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Wilsdruf-Tharanöer Wochenblatt. Freitag, den 14. Mai 1841. 15. Mit Königl. Sachs. Ccnccssion. Verantwortlicher Redactcur und Verleger: Albert Reinhold. dieser Wochenschrift erscheint alte Freitage eine Rnmmcr. Der Preis siir den Biertelsahrgang beträgt 10 Rgr. Bekannt macheingen aller Art werden ausgenommen; die gespaltene geile oder deren Raum wird mit li Pf. in Anrechnung gebracht. Aufsätze, di- im nächsten Stuck erscheinen sollen, werden in Tharand bis Montag Nachmittage 5 Uhr und in Wilsdruf bis Montag Abende 7 Uhr angenommen. Auch können bis Mittwochs Mittag eingehende .Zusendungen aus Verlangen durch die Pest an den Dcuckprt besiedelt werden und in der nächsten Nummer erscheinen. Wir erbitten uns dieselben unter den Adressen: ,,a» die Redaktion des Wilödruf-Tharander Wochenblattes zu Wilsdruf (Dresdener Gasse im Hause des Herrn Stadtrichtcrs Damme, 1 Treppe,) oder: „an die Agentur des Wilsdruf-Tharandcr Wochenblattes zu Tharaud," di- Herr Buchbinder Tauscher übernommen hat. In Meißen nimmt Herr Klinkicht jun. Auftrage und Bestellungen an. Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, sollen stets mit großem Danke angenommen werden. Die Redaction. Ein paar Worte über Frühlingskuren. (Von Ihl.) Krautersaste oder Molken? oder was brauche ich nur dieses Frühjahr? fragt sich Mancher bei Beginn des Frühlings. Em andrer verfallt gar auf'ö Aderlässen. Baucrmädchcn aber sind mit sich darüber bald im Klaren. Wenn die Rosen blühen, wird geschröpft. — Aber wie sicht cs mit dem Gebrauch der Mineralwasser? Dies soll der Vorwu f dieser paar Worte sein. Unter allen Vorbauungskurcn gegen Krank heiten glaube ich. daß die Brunnenkuren die un schuldigsten und nützlichsten sind. Nichtsdesto- weniger aber musi ich mir doch die Freiheit neh men, zu sagen, dasi eine jede Kur eine bekannte und wohlbegründete Absicht haben müsse, und daß cs keinem völlig gesunden Menschen zu rathen sei, gegen zukünftige mögliche Krankheiten, wo- von noch gar keine Spur vielleicht vorhanden ist, Arzneien zu brauchen. Diese Warnung trifft vatürlich blos diejenigen, die ans Gewohnheit, oder aus allzugroßcr Liebe zum Leben, oder weil sie Langeweile haben, mcdicinircn. Aber sie geht alle diejenigen nichts an, die zwar nicht zu Bette liegen müsson, aber doch kränklich sind, und ge wisse Empfindungen haben, wodurch sie sich über- zeugen, daß sich in ihnen entwickeln und daß sie so nicht beschaffen sind, wie man es im Zustande einer blühenden Gesundheit gewohnt ist. Diese Einschränkung öffnet vielen tausenden von Menschen den Weg zu Frühlings- und Brunnenkuren, die von Jedermann für gesund gehalten werden. Die wenigsten Bewohner der Städte leben so, wie cs die Gesetze der guten Lcbcnsord- nung' erfordern. Man predigt tauben Ohren, wenn man ihnen sagt, was sie lhun und zu lassen haben, wenn man cs in der Absicht lhut. daß sie es auch hübsch befolgen sollen. — Frei lich hat jeder Stand Pflichten gegen seinen Körper zu beobachten, ob er gleich Leben und Gesundheit dabei verwahrlosen muß. Wollte der Soldat die Nachtkälte und den Schnupfen scheuen, wollte der Schneider nicht krumm sitzen, der Gelehrte nicht Nachdenken, der Kaufmann nicht schreiben und rechnen, das Frauenzimmer nicht waschen, nahen und kochen, wollte der Hofmann nicht leben, wie der Hof lebt, wollte der Geistliche leben wie die Welt zu le ben pflegt, wollte Niemand etwas unternehmen, was nicht mit den strengen Regeln der Gesund heit übereinkommt; so würde die Welt gar bald eine Herberge feiger und gesunder Bettler werden, und die erste Frucht einer solchen Ver zärtelung würde die Aufhebung aller Stände und des geselligen Lebens sein. Man lcbt nicht um blos vorhanden zu sein, sondern um der Welt zu nützen. Man m"uß, wenn man des Lebens würdig sein soll, den Muth besitzen, cs dem Dienste der Welt zu opfern, und man muß nickt gesünder zu sein begehren, als man cs in diesem Dienste sein kann, nachdem man nun .einmal freiwillig odrr gezwungen die Wahl ge troffen hat, dieses oder jenes Amt oder Gewerbe zu üben. Durch diese Nothwendigkeit herbcige- führt, kann cs nun nicht fehlen, daß cs in Städten eine Menge kränklicher und hinfälliger Leute ge. bcn müsse. Gelehrte, Kaufleute, Künstler und Frauen- zimmer führen größtenthcils ihrer Derufsge- schäfte wegen, eine solche unnatürliche Lebens weise, welche sie kränklich und elend macht.