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UN-Anzeiger für -as Erzgebirge I WSÄMMZIK^MRMKWNE Nr. 4S. Montag, den -1. Zrbruor 1-21. 14. Jahrgang. Das Wichtigste vom Tage. 10 Me -aut« vormittag waren 84 Wähler. gyLntssD »um drtzußisckan Landtag bekannt. Lanach sind bl» setzt gewühlt elf Deutschnational«, IS deutsch« Volk-Partei, 16 Zentrum, zwei Demo kraten, «In Welf«, SS Mehrhett»sozialdemokraten, sieben Unabhängig«, Pier Kommunisten und ein Wirt. schaftSparteil«r. O Der SachverständtgenauDschutz wird heute sein« Beratungen fortsetz«n. Außer den bereit genannten Herren wird auch Reichsminister a. D. Wis sen daran teilnetzmen. a , In Pari» ist noch keinerlei amtlich« Be- stätigung über eine etwaig« Absicht der amerikani. fchen Regierung eingetroffen die amerikanischen BesatzungStruppen vom Rhein zurückzu- ziehen. O Das franz bst sche Kriegsministerium be zeichnet die Nachrichten über in Vorbereitung be findliche militärische Maßnahmen als un richtig. Jur Lage in Oberschlesien. O M. Wie wird bk« Abftimmuno jn Ober schlesien ausfallen? Diese Frage *ört man beut nicht nur in Oberschlesien und dem ängrenzenven Gebiet. Sie bewegt jeden Deutschen, der die ungeheure Not des Vaterlandes erkannt hat. Freilich, sie ist nicht leicht, zu beantworten. Und eS soll auch nicht Zweck der nach folgenden Zeilen sein, .sie mit einem überhosfnungsfrohen gut oder einem kopfhängerischen schlecht zu beantworten. Auch die Zahlen, dile hier und da in der Presse über die Abstkmmungsberechtigten der drei verschiedenen Ka tegorien veröffentlicht wurden und den voreiligen Ur teilern Anlaß zu allerhand Vermutungen boten, können nicht als Anhaltspunkt Dienen. Es sind eben nur Ver mutungen. denn die genauen Zahlen stehen noch nicht fest, da die Listeiw noch nickt abgeschlossen sind, und auf Vermutungen seine Hoffnungen gründen oder ihret wegen sich zu.Resignation verleiten lassen, ist gefährlich. ES würde das in jedem Falle eine Lähmung der großen Arbeitskraft bedeuten, die um Oberschlesien nock auf gewandt werden muß. Damit soll freilich nicht gesagt sein, ,dah man sich heut überhaupt noch kein Urteil über die Aussichten der Volksabstimmung bilden dürfe. Ob jektiv die Tinge betrachten und dann in Erkenntnis der wirklichen Stimmung in Oberschlesien sich ein Urteil bilden, das kann man Wohl, ohne sich überspann ten Hoffnungen hinzugeben oder den traurigen Ruhm eines MieSmacherS sich.zu erwerben. Wenn wir des halb im Folgenden einen kurzen Ueberblick über die augenblickliche Stimmung in Oberschlesien geben, so ge schieht doÄ Vn der Absicht, den Leser selbst die Folge rungen für di« Aussichten kür di« Abstimmung ziehen zu lassen. Di« erste Frchge, Var allem für die zahlreichen im Reiche lebenden Abstimmungsberechtigten Oberschlesier ist wohl ditz nach den SicherbeitSverhältnissen im Vbstiinnmng-tzebiet. Nun, «S muß zugegeben werden, datz «S besser, viel besser geworden ist. Ueberall in Oberschlesien merkt man, daß di!s Ententemacht es sich angelegen sein läßt,, für eine gesichert« und ruhig« Ab- stimmung zu sorgen. Verschieden« Maßnahmen der In teralliierten Kommission lassen eS erkennen, daß «S ihr mit ihrem Vorhaben ernst ist. E» muß ja auch ihr selbst Piel daran liegen, di« Sicherheit in Oberschlesien, wo sie nicht vorhanden War, wieder herzustellen, wenn anders sie ihr Prestige als Besatzungsmacht wahren will. Als besonders ernste Maßnahme gegen die Un sicherheit sind die Waffensuchen zu betrachten, die überall im Lande veranstaltet werden. Daß den inter alliierten Polizeibehörden freilich.dabei manches Miß geschick passiert, läßt sich wohl nicht immer vermeiden. Biel Aufsehen bum Beispiel hat e- erregt, .als eines schönen TageS interalliiert« Organ« den Gasometer der Rhbniker Gasanstalt Nach Waffen durchsuchten. Natür lich wurde nicht- gefunden. Aber e- ist bezeichnend für di« Art und Weife, wie man solche Streifen nach der- borgenen Waffen veranstaltet. ES ist nicht immer klar, welcher Partei die Waffenfunde in di« Schuhe zu schie ben sind. Doch.ist in den meisten Fällen festgestellt, daß, wo Waffen gefunden werden, diese polnischen Ur sprungs sind. So fand man z. B. vor kurzem auf dem Bahnhof des GrenzftädtcksnS MhSlowitz eine große An zahl von Handfeuerwaffen, die kn polnische Zei tungen ein gewickelt waren. Mer auch hier wird bin- non kurzem Abhilft» geschaffen werden. Ditz interallt- irrten Behörden gehen streng vor. Daß am liebsten bei Teutschgesinnten nach Waffen gesucht wird, braucht nicht erst betont zu werden. Indessen verlaufen diese Durch suchungen resultatlos. In Kattvwitz wurde kürzlich da ganz« Zentralhotel, in dem der Verband heimattreuer Oberschlesier seist H^u^uarner aufgeschlagen hat, nach Waffen durchsucht. Za^Llche Kisten wurden geöffnet, und man sand — — Broschüren und Propaganda material. La» sir d Llauch Waffen, allerdings nur solch« geistiger Arr. Denn da» muß gesagt werden: Ter deutsch« Teil bedarf keiner Waffen von Stahl und Eisen. Man kämpkt auf dieser Seite nur mit der Wahr- htzit, und «»ist d-h«ichn«yd. dqstdi« beutjjche Propaganda im Gegensatz zu der polnischen dt«l ruhiger arbeit«! und nach Möglichkeit di« Hetz« zu vermeiden sucht. Tie Füh rer d«r deutschen Propaganda gehen von der einfachen Tatsache au», daß bi« Wahrheit letzten Ende» sich selbst zum Sieg« verhilft. Tif, Gegenseite aber mutz jn Ar- mantzelung der Wahrheit zu allerlei Kniffen greisen, die nicht ganz sauber sind. Man muß staunen, .mit wel cher Raffiniertheit die polnische Propaganda arbeitet. Auf dem Weg« zur Erreichung ihre» Ziele» durchschrei tet sie mit wühlbedachter Absichtlichkeit verschiedene Etap pen. Schritt für Schritt versucht sie mit offener oder g«h«1m«r Hilf« ihrer französischen Freunde da» Deutsch tum zu verdräntzen. Neuerding- hat mit besonderer Heftigkeit wiederum «ine Hetze gegen die sogenanntem Emigranten eingesetzt. Obgleich.der Friedensvertrag die sen Emigranten — wir kennen sie unter dem Namen Heimattreue Oberschlesier — ausdrücklich da» Stimmrecht zugesteht, wa» ja auch vom Botschafterrat wohl oder Übel anerkannt werden mutzte, .findet man doch in der polnisch orientierten Presse Streublütan in kroßer Auf machung, die den Reichsoberschlesiern da- Stimmrecht versagen wollen. Nunmehr hat Krrfanttz eine ebenso ras sinterte wie durchsichtige Methode erfunden, um vre Stimmenmacht der RekchSoborschlesier möglichst unschäd lich zu machen: Fast in jeder Nummer berichtet sein Blatt, die bekannt« Grenzzeitung, über angeblich« Ent- schl1eßung«n von Gemeindevertretungen oberschlesischer Ortschaften, in denen gesagt wird, daß sich die Gemein den weigern, abstimmungsberechtigte Emigranten zu be herbergen. Daß es sich hierbei um eine bloße Mache handelt, geht aus einem Rundschreiben de» polnischen Abstimmungskomitees für den Kreis Gleiwitz hervor, in dem die Gemeindevertretungen gebeten werden, Ent schließungen in diesem Sinn« zu fassen. TaS Rund schreiben enthält dazu den genauen Wortlaut einer sol chen Entschließung.' Man sieht also, daß es sich hier um nichts weiter al» einen schamlosen Betrugsversuch der Oeffentlichkeit und der interalliierten Behörden handelt. Tas deutsch« Blebtszitkommissariat hat schon Mitte De zember für rund 200 000 auswärtige Oberschlesier Quar tiere beschafft. Und zwar keine Massenquartiere, son dern fast durchweg Bürgerauartiere. Für da- leibliche Wohl der Reichsoberschlefter ist in jeder Beziehung ge sorgt. UehrigenS gtzht au» den Machenschaften KoxfanthS nstr hervor, .wie er dis abstimmungsberechtigten Reichs- oberschlesier doch fürchtet. Er hat auch allen Grund da zu, .denn dieser Betrugsversuch sowie auch alle anderen Greuelnachrichten. die er ja geflissentlich zu. fördern suchte, um die Abstimmungsberechtigten aus dem Reiche abzuhalten, werden nicht hindern, daß die Reichsober schlesier ihre Pflicht erfüllen. Man weiß Heut im Reich, büß ein großer Teil der Greuelnachrichten absichtlich! aufgebauscht in die Presse lanziert worden ist. Man hat den Zweck dieser Maßnahme erkannt. Im übrigen ist tatsächlich die Zahl der Krimtnalfälltz in Oberschlesien nicht so ungeheuerlich, wie man schlechthin im Reich an zunehmen geneigt ist. Oberschlesien bietet heut ein viel ruhigeres Bild ES noch vor kurzem.' Demgemäß ist auch überall wahrzunehmen, baß -er deutschgesinnt« Teil der Bevölkerung, der im Augustaufstande niedergedrückt und geknebelt wurde, heute seinen Mut wieder gefunden hat. Man läßt sich.heut in Oberschlesien nicht mehr einschÜch- tern, auch nicht durch Androhung von Gewalt, weil man Weitz, dckß die» alle» doch nur Bluff ist, Bluff, um künstlich ein« Atmosphäre des Terrors zu schaffen, in der alles Deutsche nicht mehr fähig sein soll, sich zu be haupten. Wer den. Terror zur Erreichung seiner Ziele braucht, beweist im übrigen nur, daß <» um seine Sache faul steht. Und faul, oberfaul steht es heute mit der polnischen Sach« ist Oberschlesien. Tie Zeit der ersten Ueberräschungen ist vorüber. Bon den mit großem Tan- tam gegebenen Versprechungen hat Korfanty nichts ge halten. Und nachdem hier und da doch kongreßpolnifche Blätter Eingang in da» HauS des einfachen Mannes fin den, die aus der Misere und der furchtbaren Not jen seits der Grenze keinen Hehl machen, dämmert langsam, aber um so sicherer die Erkenntnis der wahren Sach lage auf. Ti« großartige Schlachztzenwtrtschaft im Ho tel Lomnitz tut das ihrige Sektgelage und groß« Fest essen sind nicht fürs Volk. Und all' di« Lügen und« Verleumdung, mit der Korfgnth vor einem Jahre noch vielleicht Erfolg hatte, ziehen heute nicht mehr. Ober schlesien weiß, daß Deutschland schweren Tagen entgegen geht, «S weiß aber auch, datz es vermöge seiner Volks kraft di« Krise überwinden wird. Polen aber trägt -en Keim des Zerfalles in sich. Ter Oberschlesier hat keine Lust, sein Schicksal einem Staate anzuvertrauen, der mit Blut und Eisen errichtet ist, der heute noch in Waffen starrt, der SO Prozent seines Staatshaushalts auf Rü stungen verwendet- Oberschlesien will den Frieden, und den kann ihm Polen nichr geben. Wohl aber Deutschland. Und so wird es sich am Tage der Abstimmung auch dein Frieden zuwenden. S» hat aenug von polnischer Fried- serttgkeit gekostet. Da» ist heut« die Stimmu.ng jn die sem üündch»n. Die Preußen-Wahlen. Sm ganzen Land« ohne Zwischenfall verlausen. Au- Berlin wird un» geschrieben r Die Wahlen zum preußischen Landtag find vollkommen ruhig ver lausen. Tie Parteien hatten sich, im Gegensatz zu srüheren Wahlen, .fast nur auf ein«, all«rding» reg« Pro. poganda in den Tageszeitungen beschränkt, werbever- sammlungen sanden erst wenig« Tag« vor d«n Wahlen statt, und von dem Flugblätterrsgen, d«r sonst über die Hauptstadt dv» Reich«» niederging und vi« Straße»: über schwemmt«, konnte schon gar kein« Rede sein. Auch di« Plakat«, di« sonst Häuser, Mauern und Zäune zierten, fehlten fast ganz. Sin paar Plakatscherze gab «» oder doch. So la- man auf einem Zettel r Wa» ist U. L. P. T. ? Al» Antwort stand darunter: Unterste Stufe politischer Dämlichkeit! Auf einem anderen Zettel war «in Esel abgebildet, der gefragt wird r Wählst du auch die deutsch- national« Volk-Partei? Sein« Antwort lautet: J-a! Ein dritter Maueranschlaq zeigte vier SchafSköpfe mit der Unterschrift: Wir wählen diesmal auch die deutsche Volk-Partei. Unter die lapidare Aufforderung: Wählt U.S.P.T. klebte «in Gegner dieser Partei «in Blätt chen mit der Zusicherung r Tann habt ihr den roten Ter ror. Zn manchen Gegenden der Stadt, besonder» im Norden und Osten, flatterten an über die Straße ge- svannten Seilen Plakate verschiedener Parteien. Zn Lankwitz wurden um Mitternacht zwei Männer dabei be- t- often, gl- st« mit roter Farbe die Buchstaben S P.D. aus dir Bürgersteige und da» Straßenpflaster pinselten. Auf der Wach« entpuppte stck der «in« der Männer zur allgemeinen Ueberrasckung .als der Bürgermeister von Lankwitz Tr. Ostrowski. Mit besonders starken Mit teln arbeiteten di« Kommunisten im Osten der Stadt. Sie veranstalteten aus den Höfen Vorstellungen, in de nen der U.S.P.D.-Esel, der deutschnationale Gockel und der Dolksparteihammel auftraten. Ein. junge» Mädchen in rotem Kleid feierte dann Sowjetrutzland und for-! derte auf. für Räte-Teutfchland zu stimmen. Die Wahl beteiligung war nach den bisherigen Meldungen nur mäßig. Jn dem Ministerwahllokal, das sich jetzt im Pilsener Urquell in. der Krausenstraße befindet, er öffnete den Reigen der wählenden obersten Reichsbe amten Reichspräsident Ebert, dann folgten Reichs kanzler Fehr enbach, der sächsisch« Gesandt« Dr Ko ch, der württembergische Gesanvte Hildebrand, der preußische Justizminister Am Aehnhoff, der RetchS- justizminister Tr. Heinze. Uyterstaatssekretär Güh- re, Staatssekretär a. T. Kühlmann und ReichSmini- ster Koch. Jn dem Weinlokal von Haußmann gaben ihre Stimmen ab Reichsverkehr-minister Groener. Handelsminister Fischbeck und Staatssekretär Al bert. Ter Reichspostmtntster GieSbertS wählt« in einem Lokal in der Mauerstraße. Nach den von aus wärts vorliegenden Meldungen, sind di« Wahlen im ganzen Lande ohne Zwischenfall verlaufen und die Wahl beteiligung war ziemlich gut. — Weiter wird noch ge meldet: lieber die Beteiligung an, den Wahlen zum preußischen Landtag wird berichtet: Im Westen Berlins beteiligten fick von den eingeschriebenen Wäh lern etwa 75—80 Prozent, im Norden und Osten 65— 75 Prozent und im Zentrum 60 Prozent. Bemerkens wert schlecht war die Wahlbeteiligung in. Neukölln und Weißens««. Lloyä George gegen Brianä. Nv. Man nehme di« Ueberschrift, die den nachiol- gen-en Zeilen vorangefetzt ist nicht ganz wörtlich. Da für haben wir ja in der letzten Zeit allzu zahlreiche Beispiel« für die Erfahrung «riebt, daß sich die beiden leitenden Staatsmänner Englands und Frankreichs im gegeben«» Augenblick immer wieder verständig ten .mochte ihr Name auf französischer Seite auch wech sel«. Zmmerhin reizt eine Gegenüberstellung der von BrianV und Lloyd George gleich zeitig in der französi schen Kammer und im englischen Unterhaus gehaltenen Reden über den Stand de» Reparation »pröble m » am Vorabend der. Londoner Konferenz zu einem nähe ren Vergleich ihres Inhalts. Während Briand den Bei fall des Pariser Parlament» mit der Aufzählung der gegen Deutschland in Aussicht genommenen Gewaltmaß- nähmen hervortief, hatte der englische Ministerpräsi dent Gelegenheit, sich gegep, gewisse ausschweifende For derungen auszusprechen, .für die sich auch in England bekanntlich Befürworter finden und die den Wünschen der französischen Militärpartei wie «in Haar dem an dern ähneln. Briand versicherte mit Emphase, daß Frankreick niemals darauf verzichten würde, weiter- nach Deutschland hineinzumarschieren, das Ruhrgebiet zu be setzen, die Besatzungsfristen bi» in» Endlos« zu verlän gern. Er sagte also damit nicht» geringere», al» daß er auch in London diesen Standpunkt bi» zum Neußer- steu vertreten werde. Auf der anderen Seit« de» Ka nals setzte dagegen Lloyd George auseinander, «S wäre leicht zu sagen, daß man nur einfach nach Deutschland zu gehen und alles bewegliche Gut herauSzutragen brau che, um die Durchführung der FriedenSbedtngungen zu sichern. . Gehr schwer dagegen ist.«» nach Lloyd George», zu beweisen, datz man dann auch wirklich etwa» andere» als ganz« Schiffsladungen wertloser Paptermark in den Händen hab«. Ter Schluß de» britischen Staatsmann«» war also der, datz man Deutschland zwar mit allem Nachdruck gegenüberzutreten gedenke, dgß man aber gar nicht» erhalt«, wenn man zuviel haben wolle. Ti« Handhab« zu einer sachlichen B«urtetlung dieser neuesten Zweckred« de» leitenden englischen Staatsman nes bietet sein« Bemerkung daß Deutschland zahlen müss« bi- zur Grenze seiner Leistungsfähigkeit. Nur sei man sich, so fuhr er fort, nickt darüber! klar, w o dies«