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Erscheint wöchentlich zweimal u.zwarDienstags und Freitags. — Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mk., durch die Post / bezogen 1 Mk. 25 Ps. — Einzelne Nummern 10 Pf. WrM Mm, Mmlchn -re Dgk-mdm. Imls blutt Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Insertionspreis 10 Pf. pro dreigespaltene Corpuszeile. für die Agl. AmLshauptmannschast Meißen^ für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Horstrsntamt zu Tharandt. 51. Jahrgang. No. 17. Freitag, den 27. Februar 1891. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Art. II 8 6 der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Juni 1887 — Reichsgesetzblatt S. 245 flgd. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tages preise des Hauptmarktortes Meißen im Monate Januar ds. Js. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden resp. Quartierwirthen innerhalb der Amtshauptmannschaft im Monate Februar ds. Js. an Militärpferde zur Verabreichung gelangende Marschfsurage beträgt 7 Mk. 61,, Pf. für 50 Kilo Hafer, 3 - 52,8 - - 50 - Heu, 2 - 36,2 - - 50 - Stroh. Meißen, am 21. Februar 1891. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Airchbach. Bekanntmachung. Der diesjährige hiesige ^rühjahrsniarkt wird Donnerstag, den 5. und Freitag, den 6. März abgehalten. Wilsdruff, am 14. Februar 1891. Dev Stadtrat h. I'ielLvr, Brgmstr. Tagesgeschichte. Der Reichstag ist in seiner Berathung der Gewerbe ordnungsnovelle an dem Abschnitt angelangt, welcher dazu be stimmt ist, der Zuchtlosigkeit unter den minderjährigen Arbei tern zu steuern. Er hat bereits die auf die Stärkung der elterlichen Autorität berechnete Verschärfung der Vorschriften über das Arbeitsbuch angenommen und wird demnächst zu der Bestimmung über die Lohnauszahlung kommen. Hierin muß eines derjenigen Momente gesucht werden, welche den Hauptwerth der Novelle ausmachen. Jeder, der einen Ein blick in die heutigen Arbeitsverhältnisse zu thun Gelegenheit hatte, wird sich nicht haben der Wahrnehmung verschließen können, daß gerade die junge Arbeiterschaft nickt nur die fa natischsten Anhänger der Sozialdemokratie stellt, sondern daß in ihr eine geradezu beängstigende Genuß- und Verschwen dungssucht herrscht. Die Ursachen hierzu liegen weniger in den Arbeitern selbst als in den Verhältnissen, in welchen sie leben. Während in allen übrigen Ständen mit der Zeit die Periode des selbstständigen Erwerbes in ein immer höheres Lebensalter hinaufgerückt ist, erhält Ler Arbeiter, sobald er in eine Fabrik eintritt, Lohn. Früher, als das Handwerk do- minirte, bestand dieser Lohn gewöhnlich in Naturalien, in Essen und Kleidung, jetzt, wo das Handwerk zurückgedrängt ist, überwiegt die baare Lohnzahlung. Es ist kein Wunder, daß, wenn ganz junge Menschen von 14 Jahren Geld in die Hand bekommen, sie in Versuchung gerathen, es sür an dere als ihnen nützliche Dinge auszugeben. So lange die Lehrzeit der jungen Leute währt, geht es damit noch, denn während derselben ist der Lohn nicht so hoch, daß von ihm allzuviel für unnütze Dinge übrig bleibt. Sobald die Lehr zeit aber beendet ist, erhält der Arbeiter fast durchweg genau soviel Lohn, als er gewöhnlich sein ganzes Leben hindurch behält. Gerade dann, also in der Zeit vom 17. Lebensjahre an, geräth er in die Versuchung, leichtsinnig zu werden und unterliegt ihr vielfach. Es war demnach nur mit Freude zu begrüßen, als die von den verbündeten Regierungen ausge stellte Gewerbeordnungsnovelle eine Bestimmung aufwies, wonach der Anfang mit der Auszahlung des von minderjäh rigen Arbeitern verdienten Lohnes an die Eltern und Vor münder gemacht werden sollte. Die Vorlage hatte allerdings einen nicht ganz richtigen Weg zur Erreichung des ins Auge gefaßten Zieles eingeschlagen. Es war nämlich die Befugniß zur Bestimmung über die Auszahlung des Lohnes minder jähriger Arbeiter an die Eltern in die Hand des Arbeitgebers gelegt, er sollte die Angelegenheit in der Arbeitsordnung re geln. Damit war die Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit ge geben, daß nicht gerade in allzuvielen Fällen dem minder jährigen Arbeiter die freie Verfügung über den Lohn entzogen werden würde, weil die Konkurrenz sich dabei hinderlich in den Weg gestellt haben würde. Es war demnach nur gut zuheißen, daß die Reichstagskommission bei der Vorberathung der Novelle einen anderen Weg einschluz und dem Ortsstatut die Regelung der Lohnauszahlung überwies. Hierdurch wäre die Gewähr gegeben, daß das im Gesetze angcdeutete Prinzip nun auch wirklich vielfach zur Geltung gebracht werden würde. Es ist denn auch zu hoffen, daß, wie die Mehrheit des Reichs tags bereits die Verschärfung bezüglich des Arbeitsbuches an genommen hat, sie der Vorschrift über die Auszahlung des von den minderjährigen Arbeitern verdienten Lohnes an die Eltern gleichfalls in der Fassung der Kommission ihre Zu stimmung geben wird, und es ist zu wünschen, daß sie sich nicht etwa durch Anträge zur Herabsetzung der Altersgrenze bestimmen läßt. Gerade die Zeit vom 17. bis zum 21. Le bensjahre ist die gefährlichste. Wenn unsere für die höchsten Beamtenstellen bestimmte Jugend im Durchschnitt bis nahezu an diese Altersgrenze der Zucht der Schule sich fügen muß, so wird für die Arbeiter ein geeignetes Aequivalent gesucht werden müssen. Die Beschränkung der Verfügung über ihren Lohn halten wir sür ein solches. Der Reichstag hat in einer Resolution den Reichskanzler ersucht, behufs Gewährung einer ausreichenden Sonntagsruhe im Eisenbahndienste auf die verbündeten Regierungen geeignet einzuwirken. Diese Aufgabe würde, falls der Bundesrath der Resolution zustimmt, dem Reichseisenbahnamte zufallm. Es sind jedoch seitens dieser Reichsbehörde schon vor längerer Zeit eingehende Vorschriften und Anordnungen erlassen wor den, welche sich auf die Sonntagsruhe und den Arbeiterschutz i« Eisenbahndienste überhaupt beziehen. Hierbei wurde ins besondere angeordnet, daß der Güterverkehr an Sonn- und Feiertagen, wenn nicht einzustellen, so doch auf das allerge ringste Maß zu beschränken sei. Für die verschiedenen Ka tegorien der Arbeiter und Bediensteten bei den Eisenbahnen wurden förmliche Maximalarbeitstage festgesetzt. So dürfen Stationsarbciter nur äußersten Falles mehr als 12 und bis zu 14 Stunden beschäftigt werden und müssen jedenfalls eine achtstündige Ruhe haben, abgesehen von der Zeit, welche sie zum Weg nach und von der Arbeitsstätte brauchen. Loko motivführer und ihnen gleichstehendes Zugspersonal sollen normal 8 Stunden und höchstens bis zu 10 Stunden be schäftigt werden. Auf diese und ähnliche Weise sind sür die verschiedenen Branchen des Eisenbahndienstes entsprechende Arbeiterschutzmaßnahmen getroffen worden und hat die Cen tralinstanz für das Eisenbahnwesen niemals gezögert, bei her vortretenden Mißständen energisch auf Remedur zu dringen. Allem Anscheine nach gehen wir in Deutschland einem neuen allgemeinen Bergmanns-Streik entgegen. Am ver gangenen Sonntag fand in Bochum abermals eine Versamm lung von Delegirten der Bergleute statt, in welcher ein Aus schuß zur Festsetzung der Frist für Einreichung der bekannten Forderungen der rheinisch-westfälischen Bergleute und der Zeit für ihre Bewilligung gewählt wurde. Die Bergleute sollen überwiegend entschlossen sein, an ihren Forderungen festzu halten. Der Oberbürgermeister von Forckenbeck in Berlin gerieth am Montag beim Ueberschreiten eines Straßendammes zwischen zwei Wagen. Hierbei fiel Herr v. Forckenbeck mit der Stirn gegen ein Wagenrad und zog sich eine Verletzung zu. Sein Befinden ist erfreulicher Weise derartig, daß zu Besorgnissen kein Anlaß vorliegt. Hamburg, 24. Februar. Der Verband deutscher Zim merleute (Domicil und Lokalverband Hamburg) beschloß ein stimmig, für die streikenden Cigarrenarbeiter und -Sortirer 5000 M. zur Unterstützung auszusetzen. Im Laufe der letz ten Woche sollen, dem „Hamb. Corresp." zufolge, sämmtliche Hamburger Fachvereine zu. dem gleichen Zwecke zusammen 100,000 M. aufgebracht haben. In Paris bildet die Anwesenheit der Kaiserin Friedrich noch immer das Ereigniß des Tages. Die Pariser Bevöl kerung beobachtet im Allgemeinen der hohen Frau und ihrer Tochter gegenüber eine durchaus korrekte, anständige Haltung.- und werden die erlauchten deutschen Gäste überall, wo sie sich in der französischen Hauptstadt öffentlich zeigen, vom Publi kum achtungsvoll begrüßt. Die Boulangisten und Patrioten- bündler an der Seine haben zwar den Besuch der Kaiserin Friedrich zum willkommenen Vorwand einer deutschfeindlichen Kundgebung genommen, aber dieselbe ist wirkungslos ver pufft, man bespöttelt sogar in den vernünftig urtheilenden Kreisen der Pariser Bevölkerung der Herren Laur und Ge nossen. Die Kaiserin selbst scheint von der ihr und der Prinzessin Margarethe in Paris bereiteten Aufnahme sehr an genehm berührt worden zu sein, denn die hohen Herrschaften haben ihren Aufenthalt in der französischen Hauptstadt um einige Tage verlängert und gedenken erst am Freitag die Wei terreise nach England fortzusetzen. Vaterländisches. Wilsdruff. Am heutigen Bußtage sind alle Kaufs- und Gewerbsläden den ganzen Tag zu schließen. Ausnahmen sind nur folgende gestattet: 1., der Verkauf von Arzneimitteln und von Brod und weißer Bäcker- waare während des ganzen Tages und 2., der Verkauf von sonstigen Eßwaaren und Materialien und der Kleinhandel mit Heitzungs- und Beleuchtungsgegenständen mit Ausnahme des Vormittagsgottesdienstes. — Dem in der Schulgasse von den Anwohnern beklagten Wassermangel hat der Stadtgemeinderath durch Beschluß der Erbauung eines Brunnenwasserbass ins abgeholfen; fer ner sollen die an der Kirche und auf dem Marktplätze befind lichen 4 Brunnen durch neue eiserne von der Firma Gebr. Barnewitz-Dresden zu beziehende Pumpen in guten Zustand gesetzt werden. — Der diesjährige hiesige Frühjahrsmarkt findet in nächster Woche am Donnerstag und Freitag, den 5. und 6. März statt; demselben folgt am 9. und 10. März der erste diesjährige Dresdner Jahrmarkt. — Der Gesangverein „Liedertafel" beging am letzten Dienstag Abend in dem schön geschmückten Saale des Hotel« zum goldncn Löwen sein 46. Stiftungsfest durch Tafel und Ball. Ein gut gewähltes und vortrefflich hergestelltes Menu war dazu angethan, der Küche des Herrn Hotelier Gast nur Ehre zu bereiten. Die Tafelmusik wurde von unserer trefflichen Stadtkapelle gespielt und gaben drei vorzüglich gelungene Ta fellieder sowie ernste und humorvolle Trinsprüche der Tafel die echte und beste Würze. Ein flotter Ball hielt die Theil- nehmer bis in die ersten Morgenstunden zusammen. — Nächsten Montag, als den 2. März, veranstaltet der „Militär-Verein" sür Wilsdruff und Umgegend im „Hotel z. weißen Adler ein Kränzchen. Theater, Musik und Gesangsvorträge werden den Abend zu einem recht amüsanten machen. Nach den Aufführungen findet Ball statt. — (Einges.) Am 25. d. M. feierte der Gesangverein Anakreon sein Stiftungsfest, bestehend in Konzert, an- muthigen Gesängen und deklamatorischen Vorträgen, von denen, um nur einige zu erwähnen: Das Kaiserlied und die „Spinn stube" von reizender Wirkung waren. Der Vorstand deS Vereins, Herr Erwin Vogel und Herr Kantor Knof, ver stehen es sehr gut, den Verein zu leiten. Das zahlreich er schienene „jung Deutschland" nebst vielen Eltern und Gästen vergnügten sich prächtig.