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Vor- geschriedeneTrschcinungs- — _ tage und Platzvorfchrifren werden nach Möglichkeit AkkN I v LS M bk ! ÄMl A-UHorUsf Nr. v berücksichtigt. Anzeigen- -annadme bis norm.10Uhr. Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermittelrenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabati ansprr.ch erlischt, wenn der Betrag durch Klage eingezogen werden mutz oderderAuftraggcberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshanptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrenlamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr. 127 — 90. Jahrgang Telegr.-Adr: „Amtsblolt" Wilsdruff-Dresden PmnUock: Dresden 2640 Donnerstag, den 4. Juni 1931 Eile tut not! Vorerst ein kurzes Wort der Erklärung: Der Londoner „Daily Herald" ist das führende Blatt der jetzt an der Re gierung befindlichen Arbeiterpartei; was er also schreibt, ist natürlich nicht ohne weiteres eine sozusagen regierungs- osfizielle Verlautbarung, aber steht doch dem sehr nahe, was man an Ansichten und Absichten der Negierung Mac donald ansehen kann. Und darum ist es nicht ganz be deutungslos, wenn gerade dieses Blatt sich jetzt, also wenige Tage vor dem Besuch Dr. Brünings und Dr. Curtius in England, des längeren darüber äußert, was „seiner Meinung nach" die deutschen Minister in Chequers sagen und was ihre Wirte antworten werven. Da hält es der Artikelverfasser „für sicher, daß Dr. Brüning auch mitteilen werde, Deutschland sei ge nötigt, sehr bald von seinem Recht derErklärungdes Zahlungsaufschubes Gebrauch zu machen, falls nicht irgend etwas in der Revisionsfrage geschehe." In den Antworten, die die Engländer Wohl geben würden, ist hierüber gar nichts gesagt, sondern die behandeln nur die Frage, wie eine Revision des Young-Plans in die Wege zu leiten wäre. Nämlich: Antrag Deutschlands an alle be teiligten Staaten, in eine beschleunigte Prüfung der deut schen Zahlungsfähigkeit einzutrcten. Damit würde aller dings formell Wohl eine Erklärung des Zahlungsauf schubes zum mindesten hinausgezögert werden. Der Ausdruck „Zahlungsaufschub" oder „Morato rium" ist nicht gerade glücklich gewählt, weder im Young- Plan selbst, noch jetzt bei den Debatten hierüber. Man mutz nämlich zweierlei unterscheiden, was auch zeitlich aus einanderliegen würde: Das Transfer-Moratorium näm lich von dem „Aufbringungs-Moratorium". Und dabei ist noch ein weiteres zu erwähnen: Ein Teil unserer Zahlun gen geht an Amerika direkt, fällt überhaupt nicht unter die Bestimmungen des „Neuen Plans"; außerdem erfolgt ein Zahlungsaufschub irgendwelcher Art nicht für den 66V Millionen betragenden „transferungeschützten" Teil der Young-Plan-Zahlungen. Ein Moratorium ist nach dem Plan nur möglich für den „transfergeschützten" Teil ein schließlich der Bezahlung der Sachlieferungen, die aber nicht in Devisen erfolgt. Somit bleibt im laufenden Jahr vom transfergeschütztcn Teil nur eine in Devisen zu lei stende Barzahlung von 325 Millionen Mark. Praktisch würde sich die Erklärung eines aber erst nach sechs Mo naten effektiv werdenden „Transfer-Moratoriums" nur auf diese Summe erstrecken; denn die Aufbringung der Zahlungen durch Deutschland würde dann nach wie vor erfolgen, ebenso die Einzahlungen der Jahressumme auf das Konto der Baseler „Bank für Internationalen Zah lungsausgleich" bei der Reichsbank. Nur findet keine Um wechslung in Devisen und eine Überweisung dieser an die Gläubigerstaaten statt. Vielmehr müssen die nun auf laufenden Beträge in Deutschland irgendwie von der In ternationalen Bank angelegt werden. Denn das Geld kann natürlich nicht aus der Reichsbank „arbeitslos" liegen bleiben. Viel geholfen wäre uns damit auch noch nicht, aber — dieses Transfer-Moratorium, das also die Über weisung — den „Transfer" — unserer Zahlungen wenig stens für den „geschützten" Teil einstellen läßt, ist auch mehr eine Art Warnungssignal, vielmehr ist dies eigent lich schon die betreffende Erklärung der Reichsregierung. Formell ist der Weg zu einem wirklichen Handeln noch recht weit; nach jenen sechs Monaten, die erst verstreichen müssen, ehe das Transfer-Moratorium in Kraft tritt, muß erst ein ganzes Jahr vergehen, ehe nun die Regierung ein Äufbringungsmoratorinm verlangen kann. Auch das würde sich nur auf die Hälfte des transfergeschützien Teiles erstrecken und die Antwort der Gläubigerstaaten auf das deutsche Verlangen erfolgt auf Grund einer Prüfung der wirtschaftlichen, finanziellen und Währungsverhältnisse Deutschlands durch einen besonderen Ausschuß der Repa rationsbank, in dem dann Deutschland übrigens nicht etwa nur „Objekt" sein, sondern einen Vertreter zu sitzen haben würde. Wenn also alles nach den Bestimmungen des Young-Planes gehen würde, dann käme es zu jener Prü fung, von der das englische Blatt „Daily .Herald" spricht deutic^n Minister baldigst hcrbciführcn sollen, tatsächlich erst nach mindestens anderthalb Jahren. Erst dann, nach dem Bericht des Ausschusses, wäre auch an eine Revision des Planes zu denken, aber nur für den Fall, daß in dem Bericht gciagt wird, der wirtschaftliche Zu stand mache das WeiierfunkUonicren der Bestimmungen des Young-Planes unwahrichcmlich oder gar unmöglich. Daß Dents ch > a n »solange nicht warten kann, ist für uns selbst eine Erkenntnis von unumstöß licher Gewißheit. Ob auch für die anderen, für die Gläu bigerstaaten? Diese davon zu überzeugen, sic für diesen Zweck zu einer baldigen Prüfung unserer Lage zu veran lassen, dürfte der Weg sein, den die Neichsregierung offen bar gehen will, und auf dem der Besuch in Chequers der erste Schritt ist. No X verrichtet. Lissabon. Das Flugboot Do. X, bas sich noch auf den Kapverdischen Inseln befindet, wird aus den TransManflug ver zichten und «rach Friedrichshafen zurückkehren Dort wird das Flugboot überholt werden und verschiedene Verbesserungen an der ^Konstruktion durchgesührt und geprüft werden. ZclMzakselMle fak« Abreise nach Chequers. Fertigstellung der Notverordnung. Reichskanzler Dr. Brüning und Reichsaußcnnnnistcr Dr. Curtius haben Berlin am Mittwoch verlassen, um ihre Reise nach Chequers anzutreten. Sie fahren über Hamburg nach Cuxhaven, wo ihre Einschiffung nach Eng land erfolgt. Die Ankunft in Southampton an Bord eines englischen Kriegsschiffes erfolgt Freitag mittag. Um 4 Uhr nachmittags sind die deutschen Staatsmänner in London, wo sie am Abend Gäste im Auswärtigen Ann sind. Die Fahrt nach Chequers ist für Sonnabend mittag vorgesehen. Dort werden dann die entscheidenden poli tischen Besprechungen geführt werden. Am Montag ist eine Audienz beim König vorgesehen. Am 10. Juin kehren Dr. Brüning und Dr. Curtius nach Berlin zurück Vor der Abreise beschäftigte sich das Reichskabinett mit der Fertigstellung der Not verordnung und der Formulierung des Aufrufes, der gleichzeitig mit der Notverordnung veröffentlicht werden soll, lieber den Inhalt der Notverordnung werden noch neue Gnzelheiten bekannt. Die neue Notverordnung wird etwa zwei Dutzend Einzel gesetze enthalten und gleichzeitig mit einer eingehenden Er klärung der Reichsregierung veröffentlicht werden, in der diese an den Opfersinn des deutschen Volkes appelliert, gleichzeitig aber auch die Versicherung aussprichl, daß die Rcichsrcgicrung die Revision der Tribuilastcn unverzüglich in Angriff zu nehmen entschlossen sei. Dem Inhalte nach wird die Noiverordnung fünf Gruppen Von Fragen umfassen: 1. Ersparnismaßnahmen; 2. Neue Steuern; 3. Maßnahmen zur Sanierung der Arbeiislosen- und der sonstigen Sozialversicherungen; 4. Maßnahmen zur Besserung des Arbetismarkies; 5. Neue Mittel für die Länder. Die Einsparungen am ReichshauShalt sollen etwa 220 bis 230 Millionen Mark erbringen, Abstriche werden gemacht mit 50 Millionen beim Reichswehrhaushalt, 60 Millionen durch den Fortfall der Rückzahlung von Lohn steuern bei eintretender Arbeitslosigkeit sowie Gehaltskürzun gen bei den Beamten. Die Gehälter der Beamten werden um 4 bis 8 Prozent gekürzt. Auch die Renten der Kriegsbeschä digten werden um 4 Prozent gekürzt. Die Steuerer-Höhungen sollen rund 700 Millionen erbringen. Hiervon entfallen aus die Erhöhung der Zuckersteuer etwa 110 Millionen, Mineralölzölle etwa 75 Millionen, Tabaksteuer etwa 13 Millionen. Die neueingcsührte Kriscnsteucr soll 440 Millionen erbringen. Sie soll erhoben werden a) als Krisenlotznsteuer von den Lohn- und Gehaltsempfängern (ohne Beamte) und b) von den veranlagten Einkommensteuerpsuch- ügen. Die Kriscnlohnsieuer beträgt bei Monatseinkommen bis 300 Mark 1 Prozent, bis 700 Mark 1,5 Prozent, bis 1000 Mark 3,5 Prozent, bis 1500 Mark 4 Prozent, bis 3000 Mark 4,5 Prozent, über 3000 Mark 5 Prozent. Die Krisensteuer der Ver anlagten soll betragen bis 8000 Mark Jahreseinkommen 1 Pro zent, bis 20 000 Mark 1,5 Prozent, bis 100 000 Mark 2 Prozent, bis 250 000 Mark 2,5 Prozent, bis 500 000 Mark 3 Prozent, bis 1 Million 3,5 Prozent, über 1 Million 4 Prozent. Die Maßnahmen zur Sanierung der Arbeitslosenversiche rung sehen keine Beitragserhöhungen vor, wohl aber eine Verlängerung der Wartezeit und Kürzung sämtlicher Leistungen uni 5 Prozent. Die Trennung von Krisensürsorge und Wohlsahrtsfürsorge bleibt vor der Hand bestehen. Die Maßnahmen zur Ankurbelung des Arbeitsmarltes bestehen in der Schaffung eines Ankurbelungssonds für die Wirtschaft sowie in der Ermächtigung zur Kürzung der Ar beitszeit auf 40 Stunden wöchentlich. Die Kürzungen der Beamtengehälter in den Ländern und Gemeinden fließen den Ländern und Gemeinden zu, ebenso die Rück erstattung der Lohnsteuer sowie Mittel aus dem Ausgleichs fonds bei der Hauszinssteuer, so daß Länder und Gemeinden rund 400 Millionen Mark erhalten. Schloß Chequers. Sie Notverordnung e-im Reichspräsidenten Vor der Unterzeichnung. Nachdem das Rcichslabinett seine Beratungen über die neuen Notverordnungen abgeschlossen hatte, begab sich der Reichskanzler Dr. Brüning zum Rcichsprä - sidenten und hielt ihm einen längeren Bortrag über die geplan-.cn Maßnahmen und die diesbezüglichen Bern tungen des Rcichslabinctts. Der Reichspräsident wird nunmehr voraussichtlich am Freitag der Woche dir Notverordnungen unterzeichnen, die dann frühestens am Sonnabend veröffentlicht werden Dürften. Schloß Chequers. Das „Wochenendhaus" des englischen Ministerpräsidenten. Etwa 40 Kilometer vom Zentrum Londons entfernt, liegt mitten in einem großen Park das Schloß Chequers, das, nach dem Willen seines früheren Besitzers, des Lords Lee oj Fareham, der es vor einigen Jahren der englischen Re gierung zum Geschenk machte, dem jeweiligen englischer Ministerpräsidenten als Wochenendaufenthalt dienen soll. Lord Lee Hai an die Schenkung, die er mit einem Fonds von 1 100 000 Mark dorten hat, gewisse Bedingungen geknüpft. Von den Zinsen der 1 100 000 Mark werden Gebäude und Park unterhalten, wird die Dienerschast bezahlt und erhält der Ministerpräsident einen Unkostenzuschuß von etwa 300 Mark, wenn er ein Wochenende in Chequers verbringt. Unter „Wochenende" ist hier aber nicht etwa ein Tag ohne Nacht zu verstehen: der Ministerpräsident muß vielmehr mindestens eine Nacht in Chequers schlafen, wenn es ein richtiges Wochenende sein soll. Da aber die Zinsen der 1 100 000 Mar! zum Unterhalt von Chequers nicht immer ausreichcn, so mutz das Unterhaus jährlich für die Instandhaltung des Schlosses noch etwas zulegen. Sollte es einmal vorkommen, daß ein englischer Ministerpräsident auf diesen Wochenendsitz ver zichtet, so nehmen die Stiftungsbedtngungen andere Staats männer als Chequersbesitzcr in Aussicht. Unter diesen „even tuell Glücklichen" befindet sich auch der Botschafter der Ver einigten Siaaten. Schloß Chequers, das in einer Hügellandschaft liegt und aus der Zeit der jungfräulichen Königin Elisabeth stammt, ist ein Landsitz mit über 2000 Morgen Park. Das Haupt gebäude ist langgestreckt und vielgiebelig, mit verschiedenen Flügeln, Anbauten und Terrassen versehen — etwa von der Art der Schlösser, wie sie Walter Scott in seinen Romanen schildert. Das Innere des Schlosses birgt interessante Erinne rungen an den einst so gefürchteten Lordprotektor Oliver Cromwell, dessen Erben einst Besitzer von Chequers ge wesen sind. Im übrigen gelangt Chequers jetzt, wo es von dem deut schen Reichskanzler und dem deutschen Reichsaußenminister besucht wird, nicht zum ersten Male zu historischer Bedeutung: sand doch in Chequers tm Sommer 1924 jene Konferenz statt, in der die Sachverständigengutachten über die Ordnung des deutschen Staatshaushaltes, über die Festigung der deutschen Währung, über Mittel und Wege zur Verhütung der deutschen Kapitalflucht ausgenommen und in dem Londoner Pakt niedergelegi wurden. ZranzöMe „Verslieger" in der Nordsee. Neue Verletzung vcutschcr Luftgrenzcn. Aber den Nordseeinseln Borkum und Norder ney wurden drei französische Marineflug bootdoppeldecker gesichtet. Eines der Flutboote flog nahe an der Insel Norderney vorüber, wobei die blauweitzroten Kokarden deutlich erkannt wer den konnten. Wie die Marineflugwache auf Norderney mitteilt, kam das Geschwader von Rordosten und slog nach Südwesten weiter. Die Inseln Borkum und Norderney sind befestigt. * Berlin, 3. Juni Wie zu der Uebersliegung der Nordjee- küsle durch ein französisches Marineflugdootgeschwader von zu ständiger Stelle ergänzend mitgeteilt wird, sind die Flugboote einwandfrei als Kampfflugzeuge erkannt worden. Der Stadions- Lender „Frauenieb" sichtete am Mittwvchvormiltag um 8,55 Uhr das Geschwader in etwa 15V Meier Höhe über dem Vortrapp- Tief südlich der Insel Sylt, um 9,35 Uhr meldete die Komman dantur Borkum den Anflug des Geschwaders auf die Insel, wo es um 9,45 Uhr von verschiedenen Punkten der Insel aus erkannt wurde. Fast zur gleichen Zeit wurde die Uebersliegung der In seln Norderney und Juist, wo Beamte der Schutzpolizei das Ge schwader sichteten, gemeldet. Anscheinend handelt es sich bei dem Flug des französischen Marmeslvgzeuggeschwaders um eine plan mäßige Erkundung deutscher militärischer Kiistenanlagen.