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Amts- und Anzeigeblatt für den Erscheint . Abonnement -S.-L-- Syirk des Amtsgmchts Eibenstock ZL'SZ sertionSpreiS: die kleinsp. ten, sowie bei allen Reichs» z«l. w P, und dessen Umgebung. Verantwortlicher Redacteur: E. Hannebohn in Eibenstock. Sk. Z-strg-u«. S1. Sonnabend, den 3. August 188S. Der nachstehende Aufruf, Sammlungen für die durch Elementarereignisse heimgesuchten Gemeinden des amtShauptmannschafrlichcn Bezirks Glauchau be treffend, wird zur Kenntniß der Gemeinden des hiesigen Bezirkes mit dem Be merken gebracht, baß die unterzeichnete Amtshauptmannschaft bereit ist, Gaben anzunehmen und weiter zu befördern. Schwarzenberg, am 30. Juli 1889. Königliche Amtshauptmannschaft. Frhr. v. Wirsing. Aufruf. Am 12. Juli dieses wahres ist ein großer Theil der Amtshauptmannschaft Glauchau schwer heimgesucht worden. Mehr denn 30 Gemeinden hat ein furchtbares Hagelwetter mit orkanartigem Sturme betroffen. Die ganze Ernte ist nahezu vernichtet; der Schaden an Gebäuden, Gärten und Felbern, für welchen ein Anspruch auf Entschädigung in Folge Versicherung nicht besteht, beläuft sich nach den slattgchablen Erhebungen auf mehr als eine Million Mark. Unter den Betroffenen sind leider nicht Wenige, welche den Schaden aus eigenen Mitteln nicht zu tragen vermögen. Sie sind gezwungen, HauS und Hof, Vieh und sonstige Habe zu verkaufen, — Alles — was ihnen bisher eine wenn auch nur bescheidene Lebenshaltung ermöglichte. Der Nachbar ist nicht im Stande, dem Nachbar zu helfen — Alle sind schwer geschädigt! — Rasche Hülfe thut noth, um wenigstens die beschädigten Wohnungen vor weiterem, durch fortgesetzte Regengüsse drohenden Schaden sicher zu stellen. Und so glaubt denn der unterzeichnete Hülssausschuß für die am härtesten Betroffenen, welche noch vor Kurzem selbst nach Kräften fremde Noth lindern halfen, die in diesem Jahre schon so vielfach angcrufene öffentliche Wohlthätigkeit in Anspruch nehmen zu dürfen und richtet an Alle, denen die Bethätigung ihrer christlichen Nächstenliebe am Herzen liegt, die dringende Bitte, zur Linderung der Noth eine Gabe beitragen zu wollen, zu deren Inempfangnahme die Unter zeichneten, sowie die Königliche Amtshauptmannschaft Glauchau sich bereit erklären. Glauchau, den 25. Juli 1889. Amtshauptmann Mcn-Glauchau, Rittmeister d. L. a. D. Grldkc-Gesau, Land tagsabgeordneter nnv Mitglied des Bezirksausschusses, Gemeindevorstand Lcithold Tettau, Landtagsabgeordneter und Mitglied des Bezirksausschusses, Gemeinde vorstand Hoppcrt-Callenberg, Mitglied des Bezirksausschusses, Graf Lcust-Jerisau, Mitglied des Bezirkstages, Fürstlicher Berwaltungsvirector llr. Lamprccht-Walden- burg, Pfarrer Spikgclhaulr-Altstadt-Waldcnburg, Pfarrer Grhring-Callenberg, Pfarrer Haiscr-Langenchursdorf, Rittergutspachter Huth-Remse, Gemeindevorstand Colditz-Dennheritz, Gemeindevorstand Panitz-Altstadt-Waldcnburg, Gemeindevor stand Hrinig-Altwaldenburg, Gemcindcvorstanb List-Kertzsch, Gemeindevorstand Achwarz-LangenchurSdorf. Es ist wahrzunehmcn gewesen, daß die auf Grund des Bauunfallversicher ungsgesetzes vom 1l. Juli 1887 über Regiebauarbeiten aufzustellenden Nachweis ungen nicht oder nicht rechtzeitig eingercicht worden sind. Die Königliche Amtshauptmannschaft hat daher wiederholt daran zu erinnern, daß diese 'Nachweisungen von den Betheiligten binnen 3 Tagen nach Ablauf des Monats für die im vorhergehenden Monate ausgeführten Bauarbeiten in den Städten Johanngeorgenstadt, Grünhain und Aue an den Herrn Bürgermeister, in den Landgemeinden an den Gcmeindevorstand und den selbstständigen Guts bezirken aber an die unterzeichnete Königliche Amtshauptmannschaft einzureichen und von den Herren Bürgermeistern und Gemeindevorständen mit der vorge schriebenen Bescheinigung (vergl. 8 22 Absatz 3 des Bauunfallversicherungsgesetzes) zwei Wochen nach Ablauf des Kalendervierteljahres je nach der Art der ausge führten Regic-Bauarbeiten entweder an den Vorstand der Tiefbau-Berufsgenossen schaft in Berlin VV., Leipziger Straße Nr. 125, oder an den Vorstand der säch sischen Baugewerksberufsgenossenschaft in Dresden, Melanchthonstraße Nr. 18, abzugeben sind. Schwarzenberg, am 30. Juli 1889. Königliche Amtshauptmannschaft. Frhr. v. Wirsing. St. Boulangers Stern erbleicht. Die Generalrathswahlen vom Sonntag, welche Boulanger und seine Genossen zu einer Art Borab stimmung für die demnächst stattfindendcn Wahlen zur Deputirtenkammer machen wollten, haben mit einer totalen Niederlage Boulangers geendet. Er ist, soweit sich dies bisher übersehen läßt, nur in zwölf Kantonen gewählt worden, während seine Anhänger sicher auf den Sieg in mindestens 80 Bezirken rech neten. Zwar steht der Exgeneral noch etwa 90mal zur Stichwahl, aber das Gesammtergcbniß wird da durch nicht mehr geändert; das erwartete Plebiszit für Boulanger ist gänzlich mißglückt und die be stehende Republik hat in Frankreich einen so gewalt igen Sieg erfochten, wie ihre Anhänger sich selber wohl nicht träumen ließen. Der BoulangismuS war bereits bei seinem Ent stehen moralisch bankrott. Niemand wird leugnen, daß die Zustände unter der dritten Republik in ein Fahrwasser gerathen waren, welches eines wackren Lotsen, einen Retter, nothwendig zu machen schien. Die gewissenlose Verschleuderung von Staatsgeldern, die Skandale ü la Wilson, d'Andlau, Limousin, Cafsarel, Ratazzi u. s. w., die Planlosigkeit in der Politik jener Berufspolitiker, die keine waren und von denen einer nur immer eiligst den andern vom Ministerplatze zu verdrängen suchte, das waren Er scheinungen, welche bei der großen Mehrheit der gewerbfleißigen Steuerzahler den dringenden Wunsch nach einer durchgreifenden Aenderung, nach einem eisernen Besen, rege machen mußten. Während sich unter CarnotS Präsidentschaft lang sam der Reinigungsprozeß vollzog, machte Boulanger die Franzosen glauben, daß er zum Retter Frank reichs, berufen wäre; — eigenthümlicherweise traten ihm die Männer von der äußersten Rechten, die einstmals die Fahnen mit den drei weißen Lilien geschwungen, und Männer der äußersten Linken, die einstmals die rothe Fahne der Commune getragen, bei. Große Entschlossenheit zeigte Boulanger nie; er ließ andere für sich arbeiten und krakehlen. Er floh, als ihm Verhaftung drohte, und setzte von Belgien, später von England aus seine Propaganda fort. Woher ihm die Mittel dazu flössen, ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt. Ob der Amerikaner Mackay wirklich 20 Millionen in der Hoffnung geopfert hat, Boulanger werde, wenn er zur Macht gelangt, ihm die alleinige Konzession für die französisch-amerikan ischen Kabel ertheilen? Oder sollte der Sohn jenes SchießpeterS, welcher die Tochter des Spielbankpächters Blanc gehcirathet hat, den Prätendenten aus den Spielbanküberschüssen von Montecarlo unterstützen? Wer mag es sagen! Genug, die boulangistische Agi tation kostete ein rasendes Geld und Boulanger selbst ist kein Krösus. Nachdem der BoulangismuS bei den Gcneral- rathSwahlen am Sonntag so verzweifelt schlechte Geschäfte gemacht hat, werden sich die Hintermänner sehr wohl hüten, noch weitere Kapitalien in ein bankrottes Unternehmen zu stecken. Sodann aber dürfte die französische Regierung das Eisen schmieden, so lange es heiß ist. Der politische Prozeß gegen Boulanger steht unmittelbar bevor und ihni wird sich eine Verhandlung vor dem Kriegsgericht an schließen, da gegen Boulanger auch die Anklage wegen gemeiner Verbrechen, Unterschlagung amtlicher Gelder und Bestechung, vorliegt. Wegen der rein politischen Anklagen, Verschwörung und Attentatsversuch, würde England natürlich nicht ausliefern; anders wegen der gemeinen Verbrechen, wenn diese erwiesen oder wenigstens der englischen Regiernng glaubhaft gemacht sind. Boulanger ist also nicht einmal in seinem Londoner Asyl sicher und soll sich allen Ernstes mit dem Gedanken tragen, nach Amerika überzusiedeln. Dazu kommt auch, daß die gesellschaftliche Stellung des Prätendenten in London eine recht unbehagliche ist; selbst das kleine Häuflein irischer Exaltados, das anfänglich Karten und Besuche mit ihm tauschte, zieht sich jetzt von ihm zurück. Hätte zur Zeit der sich häufenden Republikaner skandale in Frankreich ein sittlich reiner Prätendent kühn die Fahne erhoben, vielleicht wäre die Republik in Trümmer gesunken ; einem Boulanger aber zeigt sie sich noch gewachsen, obwohl sie daS durchschnittliche Lebensalter der französischen Regierungssormcn wäh rend des letzten Jahrhunderts bereits überschritten hat. Hagesgefchichle. — Deutschland. Nachdem der junge deutsche Kaiser den Höfen von Petersburg, Stockholm und Kopenhagen, vielen deutschen Fllrstenhöfen, sowie den Herrschern Oesterreich-Ungarns und Italiens bereits seine Besuche gemacht und eine längere Erholung auf der Lofoden-Reise gesucht hatte, wandte sich der Kiel seines Schiffes westwärts nach den Gestaden Albions. Geleitet von einer stattlichen deutschen Flotte (bestehend aus sieben Panzerschiffen, einer Korvette und zwei Avisos, mit zusammen 4000 Mann Besatzung) warf die kaiserliche -sacht „Hohenzollern" am Donnerstag an der englischen Küste die Anker. Wohl die größte Flotte, welche je selbst das an Schiffen so reiche England beisammengesehen hat, wird vor dem Kaiser manövriren und seinen prüfen den Blicken ein Schauspiel bieten, wie es in dieser Großartigkeit wohl wenige giebt. Kein Staat der Welt außer England würde dem kaiserlichen Gaste eine solche Schaustellung vorzuführen in der Lage sein, und dennoch findet man auf dem Jnselreiche, daß diese stolze Flotte noch nicht genüge, doch sind Millionen und aber Millionen bewilligt, um die Zahl der großen englischen Schlachtschiffe zu ver mehren und die, wenn nicht von der Natur geschützt, schutzlos daliegenden Küsten Englands zu befestigen. — Wenn auch anläßlich des Kaiserbesuchs in Eng land keine festen politischen Abmachungen getroffen werden, so ist doch die Art, wie sich der Besuch voll zieht, symptomatisch für die gute Freundschaft, die zwischen den beiderseitigen Regierungen und den Monarchen besteht. Bevor der jetzige Kaiser den Thron bestiegen hatte, war man im großen Publikum sehr zweifelhaft, wie sich dereinst unter seiner Regier ung das Veryältniß Deutschlands zu England ge stalten würde. Zwei Richtungen bekämpften sich damals in Deutschland in fast fanatischer Weise: die übertriebene „Engländerei" und der ebenso über triebene Haß vor allem Englischen. Man gruppirte dementsprechend auch die Personen der höchsten Kreise. Nachträglich mußte man sich überzeugen, wie falsch oder doch wenigstens wie willkürlich man jene Grup- pirung vorgenommen hatte: Kaiser Wilhelm ist heute der Gast seiner königlichen Großmutter auf englischem Beden. Diese bloße Thatsache sagt genug, sie tritt