuerlichsten Bluturteils Wie ich mich mit Euch in unbegrenzter Treue ver bunden. Eure Freiheit ist von die>m Augenblick an eine Frage unserer Ehre, der Kampf gegen eine Regierung, unter der die ses Urteil möglich war, unsere Pflicht. Adolf Hitler." proiefttelegramme der ASDAP. An Reichspräsidenten und Reichskanzler. Der Leiter der Nechtsabteiluug der NSDAP., Rechts anwalt Frank II, hat folgendes Protesttelegramm an den Reichskanzler von Papen als den Reichskommissar für Preußen, an die Reichskanzlei und den Reichspräsidenten gesandt: „Die Reichßleitung der NSDAP, erhebt gegen das unfaßbare Beuthener Schreckensurteil schärfsten Pro test vor der gesamten deutschen Öffentlichkeit und erwartet unverzüglich die Begnadigung der Verurteilten. Die in der größten politischen Bewegung Deutschlands vereinig ten Millionen deutscher Männer und Frauen schließen sich in Erbitterung und Empörung diesem Verlangen an. Über 300 ermordete Nationalsozialisten, die fast restlos bis heute ungesühnten Opser der marxistischen Mordpest, sind der erschütternde Beweis dafür, daß der nationale deutsche Mensch schutzlos dem internationalen marxistischen Treiben preisgegeben ist. Das Beuthener Schreckensurteil war nur möglich in Verkennung dieser unbestreitbaren Sachlage. Seine unverzügliche Aufhebung ist zur Siche-