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E d e l r i e t h und S o p h i e. ('Auo denr Italienischen.*) ^!ls Jüngling Herr seiner selbst und des Throns von England, überließ sich Edelrieth zeitig den Unbeson nenheiten und Irrthümern, rn welche cm lunger Mensch/ der im ersten Feuer seiner Jugend bloß dem Andrange seiner Leidenschaften Gehör q:ebl/ nur ru leicht verfällt. ÄlS er einst auf der Jagd war, erblickte er zufällig ein junges Landmädchen, das, ein heitres Liedchen singend, seine kleine Heerde hülhetc, und wurde, da er sie schön und liebenswürdig fand/ sogleich für sie eingenommen. der Meinung/ daß einem Könige niemand widerste hen dürfe/ glaubte er sie gleich bei dem ersten Versuche mir leichter Mühe zu überwinden; aber er fand die Tu- gcnd Sophiens (denn dieß war der Name der Hir- liu) standhafter, als ersieh eingebildet hatte. Alle Kün ste der Schmeichelei/ ccr Freigebigkeit und glänzender Versprechungen wurden ang-wendet, um sie zu verfüh ren; aber alles war vergebens. Weit entfernt jedoch/ die Hitze sein r Leidenschaft zu mäßigen, entflammte sie der Widerstand um so mehr Sophiens Dr!d schwebte immer vor seinen Augen. Waa-end und im Traume sah er nur sie allein, und es kam endlich so weit mit ihm, daß er ohne sic nicht mehr leben zu können glaubte. In- *) Die Urschrift dieser kleinen Erzählung findet sich in Herrn Schützens N^neoU.l Nr I^ovelw eck iii8lriut:ve, welche zu A ngs 0 u r g bei Staa 0 179). ans Licht getreten ist, und woraus auch die im Vsten Stück dieser Blatter befindliche Novelle: ,,düp Testa« m enl, " entlehnt war. »M"- — —— desi gab es kein andres Mittel, ihre unüberwindliche Sündhaftigkeit zu bezwingen, als ihr seine Hand anzu- bicteu. Acer wie kennte er sich so tief erniedrigen? Wie durfte er cs wagen, ein armeS Landmädchcn auf den Thron zu erheben? Diese zweiftlhaften Gedanken trieben ihn lange umher; aber endlich behielt Leidenschaft die Oberhand. Der Antrag wurde gethan, und Sophie, die allen andern Schmeicheleien unerschütterlich wider standen hatte, konnte doch den Reizen der neuen Größe nicht widerstreben, die ihr so unerwartet angeboten wurde. Nur zu selten gewährt indeß eine schnelle und außer ordentliche Erhöhung wahre Glückseligkeit. Sophie fand bald genug Ursache, ihre Veränderung zu bereuen und die heitern Fluren und di zufriedene Einfalt, in der sie geboren war, zurückzuwünschcn. Die Vermäh lung des Königs wurde im ganzen Reiche ! ut gcrad.lt; Geflüster und schimpfliche Reden wurden darüber von al len Seiten geführt/ und die unglückliche Königin sah sich, von jedermann verachtet und verlassen, in der M'tte des Hofs zu der erniedrigendsten und peinlichsten Einsamkeit verurchcilt. Dcmohngeachtet aber wußte ihre Klugheit und die Lnmuth rhreS Benehmens nach und nach den Hochmuth der Großen zu besiegen, und sie gelangte, indem sie sich bei ihnen beliebt machte, Vatun, sich endlich von densel ben als ihre Gebieterin öffentlich anerkannt und geehrt zu sehen Aber dieses neue Gluck diente nur dazu, ihr jenes Mißgeschick kühlbarer und schmerzlich«r zu machen, welches man ibr zu bereiten schon im Begriff war. Der König, der Unbeständigkeit seines He-zenö sich überlas send/ erkaltete bald in der Zärtlichkeit, die er für Se ge-