Volltext Seite (XML)
/luer Tageblatt Nr. 105 Dienstag» äen 7. Mai 1929 24. Jahrgang --- /shA^PA^ier sur vus ^rAAbvrrA^ NLHWM- r.^..««HM.»» »I. «Mich« 0°,-°°w.°quag„ »-. ««., »„ «... x°-. PE»»«- Heue KompromiKbotknungen in Paris Der amelllanssche Vermittlung-Vorschlag Die Vertreter der Gläubigerstaaten haben am Sonnabend nachmittag eine Besprechung abgehalten. Zn dieser Besprechung hat der Vorsitzende der Repa» rationskdnferenz, Owen D. .Young, Zahlen und einen Zahlungsplan mitgeteilt mit dem Hinzufügen, daß ihm die deutsche Gruppe erklärt habe, sie sei bereit, diese Zahlen unter ganz bestimmten Bedingungen anzuneh men, wenn die Gläubigergruppen ebenfalls zur An nahme bereit feien. Tie Gläubtgergcuppen haben die Erklärung abgegeben, daß, sie den mitgeteilten Vorschlag einer sofortigen Prüfung unterziehen würden. Diese Mitteilung wird von der Agentur Havas bestätigt, die folgende Nachricht verbreitet: „Wie die Agentur Havas ankündigte, scheint ein Einverständnis innerhalb der Sachverständigenkommission auf der Grundlage des von Owen D. Young ausgearbeiteten Kompromisses erfolgen zu sollen. Im Laufe des Sonn abend nachmittag hat der Vorsitzende der Reparations konferenz den Vertretern der Delegationen mitgetcilt, daß Dr. Schacht unter gewissen Vorbehalten die Zah? len annehme, die er vorgeschlagen habe.. Tie von ihm formulierten Vorbehalte werden schriftlich den intev- -es icrten Delegationen durch den Vorsitzenden der Re- parationskvnserenz überreicht werden. Aus alle Fälle kann jedoch eine Einigung nicht vor der Rückkehr de>s ersten französischen Delegierten Moreau nach Paris er folgen, und das ist frühestens im Laufe des kommen» den Dienstag." c Glreikbescdluß -es Elnheltsverbanües -er Eiscnbuhner veutsthlan-s Di« Ausführung hangt von den Vorständen der Organisation ah Ter Vorstand und Beirat des EinheitSverbandeS der Eisenbahner Deutschlands trat gestern in Leipzig zusammen, um zu der durch! die Ablehnung der Lohn erhöhung durchs die Hauptverwaltung der Reichsbahn geschaffenen Lage Stellung M nehmen^ Nach Berich» ten -über die bisherigen Verhandlungen und nach, län gerer Aussprache, in der besonders von den Funktio nären Mitteldeutschlands ein sofortiger Eintritt in den Streik gefordert wurde, nahmen die Versammel ten eine Entschließung an, durch die der Vorstand er mächtigt wird, im Einvernehmen mit den übrigen be teiligten Organisationen den Streik zu Proklamierens Nach dieser Formulierung ist also die letzte Gntscheit- dung in die Hände der Vorstände der Eisenbahners» werkschaften gelegt worden, die, wie verlautet, am Dienstag in Berlin zusammentreten werden, um ihre weiteren Schritte zu beraten.. Nach den Richtlinien der Eisenbahnerorganisationen müssen jedoch vor Ein tritt in den Streik die Spitzengewerkschaften verstän digt werden. Verhaftung von Mexikanern in Neayork Beamte des Geheimdienste- verhafteten in Neu- hork vier in einem Hotel wohnende Mexikaner, die etwa 200 000 Dollar in mexikanischen Goldmünzen mit sich! führten. Wie eS h!etßt, handelt es sich um mexikanische Revolutionäre, die von Neuhork au- nach Spanien Weiterreisen wollten. Zu der Feststellung der Kriminalpolizei, daß es sich bei den Verhafteten um Mexikaner handelt, wird von einer maßgebenden mexi kanischen Stelle in Neuhork erklärt, nur einer der Verhafteten fei Mexikaner? im übrigen handle eS sich um zwei amerikanische Anwälte und einen Spanier, der Zahlmeister bei der Armes der mexikanischen Muh ständischen in Iuarez gewesen sei. Politischer Zerftömag-alt In der Nacht zum Sonnabend ist «ine auf dem Walther SimonsMatz in Königsberg aufgestellte Ra dioanlage im Werte von 12 000 RM, die am Sonntag zur Verbreitung der Ansprache de- Stahlhelmbundes» führers Seldte benutzt werden sollt«, von unbekann ten Tätern vollständig zerstört worden. Diskonterhöhung in Rumänien. Tie Nationalbant setzte den Diskontsatz von sech- auf Acht Prozent, dm Lombardzinssatz von sieben auf neun Prozent herauf. Djes« Regelung trat mit de« gestrigen Lage in Kraft. Die Kaffennot des Reiches Maßnahme« zu Ihrer Sehebung Die Kassenlage des Reiches steht seit Wochen im Mittelpunkt der Erörterung. Auf den Ernst der Lage ist von Maßgebenden Stellen, insbesondere vom Reichs minister der Finanzen, immer wieder Ungewissen wor den. Die Unmöglichkeit, zur Deckung der Ausgaben des außerordentlichen Etats die vorgesehenen Anleihen langfristig aufzulegen, mußte dazu führen, daß die Zahlungsverpflichtungen des Reiches hinter den laufen den Einnahmen zurückblieben und die Schwierigkeiten der Finanzierung, insbesondere an den Ultimoterminen, sich! häuften. Ein solcher Zustand muß aber auf die Tauer zu einer Gefährdung der Finanzlage des Rei ches und damit auch der Länder und Gemeinden, trotz eines im übrigen ausgeglichenen Etats, führen. TaS Reich! hat zunächst kurzfristige Darlehen ausgenommen, die den laufenden Bedarf der letzten Wochen deckten.^ Eine weitere Steigerung der DarlehnSaufnahme bet Banken erscheint mit Rücksicht aus die Geldlago un» durchführbar. Auch die unmittelbar« oder mittelbare Inanspruchnahme von Auslandskredit kann nicht gut in Betracht kommen. Ta aber auch für die nächsten Monate weitere Mittel erforderlich sind, um dis an- dauernde Zahlungsfähigkeit des Reiches sicherzustellen, bedürfte eS durchgreifender Maßnahmen« Ein vom Neichskabinett verabschiedeter Gesetzentwurf sieht in folgedessen zwei Maßnahmen vor: 1. ES soll eine Inlandsanleihe von mehrjähri ger Laufzeit in Höhe von 500 Millionen RM aufgelegt werden, deren Stücke von der Vermögenssteuer, der Erbschaftssteuer und der Einkommensteuer befreit sind; auch ein Steuerabzug vom Kapitalertrag findet da nach nicht statt. Die Befreiung von der Erbschafts steuer wird auf die vom Erblasser selbst gezeichneten Anleihestücke beschränkt sein. Es unterliegt keinem Zweifel, daß eine so ausgestattete Anleihe nicht ohne Bedenken vom Standpunkt der steuerlichen Gerechtig keit ist. Aus der anderen Sette aber bietet sie einen solchen Anreiz, daß auf.diesem! Wege Beträge schnell und in der erforderlichen Höhe heretngeiholt werden können. ES wird dabei auch erwartet, daß die Mög lichkeit steuerfreier Anlage ein wirksame» Gegenmittel gegen die bedauerlicherweise in letzter Zett immer wehr zunehmende Kapitalflucht bilden rann. 2. Der Reichsmintster der Finanzen wird ermäch tigt, die im Retchsbesitz befindlichen 7Prazenttgen NeichöbahnvorzugSaktten an öffentliche Sparkassen, Girozentralen, Lande-- und KommunalbaNken und an Träger der Sozialversicherung zu verkaufen. Da» Stimmrecht des Reiches wird dadurch! sichergostellt, daß nur Zertifikate anstelle der Vorzugsaktien gegeben wer den. Mit dem Erwerb solcher Vorzugsaktien sollen die bezeichneten Stellen ihrer Verpflichtung zur An lage eines Teiles ihres Vermögen- in Reich-anlethen genügen können. Da diese Stellen dis Vorzugsaktien nur nach! Maßgabe ihre- Vermögens-uwachse» aufneh men können, wird dies« zweite Maßnahme zwar nur einen allmählichen aber dafür ständigen Zufluß an Mitteln für die Reichskasse zur Folge haben« Durch beide Maßnahmen zusammen genommen wird ein erheblicher Teil des außerordentlichen Etat» durch Realisierung der bisher unausgenützten Anleihe ermächtigung gedeckt, damit eine sofortige Entspannung der Kassenlage erreicht und die Wiederholung der un erquicklichen Vorgänge der letzten Monate verhindert. T!er dadurch erstrebten Beseitigung der Kassenscwvierig- keiten wird selbstverständlich! je nach dem Abschluß der Reparationsverhandlungen ein Programm für die an dauernde Gestaltung der deutschen Finanzen ln Ein nahmen und Ausgaben folgen müssen« Ter bezeichnete Gesetzentwurf ist bereit- dem Reichsrat zugegangen. Tie Finanz* und Innenminister der Länder sind zu einer Vorbesprechung auf Diens tag, den 7. Mai, in da- ReichSfinanzmtnistertuM «tw geladen worden. Deutschland rückt in Genf ab Eine Erklärung -es Grafen Sernflorff Am Sonnabend galb Bernstorfs in der vorbereiten den Abrüstu n gsk onf« üeuz in Genf namens der deutschen Reichsregierung eine Erklärung ab, die von größter politischer Bedeutung ist. Sie lautet: „Meine HerrenI Sie haben sichre alle wie ich das Gefühl, daß wir an einem bedeutenden und vielleicht entscheidenden Punkte unserer Verhandlungen angeikommen sind. Erlauben Sie mir daher, die Bedeutung der Lage, in der wir uns be finden, zu resümieren. Ausgabe der Abrlüstunoskommission ist die Vorbereitung eines Abriustungsplanes, aus Grund dessen die Konferenz einen ersten Abrüstungsschritt tun sollte. Das Maß der Abrüstung soll die Konferenz beschließen. Die Ab- ! rüstungskommission hat allerdings diese letztere Ausgabe nicht, I mohl aber hat sie die Aufgabe, entsprechend den Bestimmungen der Vertrüge und des Paktes alle Möglichkeiten zu einer sub- stantionellen Herabsetzung der Rüstungen offenzuhalten und die Wöge dahin zu weisen. Das hat die Kommission auch vor kurzem noch in der ersten Woche anerkannt. Wie steht es i heut« damit? Gern soll zugegeben werden, daß hinsichtlich der Marineabrüstung die Kommission diesmal aus einen erfreu- licken Beginn Hinweisen kann, indem der Grundsatz der sub- stantziellen Herabsetzung aller Rüstungsfaktoren zur See sich durchzusetzen scheint. Ganz anders steht es mit unserer Dis kussion über die Landabrüstung. Bon den Elementen der Land- abrüftung hat man in den letzten Tagen wesentliche Faktoren ! beiseite gelaßen, die in einer Konvention nicht fehlen dürften, wenn es mehr als «ine bloße Scheinlösung bringen soll. Die Kommission hat also ihre Aufgabe jedenfalls hinsichtlich der Laa-abrüstung aus dem Auge verloren.. Ich habe mit Jahr und Tag in ehrlicher Uebcvzeugumg und mit aller Kraft in der Kommission mitgearbeibet und die Verantwortung für deren Arbeiten geteilt. Mein« Regierung hat aber nie einen Zwei- frl darüber gelaßen — ich erinnere an di« Rede des deutschen Reichskanzlers auf der letzten Bundesversammlung, sowie an meine wiederholten Erklärungen vor dieser Kommission — daß sie ebne Lösung ohne Erfassung aller Rüstungsfaktoren und ohne fühlbare Verringerung der noch vorhandenen übermäßi gen Rüstung selbst «ine erste Etappe nicht akzeptieren könnte. Denn sie entspreche nicht dem Grundgedanken des Paktes und der Vertrüge. Ich sehe mich daker genötigt, klar abzurücken von dem Programm, daß di« Mehrheit der Kommission hier ausgestellt hat und ihr von jetzt ab die volle Verantwortung für die Bor- bereitun« der Konferenz, wie es sich abzeichnet, zu überlassen. iUeber Vies« Entwicklung brauche ich meinem Bedauern Mcht erst besonderen Ausdruck m geben. Noch sch-verwiegen- der würde mein Bedauern und meine kvM fein, wenn ich mir nicht vergegenwärtigen würde, daß wir hier unS nur in einem Vorbere'itungsstwd:um befinden. Nicht in dieser Kom mission, sondern in anderen Instanzen, insbesondere bei der Abrüstungskonferenz selbst, wird die endgültige politische Ent scheidung über das gegenwärtige System fallen. Ich lebne es ab, das jetzige Verhalten der Mehrheit der Kommission in der Frage der Landabrüstung als das letzte Wort der hier ver tretenen Regierungen und der Regierungen, di« an den bis herigen Arbeiten nicht teilgenommen haben, aber aus die Kon ferenz Delegierte entsenden werden, «zusehen. Angesicht« des Ernstes der Lage appelliere ich an alle diese Regierungen: Mögen sie bis zum Tage des Zusammentritts der Abrüstung«- konserenz den Willen der öffentlichen Meinung und de« immer dringlicher werdenden Ruf der Büller aller Länder endlich verstehen lernen und ihre Delegierten mit andere« Weisungen versehen, als es diesmal geschehen ist, und zwar mit Weisun- gen, die wirklich dem Ziel der künftigen Konferenz entsprechen, das wir unter keinen Umständen «ms den Augen verliere« dür fen, nämlich eine tatsächliche Herabsetzung der Rüstungen.« Mit dieser Erklärung des Grafen Bernstorfs zieht die deutsche Reichsregierung den Schlußstrich «vier «in« Tagung der vorbereitenden Abrüstungskonferenz, die hinsicht lich der Landabrüstung völlig versagte. Wenn die« auch ge schieht, so hält es unsere Reichsregieruua gleichwohl für ge boten, ihre bisherige Politik der Entschleierung nnd der kriti schen Feststellung der Absichten der Militärmächte sowie die Nichterfüllung ihrer Verpflichtungen weiterhin zu verfolgen und fortzusetzen. Sie weiß sich dabei eins mit dem Wunsch und Willen der überwigeenden Mehrheit deS deutschen Volkes. Ein« Doutlch-Schweizertn in Pari« unter «PW»oPvo«docht verhaftet. Wie „Matin" berichtet, ist vorgestern eine Hau-- angestellte aus der deutschen Schweiz namen» Marth« Tanner, die von ihrer Arbeitgeberin entlassen worden war. weil sie Taschentücher gestohlen chatte, unter Spionageverdacht verhaftet worden< Sie soll im Be sitze eine- unausgefüllten Fragebogen» über di« Me thoden des militärischen Au-biÜmng-z«n1rum» von Vincennes gewesen sein nnd erklärt haben, daß ihr der Fragebogen von einem unbekannten Mann in der Gegend des Bahnhose» von St. Lazar« zugesteckt wor den sei. Nach dem „Matin* sucht die Polizei den ge heimnisvollen Unbekannten sestzupellen, der sich für französische Militär angelegercheite» trrteveffiert.