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für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Raumzeile 20 Apfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs pfennig, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichspsennige. Dor- geschriebeneLrscheinungs- tage und Platzvorschriste« werden nach Möglichkeit VL ch SV : Amt WilSdrUsf Nv. 6 berücksichtigt. Anzeigen annahme bis rorm.10 Uhr. ——-— Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattanfpruch erlischt, wenn dcrBetrag durch Klage eingezogen werdenmußoderderAuftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Hill Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, «'A-bdruffkl Tagrblatt» -rlchrinl an allen Werd,Stell nachmittags s Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in ""Nchasisstelle und den Ausgabestellen L RW. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3V AM., bei Postdcstellung Abzüglich Abtrag- , ,. ... , ..... . gebühr. Einzelnummern rüRpsg.AllePoftanstalten Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend Postboten und unscreAus. tt°g-rundDe,chSst-ft-ll-n — ' " « ZM P-. nellungen entgegen. ZmFalle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch aus Lieferung »er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Aücksendung eingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto dciliegt. Nr. 92 — 90. Jahrgang TeIegr.»Adr.: .Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Postscheck: Dresden 2640 Dienstag, den 21. April 1931 Spionage. Bis vor fünf Jahren wurden wir Deutsche ja noch stanz offiziell kontrolliert, ob sich bei uns auch nicht der geringste Berstoß gegen die Versailler Enlwafsnungsbe- stimmungen feststellen ließ, und vor noch kürzerer Zeit hatten besondere Ententekommissionen auch zu prüfen, ob die Bestimmungen bis zum Abbau der letzten Telephon leitung oder des kleinsten „nicht genehmigten" Verteidi gungswerkes durchgesührl war. Dann setzte die kaum ver steckte Überwachung durch „Militärattaches" der Entente bei uns ein, die zweifellos über ein gut organi siertes Spionagcsystem in Deutschland ver fügen. Allerhand „Privatspione" — meist fremdländische Offiziere in Zivil — betätigen sich auf Reisen in deutschen Grenzgebieten und die deutsche Abwehr gegen die „offi zielle" wie gegen diese Gelegenheitsspionage ist nicht bloß schwierig, sondern durch Mangel an Mitteln sehr ein geschränkt. Man kann höchstens die Achseln zucken, wenn man von der politisch-durchsichtigen Verwertung der „Er gebnisse" solcher Spionagetätigkeil Hörl, wenn es z. B- vor ein paar Monaten erst der belgische Kriegsminister fertig brachte, von zahllosen Betonunterständen und Ge schützbettungen rings um die „Festung" Königsberg zu fabulieren, von denen ihm ein höherer Offizier der bel gischen Armee erzählt hatte. Auch er Halle sich im Vor gelände dieser „Festung" Herumgetrieben und durch seine „Gespeusterseherei" dem hohen Vorgesetzten willkommenes „Material" für den geplanten Ausbau der belgischen Be festigungsarbeiten geliefert, die sich im Anschluß an das französische System an der Grenze mit Deutschland hin ziehen sollen. Allerdings würde doch wohl selbst eine modern armierte Festung Königsberg kaum eine „Be drohung" für Frankreich oder Belgien bedeuten, aber man interessiert sich dafür aus Freundschaft für Polen! Run Weitz wirklich schon jedes Kind, datz Photo graphieren in allen Festu-ngsgeländen der Welt verboten ist, und darum bedeutete diese Tätigkeit der hohen französischen Offiziere — auch wenn sie nur exerzierende Truppen „knipsten" — gerade in Königsberg fast mehr als nur eine grobe Taktlosigkeit, die noch übler dadurch wird, datz sogar der dortige Konsul die Besucher begleitete. Gewitz ist es keine Spionage, aber wenn sich die Herren Derartiges z. B. in Italien dicht an der Grenze geleistel hätten, so würde man dori sehr deut lich und tn einer für sie keineswegs angenehmen Weise verfahren sein. Wir haben schon gerade genug mit den -veldentaten der polnischen Flieger über unseren Grenz- gebieien tm Osten! Und den Wünschen französischer Mili tärs, üch die Schlachtfelder im Osten anzusehen, wo ihre einstigen Bundesgenossen entscheidend geschlagen wurden, ve, dieser Gelegenheit nun aber auch ihre sonstige „Neu- gierde^ phmographisch zu befriedigen, dürfte man dem icherseits nun Wohl nach diesem Vorkommnis einen festen Riegel vorschieben. Sehr viel ernsthafter und gefährlicher ist aber die "VeNspionage, bei der wir nicht gerade selten die unangenehmsten Dinge erleben mutzten, vielleicht nie so sehr wie jetzt in den Werken unseres größten chemischen Unternehmens. Und da hat man nur allzu berechtigt-' Veranlassung, anzunehmen, daß das andere Ende der hier festgestellten Fäden in Moskau zu suchen ist. Schon heute mutz von einer großen Organisation auch auf diesem Ge biete gesprochen werden, wobei so mancher durchaus nicht freiwillig oder absichtlich, sondern in aller Harmlosigkeit, also fahrlässig, mitwirkte. Im Höchster Werk der I. G Farbenindustrie mußten deswegen schon zwei Dutzend Arbeiter entlagen werden, die sich solche Fahrlässig- f zuschulden kommen ließen und harmlos ausplaude« wonach sie weniger Harmlose mnem genau ausgearbeiteten Spionageplan Und die Arbeiterschaft selbst ist mit diesen Entlassungen durchaus einverstanden, obwohl oder gerade weil dann! auch .Nltgfteder der Betriebsvertreiung ge troffen wurden. Die deutsche Industrie verlangt aber vor allem, datz das Gericht dieser Werkspionage, die oft nicht nur aus wirtschaftlichen Absichten betrieben wird mit schärferen gesetzlichen Mitteln entgegenwirkt, ^uie ist es nämlich so, daß der bloße Versuch bzw. die vorbereitenden Hand lungen straflos bleiben und die Tat selbst längst nicht der art bestraft wird, wie dies eine im Verhältnis zum an- gerichtelen Schaden einigermaßen genügende Sühne fordern müßte. Natürlich versuchen die deutschen Werke irgendwie selbst zu schützen, können dabei aber die , ^erstützunq durch ein besser ausgearbeitetes Gesetz ver- sonst erleben sie immer wieder daß plötzlich im ?usl'and oie Industrie sich die Ergebnisse Ihrer W e r k s p i o n a g e e r f o l g r e, ch zunutze wachl Natürlich sind die Maßnahmen für diese „Spio- Uageabwehr" ungeheuer schwierig, aber noch viel not wendiger als die auf militärischem Gebiete, wo wir ja einen „Konkurrenzkampf" mit den andern Nachbarstaaten gar nicht durchführen nicht einmal beginnen können, schon deswegen nicht, weil hier die Auslandskontrolle willige Heiser aus Deutschland selbst findet. Das geschieht in Oroßeui Umfange auch bei der Werkspionage, und der MM M 7' s Mn' ? - M °'°s NU. Spione über veutlchlanck Französische VeoSachtungsposten für Polen. Unterirdische Militärkontrolle in Deutschland. Die drei französischen Offiziere, die in der Königs berger Artilleriekaserne bei verdächtigem Photographie ren militärischer Anlagen festgcnvmmen und wieder frei- gelassen wurden, Haden nach ihrer Freilassung ihren Plan, das Gelände der Festung Pillau zu besichtigen, auf- gegeben. Nichtsdestoweniger haben sie ihre Reise zum Besuch der ostpreutzischen Schlachtfelder fortgesetzt. In politischen Kreisen Königsbergs ist das Befremden hier über außerordentlich groß. Immer wieder fragt man sich in Königsberg, was deutschen Offizieren geschehen wäre, wenn sie in Frankreich militärische Aufnahmen gemacht hätten. Die Königsberger Allgemeine Zeitung bringt unter der Überschrift „Ostpreußen verlangt Sühne" einen Leitartikel zum Spionagezwischensall. Jetzt wisse man endlich, so sagt das Blatt, warum Königsberg ein französisches hauptamtliches Konsulai habe. Es sei ein offenes Geheimnis für den Eingeweihten, daß das Kon sulat ein nach Ostpreußen vorgeschobener französischer Beobachiungsposten sei, der vielleicht mancherlei Verbindungsdienst zum polnischen Verbündeten zu leisten habe. Diese Vermutung sei durch den Spionage- zwischenfall zur Gewißheit geworden. Der Vorfall be weise, daß eine unterirdische Militärkon trolle tn Deutschland weiterhin bestehe. Die ost- preußische Reichswehr habe nichts zu verbergen. Sie habe oft genug ausländische Gäste gehabt. Das Unerhörteste an der ganzen Angelegenheit ist aber, daß, wie wir von unterrichteter Seite erfahren, die drei französischen Offiziere dem sogenannten zweiten Bureau des französischen Kricgsministcriums, das heißt dem Geheimdienst, angehören. Die Beschwerde des Auswärtigen Amtes. Aus dem Auswärtigen Amt ist der französischen Bot schaft ein Bries zugegangen, in dem das lebhafte Be fremden der Reichsregierung über das Verhalten der drei französischen Offiziere zum Ausdruck gebracht wird. Sicherem Vernehmen nach hat der französische Botschafter daraufhin geantwortet, daß die Offiziere sich nunmehr an die ihnen erteilten Instruktionen halten würden. Oie Platte bringt es an den Tag. Die den französischen Offizieren in Königsberg abge nommenen Ausnahmen sind nunmehr entwickelt wor den. Die Bilder zeigen Festungs.anlaaen und fer ¬ ner Truppenabteilungen, die mit einem Gerät üben, dessen Geheimhaltung anderen Staaten gegenüber im Inter esse der Landesverteidigung unbedingt erfor derlich ist. Die Ausnahmen sind teilweise durch einen Zaun hindurch gemacht worden, zeigen also Übungen aus dem Kasernenhos und nicht etwa aus einem dem Pu blikum zugänglichen freien Platz. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, datz jede Zivil person, die bei Handlungen anbetroffcn würde wie sie die französischen Offiziere in Königsberg sich haben zuschulden kommen lassen, wegen Tpionageverdachts festgenommen und der Polizei bzw. dem Gericht übergeben werden würden. Rnzveilung aus Paris: Die Offiziere haben Deutschland sofort zu verlassen. Aus Königsberg wird gemeldet: Die französische Bot schaft in Berlin hat den hiesigen französischen Offizieren, die unter Spionageverdacht in Königsberg festgenommeu und wieder freigelassen wurden, die Anweisung erteilt, Ostpreussen und Deutschland unverzüglich zu verlassen. Ein entsprechendes Telegramm dürfte an das Königs berger Hotel der Offiziere gerichtet sein. An zuständiger Berliner Stelle wird bestätigt, datz von Paris aus an die der Spionage schuldigen franzö sischen Offiziere in Königsberg die Anweisung ergangen ist, Deutschland sofort zu verlassen. Die Tat, die den Offizieren zur Last zu legen ist, wird in Deutschland mit Zuchthaus bedroht. Die Reichsrcgierung scheint jedoch trotz der Schwere des Deliktes sich mit dem Verschwinden der Schuldigen aus Deutschland begnügen zu wollen, obwohl in einem um gekehrten Falle deutsche Offiziere oder Personen, die sich in gleicher Weise schuldig gemach» hätten, in Frankreich sofort festgesetzt, vor ein Kriegsgericht gestellt und zweifel los auf das schwerste bestraft worden wären. * Eiliger Aufbruch der französischen Spione. Der sichere Weg über Polen. Die französischen Offiziere trafen überraschend und entgegen ihren ursprünglichen Dispositionen in Königs berg ein. Sie brachen überstürzt von ihrem Hotel auf, um den um 20,l8 Uhr abgehenden Zug in Richtung Ber lin zu erreichen. Wie verlautet, werden die Offiziere Deutschland über die polnische Grenze verlassen und nicht über Berlin fahren. Eine Woche politischer Entscheidungen. Das Reichskabinett nimmt die Arbeiten wieder aus. Trotz der Reichstagsferieu oder vielleicht gerade wegen der parlamentarischen Pause wird diese Woche be merkenswerte politische Entschlüsse und Entscheidungen bringen. Die Eintragungsfrist für das Volksbe gehren auf Auflösung des Preußischen Landtages gehl zu Ende, im Thüringischen Landlag werden die Neuwahlen zur Regierung vorgenommen, der Reichs- rat tritt zu seiner ersten Vollversammlung nach der Oster pause zusammen. Die Sitzung ist anberauml worden zur Erledigung der Ausführungsbestimmungen sür die Um änderung der Jndustriebelästung zugunsten der Osthilfe. Diese Ausführungsbestimmungen sollen spätestens am 1. Mai in Kraft treten. Die zurzeit noch von Berlin ab wesenden Reichsminister werden am 22. April abends bzw. am 23. April vormittags in Berlin zurückerwartet Der Reichskanzler har alle Minister gebeten, sich für den 23. April zu einer Kabinettsbespreckung zur Verfügung zu halten. Nach einer Unterredung zwischen dem Reichskanzler und dem amerikanischen Botschafter dürfte noch am 23. April eine erste Kabinettssttzung stattfinden, in der neben dem Arbeitsprvgrainm der nächsten Wochen auch die landwirtschaftliche Aollfrage besprochen werden soll, die der Reichsernährungsminister erneut zur Debatte gestellt hat. Man rechnet hinsichtlich der Zoll sragen mit einer schnellen Entscheidung des Neichskabi- netts, erwartet auf jeden Fall, daß die Dinge bis Ende April geklärt sind. Zweifelhaft ist nach wie vor, ob bis Ende des Monats auch die bevorstehende Entscheidung für die Neuregelung des Arbeitsmarktes und die Reform der Sozialversicherungen ge fällt werden kann. Allerdings soll auch dieser Fragen kreis möglichst noch in der ersten Kabinettssttzung erörtert werden. Vor der Abreise des Reichsaußenministers nach Genf zur Tagung des Europatomitees und der Tagung des Pölkerbundrates wird auch noch eine Sitzung des Neichskabinetts sich mit den schwebenden außenpoli tischen Fragen befassen. Gegen Mißbrauch der Notverordnung. Der preußische Innenminister erläutert Der preußische Minister des Innern hat in eine« Funlspruch an alle preußischen Behörden daraus hin gewiesen, daß die Notverordnung des Reichspräsidenten zur Bekämpfung der politischen Ausschreitungen erlassen sei und nicht zur Beschränkung politischer Frei heiten führen dürfe. Der Minister mißbilligt die falsch« Auslegung der Notverordnung aufs schärfste und macht die Polizciverwalter persönlich für die ordnungsmäßige Durchführung der Notverordnung haftbar. In Ergänzung seines Erlasses vom 1. April über die Richtlinien zur Durchführung der Notverordnung ordnet der Minister an, datz in Zukunft für die Zulassung von Plakaten und Flugblättern je nach dem Ver breitungsbezirk dieses Propagandamaterials im Ort, Kreis, Regierungsbezirk oder in der Provinz die Orts- polizcibehörde, der Landrat, der Regierungs präsident oder der Oberpräsident zuständig sind. Diese sind verpflichtet, von ihrer Entscheidung den untergeordneten Instanzen unverzüglich Nachricht zu geben, damit eine einheitliche Durchführung eines Ver botes oder einer Erlaubnis gewährleistet wird. Die Ergänzung der Thüringer Regierung. Der neue Vorschlag. Die Verhandlungen über die Ergänznngsvorschläge für das Thüringer Kabinett sind abgeschlossen. Tem Land tag soll am Mittwoch folgender Vorschlag zur Entschei dung nnlerbreftct werden: An Stelle des ausscheidendcn Staatsrates Marsch- ler (Natsoz.) wird der Abgeordnete Krause (WP.), der be reits einmal Staatsrat wär, vorgeschlagen, für Meiningen an Stelle des ausscheidenden Staatsrates Kien (Dnat.) der Landbundführer Döbrich-Unterharles, für Neuß an Stelle des Staatsrates Porch (Lands.) Generaldirektor Baumgärtel, Zeulenroda (TV.), für Rudolstadt an Stelle Staatsrat Fürth (WP.) der Hauptgeschäftsführer des Thü ringer Landbundes Maceldeh, für Sondershausen vcr-