Volltext Seite (XML)
Fernsprecher Wilsdruff Nr. 6 Wochenblatt für WWdruff und Umgegend Postscheckkonto Leipzig 28644 Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Amtsgerichts Wilsdruff, des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt Verleger «ud Drucker: Arthur Zschunke in Wilsdruff. Verantwortlicher Schriftleiter: Hermann Lässig, für den Inseratenteil: Arthur Zschunke, beide in Wilsdruff. Nr. 25. Sonntag den 30. Januar 1921. 80. Jahrgang. Amtlicher Teil. Fettverteilung. Das Wirlschaftsministerium hat durch Verordnung vom 15. Januar 1901 — Nr. 28 a VI.^VI — die Ausgabe von Butter in der Woche vom 31. Januar dis 6. Februar 1921 untersagt und die Abgabe der dadurch ersparten Butter an die Landes fettstelle zur Belieferung der Zuschußkommunaloerbände angeordnet. Im Kommunaloerband Meißen-Stadt und -Land werden daher auf die Zeit vom 31. Januar dis 6. Februar 1921 50 x Schmalz als Brotaufstrich auf den Abschnitt X der Landesfettkarte ausgegeben. Die Krankenbutterkarten sind gleichfalls mit 5v Schmalz zu beliefern. Der Preis für das Pfund Schmalz beträgt 15.— Mark. Der Kommunalverband weist darauf hin, daß weder die Gemeindebehörden noch die Mitglieder der örtlichen Ernährungsausschüfse oder die Verkaufsstelleninhaber das Recht haben, die Ausgabe von Butter anstatt von Schmalz zu veranlassen. Wer un befugt Butter abgibt oder sonst unbefugt über sie verfügt, wird nach Z 35 der Speisefett- bekanntmachung vom 20. Juli 1916 mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geld strafe bis zu 10000 Mark oder mit einer dieser Strafen belegt. Diese Strafen treten ein, sofern nicht nach den allgemeinen Vorschrifien des Strafgesetzbuchs noch härtere Strafen wegen Nötigung, Bedrohung usw. verhängt werden müssen. Die Verteilungsstellen haben ihren Bedarf an Schmalz unverzüglich der Butter zentrale Meißen, Görnische Ggfsr, anzumeiden. Nr. 82 11 O. Meißen, den 27. Januar 1921. . rose .Kommunalverband Meißen-Stadt und -Land. Im Erdgeschoß des Verwaltungsgebäudes hängt ein Verzeichnis der bis Ende Januar 1921 ge- fundenen und nicht abgeholten Gegenstände zur Einsicht aus. Aw» Wilsdruff, am 29. Januar 1921. * Der Stadtrat. Für Minderbemittelte bäude, Zimmer 2, gegen Vorzeigung der ausgegebenen Bons. Preis das Pfund Mark 1,10. Wilsdruff, den 29. Januar 1921. r-l Der Stadtrat.—Kriegswirtschaftsabt. Kleine Zeitung für eilige Leser. * Ministerpräsident Briand droht mit dem Rücktritt, falls Lloyd George dem französischen Antrag in der Kriegsentschädi- gungsfrage nicht beistimmt. * Auf Antrag Fochs beschloß die Pariser Konferenz, in diesem Jahre keine Herabsetzung der Truppen im besetzten Rheinland vorzunehmen. * Der Schweizer Nationalrat lehnte die Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen mit Rußland ab. * Eine Versammlung deS Parteikomitees der spanischen Sozialisten erklärte sich nach einem Bericht eines aus Moskau zurückgekehrten Delegierten mit großer Mehrheit gegen den Anlckluk an die Dritte Internationale. Deutsche Pflichten. Die Aufmerksamkeit des deutschen Volkes wird keider Gottes fort und fort durch die allerverschiedensten Dinge zugleich in Anspruch genommen und zersplittert. Haben die Parlamente einmal für wenige Wochen Pause ge macht, so treten sie nachher wieder mit um so größerem Lärm zusammen. Ist es vorübergehend einmal von Streiks und Unruhen etwas stiller geworden, so wird über den Druck der wirtschaftlichen Lage um so herzbrechender geklagt. Und will die deutsche Mark sich wieder auf ihre bessere Vergangenheit besinnen, um einigermaßen wenig stens gutzumachen, was an ihr in den letzten Wochen und Monaten gesündigt worden ist, so prasselt auf der andern Seite ein Regen von Steuervorlagen auf uns nieder, die alles wieder zuschanden machen müssen, was wir an Zah lungskraft mittlerweile gewonnen haben mögen. Dazu die dauernde Beunruhigung durch die Ententekonferenzen, die sich in Bedrohung gegen Deutschland gar nicht genug tun können. Ist es nicht zuviel verlangt, daß wir uns unter solchen Umständen ganz und gar auf eine Sorge konzentrieren sollen, die uns Deutschen im Augenblick mehr angeht, als alle vorherigen Freuden und Leiden der Welt zusammengenommen — auf Oberschlesien? Nein, es ist nicht zuviel verlangt, ganz gewiß nicht. So furchtbares Unglück, wie es uns betroffen hat, kann nur ertragen und überwunden werden, wenn alle Teile für einen stehen. Die zweite schleswigsche Zone ist uns erhalten, das Abstimmungsgebiet in Ost- und West- Preußen ist dem Deutschtum gerettet worden, nur weil das ganze Volk mit bewunderungswürdiger Geschlossenheit Anteil nahm an dem leidenschaftlichen Kampfe der un mittelbar in Gefahr geratenen Landesteile gegen die drohende Losreißung vom Deutschen Reiche. Jetzt ist Oberschlesien an der Reihe, und es sieht fast so aus, als hätte in diesem Falle der brüderliche Zusammenhalt in unserer Mitte bereits nachgelassen. Dabei hat noch nie mals, seitdem die Entscheidung in Versailles gefallen war, so viel für uns alle auf dem Spiele gestanden wie jetzt. Wenn wir überhaupt noch einmal hoffen wollen, wieder ein lebensfähiges, werteschaffendes und kulturförderndes Element im Völkerleben zu werden, fs nur unter der Be dingung, daß Oberschlcsien bleibt, was es seit ungezählten Jahrhunderten gewesen ist: ein deutsches Land. Wird uns an den vielen Verstümmelungen, die wir schon erlitten haben, auch diese Quelle unserer Kraft noch genommen, so ist unsere Nolle als über sich selbst bestimmendes, unab hängiges Kulturvolk für immer ausgefpielt. Und man braucht nur nach Posen und Westpreußen hinüberzusehen, die jetzt polnisch geworden sind, um mit Sicherheit zu er kennen, was aus Oberschlesien werden würde, wenn es den Polen gelänge, sich auch dieses Raubes noch ungestraft zu bemächtigen. Was braucht man darüber noch viele Worte zu machen. Genügt nicht allein die Tatsache, daß jetzt von der polnischen Regierung der Ausbruch der schwarzen Pocken in der Stadt Posen gemeldet und ru- gegeven werven muß, um den ungeveuren Abstand zwischen deutscher und polnischer Staatlichkeit zu kennzeichnen? Verfall, wirtschaftlicher, gesundheitlicher, moralischer und politischer, überall dort, wo die Polen ihre Weißen Adler oukrickicn dürfen: Ordnuna. Gesittung. Neckt und Red lichkeit überall dort, wo deutsches Volk unter deutscher Herrschaft leben und arbeiten darf. Gewiß, in dieser Beziehung ist unter den Nachwir- kungen von Krieg und Revolution auch nicht mehr alles so, wie es sein sollte; aber der Drang, die Sehnsucht nach diesen höchsten Gütern der Kultur ist doch in allen Schich ten unseres Volkes lebendig geblieben, und wer unbe fangen prüft, muß doch sagen, daß er sich wieder mehr und mehr durchzusetzen beginnt. Wir dürfen auf eine all mähliche Gesundung unserer Verhältnisse rechnen, wenn es auch noch harter Arbeit bedürfen wird, bis ein ge sicherter, ruhiger und erfolgreicher Gang unserer öffent lichen Entwicklung als gewährleistet gelten kann. Kommt doch ein Bericht, den das britische Departement für Über seehandel soeben aus der Feder eines sachverständigen Mitgliedes der englischen Botschaft in Berlin veröffent licht, zu dem Ergebnis, daß eine überraschende Besserung in allen Teilen des öffentlichen und privaten Lebens Deutschlands, allerdings mit Ausnahme der Staats- finanzen, festzustellen sei. Die Geschicklichkeit wird be wundert, mit der der deutsche Handel und die deutsche Industrie die schwere Zeit, die Deutschland in den letzten Jahren durchzumachen hatte, nicht nur überstanden, son dern auch trotz allem gute Geschäfte gemacht haben. Sie seien in sich gesund, und das neue Jahr werde wohl nicht das Unglück eines Bankrotts Deutschlands bringen. Wenn auch nur der zehnte Teil dieser zuversichtlichen Beurtei lung sich von Polen aussagen ließe! Dort aber herrscht Verfall, wohin man sieht, und die Gier nach Obcrschlesten entspringt nicht der Liebe zu diesem Lande, sondern der Raubsucht des Bankrotteurs, der ganz genau weiß, daß es mit ihm zu Ende ist, wenn er nicht neue Opfer in seine Netze zu ziehen vermag. Geht Oberschlesien dem deutschen Volke verloren, dann ist es auch selber verloren,— oder glaubt etwa jemand, daß Polen einen Friedrich den Großen hervorbringen könnte? Die ganze segensreiche Arbeit der letzten Jahrzehnte würde noch ungleich rascher, als sie geleistet worden, wieder vernichtet werden. Darum muß jeder Oberschlesier, er sei, wo er sei, in seine Heimat, um an der schicksalsschweren Abstimmung über das Stück Leben, das ihm teuer ist, teilzunehmen. Keiner darf die karge Frist, die zur Anmeldung für die Eintragung in die Abstimmungslisten noch verblieben ist, versäumen, um sich unter allen Umständen wenigstens das Recht zu sichern, am Wahltage da zu erscheinen, wo er hin gehört: in seiner Geburtsgemeinde. Ob er von diesem Recht Gebrauch machen will, das kann er sich dann immer noch später überlegen, wenn es so weit ist. Aber auf seine Eintragung in die Listen darf niemand verzichten, der sie zu beanspruchen hat. Die Polen sind in dieser Beziehung ungleich wachsamer Hüter ihrer wahren oder angcmaßten Rechte als wir schwerfälligen Deutschen. Aber wo es sich nm Sein oder Nichtsein eines ganzen Volkes, wo es sich vor allem um Leben oder Untergang der deutschen Heimat handelt, muß jeder, den es angeht, die Schwerfälligkeit von sich abschütteln und sein Recht fördern, so karg die Entente es ihm auch zugemessen hat. Unter der Verräterci böswilliger Leute haben wir schon genug und übergenug gelitten. Soll auch noch Landesverrat aus Nachlässigkeit, aus Bequemlichkeit, aus Ängstlichkeit hinzukommen? Nein, bis die Würfel über Oberschlesien entschieden haben, darf es für jeden guten Deutschen nur eine Sorge, nur eine Liebe geben: Für die Märzabstimmung dort unten in diesem Grenzgebiet, das man von uns losreißen will, tue jeder seine Pflicht, ehe es zu spät ist. Lloyd Georges große Rede. Unzulässiges Vorgehen Frankreichs. Im weiteren Verlauf der Ententekonferenz in Paris wandte sich Lloyd George erneut gegen die von Doumer vorgetragenen Forderungen Frankreichs. Lloyd George sagte, der französische Finanzminister habe bekanntlich die allen Alliierten zustehende Reparation aus 212 Milliarden Goldmark geschätzt. Davon müsse Frank reich eine Gesamtsumme von 110 Milliarden Goldmark er halten. Deutschland solle 12 Milliarden jährlich vermittels seiner Ausfuhren bezahlen. Der englische Premierminister betonte, daß diese Abschätzung und diese Methode von den seit Monaten durch die Alliierten befolgten Arbeitsmetho den abweicht. Er erinnerte daran, daß die alliierten Sachverständigen nach der Brüsseler Konferenz dem Ober sten Rat empfohlen hätten, von Deutschland fünf Jahres Zahlungen von je drei Milliarden Goldmark in natura oder in bar zu verlangen, und wies besonders darauf hin. daß die alliierten Regierungen sich im Prinzip auf der Boulogner Konferenz im vorigen Juni über das System der deutschen Zahlungen geeinigt hätten, und daß dieses System noch bei den Brüsseler Verhandlungen als Aus gangspunkt gedient habe. Heute stelle Frankreich diese Grundlage des Einvernehmens in Frage. Ein solches Vorgehen sei unzulässig. Die Regierungen müßten sich durch die Beschlüsse ihrer Vorgängerinnen gebunden er achten. » Der französische Finanzminister Doumer hielt seinen Standpunkt aufrecht, indem er sagte: Der Friedensver trag erlaubt uns, die Festsetzung der gesamten Schäden durch die Reparationskommission abzuwarten. Briands Vorschläge. Hierauf trug Briand die These der französischen Ne gierung vor. Die öffentliche Meinung Frankreichs ver lange, daß Deutschland mit der Zahlung einen Anfang mache. Briand sprach sich für die Festsetzung von (ein bie! drei) Annuitäten aus, die sofort erlangbar seien. Das ge samte Guthaben der Alliierten könne von der Nepara- tionskommisfion festgesetzt werden, die, wenn sich erweise, daß Deutschland die gesamte Schuld nicht bezahlen könne, dieses dann herabsetzen werde, über das Abkommen von Boulogne sagte Briand, er glaube nicht, daß es einen end gültigen Charakter besitze. Zum Schluß schlug Briand vor, das Abkommen vom 11. November zu befolgen, wel ches vier Punkte vorsehe: 1. die Sachvcrständigenkonferenz in Brüssel, 2. eine Konferenz der alliierten und deutschen Minister, die aber nicht, wie ursprünglich vorgesehen, in Genf, sondern mit der Konferenz für das Orientproblem in London statt finden soll, 3. Festsetzung der gesamten Verpflichtungen Deutschlands durch die Reparationskommission, 4. Fest setzung der Strafbestimmungen durch die alliierten Premierminister. Das Ergebnis der letzten Konferenz der Alliierten faßt das amtliche französische Bureau Havas in folgenden Sätzen zusammen: „Die englische und die französische Auf fassung wurden nacheinander von Lloyd George und Briand vorgetragen. Beide Thesen sind einander ziemlich entgegengesetzt, da die Engländer die sofortige Festsetzung der gesamten Schuld Deutschlands verlangen, während Frankreich wünscht, daß erst die Abschätzung der Repara tionskommission abgewartet werden soll. Jaspar brachte schließlich einen Kompromißantrag ein, nach dem die Frage einem Ausschuß überwiesen werden soll." Lloyd George drohi mit Abreise. Briands Vorbehalte. Nach Informationen aus gut unterrichteten englischen Kreisen hat Briand in der Reparationsfrage folgendes ausgeführt: „Als ich die Kabinettsbildung übernahm, war ich nicht der Ansicht wie Sie (Lloy George) es sind, daß Frankreich bindende Verpflichtungen unterzeichnet hätte. Die französische Kammer war ebenfalls der Ansicht, daß die französische Regierung Handlungsfreiheit habe. Die französische Negierung kann auf eine Ve Minderung der französischen Ansprüche erst eingehen, wenn nachgewieftn ist, daß die Zahlung der vollen Summe unmöglich ist. Wenn wir eines Tages Opfer bringen müssen, so mui' dieses Opfer klar in Erscheinung treten." Zum Schluß seiner Ausführungen drohte Briand Lloyd George mi: einer seuen Minifterkrile in Krankreick. Der enallkL