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Montag, 1«. Oktober ISt l. Ilitir L000 nUnii Nmnti». Nr. T41. LechSter Jahrgang. 5luer Tageblatt und Anzeiger für das Erzgebirge verantwortlich», Redakteur- prllz Rrnkolä. jtlr die Inserat« verantwortlich- Malter «rau» Leide in Rue i. Lrzged. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Huer Sonnlagsblatt. Sprechstunde der Redaktion mit Aurnahm« der Sonntage nachmittag» von 4—5 Uhr. — Telegramm-Lidreffer Tageblatt Nueerzgemege ^ernhmcher 53. Für unverlangt eingesandte Manuskripte kann Gewähr nicht geleistet werden. vruck und Verlag Vvo> vruUl- a. vtrU-e-ste-ew«»»«» m. b. kj. in Aue t. Lrzgeb. 8ezug»prei»! Durch unsere Boten frei in» Hau, monatlich so 0fg. 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Auch der Rrichskanz. ler bat sich nach Huberturstock begeben O Der diesjährige Nobelpreis für Literatur wird, wie die Stockholmer Zeitung DagenS Nyheter meldet, Maurice Maeterlink verliehen werden. s In einer Anzahl Versammlungen im Ruhrgebiet wurde über die durch die Teuerung hervorgerufene Not lage der Bergarbeiter gesprochen und beschlossen, bei Ablehnung neuer Lohnforderungen in einen allgemeinen Lohnkampf einzutreten. s Die portugiesischen Monarchisten haben in Lerr 0. s 0 in der portugiesischen Provinz Minho ihrLagerauf- geschlagen. » In Tatania wurde ein Erdbeben verspürt. ZehnPer- souen wmden getötet. Ferien ex. ^0. Die großen Ferien des Reichstag.-, find nunmehr zu Ende. Morgen, Dienstag, stverden die Beratungen wieder ausgenommen werden, nachdem die Kommission für das Schiff, fahrtsabgabengesetz bereits seit einer Woche tagt. Ueber den noch vorliegenden Beratungfistoff ist bereits an dieser Stelle gespro chen worden. Man weih, daß die Mille des Materials so groß ist, daß an eine Bewältigung kaum zu denken ist. Ungefähr vierzig Sitzungstage sind bis zum Schlüsse der Session und der Legislaturperiode zur Verfügung, und neben einer Reihe kleinerer Vorlagen steht noch der Entwurf des Privatbeamten, vevstcherungsgesetzes au», bei dem noch nicht einmal di erste Lesung begonnen hat. Im Hinblick aus die weitgehenden Meinungsverschiedenheiten find dabei auch noch langwierige Aus einandersetzungen zu erwarten. Uöberhaupt dürfte es während de« Reste» der Tagung ztemltch lebhaft zutzehen. Denn man steht vor den Neuwahlen, und iede Partei wird noch ihren Wählern zeigen «ollen, was sie in deren Interesse zu lei. sten vermag. Es liegt auf der Hand, dah man dabei au« wähl« taktischen Gründen eine nicht immer sanfte Sprache führen und es an Ausfällen gegen andere Parteien nicht fehlen lasten wird, was auf der anderen Seit« ein entsprechende» Echo avecken mutz. Zwei Fragen werden es vor allem sein, die außerhalb de» eigentlichen Beratungsstoffe» lebhafte Debatten zeitigen dürften. Da« ist einmal di« Marok'kosrage und dann di« Lebensmittelteuerung, die auf dem Wege der Inter pellationen zu einer ergiebigen Aussprache gestellt werden dürsten. Di« monatelangen Verhandlungen mit Frankreich haben in wej- ten Kreisen Deutschland» ziemliche Unruhe hevvorgerufen, vor allem hat di« Ausgabe jeglichen politischen Einflusses in Marokko unter Anerkennung eines französischen Protektorate» auf da» Aergste verstimmt. Wenn es auch heißt, daß die Politik der offe nen Tür in Marokko erhalten bleiben soll«, so hat man doch Äs- Her die Erfahrung gemacht, daß überall da, wo der politische Lin. fluß Frankreichs überwiegt, der französische Handel -iworzugt wird und andere Staaten da» Nachsehen haben. Man befürchtet, daß es ähnlich in Marokko werden könne und unser dortiger Han. delsverkehr schwer geschädigt werden dürste. Demgegenüber fie len die Kompensationen im Kongostaate, die überdies recht pro. blemattscher Natur wären, nicht sonderlich in» Gewicht. Die Kritik über Vie deutsche Diplomatie dürste im Reich», tag« recht scharf werden, und Herr von Kiderlen-Wächter wie auch der Reichskanzler werden keinen leichten Stand haben, wenn es auch außer Frag« steht, daß die Mehrheit ihre Zustimmung zu dem Vertrage nicht versagen wird. Bei der Er örterung der Lebensmittelteuerung wird es aller Voraussicht nach sogar noch lebhafter zugehen, zumal die herrschend« Situation auch auf die Wahlen nicht ohne Einfluß bleiben dürfte. Es wird hierbei zu einer allgemeinen Auseinandersetzung über die deutsch« Zoll-und Wirtschaftspolitik kommen, die vielleicht — natürlich mit Rücksicht auf die Wahlen — einige Tage in Anspruch nehmen wird. Und das alles neben dem sonstigen überreichlichen Stoffs Wie will man da wohl fertig werden? Wi« vieles dürste da unter den Tisch fallen! Die chinesische Revolution. Di« mittleren Provinzen China», di« reichsten und arbeit, rmsten des Reiches der Mitte, haben stch am Sonnabend in aller drm von der Zentralregierung losgesagt und die Republik derMitt « proklamiert. Die Regierung in Peking, die LtHer all« Bestrebungen der Reformer ignoriert hatte und mit ne« legentlich«n Hinrichtungen Verdächtiger «in« elementar» ve- wegung abtun zu können glaubte, steht dieser neuen Situation fassungslos gegenüber und hat sich nicht ander» zu -elfen gewußt, als daß st« eiligst den General Puanschikai au» der Verbannung zurtickrtef und ihm di« Wied ereroverung der Jangtse provinzen aufgab. Puanschikai ist selbst Reformer und wurde gerade wegen seiner Bemühungen, einen modernen Geist in Heer und Verwaltung einzuführen, dem Hof« so verdächtig, daß man ihn seiner Aemter enthob und ihn in di» Verbannung schickt«. Fetzt, in der höchsten No^ hat man ihn -urückberufen, aber es ist sehr fraglich, ob er noch Äffen kann — und will. Sine« aber ist sicher: E» steht s«hr schlecht mit der Dynastie in Chinas E, Zollte auch nicht Überseen werden, daß di« in China ansässigen Eur 0 pä « r, die die Verhältnisse genau kennen, der neuen Be. wegung durchaus sympathisch gegenüberstehen und von ihr eine endlich« Besserung der trostlosen Verwaltungszustände de» inneren Chinas erwarten, di« so dringend notwendig ist, um «in ersprießliche» Zusammenarbeiten zwischen «uropäischer Intelli genz und chinesischem Fleiß zu ermöglichen. Ueber den Gang der Ereignisse wird gemeldet: Die Republik proklamiert. In Wutschang wurde am Sonnabend von den Rebellen die Republik der Mitte proklamiert. Auf allen öffentlichen Ge- bäud«n wurde di« kaiserlich« gelbe Drachenfahne niedergeholt und die Fahne der Republik gÄhißt. Sie ist rot-weitz-blau, ohne Drachen und ohne Emblem. Den Konsuln der fremden Mächte wurde die Republik offiziell notifiziert, und »» wurde ihnen «in Schriftstück zugestellt, worin die Führer der Rebellion erklären, datz die Herrschaft de, Mandschus zu End« sei. Es wird dann in sechs Artikeln das Verhältnis zum Ausland wie folgt präzisiert: Da» chinesische Volk wird all« zwischen China und den Mächten bestehenden Verträge respektieren. Da« Volk erkennt alle finanziellen Verpflichtungen Chinas an, di« vor der Revolution etngeganWn find. Di« Rechte der fremden Mächte werden in vollem UMfange anerkannt. Leben und Eigentum der im Lande ansässigen Fremden stehen unter dem Schutze der Republik. Dagegen Wer- nimmt di« Republik keinerlei finanziell« Verpflichtungen, di« die Mandschuregierung nach der Revolution abschlietzen wird. Falls di« Mächte die Mandschus g«g«n di« Revolution unter, stützen, muß da« Volk sie al» Feinde betrachten. Dieses Schriftstück wurde durch Maueranschlag ebenfalls der Bevölkerung in Wutschang, Hankau und Hanyang bekannt ge» Die Zwickmühle. Humoreske von Max und «ex Fisch»«. «Nachdruck orrdoirn. - Mit der «rsten Frühpost hatte J«han Fardot einen Brief von Herrn Samfon erhalten, dem Direktor des Lustspiel-Theater». Fardots Komödie, die bereit» seit s«chs Jahren von einem Thea terbureau zum andern wanderte, war endlich angenommen. Die Proben tollten demnächst beginnen. Der glückliche Autor saß zu frieden lächelnd an seinem Schreibtisch und feilte noch einmal an dem Manuskript seiner Zwickmühle. Sein« Gattin blickte ihm dabei über die Schuller: Du, Schätzt, weißt du auch, datz du mir heute früh in deinem Freudenrausch da» /Klavier versprochen hast, das ich mir schon lang« gewünscht habe? Du denlst doch trotzdem an unsere Mietschulden?! Der Wirt hat uns bereit» wegen der rückständigen vierhundert Franken gemahnt. — Kind, ich bitt« dich, laß mich arbeitens Fünf Minuten später unterbrach Frau Fardot abermals di» Arb«it«ruhe: Mir fällt eben «twa, ein, Jehans: Di» achtzig Fran, ken für deinen Schn«id«r müssen auch noch bezahlt «erden. Jetzt wurde Fardot nervös und verwies ärgerlich fein« Frau aus dem Arbeitszimmer, was st, keineswegs hinderte vor Dem -in. ausgehen nach schnell die übrigen Schulden auWzäblen: Drei hundert Franken für den Zahnarzt und Lunderffünfzt- Franken für den Zuckerbäcker. Jehan geriet in Zorn: Gefaßt, wir hät ten tausend Franken Schulden! So viel wird mir di» Zwick mühle nt, uch nimm,, einbrtngen, am wenigsten, vwnn du mir keift, Ruh« für di, Korrektur läßt! Mich' dich drauf gefaßt, dich du dein Klavier nicht bekommst! — Dein Klavier — ich wiederhol»« — mich hinter unserer Schwetzerreffe zurückstehen. Seit acht Jahren sind wir nun verheiratet und haben uns noch nicht einmal ein, HotReitsmffe leisten können. And mit den Tantiemen meines Stück« «erden «i, «in. SchMtzerrekse ma- chen. vnftckndmM E »Jehan FaRot rechnete mit einem starken Erfolg sein« Zwickmühle Die beiden Hauptfiguren »arm, Bombenrollen, »r schwelst, «Eli» in dem Tert« und las «ohl «m »ebnten Male Am selben Nachmittag la» Jehan seine Zwickmühle den Schauspielern de» Lustspiel-Theater» vor. Bevor er d«n dritten Akt begann, mischte er sich gemächlich ein, Gla» Zuckevwasser. Im selben Augenblick kam seine Frau atemlos herein-gestürzt und raunte ihm in» Ohr: Delaroute hat geantwortet: Wenn der Autor unfern Namen in seinem Stück« nennt, so werd«n wir un, er- kenntlich -eigen. — Aber mit Gavot ist nicht» zu machen. Nun dacht« ich an Dleyel .... Hm — hm — brummte Jehan. Und er wandte sich an die Schauspiel«: Bavor ich fortfahro, möchte ich St« bitten, in Ihren Rollen bei der siebenten Szene eine kleine Aenderung vorzunehmen. In Ihren Rollen finden Sie die Be- zetchnung Gavot-Flügel. Di«se Bezeichnung geschah natürlich un- absichtlich Nun ist mir aber «ingefallen, was Sie ja alle wis sen, datz diese Instrumente nicht» taugen. Setzen Sie also bitt» Bleyel-Flügel dafür ein. Äl'o geschah es. Bet der folgenden Leseprobe erklärte Jehan das Wort BleyebFlÜgel lasse sich zu schwer ausspwchen, welshal» er es durch Poüdflügel ersetzt haben wollte. Also Pordflügel — es sei, stimmt« Ker, Stör, dem di, Roll« des Ludwig zugefallen, bet. SNf den Wunsch de» Autor» nannte Pord sich de» folgenden Tage» Kerz, einige Tag« später Ayrard, und kurz vor der Generalprobe mutzte der Schauspieler Stör die Namen Pord — Kurz — Ayrard noch in Krickelstetn um lernen. — Btt Krick,lstttn aber -lieb es. Einig« Tag» vor der LuMhrung Netz stch der Direktor d« Lustspiel-Theaters -et Jehan Fardot melden und drang mit ei ner Flut von Komplimenten auf ihn ein: Ihre vtzeit ist wirk lich ttn Meisterwerk — dreimal zu schad, für da» Banausentum von Publikum, das nur Stücken applaudiert, di, von bekannten «utomn stammen — «hl Da kommt mi, ein alänmnd« G«dank«l M, Es, wenn ich den »«rühmten LNWpieldichter Layrtmard da,« veranlaßte, di« Zwickmühle mit seinem Ramm»»» zeichnen? — Da, wär ein «ffchästl Topp! Ich mach'»I Schlagen Sie eini «egen ein« Entschädigung oqn acht Prozent von dm zHn, di, Sie al» Tantieme bezichen, «ich e, «imoMtgen. Wi, »«den fabelhaft« Summen vmdtzmnl . die große Szene zwischen Gisela nd Ludwig im dritten Akt: Lud wig (zu Giselas Füßen im Dämmerlicht des Salons): O, wie ich dich lieb«, meine Gisela .... Gisela (leicht erschauernd): Laß un» schweigend dtese Stunde de» Glücke» genießen. Ludwig: Weißt du noch, Her-liebste, an einem Abend wi« heute erwachte unsere Lieb«. Du standest an den Flügel gelehnt. Noch zitterten di« sanften Töne der Beethovensonate in unfern Seelen nach. — Gisela, spi«l« mir heute noch «inmal die Sonate! (Er führt st« zum Flügel. Gisela beginnt -u spielen. Plötzlich ergreift Lud wig ihre Leiden Hände mitten im Mord.) Ludwig: Nein, nein, Gilrla! Es kann, es darf nicht sein! Du darfst mich nicht ver lassen! Fern von dir sterb' ich dahin! — Willst du mein sein? Ganz mein für immer? Ich führe dich fort von hier — wett fort. Wir werden ein« Reise machen .... ' Jehan schlug sich plötzlich während de» Lesen« gegen die Stirn. Dcknn stand er auf, li«f zur Tür und rief seine Frau: Kanne, komm schnell. Ich habe «ine Idee! Du erinnerst dich doch der Szene im dritten Akt? — Ich wtth sie auswendig. — Ich glaube, es gibt ein Mittel, deinen Wunsch zu ersüllen — ohne Kostenaufwand. Könnt, man nicht vielleicht unauffällig den Namen Einer Klavierftrma dem Stück einstigen? Du List genial! LiSster! Hanna bemächtigt« stch des Manuskript«, und la» di« bedeutsam, Szene des dritten Akte». Dann rief st«, in di« Hände klakschsnd: Ltüster, dein» Jdm gilt nicht allein meinem Klavier, sondern ebensowohl der Erfüllung deine» Wun sche»! — Ludwig und Gisela «ollen doch «in» grotz« Rtts« unter- nihmen. Im hohen Rat» do» Ehepaares ward nun »«schlossen, daß Hanna sogleich «int«, Klaoterftrmen und Reffevureaus auf- suchen sollte, deren GeMtsftlbrmn st, die einfach, Frage vor- zulegin hätte: Fall/» Ihre Firma im neuen Stück d« Luft- wtel-Lheater» genannt «erden syllta würden St» alsdann.... Jehan nahm inzwischen sein Manuskript au, Hand und änderte die -roß, Szene derart ab, daß er vrmota faattr ließ: Du standest an dttnen Gavot-Flügel gelehnt.... Sm Schluß hi«tz es dann eiemNch unzweideutig: Kennst du, Liehst«, di« interessanten Le- larouts^chwetzerreisen?