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WMMMwß Tharandt. Nossen. Menlehn und die UmMnden. Imlsblull für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Forstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1Mk. 55 Pf Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Vl'rllU, von Martin Borger in Wilsdruff. — Vcrnniworwck sür die Redaktion Martin Borger daselbst. No. 52 Dienstag, de« 4. Mai 18S7. Bekanntmachung. Die in Gemäßheit von Art. Il 8 6 der Allerhöchsten Verordnung vom 21. Juni 1887 — Reichsgesetzblatt S. 245 flg. — nach dem Durchschnitte der höchsten Tages- pmse des Hauptmaritortes Meißen im Monate März ds. Js. festgesetzte und um fünf vom Hundert erhöhte Vergütung für die von den Gemeinden resp. Quartierwirthen innerhalb der Amtshauptmannschaft im Monate April ds. Js. an Militärpferde zur Verabreichung gelangte Marschfourage beträgt 7 Mk. 58,6 Pf. für 50 Kilo Hafer, 3 „ 67,5 „ „ 50 „ Heu, 2 „ 10 „ „ 50 „ Stroh. Meißen, am 1. Mai 1897. Königliche Amtshauptmannschaft. I. A. von Bsse. Tagesyeschichte. Der Kaiser ist nach Beendigung seiner jüngsten Reise- tourn^e, auf der er zuletzt als Gast beim Grafen Görtz in Schlitz weilte, wieder im Neuen Palais bei Potsdam eingetroffen. Doch wird der hohe Herr bereits in einigen Tagen von dem bevorzugten Sommerheim der kaiserlichen Familie wieder aufbrechen, um in Gemeinschaft mit der Kaiserin die angekündigte Reise nach Urville und Wies baden anzutreten. Nach den bisherigen Dispositionen wird sich die Kaiserin von Wiesbaden aus direkt nach dem Neuen Palais zurückbegeben, während der Kaiser einen Jagdausflug nach Schlesien zu unternehmen gedenkt. Der Regent Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin fft in Berlin eingetroffen, um nach erfolgter Uebernahme der Regentschaft dem Kaiser seine Aufwartung zu machen, ^n seiner Begleitung befindet sich der Generalmajor a la suits Freiherr v. Maltzahn. Die Generaldebatte des Reichstages über die Novelle zum Jnvaliditätsversicherungsgesetz ist am Freitag nach dreitägiger Dauer zu Ende gegangen, ohne daß der Ent wurf, wie dies bei wichtigeren Vorlagen üblich ist, an eine Kommission zur Vorberathung verwiesen worden wäre. Demnach soll die zweite Lesung gleich im Plenum statt finden, daß es aber dahin kommen werde, ist höchst un wahrscheinlich. Der Verlauf der Generaldebatte hatzwar erkennen lassen, daß man im Reichstage allseitig von der Notwendigkeit einer Abänderung des Jnvalidenversicherungs- gesetzes überzeugt ist, aber zugleich erhellte aus deu Ver handlungen, wie sehr die Meinungen über die geeignetsten Mittel zur Umgestaltung dieses wesentlichen Theiles unserer sozialpolitischen Äersicherungsgesetzgebuug auseinandergehen. Namentlich haben sich tiefe Gegensätze in den Anschau ungen über die künftige Lastenvertheilnng und über den Kreis der Versicherungspflichtigen gezeigt, eine Verständig ung erscheint ziemlich aussichtslos, daher muß man die ge- nannte Novelle wohl schon so gut als gescheitert betrachtet. 77 An den, erwähnten letzten Tage der Generaldiskussion über die Invalidenversicherungs-Novelle sprach zunächst der Relchsparteller v. Stumm, welcher hauptsächlich für das Terrüorialprmzlp uud für die Aufrechterhaltung des jetzigen Kreises der Versicherungspflichtigen eintrat, im fiebrigen aber für Errichtung emer Reichsversicherungsanstalt plaidirte. Der nächstfolgende Redner, der freisinnige Führer Eugen Richter, bekämpfte die Plötz'schen AbänderungsE empfahl dafür das vom Abgeordneten Rösicke beantragte „Nothgesetz", welches die hauptsächlichsten wirklichen Ver- befferunqsvorschläge der Regierungsvorlage enthält, dann unterzog sich Staatssekretär Dr. v. Bötticher dein undank baren Geschäft einer nochmaligen Vertheidigung der Re gierungsvorlage, zugleich erklärend daß die Abanderunas- anträge Plötz und Rösicke für die Regierung unannehmbar seien. Der weitere Theil der Sitzung m welcher noch die Abgeordneten Dr. Hitze, v. Manteuffel, Kuhn, Steininger Rösicke und Liebermann v. Sonnenbergsprachen, war nicht belangreich. Für die nächste Sitzung am Montag standen die Interpellation der Rechten wegen der amerlkamichen Zolltarismaßregeln und die zweite Lesung des Auvwander- ungsgesetzes auf die. Tagesordnung. Die Budgetkommission des Reichstages be endete am Freitag die Berathuug der Beamtenbesoldungs vorlage. Abgelehnt wurden u. A. alle vorgeschlagenen Gehaltserhöhungen der Tarifklassen I und ll (Präsident des Reichseisenbahnamtes, Direktoren des Reichsamtes des Inneren, des Gesundheitsamtes, der Seewarte, Oberpost direktoren rc.). Berlin, 1. Mai. Von der diesjährigen Maifeier war hier kaum etwas zu merkeu; es wurde in allen Fa briken und Werkstätten gearbeitet, noch geringer als im Vorjahre war in diesem die Zahl der Arbeiter, welche von der Arbeit ferngeblieben waren. In einzelnen Fabriken fehlte nicht ein Mann. Die Maurer und Putzer hatten in mehreren Versammlungen vollständige Arbeitsruhe pro- klamirZ aus den größeren Bauten im Innern der Stadt wurde wie sonst gearbeitet. Auf den mehr der Peripherie zu gelegenen Baustellen fehlte ein kleiner Theil der Arbeiter, es waren fast ausschließlich die Putzer. Von anderen Ge werkschaften, die sich ebenfalls für vollständige Arbeitsruhe aussprachen, waren fast alle Mitglieder zur Arbeit erschienen. Der Besuch der 21 Gewerkschaftsversammlungen war ein schwacher; die polnischen Sozialisten hatten sich, mit dem Parteivorstand an der Spitze, in einem Lokale eingefunden, um von hier aus sich nach Treptow zu begeben, wo in einem Restaurant an der Köpnicker Landstraße Halt ge macht wurde. Vor dem Lokale hatte sich starkes Polizei aufgebot eiugefuuden und verhinderte jede Demonstration. Die Kaiser Wilhelm-Universität in Straßburg be ging am 1. Mai die Jubelfeier ihres 25jährigen Bestehens durch glänzende Festlichkeiten. Möge die Straßburger Hoch schule, dieser Hort deutscher Wissenschaft und dieses Boll werk deutscher Gesinnung in den westlichen Grenzmarken des Reiches, auch ferner blühen, wachsen und gedeihen. Die Verhandlungen zwischen dem Bund der Land- wirthe in Hannover und deu hannoverschen Nationalliberalen wegen eines eventuellen Zusammengehens beider Parteien bei den nächsten Reichstagswahlen sind gescheitert. In vergangener Woche hat die feierliche Eröffnung der Dampserlinie Saßnitz (Rügen)-Trelleborg stattgefunden welche eine direkte Postverbindung zwischen Deutschland und Schweden herstellt. Der erste Theil der Eröffnungs feier spielte sich in Saßnitz unter Betheilignng hervor ragender Vertreter der Reichsregierung und der preußischen Regierung wie der schwedischen Regierung, der zweite Theil auf schwedischem Boden ab. Hier wurden die deutschen Gäste mit besonderer Auszeichnung empfangen und in Trelleborg, in Lund rc. hoch gefeiert. Die neue Dampfer- linie schlingt zugleich ein neues geistiges Band um die einander stammverwandten Völker Deutschlands und Schwedens und stellt sich demnach als ein beachtenswerthes Friedenswerk dar, dessen Bedeutung denn auch in den ver schiedenen offiziellen Festreden anläßlich der Eröffnungs feier gebührend hervorgehoben worden ist. Die Deutschliberalen re. im österreichischen Abge ordnetenhause haben jetzt dem Ministerium Badem wegen dessen czechenfreundlicher Sprachenverordnungen den schärfsten Kampf in aller Form angekündigt. Es sind von den verschiedenen Fraktionen der deutschen Linken im Wesentlichen gleichlautende Anträge eingebracht worden, wonach Ministerpräsident Graf Badeni und seine für den Erlaß der Sprachen-Verordnungen mitverantwortlichen Ministerkollegen in Auklagezustand versetzt werden sollen. Von den Antragstellern werden die betreffenden Minister beschuldigt, sie hätten sich einer vorsätzlichen Verfassungs verletzung schuldig gemacht, denn laut Artikel 19 des Staats grundgesetzes könne die Alleinberechtigung von Sprachen nur ini Wege der Gesetzgebung, nicht aber durch einseitige willkürliche Verordnungen einzelner Minister durchgeführt werden. Das mag richtig sein, trotzdem wird natürlich dieser Vorstoß der deutschen Opposition gegen das Ministe rium Badeni ein Schlag in's Wasser bleiben, da die slavisch-klerikale Mehrheit des neuen Abgeordnetenhauses die genannten Anträge der Linken mit Sicherheit ablehnen wird. Der Kaiser von Oesterreich ist mit dem Erzherzog Otto von seinem Gegenbesuch am Petersburger Hose wieder nach Wien zurückgekehrt. Die also wieder beendigte jüngste Begegnung des Kaisers Franz Josef mit dem Czaren Nikolaus hat sich durch die Gleichzeitigkeit der kriegerischen Vorgänge im Orient zu einem politischen hochbedeutsamen Ereignisse gestaltet, welches weit über die Rahmen eines bloßen Höflichkeitsaktes hinausreicht. Als hervorstechend stes Ergebniß der Petersburger Kafferbegegnung kann man den Beschluß beider Herrscher bezeichnen, die freundschaft lichen Beziehungen zwischen ihren Reichen durch die orien talischen Wirren nicht trüben zu lassen und eine ernste Be drohung der Reiche Europas hintan zu halten. Schon die zwischen den beiden Monarchen gewechselten Trinksprüche ließen diesen Entschluß erkennen, derselbe hat aber inzwischen noch eine weitere Beleuchtung erfahren. Denn die beiden Kaiser haben von Petersburg aus durch ihre Minister Rumänien, Montenegro, Serbien und Bulgarien ihren Dank für die bisherige korrekte Haltung dieser Balkanstaaten gegenüber dem türkisch-griechischen Krieg ausdrücken lassen, ein ganz ungewöhnlicher, aber sicherlich nur mit größter Genugthuung zu begrüßender Vorgang. Unterdessen hat die rumänische Regierung bereits ihren Dank sür diese ihr gewordene Anerkennung in Petersburg und Wien aus drücken lassen. Die Verabschiedung des Kaisers von Oesterreich von den Großfürsten und den russischen Herren trug den Charakter großer Herzlichkeit. Der Kaiser wurde nicht müde, seiner Freude und seinem Danke für die ebenso warme als glänzende Aufnahme Ausdruck zu geben. Als die Abfahrtstunde nahte, umarmten und küßten die Kaiser einander zweimal. Gleichzeitig verabschiedete sich Erzherzog Otto warm vom Czaren und den Großfürsten. Am Aus gange des Hofwartesalons in den Perron standen Depu tationen der beiden Regimenter des Kaisers Franz Joseph, der Kexholm-Grenadiere und der Belgoroder Dragoner, ferner eine aus Kischenew zur Begrüßung des neuen In habers, Erzherzog Otto, eingetroffene Deputation der Lu- biner Dragoner. — Der Kaiser wendete sich zn den Offi zieren des Kexholmer Garde-Grenadier-Regiments, indem er ihnen in französischer Sprache seinen Dank aussprach mit den Worten: „Ich war hocherfreut, Mein schönes Regiment zu sehen." — Der Kaiser von Oesterreich spendete für die Armen von Petersburg 3000 Rubel, für den Petersburger österreichisch-unaarischen Hilfsverein 1500 Rubel, für den Odessaer Hilfsverein 500 Rubel, für katholische Kirchenzwecke an den Erzbischof in Petersburg 1000 Rubel und für die Dienerschaft des Winterpalais 2000 Rubel. Madrid, 1. Mai. Der oberste Gerichtshof hat 5 in Barcelona verhaftete Anarchisten zum Tode verurtheilt. Dieselben sollen morgen hingerichtet werden. Gegenüber dm Erörterungen der französischen und englischen Blätter über Art und Zeitpunkt einer Inter vention der Großmächte im türkisch-griechischen Kriege erfährt die „Nat.-Ztg." an unterrichteter Stelle, daß dort über alle diese Lesarten nichts bekannt ist. Hinzugefügt wird, daß ein bezüglicher greifbarer Vorschlag bisher über haupt nicht gemacht worden ist. Wie wenig in der That eine Intervention der Mächte im gegenwärtigen Momente angebracht wäre, geht überzeugend aus einem Interview hervor, das der griechische Ministerpräsident Delyannis einem Vertreter des „Standard" gewährte. Delyannis sagte, der Hauptwunsch Griechenlands sei, eine Grenzbe richtigung in Thessalien, in Uebereinstimmung mit dem Berliner Vertrage, zu erhalten. Das Volk wünscht noch immer den Feldzug fortzusetzen. Wenn die Ehre Griechen lands auf diese Weise hergestellt sei, könne Griechenland seine Ansprüche auf den Besitz Kretas aufgeben, sich inn der Grenzberichtigung begnügen und die Autonomie der Insel unter europäischer Garantie annehmen. — Das ist