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WchMM fiir WNrnff Erscheint wöchentlich dreimal und War Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich 1,35 Mi. srei ins Haus, abgeholt von der Expedition 1,30 Mk-, durch die Post bezogen 1,54 Mk. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. und Nmgegenö. Amtsblatt Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 15 Psg. pro viergespaltene Korpuszelle. Außerhalb des Amtsgerkchtsbezirks Wilsdruff 20 Pfg. Zeitraubender und tabellarischer Satz mit 50 Prozent Ausschlag. für die Kgl. Amlshauptmann schäft Weihen, für das Kgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Kgl. Forstrenkamt zu Tharandt. , , , Lokalblatt für Wilsdruff, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bet Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kaufbach, Keflelsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bet Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedcwalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Tanncberg, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Mit der Wöchentlichen Beilage „Welt im Bild" und der monatlichen Beilage „Unsere Heimat". Druck und Verlag vcn Arthur Zschunke, Wilsdruff. Für die Redaktion verantwortlich: Arthur Zschunke, Wilsdruff. Nr. 105. j Donnerstag, den 8. September 1S10. SS. Jahrg. wurde Gefunden eine Urmsntsiruhr. Der Verlierer wolle sich behufs Wiedererlangung in der Ratscxpeditio» melden. Wilsdruff, den 5. September 1910. 604 II. »71 Der Bürgermeister Kahlenberger. Neues ans aller Welt. Die 40jährige Wiederkehr der Kaiserproklamation in Versailles wird in Berlin aus Wunsch des Kaisers durch eine feierliche und prunkvolle Staatszeremonie begangen werden. Das neue Posener Kaiserschloß, wird einstweilen von keiner prinz- iichen Hofhaltung bezogen werden. Das preußische Kriegsministerium hat für die vom 9. bis 16. Oktober in Berlin stattfindende nationale Flugwoche einen Preis von 25 000 Mark gespendet. Das Reichsgericht hat einen Haftentlassungs-Antrag der beiden Unter Spionaqcvcrdacht fcstgenommenen Engländer abgelchnt. Zu Vorarbeiten für ein Neichstheatergesetz ist nach Berlin eine Kommission berufen worden, an deren Beratungen auch mehrere Bühnenleiter teilnehmen werden. Die 10. Vollversammlung des Verbandes Deutscher. Handwerks und Gewerbekammern ist in Stuttgart eröffnet worden. In Wiesbaden trat der 51. Allgemeine Deutsche Genosjenschasts- tag der auf Selbsthilfe beruhenden deutschen Erwerbs- und Wirtschasis- genosjenjchaften zusammen. Der Dresdner Lehrerverein nahm einstimmig eine Resolution an, die sich gegen die vom Kultusminister Beck geplante künftige Ge staltung deS Religionsunterrichts wendet. Der frühere Pastor Göhre, seit kurzem Mitglied des Reichstages, forderte auf der Landesversammlung der sozialdemokratischen Partei Sachsens in Leipzig zum Masscnaustritt aus der Landeskirche aus. Der Antrag des Vormundes der Frau v. Schönebeck, ihrem Ehemanne, dem Schriftsteller A. O. Weber, die Verwaltung ihres Vermögens zu entziehen und hierzu eine einstweilige Verfügung zu erlassen, wurde vom Gericht abgelehnt. Ein Glasschleifer-Streik ist in 60 großen Schleifereien des Riesen gebirges ausgebrochen. Der französische Kriegsminister soll 30 Aeroplane bestellt haben, die noch vor Ablauf dieses Jahres zu liefern sind. Der Pariser Akademie der Wissenschaften wurde von Frau Curie mitgeteilt, daß es ihr gelungen sei, reines Radium herzustellen. Zwischen dem russischen Minister des Aeußeren Iswolski und den englischen und sranzösijchcn Botschaftern aus Wien fall in München eine Konferenz stattgefunden haben. Eine internationale Cholerakonferenz soll Januar 1911 nach St. Petersburg einberusen werden. Ans Tokio wird die soeben vollzogene unkündbare Verlängerung des japanisch-englischen Bündnisvertrages bis zum Jahre 1916 gemeldet. Das amerikanische Kriegsdepartement hat Pläne zur Befestigung des Panamakanals ausgearbcitet, die über 14 Millionen Dollars be- anspruchen iverden. Vor vierzig Jahren. Dte Sachsen bei Sedan. (Fortsetzung statt Schluß) Dem Hauptmann Baumgarten, dem Führer des Z, Bataillons der 105er, drängte sich die Ueberzeugung auf, daß die Abwehr dieses erneuten Angriffes die letzte Patrone kosten wurde. Was dann? Schnell warf er sich mit gefälltem Bajonett dem Gegner entgegen, der schleunigst lehrt machte und vorerst nicht wieder daran denkt, hier erneut zum Angriffe vorzugehen. Dennoch war die Lage dec Sachfen sehr gefahrvoll. Infolge des rapiden Feuers mußten Verschiedene sächsische Batterien zurückgehen, weil ihnen die feindlichen Schützen zu nahe kamen. In diesem kritischen Augenblicke trafen zum Glück die 12. Jäger ein und konnten die 105er welche sich ziemlich ganz verschlossen hatten, in du -Reserve zurück- genommen werden Die TurkoS, welchen die Schwächung der sächsischen Linien nicht entgangen war, gingen nun wieder zum Angriff vor, wurden aber von den Jagern mit blutigen Köpfen zurückgeschickt. Doch bald hatten auch diese sich verschossen und mit der letzten Kugel im Laus hielten sie sich bereit, ihre Stellung nötigenfalls mit den Hirschfängern zu verteidigen. Erneut erhielt der Feind Verstärkung. Kanonen und Mttratlleusen fuhren links von den Zuaven auf. Aber auch dm Sachsen kamen neue Kräfte zu Hilfe. Die 13. Jäger erschienen plötzlich in der linken Flanke brr Franzosen, gingen sofort zum Angriff über und warfen so schnell auf die feindliche Artillerie, daß ihnen zwei Egonen und eine Mitrailleuse in die Hände fielen, "ks drangen die 107 er vor, warfen die feindliche , Batteriededcckung über den Haufen und eroberten gletch- I falls Met MUrMeusen. Nun wollte die Mitte auch nicht Zurückbleiben und als dazu das 104. Regiment noch eintraf, ging alles gegen die feindliche Stellung vor, warf die Franzosen ins Dorf zurück und besetzte die Brücke und die an dieselbe angebaute Mühle. Nun, es war mittlerweile 10 Uhr ge. worden, entspann sich hier ein hinhaltendes Feuergefecht, da di: Franzosen noch einen Teil des Parkes von Daigny sowie den Höhenrand beietzt hielten. Doch sehen wir uns um, wie es bei dem 107. Regiment stand, das seit früh 7 Uhr allein, ohne jede Unterstützung, bei Mü! celle dem feindlichen Feuer trotzte. Es lag an dem breiten Wege, der von La Moncelle in nordöstlicher Richtung über den Höhrnzug von Bois Chevalier entlang nach Villers Cernay führt. Wir rolgrn nua im Weiteren dem kürzst h angezogenen Werke: „Bei den Fahnen des 12. Armeekorps" (Verlag der C H. Beck'ichen Verlagsbuchhandlung, München): „Der Feind war zur Talsole zurnckgedräugt, zeigte aber das Bestreben, erneut vorzudringen. Die Mannschaften der 107er gaben aus bekannten Gründen bloß sehr schwaches Feuer, nur einzelne feindliche Oifiz'ece, welche ausfprangen, um ihre Leute zum Avancieren anzuspornen, erhi-lten Blei. Wiewohl die Sicherheit, mit der dies geschah, dem Feinde sichtlich Respekt einflößte, so war doch unverkennbar, wie auf den Höhen und im Tate zahlreiche frische, feindliche Kräfte zu der ohnehin schon großen Uebermacht kamen und ins Feuergefecht eintraten. Vom ununterbrochenen Rollen und Knattern des Geschütz, und Gewehrfeuers hoben sich schnelle starke Salven ab. Mit pfeifenden Rauschen ging der fortwährende, geradezu wütende Geschoßhagel dicht über die Daliegsnden dahin oder pfiff und sauste durchs Brombeergesträuch. Der Feind schien vor Wut zu loben, daß die die Lücke deckende Bakterie und die schwache Jnfanterieabteilung immer noch nicht wichen, sondern blieben, als wären dieselben mit der Erde verwachsen. Vorrückende starke Streithausen und Schützeuschwärme bewiesen jedoch, daß die Franzosen zum furchtbaren Stoß ausholten. Mehrere feindliche Batterien nahmen jetzt die auf dem Wege lügenden Deutschen zum Ziel. Sie hatten bald die richtige Entfernung erkannt und schossen ziemlich sicher. Mitunter krepierten gleichzeitig mehrere feindliche Granaten in unmittelbarer Nähe mit fast betäubenden Knall, andere bohrten sich in die Erde ein. Ein unbeschreiblicher, sinnverwirrender Höllenskandal entstand und heute noch ist denjenigen, die dort kämpften, unbegreiflich, wie ein einziger mit dem Leben, geschweige denn unverwundet davonkommen konnte. Eben war eine Granate gleich hinter den Füßen etngeschlagen, als nur wenige Schritte vorwärts ein gleiches Geschoß explodierte. Die Sprrngstücke gingen mit beulendem Gesurre durchs Gesträuch am Kopfe vorbei. Der links nebenanltegende hessische Unteroffizier, der seit dem 19. August von seinem Truppenteil abgekommen uvd bei der 1 Kompagnie dienst, tuend eingetreten war, krümmte sich und fing an zu stöhnen. Ein Sprengkück hatte ihm daS rechte Schlüsselbein zer. schmettert. Sergeant A, der zweite Mann nach rechts bin, blutete stark, ein Geschoß hatte ihm die Vorderseite des Körpers gestreift und viele Blutgefäße zerrissen. Der umsichtige Führer der Kompagnie, Herr Premierlrutnant von Brulwitz, kniete etwa 20 Schritt rechts auf dem Wege, er war lautlos vornüber gesunken und berührte mit der Stirn den Raud des Weges, eine Kugel hatte dieselbe durchbohrt. Dahinter lag sein braver Hornist mit blut» überströmten Gesicht. Andere Kameraden lagen schweigend oder dumpf stöhnend in Blutlachen. Aerzte und Kranken- träger konnten nicht heran. Das Blut floß buchstäblich im schmalen Geleis des Weges so hoch talwärts, daß Mäntel und Beinkleider einen Teil davon aufscugten. Wie es der Batterie möglich war, so lange zu feuern, wie sie auch jetzt noch einige Schüsse abgeben konnte, war rätselhaft. Die königlich sächsische 4. leichte Batterie von Kr-cker-Drostmar entwickelte an diesem Ehrentage der deutschen Artillerie eine außerordentliche Tapferkeit. Sie hielt mit todesverachtender Standhaftigkeit und Kühnheit mitten im Geschoßhagel auch dann noch aus, als die iei blichen Schwärme nur noch wenige Hundert Schritte entfernt waren. Das vernichtende Kreuzfeuer steigerte sich jedoch, schneller folgten die Salven. Der Feind brach vor. Die Batterie nahm Stellungswechsel und fuhr ab. Entsetzt sprangen einige auf, um zurückzucilen, aber schon nach den ersten Schritten brachen sie zusammen. Andere schaffen. „Liegen bleibenI! .Schießt nicht!! Näher heran, dann Salven und Bajonett!!" Von links her schrie es eine Stimme. Wie Sphärenmusik ertönte dieser Klang der menschlichen Sti^ue, dieser Brustton des Mutes, der sich nimmer brechen läßt, im entsetzlichen Wüten der Höllenfurien. So komm schnell, erlösender Tod, vereine uns mit dem Führer! Das Leben so teuer wir möglich verkaufen! Diese Gedanken warenS ungefähr, die durch das Gehirn blitzten. Schweigend lagen die Unverwundeten im Anschlag und. hatten die wenigen Patronen neben sich handlich hin- gelegt. Die feindlichen Schwärme kamen kriechend und sprungweise näher. Das Herz fior und die Schauer des Todes drangen durch die Seele. „Da Hub die Wage des Weltgerichts An diesem Tage der Herr des LichtS Und warfen den Drachen Vom güldnen Stuhl Mit Donnerkrachen Hinab zum Pfuhl. Ehre sei Gott in der Höhe!" Von rechts her schlug plötzlich Schnellfeuer in die linke Flanke des Feindes. Er wendete sich. Bald daraus war rückwärts ganz in der Nähe Stampfen, Klirren, Raffeln und Schnaufen zu hören, als nahe das wütende Heer. Kommandorufe ertönten. Der ganze Höhenzug krönte sich wie mit einem Zauberschlag mit herbcijagendeu Batterien. Schon erfolgte Krach auf Krach. Sie gaben Schnellfeuer. Ein fast schmerzhaft in den Ohren gellendes Höllengebrüll begann. Die Erde erzitterte. Ein nicht zu schilderndes pfeifendes Heulen bewies, daß mit Kartätschen und Schrcpnells gefeuert wurde. Wie Spreu im Sturm wind zerstäubt der Feind, suchte Deckung im Tal, rannte über die Talsohle, immer verfolgt von unseren sicher treffenden Geschossen. Links da drüben, wo noch vor wenigen Minuten das Rot des zahlreichen Feindes zu sehen war, leuchteten jetzt blitzende Helme und das Himmel blau der bayrischen Kameraden herüber. — Die Unter stützung war da! Aus den Weidegebüschen und Obstgärten südlich von La Moncelle brach die Sturmflut los. Alldeutschland hie! Tausende, ja Zehntausend? drangen, alles niederwerfend, unaufhaltsam vor. Der turor tsutonicus war entflammt. Aus den nahen Orten erschallten, trotz Donnerkrachen der Geschütze deutlich vernehmbar, jauchzende, wie Auferstehungs jubel erklingende Hurras und schon war links unten am Wege ein Trupp bayrischer Jäger eingetroffen. — Ja ganz kurzer Zeit hatte die Seele diese Eindrücke bekommen. Die übervolle Brust wollte ausjubeln — doch die Stimme versagte. Der Kontrast war zu gewaltig und zu jäh ge kommen. Die Gefühle sind zu übermächtig. — Die Nacht dcS Todes ist hin! — O du goldener wonniger Auferstehungstag! — Du Tag des Herrn! — Da lohte empor des DankspferS Flammenglut auS tiefste« Seelengründeu. In wundertönigen, vollen Akkorden brauste es wie ein mächtiger Orgelton durch die Seele: „Hallelujah!" — Herr Gott, dich loben wir! Herr Gott, wir danken dir! — (Schluß folgt.) KsULischs Rnn-schan. Deutsches Reich. Wilsdruff, den 7. September. Ueber die Reis- des Kr-npri«zenpaares teilt nun, nachdem soeben noch alle Mitteilungen hier-