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Tharandt, Massen, Sieöentehn und die Mmgegenden. Amtsblatt Wr die Agl. 2lmtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Milsdruff sowie für das Agl. Forstreniamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kambach, Kesselsdorf, Kleinschönüerg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röhrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach bei Mohorn, Seeligstadt, Spechtsbausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 M. 54 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis svätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 15 Pfg. pro vicrgespaltene Lorpuszeile. D'.uc! unt Periag von Marlin Berger in Wiisdrun. — BeranluiorUM für die RedaMvn Marlin Berger SaieU>Ü No. 1V3. Donnerstag. 0e« 4. September 1802. f 61. Jahr«. Bekanntmachung. Donnerstag, den 4. September d. I., Nachmittags 6 Uhr, öffentlStadtgemeinderathssitzung. Die Tagesordnung hängt im Rathhause aus. Wilsdruff, den 3. September 1902. Dev V ü r g e r in e i st e r. Kahlenberger. Das von dem Rechtsanwalle, Herrn Karl Woldemar Robert Bursian, -bisher in Wilsdruff, bekleidete Amt eines Notars ist infolge Wegzugs erloschen. Wilsdruff, den 2. September 1902. königliches Amtsgericht. Zu hiesiger Stadt tollen rNsntag, den 8. September d. Vorm. §0 Ahr, L Billard mit Zubehör, 1 eiserne Bettstelle, 2 Sopha's uno 1 Handwagen -öffentlich versteigert werden. Versammlung Der Bieter: „Restaurant zum Forsthaus". Wilsdruff, den 3. September 1902. Der Gerichtsvollzieher des Königlichen Amtsgerichts. Neue Parteigruppirungen im Deutschen Reiche. Die im Frühjahr des nächsten Zahres nach der Reichs- Aerfassung vorzunchmenden Neuwahlen zum Reichstage, ferner die ungemein wichtigen Entscheidungen in den Zoll- -fragen, die ja alle noch in der Schwebe hängen, und end lich die überraschenden Erfahrungen im Wahlkreise Forch- Heim-Kulmbach, wo in der Stichwahl für den Reichstag das Zusammenwirken der Nationalliberalen und Frei sinnigen dem nationalliberalen Kandidaten zum Siege verhalf, haben rechts und links in der politischen Arena den Gedanken erweckt, daß die Zeit für neue Partei gruppirungen im deutschen Reiche naturgemäß schon ge- Lommen sei. In Hinblick aus den Umstand, daß Wil po litisch unter einer großen Parteizersplitterung leiden, die sogar zu einer Versumpfung führen kann, wenn die den Ausschlag gebenden Parteien nicht auch in letzter Linie an Las allgemeine Wohl denken und mit ihrer Macht auch Lie patriotische Pflicht verbinden, kann man eine größere Klarheit und schärfere Abgrenzung in den Parteigruppir- Angen in Deutschland nur wünschen. Thatsächlich sind «auch solche Steigungen auf dem äußersten rechten und linken Flügel vorhanden, und sie werden sich auch wohl in allen den .Reichstagswahlkreisen, wo die Verhältnisse so wie im Wahlkreise Forchheim-Kulmbach liegen, in praktische Thalen umsetzen. Indessen glauben wir an eine allgemeine neue Gruppirung der Parteien, etwa in dem Sinne, daß ein Kartell der Nationalliberalen und Freisinnigen und ein Kartell der Konservativen und der Centrumspartei gebildet wird, durchaus nicht, denn es ist dies weder praktisch für die Gegenwart, noch zweckdienlich für die Linicressen, welche die einzelnen Parteien verfolgen. In -einer ganzen Anzahl Wahlkreise, z. B. im Königreiche -Tllchlen, iu den thüringischen Herzogtümern und auch in Wielen Wahlkreisen des Königreiches Preußen kann diese -doppelte Kartellbildung ja deshalb garnicht in politische Wirksamkeit treten, weil cs in den betreffenden Wahlkreisen !gar keine starke Centrumspartei giebt. In anderen Wahl kreisen fehlen wieder andere Kartellparteien inansehnlicher -Stärke, und schließlich darf man doch auch nicht vergessen, idsß man durch die Wahlparole Kartell und Gegenkartell sfMenS der auf der heutigen staatlichen Ordnung stehenden Parteienden Sozialdemokraten in vielen Wahlkreisen die den Ausschlag gebende Macht in die Hände spielen würde, denn wenn weder das konservativ-klerikale, noch das national- liberal-freisinnige Wahlbündniß in einem Wahlkreise die Mehrheit der Stimmen auf sich zu vereinigen im Stande wäre, dann hätten doch die Sozialdemokraten die Ent scheidung, und ein Wahlschacher gefährlichster und wioer- wärtigster Art würde entstehen. Nicht Kartell gegen Kartell Aird sich daher bilden, sondern die einzelnen Parteien Werden wohl nüchtern und praktisch von Fall zu Fall iihreu Vortheil in den einzelnen Wahlkreisen wahrzunehmen suchen. Schön ist diese Art des politischen Kampfes nicht, aber sie ist nothwendig, leider uothwendig, um den Besitz stand der Parteien zu Vertheidigen, und neue Parteibildungen sind ein Zukunftstraum. Oolitische Run-schan. Kaisertage in Posen. Umbraust von dem Jubel Tausender, haben der Kaiser und die Kaiserin am Diens tag Abend bei schönstem Welter ihren Einzug in die fest lich geschmückte Stadt Posen gehalten. Die Maje stäten traten, begleitet u. A. von dem Kronprinzen, Mittags 12^2 Uhr von der Wildparkstation bei Potsdam aus die Fahrt nach dem Osten an, nachdem der Kaiser vorher noch militärische und Marinevorträge gehört. Die Ankunft irr Posen ging gegen 6 Uhr glücklich von Statten; auf dem Bahnhof, der gleichfalls Festschmuck trägt, fand großer militärischer Empfang statt. Die Musik der vom Grenadier regiment Nr. 6 gestellten Ehrenwache spielte, als der Kaiser die Front der präsentirenden Mannschaften abschritt. Das Bahnhofsgebäude war von Menschenmassen dicht umlagert, die in betäubende Hoch- und Hurrahrufe ausbrachen, als die Majestäten sichtbar wurden und den Wagen bestiegen, um ihren Einzug zu hallen. Eskortirt von einer Eskadron des Ulanenregiments Nr. 1, fuhr der kaiserliche Wagen durch die Triumphstraße, in der Militär unter präsentirtem Gewehr Spalier bildete, unter fortgesetzten Huldigungen des überaus zahlreichen Publikums zunächst nach dem Berliner Thor. Hier, wo große Denksäulen errichtet sind, begrüßten die städtischen Behörden die Majestäten. Der Oberbürgermeister hielt eine Ansprache, in der er den Kaiser, der zum dritten Mal Posen besucht, herzlich willkommen hieß. Der Monarch dankte für den warmen Empfang und schloß seine Rede mit den besten Wünschen für die Stadt. Dann ging die Fahrt weiter nach dem General kommando, wo das Kaifcrpaar Wohnung nahm. Vor den Majestäten waren Prinz Albrecht von Preußen, Prinz Ludwig von Bayern, der künftige Thronfolger und Reichs kanzler Graf Bülow angekommen; ferner eine Abordnung des russischen Dragonerregimeuts „Narwa", um sich dem kaiserlichen Chef vorzustellen. — In einem Stimmungs bericht heißt es: Die Betheiligung der Polen bleibt sehr gering und beschränkt sich auf die Geschäftsleute, die Rück sichten auf ihre deutschen Käufer nehmen. Unser Kaiser wird hinter den Flaggenmasten die »»geschmückten Häuser polnischer Besitzer entdecken; sie werden auch bei der fest lichen Beleuchtung dunkel bleiben. Der Fremdenzufluß, zumal aus der Provinz Posen, ist gewaltig, die Gasthöfe sind überfüllt. Das Drängen und Drücken in den Straßen, das Glitzern und Flimmern der Uniformen, das Jagen der kaiserlichen Wagen und der Leibjäger, die berittene Schutzmannschaft beherrschen das Straßenleben. Dem ent sprechen auch die Preise der braven Gastwirthe. Ein zer brechliches Sopha, ein Schemel mit einem Wasserbecken, ein Bett ohne Daunen, genug ein Heim, aus dem die Armuth aus jedem Möbel spricht, das ist ein Gasthof ersten Ranges geworben. Oberkellner, Zimmerkellner, Zimmer mädchen und der betreßte Thürhüter, das Alles stellt sich hier in der Gestalt einer verschlafenen polnischen Kuhmagd vor. Es haben aber auch die minderwerthigen Wirth- schaftcn selten so vornehme Gäste gesehen wie heute. Hier sitzt ein Arbeiter, dort ein Soldat unmittelbar neben dem Stabsoffizier und den Damen in großer Gewandung. Ja, die Kaisertage sind da; wer sie genießen will, muß bezahlen. — Das scheint die Loosung zu sein. — Der Kaiser wird auf einer Rundfahrt übrigens auch die Wallischei, diesen alten, vernachlässigten Theil von Posen, kennen lernen, denn er wird sich nach dem rothen Thurm am Berdychowoer Damm begeben, um von diesem Festungswerke aus einen genauen Ueberblick über tun der Ueberschwemmung am meisten ausgesetzten Theil der Unterstadt zu erhalten. — Am heutigen Mittwoch findet die große Kaiserparade des 5. Armeecorps statt, bei welcher der oberste Kriegsherr 21 neue Feldzeichen den Truppeutheilen übergeben wird. Später ist Paradetafel beim Kaiser und Abends Zapfen streich bei festlicher Beleuchtung. In Bremerhafen trafen am Montag 9Offiziere und 241 Mann der ostasiatischen Besatzungsbrigade an Bord des Lloyddampsers „Sachsen" ein. In den führenden Preßorganen des Bundes der Landwiclhe nimmt man den Feldzug gegen den Reichskanzler wieder auf, allerdings mit Vorsicht. Die „Deutsche Tageszeitung" in Berlin erörtert in Hinblick auf die Kaiserdepesche an den Prinz-Regenten Luitpold die Frage der verfassungsmäßigen Verantwortlichkeit des Kanzlers bei derartigen Vorgängen und erklärt zwar, man könne den Grafen Bülow durch die Beschuldigung, er erfülle seine verfassungsmäßige Pflicht nicht, zum Rück tritt zwingen, meint aber dann, unter seinem eventuellen Nachfolger würde es auch nicht anders werden. Schließlich deutet indessen das Blatt an, daß es ein Mittel gebe, vielleicht doch eine Besserung in den gegenwärtigen Zu ständen herbeizuführen, und dieses könne von der Mehr heit der deutschen Volksvertretung unter zwingenden Um ständen wohl angewendet werden. Es unterliegt keinem Zweifel, daß mit diesem Mittel, durch welches also ge gebenen Falles der Rücktritt des jetzigen Reichskanzlers zu erzwingen wäre, die Ablehnung des Reichshaushaltseiats gemeint ist. Das Befinden des Professors RudolfVirchow, der aus Harzburg nach Berlin zurückgekehrt ist, erweist sich augenblicklich etwas besser als noch vor einer Woche. Trotzdem bleibt der Zustand des berühmten Gelehrten ein ernster. Der Rückgang des Deutschthums in Prag. In den letzten Tagen veröffentlichte die statistische Kanzlei der Stadt Prag bemerkenSwerthe Angaben über die Ge schichte Prags, darunter auch ziffernmäßige Angaben über die Nationalitätenverhältnisse der Stadt Prag, die zwar sehr lehrreich, aber für das Deutschthum keineswegs er freulich sind. Daraus geht hervor, daß Prag bis m die Mitte des 19. Jahrhunderts sozusagen eine deutsche Stadt war und auch nach außen hin stets als solche galt. Ge naue Volkszählungsergebnisse aus den früheren Jahr hunderten sind nicht bekannt, aber aus einzelnen Daten kann man auf die Bevölkerungs- und Nationalitätenziffer schließen. So waren unter den in den Bürgerstand Auf- genommenen in der Prager Altstadt 1520: 4 Prozent Deutsche, 1550: 21 Prozent, 1580: 43 Prozent, 1600: 52 Prozent. Auch in den anderen Stadttheilen Prags ergab sich ein ähnliches Verhältniß, das sich auch nach der Schlacht am weißen Berge nicht viel änderte. Prag hatte im 17. und 18. Jahrhundert den Charakter einer deutschen Stadt und noch im Jahre 1850 zählte es 56710 Deutsche und 62450 Czechen. Von da an ging es jedoch, leider nicht ohne die Schuld der Deutschen selbst, mit dem Deutschlhum in Prag rasch bergab und der Czechisirungsprozeß machte überaus schnelle Fortschritte, zumal um diese Zeit das Nationalbewußtsein der Czechen immer lebendiger wurde. Im Jahre 1880 betrug die Zahl der Prager Deutschen nur noch 17,59 Prozent, um im Jahre 1890 auf 14,69 Prozent und 1900 gar auf 8,57 Prozent zu sinken, während die Zahl der Czechen von 82,35 Prozent im Jahre 1880, auf 85,25 Prozent im Jahre 1890 und 91,35 Prozent im Jahre 1900 stieg. Das Deutschthum in Prag ist in den zwei Jahrzehnten Von 1880 — 1900 um 23190 Seelen oder nahezu 75,5