Volltext Seite (XML)
MdmfferTageblatt Fernsprecher Wüsdraff Nr. 6 MvchenblQ^ ^Us UNd ^MgLgLNd Postscheckkonto Lewz'g 2S 614 Dieses Blatt enthält Vie amtlichen Bekanntmachungen der Amtühauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger «ck Drucker: Arthur Zschunke tu Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide i« Wilsdruff. Nr. 73. Mittwoch den 30. März 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil. 1. Gemäß Artikel 2 der Verordnung vom 5. März 1921 (Reichsgesetzblatt Seite 222) treten die auf Grund der Verordnung über Freimachung von Arbeitsstellen während der wirtschaftlichen Demobilmachung erlassenen Bestimmungen unter Ziffer 1—10, 15—l7 und 19 der Bekanntmachung des Demobilmachungskommiffars vom 20. November 1920 (Nr. 270 der Sächsischen Staatszeitung) mit dem 31. März 1921 außer Kraft. Die auf anderer gesetzlicher Grundlage beruhenden Bestimmungen in Ziffer 11—14 und 18 dec Bekanntmachung, die Verpflichtung der Arbeitgeber zur Anmeldung offener Stellen bei einem öffentlichen Arbeitsnachweis bell , bleiben bis auf weiteres in Geltung. 2. Unter dem 31. März 1921 wird der Demobilmachungsausschuß im Regierungs bezirke aufgelöst. Dresden, am 23. Mä^z 1921. 116a X1V. Der DeMvbilmÄchungskvmmissar. Fürdie Znlvom 11. April bis 3. Juli 1921 sind die Brotmarken für die versorgungs- berechtigte Zivilbevölkerung von den Gemeindebehörden nach den bisherigen Vorschriften auszugeben. Dis Brotmarken nebst weiteren Unterlagen werden den Gemeindebehörden durch die Druckerei Klinkicht in Meißen zugehen, soweit sie nicht dort abgeholt werden. Meißen, am 24. März 1921. si?« Nr.17411^ Kommunalverband Meißen Stadt und Land. Die Umsatzsteuer ist bis zum 30. d. M. zu bezahlen. sie» Wilsdruff, am 29. März 1921. Der Stadtrat. Ws haben im „Wilsdruffer Tage VtlA-UA «UVAßAAHl b das einen weitver UWMT MWATWTM zweigten u. kaufkräftigen Leser- V V besitzt, große Wirkung. Kleine Zeitung für eilige Leser. * In Düsseldorf ist der frühere preußische Finanzministei Freiherr v. Rheinbaben, gestorben. * Der kommunistische Reichstagsabgeordnete Thomas wurd in München wegen Aufforderung zum Hochverrat verhafte und dem Gericht zugcsührt. * Die Kommunisten haben den Bahnhof Hettstedt in di Luft gesprengt. * Bei Livorno wurde auf den Zug des italienischen Minister Präsidenten ein erfolgloses Bombenattental verübt. * In Kasan und in Weißrußland sind neue Ausstände gege» die Bolschewisten ausgebrochen. * Der amerikanische Kardinal Gibbons ist in hohem Alte gestorben. „Los von Europa!" Die künftige Nolle Amerikas ist eine Frage, die nunmehr seit Jahren ununterbrochen die Welt bewegt, ohne doch bisher eine klare Lösung gefunden zu haben. BeL sonders lebhaft ist die künftige Gestaltung des politischen und wirtschaftlichen Verhältnisses der alten und der neuen Welt nach dem Abschluß des Weltkrieges in Deutschland erörtert worden. Enttäuschter Glaube und unbegründete l Hoffnungen haben bei uns eine gewisse Nervosität hervor- § gerufen. Wer in unseren Nöten keine Rettung mehr sah, ' der blickte erwartungsvoll nach dein Lande der unbegrenz ten Möglichkeiten, denn Amerika mutzte ja Helsen! Aber die Union enttäuschte. Statt endlich als der langersehnte. Ordner Europas in dessen politischen und wirtschaftlichen > Nöten aufzutrcten, zeigte das amtliche Amerika ein immer deutlicher werdendes Bestreben, sich von dem vulkanisch er zitternden Boden der alten Welt zu entfernen. Immer lauter ertönte der Ruf: Los von Europa. Amerika hat mit sich selbst genug zu tun, es gedenkt nach seinem Eingreifen in den Weltkrieg nunmehr Europa gegenüber den aufmerk samen Beobachter zu spielen und sich auf sich selbst zurück zuziehen. Den letzten Zweifel über die Stellung der amerika nischen Regierung zu den europäischen Fragen behob der neue Präsident Harding in seiner Antrittsbotschaft, indem er davon sprach, die materiellen und moralischen Fort schritte der Vereinigten Staaten hätten die Weisheit der von den Vätern überkommenen Politik erwiesen, sich nicht in die Angelegenheiten der Alten Welt verwickeln zu lassen. An einer anderen Stelle der Botschaft hietz es aber: „Die wirt schaftlichen Beziehungen stellen ein enges Band dar, ohne daß man sich dessen recht bewußt wird. Wir müssen uns klar werden, datz die wirtschaftlichen Bande die engste Ver bindung zwischen den Völkern bilden und daß niemand nehmen kann, der nicht auch gibt." Die Wahrheit der hier wiedergegebenen Ansicht wird heute nach den Erfahrungen während des Weltkrieges, vor allem aber während der , gegenwärtigen Krisis der Weltwirtschaft niemand leugnen j wollen. Diese Erkenntnis läßt sich aber mit dem oben an- r gedeuteten Grundsatz der Nichteinmischung in europäische Angelegenheiten nicht vereinbaren. Hier liegt unbedingt ein Denkfehler vor. Staatspolitik und Wirtschaftsleben sind untrennbar miteinander verbunden. Fragen zu wollen, was von beiden das Wichtigste darstellt, ob die Politik die Wirtschaft oder die Wirtschaft die Politik maßgebend be einflusse, erscheint genau so nutzbringend wie die berühmte Frage, ob die Henne oder das Ei zuerst auf der Welt ge wesen sei! Bildet die Welt heute auf wirtschaftlichem Gebiet ein einheitliches, wenn auch noch lose gefügtes Ganzes, aus dem niemand ohne schwere Nachteile auch für alle übrigen ausgeschlossen werden kann, so kann man sie nicht in staäts- volitischcr Hinsicht in eine Anzahl nebeneinander herleben der Staaten auslöscn. Wie stark das politisch sich selbst ge nügen wollende Amerika mit Europa wirtschaftlich verbun den ist, zeigt die tiefgreifende Krisis des amerikanischen Wirtschaftslebens der letzten Monate. Herrscht in Europa Ruhe und Ordnung, so wirkt das auch auf die wirtschaft lichen Verhältnisse der neuen Welt günstig zurück; wird die Wirtschaft vcs europäischen Weltteils dagegen wie in unse ren, Tagen unablässig durch politische Spannungen beun ruhigt, so verspürt dieUnion ebenfalls ihr zugemessenes Teil von der Unruhe. Dazu kommt noch als besonderes Mo ment der Umstand, daß die Staaten Europas dem Welt bankier jenseits des großen Wassers über 20 Milliarden Dollar schulden, eine Summe, die in Zukunft eher großer als kleiner werden wird! Dazu gesellen sich weitere Geld ausnahmen z. B. europäischer Städte. Es wäre aber das erste Mal in der Welt, daß ein Gläubiger sich nicht sehr eifrig um das Wohlergehen seines Schuldners bekümmert. So wird sich für Amerika früher oder später die Notwen digkeit herausstellen, seine politische Zurückhaltung gegen über Europa auszugeben. Es bildet politisch und wirt schaftlich ein Glied der Weltpolitik wie der Weltwirtschaft und wird sich mit den europäischen Dingen praktisch aus- eina übersetzen müssen. WerkayriaWörrmg. Von einem volkswirtschaftlichen Mitarbeiter wird uns zu den gegenwärtig in schneller Folge sich mehrenden Ka- pitalserhöhungen bei industriellen Unternehmungen ge schrieben: DaS Kapitalbcdürfnis der Wirtschaft wächst im Ver hältnis zur Geldentwertung. Da der Geldmarkt flüssig genug ist, — sofern überhaupt von einem Geldmarkt im wahren Sinne gesprochen werden kann, — werden so ziem lich alle Kapitalserhöhungen auch wirklich vollzogen. Es ist indessen nicht nur wichtig zu wissen, warum diese Ka- vitalserhöhungen notwendig sind, sondern auch, wie sich die Dinge weiter entwickeln können. Gergde weil es zur zeit verhältnismäßig wenig Schwierigkeiten verursacht, mit jeder Kapitalserhöhung durchzudringen, wie auch das er höhte Kapital mit Papierdividenden auszustatten, sind die Gefahren groß. Der Geldwert wird einmal wieder steigen; es ist aber wenig wahrscheinlich, Laß es dann ge lingt, aus allen Betrieben mir großen Anlagekapitalien die entsprechende Rente Herauszuwirtschaften. Die Durch schnittsdividende der Aktiengesellschaften in der Vorkriegs zeit betrug etwa 5 bis 6 Prozent. Nun wird der Geldwert in Deutschland das Friedensverhältnis nicht wieder gewinnen. Allein, wenn er auch nur unerheblick steigt, so ergeben sich schon Hemmnisse bei der Verzinsung des gesamten Anlagekapitals. Die Gefahr der liberkapsi talisierung darf also nicht als Nebensache behandelt wer den. An sich ist den Unternehmern nicht der Vorwurs zr machen, daß sie das Kapital absichtlich verwässern, L. h., daß sie ohne Zwang Kapital aufnehmen, um den Gewinn nich zu hoch erscheinen zu lassen. Arbeiten nur 50 Millionen Mark in einem Betrieb, so erhalten sie bei einem Reinge winn von vielleicht 20 Millionen Papiermark eine ent sprechend hohe Dividende von 30 bis 40 Prozent. Wirt das Kapital auf 80 Millionen Mark erhöht, so sinkt du Dividende, da der Betriebsgewinn sich nicht mit erhöht Die Notwendigkeit neuer Kapitalsaufwendungen wird all gemein damit begründet, daß die Spesen gestiegen sind Aber sie sind es wesentlich nur unter der Wirkung Lei Geldentwertung, die sich ja auch im Tiefstand der deut schen Wechselkurse wiederspicgelt. Die Mark hat zurzeit nur noch einen Wert von 10 Pfeilnigen des Vorkriegsstandes. Nehmen wir an, datz sie in fünf Jahren etwa einen inneren Wert von 40 bis 50 Pfennigen erreicht, so sind fast alle Betriebe, die jetzl Kapitalserhöhungen zu Betriebszwecken vorgenommen s haben, überkapitalisiert. Ein Unternehmen, das jetzt viel leicht 40 Millionen Papicrmark verdient, sieht später den Gewinn allein durch die Steigerung des Geldwertes aus 10 Millionen Mark sinken. Mit 40 Millionen Papier mark ließen sich wohl bei einem Aktienkapital von 1OK Millionen Mark nach allen Abschreibungen noch 30 Pro zent Dividende verteilen. Wenn der Betriebsgewinn aber nur 10 Millionen Mark beträgt, so mutz die Dividende ent sprechend sinken. Sie wird nur noch 3 bis 4 Prozent aus machen können, was zu wenig ist, um neues Kapital als Betriebsmittel zu bilden. Das aber ist die große volks wirtschaftliche Gefahr. Es bestehen keinerlei Anzeichen da für, daß das kapitalistische System demnächst zusammen bricht. Gerade deshalb hängt unsere wirtschaftliche Zu- runft davon ab, daß wir ununterbrochen neues Kapital bilden und in Betriebsmittel anlegen. Bei der Uberkapi- talisierung der industriellen Unternehmungen ist das nur schwer oder gar nicht möglich. Das hohe Aktienkapital steht nur zu Buch, stellt aber selbst keinen Kapitalwert dar. Was wird nun die Folge sein? Die Unternehmungen müssen abschreiben, d. h. die Aktien Zusammenlegen. Nein wirtschaftlich werden wir dadurch nicht ärmer, trotzdem große Papierkapitalverluste unvermeidlich sind. Die Lage in MiisWerüschlEd. Fortschritte der Schutzpolizei. Die Nachrichten aus Mitteldeutschland sind dahin zu- sammcnznsassen, daß die Aktion der Schutzpolizei im Fort- schrciten ist. In Eisleben ist die Schutzpolizei Herr der l Lage. Zwischen Eisleben und Hettstedt treiben sich noch bewaffnete Banden herum. Hettstedt selbst ist von Schutzpolizei besetzt. Außer den, Bahnhof ist dort auch ein Privatgebäude gesprengt worden. Die Höhen um Hett stedt waren von Ausrührern besetzt, sind aber durch die Schutzpolizei gesäubert worden. Die Aufrührer haben sich in die weitere Umgebung der Stadt zurückgezogen. In Hettstedt sind weitere Verstärkungen eingetroffen. Von dort wird eine Aktion zur Säuberung des Mansfelder Kreises stattfinden. In Mansfeld, Kloster Mansfeld und Lai bach ist der Sitz der Anfrührer, die auch unter der Bevölke rung zwangsweise Rekrutierungen versuchen. In Halle haben die Arbeiter der Gas- und Wasser werke die Arbeit wieder ausgenommen. Die Elcktrnitäts- werke arbeiten. Die Hallenser Eisenbahnarbeitcr haben mit 600 gegen 400 Stimmen den Streik abgelehnt. Falls es um Leuna zu Unruhen kommen sollte, ist mit schneller Unterdrückung zu rechnen. In Halberstadt und Sangerhausen herrscht Ruhe. In Bitterfeld, wo die Betriebsräte durch Aktionsausschüsse abgesetzt wor den sind, ist es vereinzelt zu Gewalttätigkeiten gekommen. Das Gesamtbild der Lage in der Provinz Sachsen ist da nach als ruhiger zu bezeichnen. In der Republik Sa Äsen wird die Gesamtlage als ruhig beurteilt. Kommunistische Versammlungen haben in verschiede nen Teilen des Reiches stattgeftmden, ohne daß es zn Zwischenfällen gekommen ist. Hamburg ist ruhig. Ans Breslau wird ein mißlungener Anschlag ans den Kassenraum eines Bankhauses in der Taucntzienstraßs ae- meldet. ZwangSwerbungcn zur Roten Armee In der Gegend von Schraglau, Oberröblingen und auch in den Ortschaften des Unstruttakes, darunter in Querfnrt, haben die Kommunisten in der rücksichtslosesten Weise Aushebungen vorgenommen, indem sie die Arbeiter bis zum 40. Jahre, ja selbst bis zum 50. Lebensjahre zum Eintritt in ihre Kampforganisafton preßten. Die Kommu nisten bedrohten jeden mit dem Tode, der sich seiner Wehr pflicht gegen das Proletariat entzöge. In den Kreisen der Arbeiter herrscht Helle Empörung über dieses Schrcckens- "egiment, aber sie wagen nicht dagegen offen aufzuirclen, oa sie von den kommunistischen Führern, namentlich von den jüngeren Elementen mit den Waffen bedroht werden. Im Leunawerk haben die kommnnistis en Agitatoren, ,> darunter auch viel landfremdes Gesindel, das die Arbeiter i nicht einmal beim Namen kennen, einfack sämtliche Arbei- j ter der Belegschaft bis zum 40. Jahre zurückbehalten und sie zum Waffendienst gezwungen. Zn Dutzenden suchen diese Opfer kommunistischer Willkür heimlich über die Zäune und Mauern der Leunawerke zu entkommen, sie werden aber meist von den bewaffneten Posten wieder zurückgetricben. „Bleibt bei der Arbeit!" Der Verband der Bergarbeiter Deutschlands, der Deutsche Metallarbeiterverband und der ZentralverbanL der Blaschinisten und Heizer erlassen folgenden Anftuf: An die Arbeiterschaft der Nuhrzechen! Kameraden! Kol legen! Von bekannter Seite wird wieder einmal versucht, die Bergarbeiter zu Putschen zu reizen. Laßt euch vo r Leuten, die keinerlei Verantwortung zu tragen gewillt sind, nicht zu Unbesonnenheiten verleiten. Bleibt bei der Arbeit! Hallet euch streng an die Beschlüsse und Konicren-