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Fast zu spät kam das deutsche Volk, als die Erde aufgeteilt wurde, als das englische, das russische, das französische Kolonialreich entstanden. Und das wenige, was uns ein gütiges Geschick noch erringen ließ, raubte uns die Ungunst des Kriegsschicksals. Aber allzu tiefe Wurzeln hat der Kolonialgedanke im deutschen Volke ge schlagen, als daß vergessen werden könnte nicht bloß, was Deutschland in seinen Kolonien geschaffen hat, sondern, daß der Zweck jeder kolonialen Erwerbung vor allem die Erweiterung und Verbreiterung des wirt schaftlich-bevölkerungspolitischen Spielraums sein muß. Beide Gesichtspunkte sind maßgebend für die jetzigen Verhandlungen des Deutschen Kolonial vereins, der sich darüber hinaus aber bezeichnender weise noch „Gesellschaft für nationale Siedlungs- und Auslandspolitik" nennt. Schon in den ersten Zeiten unserer Kolonialpolitik ist der Gedanke der Siedlungsermöglichung auf dem Boden der neuen Kolonien laut und immer lauter ge worden und wir waren auf dem besten Wege, hier große und noch wachsende Erfolge zu erzielen: ein Teil der Deutschen, dem die Heimat zu eng geworden ist, hat in den Kolonien wirtschaftlich günstige Verhältnisse ge funden, die einen Anreiz zur Siedlung bildeten und dazu führten, daß der deutsche Auswanderer nicht mehr zum allmählich verschwindenden Kulturdünger, namentlich Amerikas, wurde. Auch in den letzten Jahren wieder, obwohl unsere Kolonien der fremden Eroberungssucht anheimgefallen sind, hat es viele der nach dem Zusammenbruch Verjagten, ihres ^Vermögens Beraubten Hinausgetrieben an die alten Stätten, um wieder von vorn anzufangen. '"cht Abenteuerlust, sondern, wie es aus fast allen Vreden auf jener Kolonialtagung klingt, bittere N o Gv e n d i g k e i t, die zum Siedeln über See zwingt. Dem Deutschtum ist der Weg der Siedlung im Osten, wo der Kampf gegen das Slaventum erfolgreich geführt Werden konnte, jetzt ebenso versperrt wie der nach Westen und Süden. Unerträgliche Lasten erschweren die Sied lungspolitik im Innern des Reiches und jene Lasten wechselt stetig. In den steigenden Ziffern der Auswande rung zeigt es sich mit erschreckender Deutlichkeit, daß seit KriegsendeDcutschland Hunderttausende seiner Söhne an das Ausland hat her geben müssen. Ganz in den Anfängen noch stecken die Versuche, sie nicht untergehen zu lassen im fremden Volkstum, sondern sie dem Deutschtum zu er halten. Wo es gelang, da geschah es weit mehr durch eigene Arbeit und eigene Organisationskraft als durch die Tätigkeit der zuständigen deutschen Behörden im Ausland, die ja noch immer von schärfstem Mißtrauen umgeben sind. Vieles ist so erreicht, aber noch viel mehr bleibt zu tun übrig und daran mitzuarbeiten, betrachtet der Kolonialverein auch als wesentliche Aufgabe. Wachsendes Volk, aber darum immer enger werden der Raum, umgeben von den festen Gefängnisstangen der Versailler Bestimmungen — das ist deutsches Schicksal der G ege»: wart. Ein Blick auf das Nordafrikanische Kolonialreich Frankreichs, aus die blühenden Kolonien eines so kleinen Landes wie Holland beweist, wie überaus zeitgemäß bevölkerungs- und wirt schaftspolitisch kolonialer Besitz ist. Dort gilt wirklich noch das Dichterwort, daß RaumfüralledieErde hat. Nur die Deutschen will man aussperren! Ganz offen hat andererseits das auch an Bevölkcrungszahl rasch wachsende Italien hochgesteckte kolonialpolitische Ziele ver kündet — aber uns Deutschen versagen jedes Entgegen kommen auf kolonialpolitischem Gebiete gerade jene Staaten, die bei der Teilung der Erde die größten und besten Bissen zu erreichen wußten. Wir sollen das Volk ohne Naum bleiben. Und das empfinden wir besonders schmerzlich gerade jetzt, da bei Tannenberg das Denkmal enthüllt wird, das dem lebenden und dem kommenden Geschlecht die Kunde übermitteln soll, wie die Slavenflut, die den deut schen Osten zu überschwemmen drohte, zerschellte und zu rückebbte. Vor mehr als 500 Jahren aber erlag das ge waltigste deutsche Siedlungswerk, die Arbeit des deutschen Ordens im jetzigen Ost- und Westpreußen bis hinauf ins Baltikum, dem Ansturm der Polen an eben dieser Stätte. Fünf Jahre nach dem zweiten Tannenberg vermochte Polen wiederum deutschen Boden an sich zu reißen. Dar um ist das Denkmal auch eine Mahnung, daß das deutsche Volk Raum braucht, um wieder wachsen und groß werden zu können. Das' Recht auf Kolonien. Die diesjährige Hauptversammlung des Deutschen Kolonialvereins, Gesellschaft für nationale Siedlungs- und Auslandspolitik E. V., wurde in Bremen durch den Präsidenten Föllmer eröffnet. Aus dem von dem Prä sidenten erstatteten Jahresbericht ergibt sich, daß sich die Mitgliederzahl im letzten Jahre auf über 20 000 erhöht hat. Durch Vorträge im Ausland wurde dort Verständ- 'sts für deutsche Kolonialarbeit geweckt. Die deutsche Ost- bedlung wird von dem Deutschen Kolonialverein als be- > anders wichtig angesehen. y, über Völkerbund und deutsche Kolonialpolitik sprach aneimrat Methner lebemaliaer 1. Referent und stellver- Der SeschWer des Vaterlandes. Ehrungen Hindenburgs. Bevor der Reichspräsident die feierlichen Worte sprach, mit denen er das zum Gedenken an die gewaltige Schlacht von Tannenberg im Jahre 1914 errichtete Nationaldenkmal bei Hohenstein in die Obhut des deut schen Volkes übernahm, war der Präsident Gegenstand zahlreicher und überwältigender Ehrungen. Empfindet doch gerade die Provinz Ostpreußen, wie sie durch seinen Sieg bei Tannenberg vor dem Einbruch der Feindes scharen bewahrt wurde, wie er ihr Retter geworden ist, so daß sie ihm keinen besseren Namen geben kann als den eines Beschützers des Vaterlandes. Zn Markierten und Bartenstein. Der Reichspräsident hatte in Markienen bei Herrn Geh. Rat von Berg Wohnung genommen. Die in der Vaterländischen Arbeitsgemeinschaft Bartenstein zusam mengeschlossenen Vereine brachten einen Fackelzug dar, an dem sich viele Hunderte beteiligten. Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft richtete an den Reichspräsidenten eine Ansprache, in der er ausführte, daß Ostpreußen seinem Befreier in diesen Tagen aufs neue zujubele. Reichspräsident von Hindenburg dankte für die ihm zuteil gewordene Ehrung und sagte, er freue sich, wieder in der Provinz Ostpreußen weilen zu dürfen, an deren Befreiung er einst teilnehmen durste und für die er, bei deren Lage, volles Verständnis haSe. Er werde auch weiter seine Pflicht tun und hoffe dabei aus die Unter stützung aller. Seine Worte klangen in ein dreifaches Hurra aus das geliebte Vaterland aus. Von Markienen begab sich der Reichspräsident zum Bahnhof in Bartenstein. Die Straßen trugen reichen Flaggenschmuck. Tausende von Zuschauern hielten die Straßen besetzt. Der Kraftwagen des Reichspräsidenten durchfuhr in langsamer Fahrt die Straßen und wurde von Blumen überschüttet. Am Bahnhof hatten sich zum Ab schied der Landrat des Kreises Friedland, der Bürger meister der Stadt Bartenstein und mehrere Magistrats mitglieder eingefunden. Namens der Bürgerschaft be grüßte der Bürgermeister den Reichspräsidenten und teilte den Magistratsbeschluß mit, nach dem der neue Stadtwald den Namen Hindenburg Wald erhalten soll. Er er bat dazu die Genehmigung. Der Reichspräsident er widerte auf die Ansprache, er gebe gern seine Einwilligung für die neue Bezeichnung des Stadtwaldes. In ein von Hindenburg ausgebrachtes Hurra aus das Vaterland stimmte die Menschenmenge freudig ein. Dann ging die Fahrt mit der Bahn weiter. Sie Einweihung ^Alvenberg-Aalionaldenkmals. Glänzender Verlauf. Zum Einweihungsakt des Tannenberg-National denkmals am Sonntag hatte sich auf dem eineinhalb Kilo meter von Hohenstein entfernten Denkmalsplatz eine viel tausendköpfige Menge eingefunden. In langer Front waren die militärischen Verbände und Vereine, die zahl reichen Mitkämpfer der Schlacht bei Tannenberg aus Ost preußen und aus dem ganzen Reiche aufgestellt. Um 11>- Uhr erschien der R e i ch s p r ä s i d e n t i n Gene- r a l f c l d m a r s ch a l l s u n i f o r m, von Staatssekretär Dr. Meißner und seinem Adjutanten, Major v. Hinden burg, begleitet. Als Vertreter der Neichsregierung er schienen der Reichskanzler Dr. Marx sowie die Reichs- Minister Dr. Geßler und Dr. v. Keudell. Die preußische Negierung war durch den Innenminister Grzesinski sowie den Oberprüsidsnten der Provinz Ostpreußen, Siehr, ver treten. Von Generalen der alten Armee waren u. a. tretender Gouverneur in Deutsch-Ostafrika). Er meinte, daß sich die Hoffnungen Deutschlands, durch den Völker bund wieder zu Kolonien zu kommen, nie erfüllen werden. F. R. Rustemeyer-Schwerin sprach über praktische Sied lungstätigkeit. Er forderte, daß bei der starken Aus wanderung von Siedlern die Siedlungen im Auslande nur in Verbindung mit unserer und der ausländischen Regierung erfolgen dürften. Die Auslandssiedlungen sollten nur in starken Gruppen erfolgen, um das Deutsch tum zu erhalten. Professor Hennig-Düsseldorf forderte in einem Referat die Anrechnung des Wertes unserer ehe maligen Kolonien auf Reparationskonto. Die jetzigen Mißstände in den Mandatskolonien müßten rücksichtslos ausgedeckt und unser Recht auf Kolonien energisch vertreten werden. Beim Festessen am Abend führte nach kurzen Ve- grüßungsworten der Senior der deutschen Kolonial- Ludendorsf, Mackensen, Francois und Morgen anwesend. Die Reichswehr war vertreten durch den Befehlshaber des Truppenkommandos l, v. Zitzewitz, der den verhinderten General Heye vertrat, und durch den Befehlshaber des Wehrkreises I, Generalleutnant v. Elbstedt, und zahlreiche höhere Offiziere. Am Nordzugang des Denkmalsplatzes hielt der Vorsitzende des Tannenberg-Nationaldenkmal- Vereins, Generalmajor a. D. Kahns, an den Reichs präsidenten eine Begrüßungsansprache, in der er sagte: Wir begrüßen es, daß Eener Exzellenz so frisch und gesund hier in unserem Kreise stehen. Euer Exzellenz haben vor drei Jahren den Grundstein zu dem Ehrenmal gelegt, das dort vor uns steht, mit den Worten: Den Gefallenen zum ehrenden Gedächtnis, den Lebenden zur Mahnung und den kommenden Geschlechtern zur Nach eiferung. Die Steine werden reden dermaleinst von der Zeit, in der unter Eeuerer Exzellenz Führung hier das große Geschehen sich aüspielte, auf dem Boden, auf dem wir stehen, der uns allen heilig ist. Wie der Geist von Tannenberg im Jahre 1914 das deutsche Volk, die deutschen Landsmannschaften zusammen- sührte zu einigem Tun unter zielklarer, verantwortungs- rcichcr Führung Eurer Exzellenz und Eurer Exzellenz treuen Berater, des Generals von Ludendorff und all der Herren, die hier versammelt stehen, wie Eurer Exzellenz damals unter gottesgnädiger' Führung Ostpreußen frei machten vom russischen Heer, so soll der Geist von Tannen berg sich verkörpern in dem, was wir hier geschaffen haben und was wir geschaffen haben in seinen Grundzügen zu nächst, damit das deutsche Volk dieses Denkmal, das wir heute hier weihen wollen, ausbaue in der festen über«, zeugung, daß die Tage kommen werden, wo endlich wir wieder aussteigen zu alter deutscher Höhe, daß sich der Geist von Tannenberg, meine Herren, erstrecke auf die deutschen Männer, die deutschen Frauen und die deutsche Jugend, darauf wollen wir heute ein Treu gelöbnis an dieser Stelle ablegen. Wir wollen hoffen, daß uns Gott die Kraft gibt, dieses Treugelöbnis zu er füllen, wir wollen ihn bitten, daß der Geist von Tannen berg das deutsche Volk beseele in alle seine Kreise hinein, daß dieser Geist von Tannenberg wach bleibe und geweckt werde von allen denen, die an verantwortlicher führender Stelle stehen, der Geist, der hier repräsentiert wird durch unseren allverehrten Generatfeldmarschall und seine ge treuen Helfer vom letzten Armierungsfoldaten bis zum ältesten General. Dieser Geist, er bleibe wach, und das bekräftigen wir nach alter deutscher Art, indem wir rufen: Der Geist von Tannenberg und die Herren, die hier oben stehen, die Führer von Tannenberg: Hurra! Hurra! Hurra! Isrerliche ErAänmg Hmöenburgs: Zurückweisung der Kriegsschuldlüge. Nach dieser Begrüßungsansprache nahm Reichspräsi dent von Hindenburg das Wort zu folgender Rede: „Ich freue mich, meine alten Kampfgenoffen von einst an dieser Stelle Wiedersehen zu können. Tas Tannenbcrg-Nationaldrnkmal gilt in erster Linie dem Gedächtnis derer, die für die Befreiung der Heimat gefallen sind. Ihr Andenken, aber auch die Ehre meiner noch lebenden Kameraden verpflichtet mich dazu, in einer Stunde und an dieser Stätte feier lich zu erklären: Die Anklage, daß Deutschland schuldig sei an diesem größten aller Kriege, weisen wir, weist das deutsche Volk in allen seinen Schichten einmütig zurück! Nicht Neid, Haß oder Er oberungssucht gaben uns die Waffen in die Hand. Der Krieg war uns vielmehr das äußerste mit den schwer sten Opfern des ganzen Volkes verbundene Mittel der Selbsterhaltung einer Welt von Feinden gegenüber. Reinen Herzens sind wir zur Verteidiamm des Vatcr- poliiik, Gouverneur von Liebert, aus, das Vorr^oyne Naum müsse jetzt in fremde Kolonien auswandern und durch verstärkte Siedlung neuen Boden gewinnen, über die Beziehungen zwischen Luftverkehr und Koloniol- politik sprach Fischer von Foturzyn. Durch den Luftver kehr erfahre der Kolonialwert eine Umwertung, da die Verkehrserschließnng erleichtert werde. Hauptmann a. D. Dr. Leutwein kam vom Gesichtspunkt der Weltwirtschafts- stcllung Deutschlands aus ebenfalls zu dem Ergebnis, daß die Rückgewinnung der Kolonien eine nationale Not wendigkeit sei. In der Hauptversammlung des Kolonialvereius wurde eine Entschließung angenommen, in der die Schaf fung von Siedlungsmöglichkeit durch Rückgabe der frühe ren Kolonien, die Erhaltung der Ausgewanderten für das deutsche Volkstum und die Erziehung der Jugend in kolonialem Denken und Wollen gefordert wird.