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24. Jahrgang Weinende Zeugen im Langkopp-Prozeß 4 Handlungen elnzumlrken. Es ist anzunehmen, daß mährend der direkt-n Besprechungen zwischen den an der Reparations lösung interessierten Nationen auch über Ziffern gesprochen wird. Allerdings wird ausdrücklich betont, daß es nicht die Aufgabe der Sachverständigen sein könne, im eigentlichen Sinne des Wortes zu verhandeln, sondern lediglich aufklärenür Arbeit über die zu suchende Lösung zu leisten. In der Pressekonferenz, die nach Beendigung der Voll sitzung slnttfand und der je ein Delegierter der sieben ver tretenen Staaten angehört, wurden die Angriffe in der französischen Presse (hauptsächlich „Figaro" und „Erceisior") erörtert, die Dr. Schacht die Verschleppung der Verhandlungen zum Vorwurf machen wollten. Diese Angriffe wurden miß billigt und für durchaus unbegründet erklärt. Es wurde im Gegenteil einmütig festgrsiellt, dah nicht die leiseste Reibung zwischen den Delegierten bestehe und dah in keinem Augen blick der Verhandlungen die deutsche Delegation irgend eine Weigerung ausgesprochen habe. Schließlich ist festgestellt worden, dah das Memorandum des Vorsitzenden der Konferenz Doung, in keiner Weise — wie in gewissen ausländischen Blättern behauptet worden ist — als ein Ultimatum an die deutsche Delegation aufgefaht oder aufzufassen sei. Oie Krilis in Wien Rücktritt Dr. Seipel» — Sein« Ursachen und Gründ« — Der Rampf um seine Nachfolgeschaft — Di« «st«« B.schlüss« der «christlich, sozialen Bundeskanzler Dr- Seipel überreichte am Mittwoch abend dem Bundespräsidenten Micklas überraschenderweise den Rücktritt de« Gesamtkabinettv, der sogleich angenommen wurde. Der erste Eindruck dieser Meldung in Wien, Berlin und den übrigen Hauptstädten der Welt war erstaunend. Wir kennen nicht viele Beispiel« in der parlamentarischen Ge schichte, schreibt di« „Neue Frei, P risse", wo so un erwartet ein Kabinett, dah vollwertig lst und nicht da» Geschöpf de» Zufalls, sein« Mission in die Hände seiner Auftraggeber zurückiegt. Wer die Geschichte Oesterreichs während dr» letzten Jahre» und der letzten Monate verfolgte, war zum mindesten auf den Rücktritt Dr. Seipels vorbereitet. Di« Koalition der bürger lichen Parteien brach bei der Wahl von Wilhelm Micklas zum Bundespräsidenten zusammen. Der Kanditat Dr- Seipels, des Bundeskanzlers, wär« untrrlegen, w«nn die österreichischen Sozialdemokraten im dritten Wahlgang nicht Stimmenenthaltung geübt und dadurch di« Wahl von Mickla» ermöglicht Härten. Die damals aufs Tiefste rrschüttert« Re gierungskoalition lieh sich nur schwer zusammenhalten, während die angebahute Verständigung mit den Sozialdemokraten durch die von der Bundesregierung angeordete Waffenbeschlagnahme im sozialdemokratischen Parteihaus« wieder völlig zerschlagen wurde. Die österreichischen S o z i a l d « m o f r a t« n, dl« in d«r Stadt Wien herrschen, im Dundesparlament beinah« so stark wie die Christlich-sozialen vertreten sind, aber von der Mit- regierung in Oesterreich ausgeschlossen wurden, drängen seit Jahren unter Führung Dr. Renners, des ehemaligen Bundeskanzlers, und des gegenwärtigen Wiener Bürgermeisters Seitz an die Regierung heran- Selbst Dr. OttoBauer ist in den letzten Monaten zu der Ueberzeugung gelangt, dah durch das weitere Verharren der Sozialdemokratie in der Opposition, der Partei eine Machtposition nach der anderen verloren geht. Unumwunden erklärten die sozialistischen Führer, der gemäßigte Dr. Renner erst vor wenigen Tagen, daß die Persönlichkeit Dr. Seipels «in Haupthindernis für eine friedlichere Gestaltung der Innenpolitik Oesierreichs darstellt. Andererseits konnte Dr. Seipel die vordringlichsten parlamentarischen Arbeiten mit den Eroßdeutschen und Land- bündlern nicht zu Ende führen- Das wird zwar etwas ver klausuliert, aber immerhin deutlich genug in der letzten Erklärung des zurückgetretenen Bundeskanzlers ausgesprochen. Die Landbündler erhoben zugunsten der Hausbesitzer Forderungen, die von den christlich-sozialen Abgeordneten der Städte zurückgewiesen werden mußten, falls nicht di« letzten christlich-sozialen Arbeiter und Angestellten in das sozialistisch« Lager hinübergedrängt werden sollten Die Großdeutschen ihrerseits besannen sich darauf, daß ein weiteres Zusammen gehen mit den christlich-sozialen sie um allen Kredit bei ihren Anhängern bringen müßte und eröffneten darum wiederum den antiklerikalen Kampf. Sie verlangten die Ausdehnung des Reichsschulgcsetzes auf das Burgenland, erklärten die Salzburger katholische Universität für ungesetzlich und ver langten eine zeitgemäße Reform der Ehegesetzgebung, der Dr. Seipel, der Priester, schärfsten Widerspruch rntgegenstellt«. Zu all diesen Schwierigkeiten kam der inner« Kainpf in der eigenen christlich-sozialen Partei hinzu- Eine ganze Reihe hervorragender Führer der Partei kam während der wiederholten Bundeskanzlerschaft Dr- Seipels mit dem Kanzler in Konflikt. Ein Teil von ihnen mißbilligte öffentlich die Unterstützung der Heimwehren durch den Bundeskanzler, ein anderer schrieb seiner Politik die Verschärfung der Interessengegensätze und die Schärfe des politischen Kampfes zu und ein anderer machte die kapitalistische Politik Dr- Seipels für die Abfallbemegnng verantwortlich, die in letzter Zeit in auffallend starkem Maß« sich in Wien und anderwärts in der katholischen Kirche zeigte. Man geht wohl nicht fehl, wenn man in diesem gesamten U r s a ch e n ko m p l e r die letzten Gründe für den Rücktritt des Bundeskanzlers Dr Seipel sucht- S>« legen auch den Schluß nahe, daß Dr- Seipel als Bundes kanzler jetzt nicht wieder kommt. Wir halten deshalb die Annahme auch für durchaus irrig, daß der Rück tritt Dr- Seipels nur ein Schachzug war, um unter günstigeren Bedingungen und mit mehr Bewegungsfreiheit in sein Amt zurückzukehren- bestehen, Laß der es nickt gen, daß ih, mosphäre za msses einiger r seine voi- rdacht gegen sowenig eia egen ihn, in rgerichte sich törend sind, ryhauß seine r Lenkbaren Ts ist uuer- tten aktiven' irende Miß- olgenschwere ten Militär: crausnahme- rus, daß die des Grafen en, während^ erschicd zwi- ' inen fundv- rteile. Was rche erklären cht und beim l ttinando des ; s geht nicht, durch einge- > >ung gekom- idere Urteile'. en Gesichts- -i p/lnnl,«, nm ««»sm,, MN«. «« ' cküchem»,,, .<n»Uch« z«U« » poüfch»ck.«,nt»r MM Letpzlg m. IHM Vir österreichischen Meh heitsparteien für -le bisherige Koalition In den Mittagsstunden hielten di« Meh-cheitSpartöien eine Besprechung ab, in der man sich grundsätzlich für den Fort bestand der bisherigen Koalition aussprach. Di« Beratungen werden heute fortgesetzt. Gestern nachmittag hat das Präsi dium de- Klub» der Christliches oktalen mit dem Präsidium des ALM der Sozialdemokrat«» ein» Ln-sprach« -HM, di» Ocv»MnL lortgeLetzt Lkb, Dir gestrige Vollsitzung der Neparationskonferenz, die von 8 bis gegen 5 Uhr nachmittags dauerte, war in der Hauptsache der Prüfung der schriftlich n Darlegungen, die in der letzten Sitzung vor der Osterpauie von den vier Gläubiger- ländern vorgelegt worden waren, gewidmet sowie der Prüfung des ebenfalls schriftlich festgelegtcn Memorandums des Vor sitzenden der Konferenz, Owen Young in seiner Eigenschaft als Vorsitzender und nicht als amerikanischer Delegierter ein gereicht hat- Deutscherseits wurden in der Sitzung von Dr. Schacht einige Fragen schriftlich vorgelegt. Sie haben die Erklärung gewisser in den schriftlichen Darlegungen der iiubigermächte enthaltenen Ausführungen zum Gegenstand, «uf diese deutschen Anfragen sollen die interessierten Delegationen ü-'tworten- Wahrscheinlich wird dies wiederum schriftlich ge- schehen- Infolgedessen ist der Zeitpunkt für die nächste Voll- sitzung gestern nicht festgelegt worden. Es wurde dem Er- messen des Vorsitzenden überlassen, wann er eine neue Voll sitzung einberufcn will. Dr- Schacht und die übrigen deutschen Delegierten werden nunmehr mit den Delegierten der Eläubigerländer direkt Fühlung nehmen- Tue amerikanischen und japanischen Dele gierten haben sich, wenn dies von Nutzen sein könnte, bereits erklärt, ihrerseits — wenn möglich — fördernd auf diese Ver- Zeug« sein Verständnis und Mtempfin- Ausdruck gebracht hat, regt« der Ser- ^nt Karpinski vom Reichsenvschädigunj darLLrr äußern soll, warum er stch -v- 11 -M -MM -«MiÄ S» Trotzkis Gesuch Di« Zeilungsmeldungen, nach denen die Erkrankung Trotz kis nicht so ernsthaften Charakter trag«, wie zuerst gemeldet wurde, sind, wie dem „Berliner Tageblatt" von unterrichteter Seit« versichert wird, als unwahr zu bez->^"°" ^heutigen Tage noch keine Entscheidung d die Einreiseerlaubnis nach Deutschland < - ' " ' „ der" v^M^n S^atsregierung das Anerbieten gemacht, sich einer ärztlichen PrüfungÄmmmMon zu unterwe^»" «Märt sich ferner bereit, nach Wiederherstellung seiner Geiunv. h»it Deutschland wieder zu verlaßen, fall- dl« zuständiger Ktellen^n« völlig« üLeH-düuug «ach DwUschland «ich Auf Anregung des Ersten Staatsanwaltes Köhler erklärte sich Regierungsrat Lazarus vom Reichsentschädi- gungsamt bereit, aus den Entschädigungsakten im Falle Ruh land zur Aufklärung das Nötige vorzutragen. Der Verteidiger Dr. Frey bezeichnet es als sehr auffällig, daß Regierungsrat Lazarus die Akten des Falles Ruhland b« sich hat. Als das Gericht in die Vernehmung des Sachver ständigen eintreten und ihn vereiden will, erklärte der Ver teidiger, daß er den Sachverständigen des Reichsentschädigungs amtes, Regierungsrat Lazarus, wegen Befangenheit ablehnen müsse. Der Antrag der Verteidigung auf Ablehnung des Regierungsrates Dr Lazarus wurde als unbegründet erklärt Regierungsrat Dr- Lazarus wurde vereidigt und begann mit der Schilderung der Behandlung des Falles Rußland. Ruhland gehöre zweifellos zu den am schwersten Geschädigten, denn er habe außer dem erlittenen Sachschaden auch seine Existenz verloren. Im weiteren Verlauf des Prozesses wegen des An schlags im Reichsenischädignngsamt äußerte sich der Ange- klagte Langkopp noch über seine Maßnahmen zur Ver hinderung einer wirklichen Entzündung des Koffers, die in der Abschließung der Patrone und der Mündung des Revolvers durch Papierpfropfen und Klebeswff bestanden hätten. Der nächste Sachverständige Feuerwsrksoberleutnant a D. Nürnberger- Hannover bezeichnete die Art der An bringung des Sprengstoffes und des Revolvers im Koffer als höchst ungeschickt, unvollständig und unzweckmäßig, sodaß man wohl nicht an die Absicht Langkopps glauben könne, den Koffer wirklich zur Entzündung zu bringen. Nach einer Pause wurde dann der 56 Jahre alte damalige stellvertretende Präsident des Neichsentschädigungsamtes, Geheimer Justizrat Bach, über die Vorgänge vom 2. März 1928 vernommen. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob seine Amts- niederlegung mit diesem Vorgang Zusammenhänge, antwortete Geheimrat Bach, daß er aus Gesundheitsrücksichten aus seinem Amt geschieden sei. Auf Ersuchen des Schießsachverständtgen Schmuderer zeigte der Zeuge Bach an dem am Boden liegenden Sach- verständigen das Handgemenge mit Langkopp und die Richtung, in der die drei Schüsse abgegeben wurden- Hierauf wurde die Verhandlung auf Freitag vormittag vertagt. ationen lbott- zweimal mit ratze gesrüh- -Staatssetre- igelegentlich nn und Bu- nternommei in den Krieg Ulfen in der L Spionage ich gerade iu ann, Gepäck- : im Dientstt tche und 'be> Serlassen der versucht Hai. Augen uw richtiges seift -lungen fei. mg der Le n Nayhaus jener 'bÄde, lerdächtig z> einem Reg vor der Mc Die Pariser Konferenz ^ustausth von schriftlichen Vorlegungen — Vir Spannung übenvun-enk ' -DM»' ...... Auer Tageblatt LMM Anzeiger für öas Erzgebirge »I, omMch.a »„ Natt, »er «-». °°i>K-. 80 Sonnabend, äen S. April 1S2S Fm Langkopp-Prozeß, dessen einzelne Phasen in den Krei sen der durch den Krieg Geschädigten mit großer Spannung verfolgt werden, begann gestern di« Vernehmung der Zeugen, die Mer ihre Erfahrung mit dem Reichsentschädigungsamt be- ' m, richten sollen, wobei es mehrfach zu bewegten Auftritten kam. i Schon zu Beginn der Sitzung versuchte ein junger Mann im .Fallen ruck« » Zuhörerraum, der sich bereits vorgestern durch Zwischenrufe ^0- > bemerkbar machte, den Vorsitzenden des Gerichts zugunsten der H Angeklagten zu interpellieren, wurde aber sofort unterbrochen s und vom Wachtmeister auf Anweisung des Vorsitzenden aus s dem Saal geführt, wobei er ausriss: „Die fünf sogialdemokrati- s schen Minister, dve 2A Milliarden jährlich an das Ausland i zählen, die sollte man vor Gericht stellen!" Der Vorsitzende ! verfügte, daß der Zwischenruf er den Zuhörerraum nicht mehr iuse gesucht. , treten dach. Als erster wurde dann der frühere Jufttzrat Ruhland vernommen, der sich der Verteidigung freiwillig als Zeuge zur Verfügung gestellt hat. Es handelt sich um einen 76jahrrgen schwer leiden den Mann, der, von Justizwachtmeistern gestützt, auf Krücken den Saal betrat. Er war früher Rechtsanwalt am Oberlandes gericht in Kalmar. Nach dem Kriege wurde sein Haus von ; den Franzosen beschlagnahmt und verkauft, ohne daß er einen . Heller bekommen hätte. Auch sein Vermögen von 4S0 000 I ist — und zwar durch die Jmlation — verloren gegangen. Ä Aus Befragen durch die Verteidigung äußerte sich Ruhland Wehr erregt über seine Erfahrungen mit den Entschadigungs- Mehörden. Seine Ansprüche seien bisher nur in ungenügender Weis« befriedigt worden. Fm Züschauerraum wurden Pfuirufe Haut. Er soll 1940 20000 Mark erhalten, habe aber bis jetzt -nur kleine Abschlagszahlungen bekommen, die etwa 18 000 -F ^erreichten und zum großen Teil zur Abdeckung neuer Schulden Verwendung finden mußten. Der Zeuge brach wiederholt in Tränen an- und erklärte: „Ich habe ost gehungert!" Der Zeuge hat im Interesse eines anderen Geschädigten wieder holt versucht, beim Entschädigungsamt vorstellig zu werden, ist aber nach seiner Aussage schroff abgewiesen worden, als er ver- Huchde, den Präsidenten Karpinski persönlich zu sprechen. f Als der Verteidiger Dr. Frey an den Zeugen schließlich i« Frage richtet: „Haben Sie monatelang mit dem «danken des Selbstmordes gespielt? , bricht Zeuge erneut in Tränen aus und erklärt dann auf eine ivgänzende Frage des Verteidigers schluchzend: „Ich habe nur Aus Rücksicht auf meine Tochter von diesem letzten Schritt Mb- Sand genommen. Schließlich hat mir der ReichSprS si lent eine Monatsrente von 100 Mark aus seinem DtSposi- Honsfonds bewilligt. So bin ich am Leben geblieben, sonst hält« ich mich erschossen. Ach weiß fünf Selbstmorde . . ." Als hier der Erst« Staats- walt ihn unterbrechend sich an den Vorsitzenden wenden sollte, erklärte der Verteidiger Dr. Frey: „Vielleicht haben Sie Güte, Herr Staatsanwalt, den Zeugen bei dieser erschüt- nden Aussage doch nicht zu unterbrechen. Sein« Worte find uns u^ auch M d-S Gericht von entscheidender Se ng." Nachdem dann der für L° — iger am t vor.« MM t, ob — - so hat TroE durch seinen Rechtsvertreter der Reichsrogieruug und - » - gemacht, sich ...fton M unterwerfen. Trotzki «rner bereit, nach Wiederherstellung seiner Gesund- »land wieder zu verlassen, fall- die zuständigen