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Amts- und Änzeigeblatt für den Amtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung » Bezugspreis vierteljährl. M. 1.50 einschließl. des „Illustr. Unterhaltungsblatts" und der humoristischen Beilage „Seifenblasen" in der Expedition, bei unserenBoten sowie bei allen Reichspostanstalten. für Eibenstock, Larlsfeld, yundshübel, vvAUtT Neuheide, Gberstützengrün, Schönheide, Schönheiderhammer, Sosa, Unterstützengrün,wildenthal usw. Tel.-Kdr.: Kmtrblatt. Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. - - ----- 57. Jahrgang. - — äV s«s Freitag, den 1l. November Erscheint täglich abends mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den folgenden Tag Anzeigenpreis: die kleinspaltige Zeile 12 Pfennige. Im amtlichen Teile die gespaltene Zeile 30 Pfennige. Fernsprecher Nr 210. «GIG Diphtherie-Ser««» mit der Kontrollnummer 58 aus dem Sächsischen Serumwerke in Dresden ist z«r Ginzieh««g bestimmt, weil die im Handel befindlichen Proben nicht sämtlich keimfrei sind. Dresden, am 8. November 1910. Ministerium des Innern. Stadtverordnetenwahl. Mit Ende dieses Jahres scheiden aus dem Stadtverordnetenkollegium wegen Ablaufes der Wahlzeit aus die Herren Gärtnereibesitzer Karl Bernhard Fritzsche, Kaufmann Otto Paul Heckel, Hans Leopold Höhl, Schiffchcnsticker Herman« Anto« Lorenz, Kaufmann Ed«ard Hermann Müller, Schneiderobermeister Friedrich Herman« Pfefferkorn, Kaufmann Gustav Emil Tittel. Es sind somit 7 Stadtverordnete zu wählen. Da von den im Amte verbleibenden Stadtverordneten 10 ansässig und 4 unansässig sind, nach dem Ortsstatut aber dem Stadt verordnetenkollegium mindeste«- U ansässtge und mindestens K «nanfSsfige Bürger anzugehören haben, so müssen von den zu wählenden Stadtverordneten Mindestens l ansäfstg und mindestens 2 ««ansässig sein Als Wahltag ist Donnerstag, der 8. Dezember 1910 anberaumt worden. Die Gtadtverordnetenwahlliste liegt vom 7. November, diesen Tag eingerech net, bis mit 22. November 1S1V während der üblichen Geschäftsstunden in der Nats- kanzlei zur Einsicht aus. Es steht den Beteiligten frei, bis zum Ende des siebenten Tages nach Bekanntmachung ' und Beginn der Auslegung gegen die Wahlliste beim unterzeichneten Stadtrate schriftlich oder mündlich Einspruch zu erheben. Stadtrat Eibenstock, den 4. November 1910. Hesse. Müller. Die Nalsexpeditione« bleiben vorzunchmender Reinigung halber Kreltag, den 11. und Sonnabend, den 12 Movember 1910 geschloffen. Im Standesamt« werden Anmeldungen von Geburts- und Sterbefällen vormit tags von 8—S Uhr entgegengenommen. Das Schanamt ist am Freitag von 5—6 Uhr nachmittags und am Sonn abend von 8—S Uhr vormittags geöffnet Stadtrat Eibenstock, den 5. November 1910. Hesse. M. „Hoch klingt das Lied vom braven Mann!" Auf dieses Lob hat die wackere Mannschaft des an der Felsenküste von Dover gescheiterten Fünfmasters „Preußen", die im Angesicht des Tode^auf dem Schiffe ausharrt und auch in der Stunde der größten Not in echter deutscher Seemannstreue den Weg zur Rettung nicht beschritten hat, in vollem Umfange Anspruch. Aber auch von den englischen Rettungsmannschaften und Kü stenwächtern in Dover, East Cliff und St. Margarets, wird man angesichts des Rettungswerkes, das sie unter Einsetzung ihres eigenen Lebens vollbracht haben, be wundernd und anerkennend sagen müssen: „Hoch klingt das Lied vom braven Mann!" Am Tau des Schlep pers „Lady Vita" hat sich das in Dover stationierte Rettungsboot bei einer furchtbaren See — die Wogen gingen bis zur halben Höhe der gewaltigen Masten des unglücklichen Schiffes — hinausgewagt, um den deutschen, jeden Augenblick vom Tode umlauerten Ka meraden Hilfe zu bringen. Nur mit äußerster Mühe konnte das Boot, das fortwährend von der See über spült wurde und dessen Mannschaften tatsächlich dau ernd im Wasser saßen, vor dem Untergange bewahrt werden; es mußte unverrichteter Sache nach Dover zu rückkehren, und auch diese Rückfahrt war überaus schwie rig und gefährlich. Ebenso hat die Küstenwache von Dover und St. Margarets das Aeußerste aufgeboten, um durch den Raketenapparat eine Verbindung mit der Küste herzustellen und so das Rettungswerk einzu leiten. Während die Leute von Dover am Fuße der Steilküste, bis zur Brust in dem eisigen Wasser stehend, zu operieren suchten, hatten die Küstenwächter der Sta tion St. Margarets auf der Höhe der Klippe Aufstel lung genommen. Es zeigte sich aber, daß es von dort aus nicht möglich war, eine Verbindung mit dem Schiff herzustellen, und daß es vielmehr erforderlich sein wür de, den Raketenapparat tiefer am Fuße der Klippe auf zustellen. Der Küstenwächter Hughes erbot sich frei willig, an einer Strickleiter an der steilen Küste hcrun- terzusteigen und den Raketenapparat herunterzubrin gen. Bei dem Abstieg war der mutige Mann unausge setzt von der Gefahr bedroht, an den Klippen zerschmet tert zu werden, weil die Strickleiter von dem furcht baren Sturm fortwährend hin- und hergeworfen wur de. Als er einen Teil seines gefährlichen Weges zurück gelegt hatte, fiel ein Schuß, der wahrscheinlich von der Küstenwache in East Cliff abgegeben war und auch die Leine glücklich über den Hauptmast der „Preußen" herüberbrachte. Der Küstenwächter Hughes mußte aber seinen Abstieg fortsetzen, weil wieder hinaufzukommen unmöglich war. Er gelangte auch glücklich auf das Vorland der Steilküste, aber von der Stelle, die er er reicht hatte, war es nicht möglich, eine Verbindung mit seinen aus dem Grat des Kliffs verbliebenen Kamera den herzustellen. Er mußte in unmittelbarer Nähe der tobenden Brandung einen Weg von zwei Kilome tern zurücklegen, ehe er einen im Zickzack aufsteigcnden Fußpfad erreichte, auf dem er zur Höhe des Plateaus emporstieg. Die Rettungsarbeiten, an denen sich die Küstenwächter und Rettungsmannschaften in großer Zahl beteiligt haben, waren überaus erschwert, weil der furchtbare Regensturm, der viele Stunden hindurch andauerte, nicht nur das Stehen und Sichbewegen au ßerordentlich erschwerte, sondern sogar das Atmen bei nahe unmöglich machte. Jedenfalls haben diese wacke ren englischen Seeleute alles getan, was nur möglich war, um ihren deutschen Kameraden zu Hilfe zu kom men. Die Männer, die so gehandelt haben, sehen selbst darin nichts Ungewöhnliches und nichts, was beson dere Anerkennung verdiente, denn sie wissen, daß das, was heute ein englischer für einen deutschen Seemann tut, morgen durch das gleiche erhebende Werk der Men schen- und Nächstenliebe von deutschen Seeleuten mit gleicher rücksichtsloser Aufopferung des eigenen Lebens ohne Besinnen getan wird. Trotzdem wird jeder Deut sche, der sich durch die todesmutige Haltung der wacke ren Mannschaften der „Preußen" erhoben hühlt, auch der wackeren englischen Seeleute nicht vergessen, die ihren Kameraden in der Not beigestanden haben, und dieses Bewußtsein wird sicherlich zur Stärkung der deutschen Sympathien für die verwandte und durch so viele gemeinsame Interessen uns nahestehende eng lische Nation beitragen können- Tagesgeschichte. Deutschland. — Zum Besuch des Kaisers beim Zaren. Der Kaiser trifft, wie bereits gemeldet, Freitag vor mittag gegen 10 Uhr in Franksurt-Süd ein, von wo aus nach vorgenommenem Maschinenwcchsel die Wei terfahrt nach Station Egelsbach erfolgt. Von hier aus begibt sich der Kaiser mit Gefolge mittels Automobils nach Schloß Wolfsgarten zum Besuch des Zarenpaares. Nach Darmstadt kommt der Kaiser nicht. Um 3 Uhr nachmittags erfolgt die Weiterreise nach Baden-Baden zum Besuch der Großherzogin-Mutter von Baden. Noch am gleichen Tage begibt sich der Kaiser nach Donau eschingen. — Abreise des Zaren. Die Zarenfamilie wird, wie jetzt festgestellt ist, Montag, den 14. d. M., von Schloß Wolfsgarten die Rückreise nach Rußland antreten. — Rekrutenvereidigung in Berlin. In Gegenwart des Kaisers fand am Mittwoch im Lust garten die feierliche Eidesleistung der in diesem Herbst neueingestellten Mannschaften der Garnisonen Berlin, Charlortenburg, Spandau und Groß-Lichterfelde statt. Nachdem die Feldzeichen vor dem in der Mitte des Platzes errichteten Feldaltare Aufstellung genommen hatten, richtete zunächst der evangelische Divisions- Pfarrer Paetzold an die Rekruten eine Ansprache, in der er die jungen Mannschaften auf die Soldatenpflicht hinwies, worauf der katholische Divisionspfarrer Wag ner den Rekruten seiner Konfession ebenfalls die Bedeu tung der Feier ans Herz legte. Brigadeweise erfolgte aldann durch die Adjutanten die Eidesablegung, wäh rend deren der Kaiser jedesmal vor die betr. Brigade ritt. Als der letzte Truppenverband die Eidesformel gesprochen hatte, begab sich der Kaiser wieder zum Altar, um auch seinerseits zu Herzen gehende Worte an die Rekruten zu richten. Nachdem nun die Fahncn- kompagnie defiliert hatte, ritt der Kaiser ins Schloß zurück, wo er die Kommandeure zu einer kurzen Be sprechung um sich versammelte. — Einführungsgesetz zur Reichsvcrsi- cherungsordnung. Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung den Gesetzentwurf für ein Einsührungs- gesetz zur Reichsversicherungsordnung den zuständigen Ausschüssen überwiesen. Dieses Einsührungsgesetz, wird, wie man schreibt, alle diejenigen rechtlichen Grundlagen für den Uebergang aus dem bestehenden Zustand in die neuen Verhältnisse enthalten, die nur vorübergehender Natur sind und daher zweckmäßiger Weise in die Reichsversicherungsordnung selbst nicht auszunehmen waren. Solche Uebergangsbestimmungen waren notwendig beispielsweise bei der Krankenver sicherung durch die Auflösung oder Zusammenlegung einzelner Kassen und die sich hieraus ergebenden ver mögensrechtlichen Auseinandersetzungen. Auch die In validen- und Hinterbliebenenversicherung wird gesetz liche Ausführungsbestimmungen erfordern. Schließlich soll durch das Einführungsgesetz auch die Aufhebung des Paragraph 15 des Zolltarisgesetzes bewirkt wer den, indem festgestellt wird, daß an seine Stelle die Reichsversicherungsordnung mit ihren festen Beiträ gen zur Durchführung der Hinterbliebenen-Versiche - rung tritt. Da der Entwurf für das Ausführungs gesetz auch von der Kommission für die Reichsversiche rungsordnung beraten werden soll, so dürfte diese Vor lage eine der ersten sein, mit der sich der Reichstag nach seinem Zusammentritt beschäftigen wird. Gleichzeitig mit ihr wird dann auch der Entwurf eines Gesetzes betreffend die Aufhebung des Hilfskassengesetzes cingc- bracht werden, der vom Bundesrat schon im Früh jahr erledigt wurde. — Die Moabiter Straßen kämpfe vor Gericht. Vor der 3. Strafkammer des Landgerichts Berlin I begann am Mittwoch die Verhandlung wegen der Moabiter Krawalle. Es waren für die Verhand lung ganz außergewöhnliche Vorsichtsmaßregeln getrof fen worden. An den Portalen des neuen Kriminalge richts, in den Portierlogen und an den Straßenecken in der Nähe des Gerichtsgcbäudes, überall standen Schutzleute, meist Doppelposten, mit umgeschnallter Dienstpistole. Im Zuhörerraum waren außerdem vier Kriminalbeamte stationiert, die ein scharfes Augenmerk auf Bombenwerfer und „Petroleure" richten sollten, denn noch Montag abend sind dem Landgerichtsdirek tor Lieber neue Drohbriefe zugegangen, daß es ihm so ergehen werde, wie seinerzeit den Reichsgerichtsräten, aus die der Kaufmann Großer aus Steglitz ein folgen schweres Revolverattentat verübte. Zu Beginn der Verhandlung wurde seitens der Verteidigung der An trag gestellt, diejenigen Strafsachen, die der Geschäfts einteilung nach nicht vor die dritte Strafkammer ge hören, abzutrennen und gesondert zu verhandeln. Die ser Antrag wurde vom Gerichtshof nach längerer Be ratung abgelehnt. Darauf stellten die Verteidiger den Antrag, den ganzen Gerichtshof wegen des Verdachts der Befangenheit abzulehnen, da durch den Beschluß, die Sache vor die dritte Strafkammer zu verweisen, ver Eindruck erweckt worden wäre, als ob man der Verhandlung eine gewisse politische Richtung geben wol le. Als Rechtsanwalt Dr. Cohn den Antrag näher begründen wollte, wurde er vom Vorsitzenden unter brochen mit dem Bemerken, daß er ihm das Wort nicht weiter erteilen könne. Da der ganze Gerichts hof abgelehnt worden sei, müsse zunächst eine andere Kammer über diesen Antrag entscheiden. Die Ver handlung wurde darauf auf Donnerstag vormittag 9'/^ Uhr vertagt.