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Msdmffer Tageblatt Rationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, »»» Tasrbl.ru- krfchU.t »,llch »ach«. » Uhr M I» d« «chch»ft,»«ll. »o b ben Au-g°drst»I« r »t. i» W»»«t, »<ä »>*»»»», »—» briP»»d«itr>»», Wochenblatt für W«»dr»ff «. Um-ey«» G^mr» c»la-»ea. I« Kalk hthrrrr s-walt, «rik, »der I°»sti,«r »ruirbast»«»»,«» »^rh« »u- «Spruch »»f 8«S«U»», »drrHürpr», »«— RLchs-ud«», «i»,es»»bt««chU»»»»»«>»>«>»ar, »-»»P«t» d«iU«,t. m für Bürgertum, Beamte Angestellte u. Arbeiter. «»jrijiMPrri« di««selpaltenc ri»»«jeU, A D»!b,st«»>s, die 1,es»altme Zeile der amtliche»»«Iuinnt»achu»,r» 4»GaW» pse»»i,, die r,eipali«»e Aeklame^tl» i« tertlicheu Trite 1« DalLpsrantg. B»ch»«isu»,,,edühr LV ch»IdPi«»»i» Da» g«!chri«dr»eErlcheinu»,». — . „ «»,«»»» Platz». -IchMl» Fernsprecher: Amt Wilsdruff Rr. 6 drrrch Fernruf üder«ittelte»t Anzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Srabananfprnch erlischt, wenn Ker Betre, kM>ch Klage «ingezoge» »erde« mutz oder der Anftraggederin Konkurs gerLt. Anzeige« nehmen alle DermMüengastelle« eniDeW»» »« Wilsdruffer Tageblatt euthätt die amtliche« Beka»«1machm>ge« »er «mtshauptm-muschast Weiße«, des Amtsgericht- «»d Stadtrat« z« Wilsdruff, Forstreutamts Tharandt, Finanzamt« «--<» Rr 271—84.Jahrga«g. Teiegr.-Adr.: .Amtsblatt» WilsdrnffsDresde« Postscheck: Dresden 2640 Sonntag,22.November 1925 Friedensschalmeien. Es ist wie sonst im Dezember, wenn die heran nahende Weihnachtszeit die Stimmung der Massen lang- sam zu beeinflussen, ihre Streitsucht zu mildern, ihre« Sinn für Menschlichkeit und Verträglichkeit zu steigern be- ginnt. Von überall her ertönen Friedensschalmeien, der verderbenbringende Haß unter den Völkern soll abgebuut die trennenden Barrieren, die zwischen ihnen ausgerichtei wurden, sollen niedergelegt und über sie hinweg ein« neue Ära freundschaftlicher Verständigung, schiedsgericht- lichen Ausgleichs zukünftiger Jnteressenkonflikte angebahnt werden. Ein kleines noch und es wird keine alliierten und assoziierten Mächte mehr geben in Europa. In dei Interalliierten Rheinlandkommission wird ein deut scher General, in der Botschasterkonferenz eindeutscherDiplomat Sitz und Stimme haben — und wer noch jung genug ist, darf sich Hoffnung machen, zu erleben, daß den Vereinigten Staaten von Nord- amerika ein ebenso vereinigter Staatenbund der Alten Welt gegenübertreten wird. Am 1. Dezember soll in de, englischen Hauptstadt der Grundstein für dieses Welt friedensgebäude gelegt werden 5 die Weihnachtsstimmung wird also diesmal schon früh von den Gemütern Besitz ergreifen. Wir wollen hoffen, daß sie nicht wieder er loschen ist, wenn in der letzten Dezemberwoche die eigent lichen Festtage gekommen sind. Auf einen Friedensstörer müssen wir uns freilich von vornherein gefaßt machen: den Herrn Mussolini. In Locarno war er allerdings zur Stelle, als der Schluß punkt unter das Fünfmächteabkommen gesetzt und der Text der von den anderen Delegationen mühsam genug er kämpften Verträge paraphiert wurde. Aber bis zu diesem Augenblick hatte er doch eine gewisse Distanz gehalten zwischen dem von ihm vertretenen Königreich Italien nnd den anderen Staaten, ans Gründen, die sein Ge heimnis geblieben sind. Mehr als Mutmaßungen, bald wahrscheinliche, bald unwahrscheinliche, waren über sie nicht herauszubekommen, aber schließlich ließ man die Frage auf sich beruhen, weil sie damals, in dem Trubel der Äbschiedsstimmung, nicht gerade von überwältigender Bedeutung zu sein schien. Mittlerweile hat der italienische Ministerpräsident, für den internationale Rücksichten offen bar nur einen sehr begrenzten Kurswert haben, wieder einmal recht vernehmlich mit dem Säbel gerasselt. Er hat, am Jahrestage seines Siegeszugs nach Rom, rund heraus verkündet, daß er seinem König in dem Augenblick raten würde, das Schwert zu Ziehen, an dem die Grenzen Italiens von irgendeiner Seite her bedroht würden, und er hat nach Aufdeckung des gegen ihn angezettelten Mord anschlages mit deutlicher Wendung gegen Frankreich da von gesprochen, daß zwei Millionen junger Krieger nur auf ein Wort von ihm warteten, um sich zur Verteidigung Les Vaterlandes zu erheben, falls dessen Sicherheit etwa von auswärtigen Verschwörern angetastet werden sollte. Hinter Mussolini fleht die überwältigende Mehrheit der italienischen Nation, und sie hat ihn, das eine wie das erste Mal, mit brausendem Beifall über schüttet. Sollte der „Duce" sich bis zum 1. Dezember noch ein drittes Mal genötigt glauben, eine Friedenskund gebung von ähnlichem Kaliber loszulassen, so wird er um des Friedensfestes von London willen ganz gewiß nicht seinen Mund geschlossen halten. Aber auch jetzt schon kann man sagen: Wenn er trotz seiner mancherlei häuslichen Ungelegenheiten genügend Muße finden sollte, um sich für den Unterzeichnungsakt auf einen raschen Sprung nach London freizumachen, seine Teilnahme an diesem Friedensfest wird nicht gerade dazu angetan sein, den Wert dieses Tages zu erhöhen. * Und Deutschland? Die Hoffnung der Alliierten, der sehnliche Wunsch unserer Wortführer in Locarno, die Zustimmung auch der bisherigen nationalen Opposition für die muen Verträge zu finden, wird nicht in Erfüllung Afhem Die Friedensschalmeien von hüben und drüben, die Erleichterungen und die Rückwirkungen, die wohl- weinenden nnd die zornigen Überredungsversuche habe« das Mrßtrarlen nicht beseitigt, das die Taten der Alliierten der letzten ^ahre in Deutschland erzeugt haben. Die Dentschnationalen werden, trotz Luther und selbst trotz Hindenburg, bis zum letzten Augenblick in der Oppo sition gegen Locanw verharren, weil sie im Rückblick auf Versailles und ans den französischen Gewaltstreich gegen das Ruhrgebiet, in Erinnerung an Danzig und West- dreußen, an Oberschlesien und an das Saarland ihr Ver- iranen nicht Instanzen zuwenden können, deren Votum bisher immer nur zugunsten der Großen und Starken, also zuungunsten Deutschlands, in die Wagschale gefallen ist. Locarno soll nur ein Anfang sein, heißt es von allen Seiten; ein mutiger Entschluß und wir würden uns bald davon überzeugen können, daß der Weg zur Freiheit ge öffnet ist. Der Glaube macht selig, sagt man ja wohl, und ssrade die herannahende Weihnachtszeit, deren Zauberkraft nirgends so sehr wie im frommen Deutschland zu wirken pflegt, könnte an sich vielleicht manche Gegnerschaft ver- tummen lassen, die in nüchterneren Zeitlosen stimmungs- näßigen Einflüssen unzugänglich ist. Aber diesmal wird ws Friedsnsfeft von Loudon von namhaften Teilen des deutschen Volkes nicht mitgemacht werden. Sie werden »ein iaaen. nm auk dem Vollen in kein wenn die Kn«- Umbildung der Reichsregierung. Aas HandelMMsormm M SMien. Die spanischen Kampfmaßnahmen aufgehoben. über das zwischen Deutschland und Spanien abge schlossene Haudelsprovisorium werden jetzt nähere Ein zelheiten bekannt. Das wichtigste Ergebnis dieses Pro visorinms ist, daß Spanien sofort seine Kampfmaßnahmer wieder aufhcbt, die bekanntlich in einem völligen Einfuhr- verbot sür deutsche Waren nach den Kanarischen Inseln Spanisch-Marokko und den spanischen Kolonien, und ir einem Svprozentigen Aufschlag auf den spanischen Maxi maltarif bestanden. Diese Kampfmaßnahmen sind von dei spanischen Negierung am 18. November bereits auf gehoben worden. Die deutsche Regierung hat darauf hin beschlossen, die gegen die Einfuhr spanischer Erzeug nisse nach Deutschland vorbereiteten Abwrhrmaßnahmen dis am 19. November in Kraft treten sollten, nicht in Krafi zu setzen. Während des Provisoriums besteht zwischen den bei den Ländern kein Meistbegünstigungsverhältnis. Deutsch land wendet vielmehr seinen autonomen Zoll tarif an. Es hat nur die Zollsätze für sechs Waren gruppen herabgesetzt, nämlich für Apfelsinen, Weintrau ben, Bananen, Tomaten, roten Verfchnittwein und Ql- sardinen. Spanien nimmt bei Verzollung der deutsche« Erzeugnisse von der Erhebung seiner Maximalzölle Ab stand. Das Provisorium ist auf sechs Monate abge schlossen, die Verhandlungen über die endgültige Regelung sollen beschleunigt ausgenommen werden. alliierten EMwassnungswmmlMou gemacht. Man nimmt aber an, daß die noch bestehenden Distriktskommissionen eingezogen und die derzeit aus ungefähr 70 Köpfen be stehende Gesamtkommission bis auf zehn oder zwölf Köpfe reduziert werden dürste. Das in Koblenz vom französi schen Pressedienst herausgegebene „Nachrichtenblatt" wird ab 1. Dezember sein Erscheinen emstellen. Dasselbe Schick sal wird „Echo du Rhin" teilen, das einmal wöchentlich erschien und neben politischen Nachrichten dem Sport der Besetzungstruppen in großer Aufmachung diente. Da mit dem 1. Dezember die gesamten Delegationen im besetzten Gebiet aufgelöst werden, beabsichtigt die Rheinlandkom- mission, bei einzelnen Delegationen Abwicklungsstellen einzurichten, die die laufenden Arbeiten zu regeln haben, über die Dauer des Bestehenbleibens dieser Abwichlungs- stellen ist noch nichts bekannt. Zarres über Locarno. In einer politischen Versammlung hielt Oberbürger meister Dr. Jarres-Duisburg als volksparteilicher Spitzen kandidat sür die Wahl zum Provinziallandtag eine Rede, in der er zunächst einen überblick gab über die Vorge schichte von Locarno und hierbei die Bedeutung des Lon doner Ultimatums, den Ruhrcimnarsch, den passiven Widerstand und den Dawes-Plan streifte. Gewiß sind im Pakt Bestimmungen vorhanden, sagte Dr. Jarres, die ein ganz freies Volk nicht annehmen würde, aber wir wissen, daß wir frei werden, daß wir mitzusprechen haben, daß man uns nicht mehr so willkürlich umgehen kann, wie man es gekonnt hat. Es läßt sich nicht leugnen, daß das, was an Rückwirkungen jetzt herausgskommen ist, uns in Deutschland und im besetzten Geölet schwer enttäuschen muß. Aber Locarno ist ein Schritt aus dem Wege Deutsch lands in die Freiheit. Zum Schluß faßte Dr. Jarres seine Auffassung dahin zusammen, daß man gegenüber diesem Vertragswert ein Nein nicht verantworten könne. Ser ReichMWent bei NMofsns SrrrdigmiA In Berlin fand eine ergreifende Trauerfeier anj Sarge Nichthofens statt, an der Reichspräsident v. Hin denburg, Reichskanzler Luther, Reichswehrministst Geßler, zahlreiche Generale und Offiziere der alterj Armee sowie unzählige Vertreter der Kriegervereine teil- nahmen, auch- die Studentenschaft war durch ihre Char gierten vertreten. Dem Leichenzug voran gingen Fahnenabordnungen, dann folgte eine Fliegergruppe, und acht Fliegeroffizier« trugen auf ihren Schultern den Sarg nach der vor dem Hauptportal stehenden Lafette. Unter Begleitung einer ungeheuren Menschenmenge setzte sich dann der Trauerzug in Bewegung. Dicht hinter den Angehörigen schritt Reichspräsident von Hindenburg. Auf dem Fricdhos wurde die irdische Hülle des toten Fliegers zur letzter Ruhe bestattet. Drei Salven donnerten über das Grab, die letzten Grüße seiner Kameraden. HanSgemengs m Ser Italienischen Kammer. Der Faschisten grüß für Beamte. In der Italienischen Kammer ist es zu erregten Szenen gekommen, als der kommunistische Abgeordnete Maffi die Huldigung für Mussolini als Verfälschung der italienischen Bolksstimmung geißelte. Der Generalsekretär der Faschisti schen Partei, Farrinacci, stürzte sich auf den Abgeordneten Maffi, dem er zwei Faust hiebe ins Gesicht ver setzte. Mehrere kommunistisch: Abgeordnete kamen ihrem Genossen zu Hilfs und eS ents aun sich eine wüste Rauferei zwischen Faschisten und Kom mnisten. Maffi wurde blut überströmt hinausgetragen: die Kommunisten wurde» zu den Türen hmausgrworftn. Auch auf den Tribünen War ein Handgemenge zwischen den Anhängern des Kommunismus und des Faschismus entstanden. Ludendorff und Hindenburg. General Ludendorff veröffentlicht im Münchener „Völ- kischen Kurier" einen Artikel zur Locarnofrage, in dem es heißt: „Ich habe dereinst mit dem Generalseldmarschall v. Hindenburg Ehre und Nuhn« geteilt, und — ich darf es aussprcchen — seinen Ruhm erhöht. Heute krampst sich mein deutsches Herz zusammen, wenn ich sehe, wie der Generalfeldmarfchall im Begriffe ist, seinen Ruhm zu opfern; und er ist geopfert, wenn sein Karne unter dem Dokument der Schande und Unehrc steht. Lieber die Stellung vreisgeben als Ruhm Und Ehre und die eigene große Vergangenheit, das ist deutsche Art. Noch mehr scheint es deutsche Art, wenn von dem Gcucralfclbmarschall der Kamps ausgenommen würde gegen diesen Vertrag der Anehrc und Versklavung." Rücktritt nach LtnterzmchMng, Reichskanzler Dr. Luther empfing am Freitag die Führer der Parteien. Der Kanzler teilte mit, daß das Kabinett nach der Unterzeichnung des Vertrages von Lot carno in London dem Reichspräsidenten seine Gesamt-? demission unterbreiten werde. Die neue Negierung müss^ so gebildet werden, daß sie auch innerlich zu dem neuen internationalen Vertragswerk stehe. Der Reichskanzler bestätigte, daß die beiden Vorschläge, die Verträge zu uw. terzeichnen und den Eintritt in den Völkerbund vorzube reiten, in einer einzigen Vorlage vereinigt sind. Die vom Kabinett und der Versammlung der Staats- und Minister präsidenten der Länder angenommenen Entwürfe zu dem, Gesetz siud inzwischen dem Reichsrat zugegangen. Eine Kabinettssitzung soll noch genau den Wortlaut der Regie rungserklärung vor dem Reichstag festlegen. Am Montag wird im Reichstag zunächst der Reichs kanzler sprechen, dann wird voraussichtlich die Debatte be ginnen, an der sich auch der Neichsauße n miuiste r beteiligen wird. Frenken und Ssecki. Es wird als ziemlich sicher angesehen, daß der dem Zentrum zuzurechnencu Reichsjustizminister Frenken noch vor dem offiziellen Rücktritt des ganzen Kabinetts ausscheidet. Als Grund werden vorgerücktes Alter und , Krankheit genannt. Frenken verwaltet auch das Amt eines i Ministers der besetzten Gebiete. Ferner waren Gerüchte im Umlauf, daß der Ober kommandierende der Reichswehr, General v. Seeckt, in folge der seine Befugnisse einschränkenden Abmachungen mir dell Alliierten Nücktrittsabsichtcn hege. Auf eure An frage im Reichswehrministcrium wurde erklärt, daß dort von einem Abschiedsgesuch des Generals v Seeckt nichts bekannt lei. Sichere Mehrheit sör Lmm Die Sozialisten stimmen KM- Die sozialdemokratische Fraktion des Reichstages gab am - Schluß ihrer Sitzung folgendes Kommunique heraus: Die Sv- ; zialdemotratie wird entsprechend ihren früheren Forderungen für den Eintritt Deutschlands in den Völkerbund stimmen. Sie wird, um dieses Ziel zu erreichen, auch den Locarno-Verträgen, deren : fachlicher Inhalt aus der Linie der sozialistischen Außenpolitik liegt und für die die Regierung in der glechsn Vorlage die Zustim- ! mung verlangt, zustimmen. Maßnahmen zum Abbau. General Walch hat der deutschen Militärkommisfion offiziell dis schriftliche Mitteilung vom Abbau der iuter- läuschuugen die hoffnungsvoll begonnene Locarnovvurn ium Scheitern bringen sollten. Man mag es bedauern, saß es so gekommen ist, man mag auch die Schuld daran n;s dieser oder auf jener Seite suchen, zu ändern ist i in dem Tatbestands nichts mehr, und man wird sich da- ;nt abfinden müssen, die Londoner Friedensschalmeien . jüreulande mit gedampfter Trommeln Klang bealsiteu pi können. Dr.^Ky.