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Wils-ruf-Tharander Wochenblatt. Freitag, den 3. September 1841. Mit König!. Sachs. Concesston. Verantwortlicher ReLacteur und Verleger: Albert Reinhold. Von dieser Wochenschrift erscheint alle Freitage eine Rümmer. Der Preis für den Dierteljahrgang beträgt 10 Rgr. Bekannt* machungen aller Art werden ausgenommen; die gespaltene Zeile oder deren Staun, wird mit l> Pf. in Anrechnung gebracht. Aufsätze, die im nächsten Stück erscheinen solle», werden in TharanL bis Montag Nachmittags 5 Uhr und in Wilsdruf bis Montag Abends 7 Uhr angenommen. Auch können bis Mittwochs Mittag eingehende Zusendungen auf Verlangen durch die Post an den Druckort befördert werden und in der nächsten Nummer erscheinen. Wir erbitten uns dieselben unter den Adressen: ,,«N die Rcdastioik des Wilsdrus-Tharandcr Wochenblattes zu Wilsdruf (Dresdener Gaffe im Hause des Herrn Stadtrichters Damme, 1 Treppe,) oder: „an die Agentur des Wilsdruf-Tharander Wochenblattes zu Tharaud," di- Herr Buchbinder Tauscher übernommen hat. In Meisten nimmt Herr Klinkicht jun. Aufträge und Bestellungen an. Etwaige Beiträge, welch- der Tendenz de« Blattes entsprechen, sollen stets mit großem Danke angenommen werden. Die Redaction. Enterbung und Erbschleicher« vermittelst Verläumdung und Jntriguen. Die Leipziger Allgemeine Zeitung enthält in Nr. 24t, Beilage, folgenden, aus Thüringen den 16. August d. I. dachten Fall, dessen Wahr, heil verbürgt wird und in einer größern Stadt eines deutschen Bundesstaates sich ereignet hat. Wir glauben unsern Lesern diese Begebenheit um so weniger vorenthaltcn zu dürfen, als wohl auch bei uns das im Dunkeln umhcrschlcichende Ungeheuer Erbschlei chcrei nach ungerechter Beule umherspäht, und sucht, wessen Nachlaß es unter dem Scheine des Rechts verschlinge. „Ein bejahrtes Fräulein hatte 1836 ein Te stament errichtet, in welchem sie ihren nächsten vollbürtigen Anverwandten zum Universal erben bestimmt und nächst verschiedenen Legirun- gen auch ihre „Jungfer" mit 300 Thalern be dacht hatte. Der ansehnlichen Kosten wegen (leider ein häufiger Anstoß für die Errichtung von förmlichen Testamenten in noch gesunden Tagen) hatte jedoch die alte Dame das fragliche Testament nicht gerichtlich niedericgen lassen. Dem herrischen Einflüsse, welchen die Jungfer nach und nach über ihre Gebieterin gewann, gelang cs endlich, drei Tage vor dem Lode ihrer Herrschaft (7. April 1838) ein neues Testa ment zu erzielen. Die Mittel hierzu waren: Ver läumdung des nächsten Anverwandten, Geheim haltung der Krankheit der alten Dame, bis das neue Testament vollzogen war, Ucberrumpelung ihrer 84jahrigcn Herrschaft durch eigenmächtige Herbeiholung des Gerichts zur neuen Testaments, aufnahme u. s. w. Erst nachdem dieses neue Testament gemacht und niedergclegt worden war, ließ die „Jungfer" den nächsten Anverwandten von der Krankheit ihrer Herrschaft und dem Wunsche, ihn zu sehen, in Kenntniß setzen. Nach erfolgtem Ableben (10. April 1838) gab die Domestikin dem Vcthciligten erst Kenntniß von der Existenz eines neu und gerichtlich nieder gelegten Testaments. Die Kammcrjungfcr, als mit dem Inhalte vertraut, eiferte zwar gegen die gerichtliche Versiegelung, worauf jedoch der gedachte Anverwandte der Testatorin, der aus. wartigen Halbgcschwistcr der Verstorbenen wegen, nicht Rücksicht nehmen konnte, sofort ward versiegelt! — Eine augenblickliche Abwesenheit ihrer Die nerin benutzte die alte Dame zu folgender Acu- ßerung zu ihrem Neffen: „Ich muß Alles thnn, was sie (die Jungfer) will, micincr Ruhe wegen;" dessen ungeachtet glaubte der Bethciligte an keine Erbschleicherei und verlangte bei dem Eintritte der Domestikin, ans Berücksichtigung für die überaus große Schwache seiner Tante, keine ge nauere Erklärung hierüber. Nach dem erzielten Testamente wurde nun der nächste Anverwandte enterbt, die Kammer jungfer aber erhielt nach §. 1ll. zuerst 300 Tha ler Legat, welches jedoch als nicht hinlänglich erachtet, in dem am gleichen Tage substituir- ten §. ,V. in dic Zinsen (einer Pensionsrcnte) von 3500 Thalern Capital verwandelt wurde; dieses Capital beträgt ungefähr den fünften Theil des ganzen Nachlasses, von welchem 5000 Thaler seit vielen Jahren schon keine Zin- scn eingetragen haben. Auch auf den Dünkel erstreckten sich die Erpressungen, indem der „Jung fer", dem notorischen Sachbcstande zuwider, die Prädikate „Dcmoisclle und Gesellschafterin" im gedachten letztem Testamente gegeben wurden. Die Dienerin übergab nach der Versiegelung