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Das Reichskabinett trat zusammen, um über den Bericht zu beraten, den der deutsche Botschafter von Hoesch über seine Unterredung mit dem französischen Ministerpräsidenten Laval gehabt hat. Die Entziffe rung des ausführlichen Pariser Telegramms hat längere Zeit in Anspruch genommen. * Rückkehr zum ssoung-plan? Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen! Und der französische Ministerpräsident Laval wird nach seiner Rückkehr stus Washington seinen Ministerkollegen und seinem Parlament viel zu erzählen Haven und für Frankreich Erfreuliches. Er kann vor allem damit zu frieden sein, daß er durch die Aussprache mit .Hoover er reicht Hal, daß Deutschland nur aus eine Weise saniert werden soll, die Frankreich genehm ist. Frank reich hat hier Amerika gegenüber seine Wünsche durch- gesetzl, denn dieses besitzt zwar in der Verbindung der Reparationsfrage mit den interalliierten Schulden die Schlüsselstellung, ist aber heute wegen seiner kurzfristigen Schulden in Frankreich schwächer als letzteres. Hoover hat sich in der Neparationssrage jeder weiteren Initiative begeben, und so braucht Frankreich kein zweites „H o over- I a h r" mehr zu fürchten. Als Resultat ist zu bezeichnen, daß im Zentrum der Schulden- und Finanzfrage heute Frankreich steht und für Deutschland die Verhandlungen mit Frankreich. Der Rahmen, der dafür gezogen ist, ist jedenfalls nach Frankreichs Auffassung der Jo ung- Plan. Die Neichsregierung wird also vor allen Dingen die Verpflichtung Haven, die Welt von dem völligen Zu sammenbruch ves Young-Planes zu üvcrzeugcn. Daß Frankreich ein Interesse daran Hai, bei einer Milderung der Reparationslasteu für Deutschland nach den Bestim mungen des Young-Planes zu verfahren, ist sehr erklär lich, denn alle Erleichterungen, die Deutschland gewährt werden könnten, würden doch jedenfalls die „ungeschützten" Zahlungen unangetastet lassen, die Frankreich überfeinen interalliierten Schuldenanteil hinaus erhält. Für Deutsch land aber ist eine RückkehrzumYoung-Plan nach dem Ablauf des Hoover-Jahres ein Ding der Unmög lichkeit, denn es hat sich während dieses Jahres gezeigt, daß Deutschland auch ohne Reparationszahlungen nicht leben kann, geschweige denn dann, wenn die Belastung selbst ziffernmäßig herabgesetzter Young-Zahlungen wieder einsetzen würde. An Berliner zuständiger Stelle ist über die zwischen Laval und von Hoesch stattgefundene Unterredung eine Stellungnahme naturgemäß noch nicht zu erhalten, da die Prüfung des ausführlichen Berichtes, den der Botschafter nach Berlin gesandt hat, noch nicht abgeschlossen ist. In Berliner politischen Kreisen ist man der Auffassung, daß die französische amtliche Verlautbarung, die unmittelbar nach Beendigung der zweistündigen Unterredung aus gegeben wurde, sehr stark für den inneren Gebrauch be stimmt gewesen sein müsse, um so mehr, als eine weitere halbamtliche Auslassung, die die Agentur Havas in den frühen Morgenstunden des Mittwoch ausgab, eine etwas mildere Beurteilung zulasse. In der ersten amtlichen Ver lautbarung ist bekanntlich die Rede von der Wiederher stellung der normalen Regelung des V ^ung- Planes nach Ablauf des Hoover-Jahres. In der zweiten halbamtlichen Auslassung wird jedoch bemerkens- werterweise bereits das Wort von der deutschen Zah lungsfähigkeit in die Aussprache geworfen. Es heißt hier, daß der Sonderausschuß der BIZ. einzube rufen sei, der sich möglichst noch im Dezember oder Januar über die Zahlungsfähigkeit äußern solle. Der deutsche Standpunkt über die Einberufung dieses Ausschusses ist bekannt. Auslassungen von zuständiger deutscher Stelle, die kürzlich gemacht wurden, ließen erkennen, daß der Wiggin-Bericht bereits eine ausreichende Grund lage für die Beurteilung der Sachlage abgebe und daß sich infolgedessen nach deutscher Ansicht die Einberufung des Sonderausschusses erübrige. Die deutsche Reichs regierung wird in ihrer Antwort an Paris zweifellos daraus Hinweisen, daß, wenn schon der Sonderausschuß der BIZ. die deutsche Zahlungsfähigkeit prüfe, diese Untersuchung dann die Gesamtverschuldung Deutschlands nach innen und außen umfassen müsse. Dem Ausschuß, dessen Ausgabcnkreis nach den Bestim mungen des Young-Planes eng umgrenzt ist mutz dem nach die Möglichkeit gegeben werden, alle Fragen der inneren und äußeren Verschnldung Deutschlands zu be handeln. Es geht nicht an, wenn die eine Frage als von der anderen getrennt bezeichnet wird. Dem 8 120 des Aoung-Planes, der neben den 88 119 und 125 die Zustän- Agkciten des Sonderausschusses umschreibt, muß infolge dessen nach Berliner Auffassung eine Auslegung gegeben werden, die im weitesten Sinne der Prüfung der deutschen Zahlungsfähigkeit gerecht wird. Alles in allem ergibt sich, Frankreich? daß eine wettere Klärung der Fragen, die zwischen Bot schafter von Hoesch und Ministerpräsident Laval besprochen worden sind, dringend notwendig ist. * Die Prüfung -er deutschen Zahlungsfähigkeit. Zuständigkeit des Young-Ausschusses stark begrenzt. Wie von zuverlässiger Seite verlautet, hat sich die Unterredung zwischen von Hoesch und den französischen Ministern tatsächlich im wesentlichen auf einen Bericht Lavals über die Washingtoner Begegnung und die sich daraus in erster Linie ergebenden französischen Ge dankengänge beschränkt. Die wichtigsten Gesichtspunkte lassen sich ganz kurz dahin zusammenfassen, daß Präsident Hoover auf Grund der französischen Vorstellungen und vermutlich auch innenpolitischer Erwägungen die einfache Verlängerung des Hoover-Feierjahres aufgegeben hat. Da über die Notwendigkeit einer Neu regelung der Tribut- und Schuldenfrage für die Dauer der Krisenzeit Übereinstimmung erzielt wurde, regt die französische Regierung jetzt eine Prüfung der deutschen Finanzlage und Zahlungs fähigkeit an. Dieser erste vorbereitende Schritt muß nach franzö sischer Auffassung durch einen Sachverständigenausschutz durchgeführt werden, wofür wiederum nach französischer Auffassung, — der Young - Ausschuß auf Grund des Artikels 120 in Frage kommt. Es fragt sich nun, wie weit der Young-Ausschuß im Hinblick auf seine begrenzten Vollmachten überhaupt in der Lage ist, eine freie und um fassende Prüfung der deutschen Zahlungsfähigkeit vor- zunehmen. Die Reichsregierung hat aus den französischen Vorschlag zweifellos noch keine Antwort erteilt; sie wird nunmehr zu der Frage Stellung nehmen müssen, ob und unter welchen Voraussetzungen der Young-Ausschuß zur Durchführung der vorbereitenden Aufgabe geeignet er scheint. Irgendwelche deutschen Vorschläge oder Pläne zur Stillhaltefrage sind der französischen Regierung nicht unterbreitet worden, ebenso war von irgendwelchen politischen Bürgschaften nicht die Rede. Osthilfe ohne Preußen. Anpassung an die veränderten Verhältnisse. Das Osthilfcprogramm ist bisher nur eine Kette von Enttäuschungen für die auf Hilfe hoffenden Kreise ge wesen. War zunächst die politische Belastung für die Durchführung erschwerend, so hat nun die fortschreitende Krise die finanziellen und wirtschaftlichen Voraussetzun gen des Programms zerstört. Es müssen neue Wege be schritten werden, um der bedrohten Wirtschaft des Ostens Hilfe zu bringen, soweit Hilfe nicht zu spät kommt. Die schwerste Belastung für die Osthilfe war das Gegeneinander von Reichs- und preußischen Stellen. Dieser Gegensatz soll nun nach Versicherung der zustän digen Stellen durch die kürzlich erfolgte Aussprache zwischen dem Reichskanzler und dem preußischen Minister präsidenten in der Weise beseitigt sein, daß die Führung in der Osthilfe dem Reich allein überlassen bleibt. Die Vertreter Preußens scheiden aus der Oststclle aus und die Preußen lasse hat sich in Zusammen hang damit aus der Osthilfe zurückgezogen. Die Leitung der Osthilse soll dem neuen Reichskommissar Schlange- Schöningen überlassen bleiben, dessen Ernennung un mittelbar bevorsteht. Ob er auch als Minister in das Neichskabinett eintritt, steht noch nicht fest, gilt aber auch als wahrscheinlich. Ihm obliegt nun die Aufgabe, die Osthilfe den veränderten Verhältnissen anzupassen. Die Voraussetzungen, von denen man bei der Auf stellung des ursprünglichen Programms ausging, Wiederherstellung der Rentabilität der Landwirtschaft und Beschaffung genügender Mittel aus dem Ausland, sind durch die Krisenentwicklung vernichtet worden. Dazu kommt eine grundstürzende Änderung der Bodenpreise und damit der Kreditgrundlage. Was soll nun an gesichts dieser schweren Veränderungen geschehen? Darüber gehen auch an den amtlichen Stellen die Mei nungen auseinander. Ein Vorschlag geht dahin, man soll die sanierungsunfähigen Betriebe in Konkurs gehen lassen, und mit den Mitteln der Osthilfe den billigen Boden der Siedlung zur Verfügung stellen. Dieser Vorschlag scheitert aber von vornherein daran, daß heute gar nicht mehr die großen Mittel vorhanden sind, Tributtonserenz im Lanuar in Paris? Was die Pariser Presse schreibt. Der „Jntransigeant" glaubt heute schon versichern zu können, daß im Januar in Paris eine Konferenz der Gläubigermächte und Deutschlands stattfinden werde. Frankreich —-L> schreibt der „Temps", dessen Bezie hungen zum Außenministerium bekannt sind — sei nicht bereit, die Grundsätze des Young-Planes und sein Recht auf Tribute zu opfern. Es erkenne jedoch an, daß mit Rücksicht aus die Schwierigkeiten, in denen sich das Reich befinde, eine Neuregelung notwendig erscheine. Diese Regelung müsse jedoch aus dem im Young-Plan vor gesehenen Wege erfolgen und im Einklang mit allen übrigen interessierten Mächten vorgenommen werden. Ob eine Konferenz einberufen werden müsse, sei zu erwägen. Frankreich werde niemals zulasscn, daß die Tribute den augenblicklichen finanziellen Interessen Deutschlands end gültig und unwiderruflich geopfert würden. * „Nichts mehr zu retten " Franklin Bouillon über die Auseinandersetzung mit Deutschland. Der bekannte Deutschenhasser und Abgeordnete Franklin Bouillon erklärte in einer Rede auf einer Tagung der sozialen und radikalen Linken, es sei notwendig, auch in Frankreich zu einer Negierung des nationalen Zusammenschlusses überzugehen wie in England. Die bisherige Politik Englands und Amerikas hätte ersteres an den Abgrund geführt und letzteres vor die größten Schwierigkeiten gestellt. Dieser Politik sei auch der Young-Plan zum Opser gefallen, und Deutsch land weigere sich heule, auch nur einen Pfennig zu be zahlen. Ministerpräsident Laval habe zwar in Washington unbeschränkte Vollmachten erhalten, es fei aber unmöglich, zu retten, was einfach nicht mehr zu retten sei. Deutschland schulde heute 174 Milliarden Frane ohne die 40 Milliarden Tribute. Die französischen Banken hätten den Alliierten etwa 15 Milliarden vorgestreckt, und diese hätten sich beeilt, das Geld zu einem höheren Zinssatz in Deutschland unterzubringen. Heute verlange man von Frankreich, sich für diejenigen zu opfern, die es bisher aus- genüyl hätten. Deutschland habe einmal einen inneren Bankerott planmäßig herbeigeführt und versuche heute, einen äußeren zu organisieren. Frankreichs Alliierte müßten jedoch verstehen, daß es sich unmöglich in den Ab grund stürzen könne, den sie selbst gegraben hätten. um eine umfangreiche Siedlung zu betreiben. Ganz all gemein müssen heute alle weitgehenden Siedlungspläne beschnitten werden, denn selbst bei der primitivsten Art der Siedlung bleibt immer noch ein starker Zuschußbedarf. Dazu kommt noch, daß heute auch für die kleinbäuerlichen Be triebe und damit auch für die Siedler keine Ncntabilitötssicherhcit mehr besteht. In manchen Gegenden Deutschlands kann heute nicht einmal mehr die Milch abgesetzt werden, und das Vieh ist zum Teil unverkäuflich. Die Meinung, daß der Kleinbetrieb krisenfest sei, ist durch die Erfahrung der letzten Jahre widerlegt worden. Auch bei den kleinbäuer lichen Betrieben haben die Schwierigkeiten in viel stärke rem Maße zugenommen, als man ursprünglich erwartet hat. Trotzdem hält die Reichsregierung an dem Ge danken fest, daß in größerem Ausmaß als bisher gesiedelt werden muß. Als billigste Form der Siedlung wurde die sogenannte A n l i e g e r s i e d l u n g festge stellt, die billiger ist als die Neusiedlung. Auf den Aus bau dieser Anliegersicdlung soll auch bei der Osthilfe her Hauptwerl gelegt werden. Die Negierung ist der Auf fassung, daß die Osthilfe trotz der veränderten Verhält nisse nicht einfach gestoppt werden könne, sondern daß sic in einer anderen Form weitergeführt werden müsse. Dabei soll der Sorge für die erste Hypothek, die teilweise nicht mehr als gesichert gelten kann, besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Die künftige Gestal tung der Osthilse hängt nach Auffassung der zuständigen Stellen vor allen Dingen von der Erleichterung der Zinscnlast ab. Die Entscheidung über die Zinssenkung liegt zurzeit beim Wirtschaftsbeirat. Für die künftige Ge staltung der Osthilfe spielt auch folgende Erwägung eine ausschlaggebende Rolle. Bei dem großen Devisenmangel, der ohne Zweifel auch das nächste Jahr noch bestehen wird, ist Deutschland gezwungen, sich soweit wie möglich von der Einfuhr unabhängig zu machen. Das ist aber gleichbedeutend mit der Sicherung der Ernte des nächsten Jahres. Deshalb mutz unter, allen Umständen verhindert werden, Vas Schicklal cker vtthille