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Ottendorfer Zeitung. Vie „Gttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- rag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die Post bezogen ,,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi» vormittag w Uhr. Inserate werden mN w Pf für die Sxaltzetle berechnet Tabellarischer Satz nach be- sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühl« in Groß-Dkrilla. Sonntag, den 30. Oktober 1904. Nr. 130. 3. Jahrgang. Wegesperrung. Mit Genehmigung der Königlichen Amtshauptmannschaft wird wegen Abtreibung der Fahrbahn die nach ÖannsrutlorL führende ksiloburxvr 8tr»8«s auf die Dauer der Arbeiten für den öffentlichen Fährverkehr x«8p«rrt. Zuwiderhandlungen werden auf Grund von H t der Verordnung vom 9. Juli 1872 den Verkehr auf öffentlichen Wegen betreffend, biü zu 30 Mark bestraft. Vttendors-Montzdorf, am 28. Oktober 1904. Der Gemeindevorftand. Lincke. Oertliches und Sächsisches. Bttendorf-Vkrilla, ry. (Oktober iso-z. — Am 31. d. M. feiert die Freiwillige Feuerwehr von Ottendorf-Okrilla im Gast hof zum „schwarzen Roß" ihr 3. Stiftungs fest bestehend in Konzert, Theater und Ball. — In der am 13. Oktober d. I. ab- gehaltenen 9. Gemeinderatssitzung in Ottendorf- Mori tzdorf nahm der Gemeinderat K nntnis von a) der Bestäligung des Herrn Gutsbesitzer Ernst Mißbach als Gemeindeältesten auf die Zeit von 1905 bis mit 1910, b) den im 3. Vierteljahre vorgenommenen Besitzver änderungen, e) dcm Verhandlungsergebnis mit der Fa. A. Walther und Söhne, wegen Ab gabe von elektrischem Licht für die Straßen beleuchtung in Moritzdorf. In der hierauf staitfindenden öffentlichen Beratung wurde nach Jnpflichtnahme des an Stelle des infolge Ver kaufs seines Grundbesitzes aus dem Gemeinde- rate ausgeschiedenen Herrn Restaurateurs Noch, Herrn DekorationSmalermcisters Buck als Gemeinderatsmitglied, beschlossen: 1) die Dis pensation zur Abtrennung von Bauland vom Mißbach'schen Stammgrundstück zu befürworten 2) die für den Massenschutt der Lomnitzer Straße erforderlichen Steine aus dem Herms dorfer Bruche zu beziehen, 3) das für die Herstellung eines erhöhten Fußweges pp. ent lang der Radeburger Straße in abgeänderter Weise aufgestellte Ortsgesctz zu genehmigen und die Mittel zur verlagsweisen Bestreitung der Herstellungskosten durch Aufnahme einer Anleihe zu beschaffen, 4) in Beleidigungssachen R. es bei der von dem Beleidiger abgegebenen Erklärung bewenden zu lasten. In der hierauf stattfindenden nichtöffentlichen Sitzung befaßte sich der Gemeinderat 5) mit einem Gehalts- vufbesterungsgesuch des Schutzmannes Pötsch, tz) mit einer Eingabe des Grund- und Haus- besitzervcrein« hierselbst, 7) mit einer Armen sache und 8) mit der unentgeltlichen Abtretung von Areal zur Bahnsteigvcrbreitung an den Staatsfiskus. — Der Wettergott hat dies S Jahr seinen Köpf für sich gehabt und uns nach dem trokenen Sommer einen regenreichen Herbst be- schi-den. Die Oktobertage die der Regel nach hell und klar zu sein pflegen, haben uns des himmlischen Nasses mehr als genug beschert. Mancher Landwnt sagt; Ja, wenn das einige Monate früher g-kommen wäre, was wäre das für eine Ernte geworden. Es ist richtig, in vielen Gegenden des deutschen Vaterlandes hat der anhaltende Regenmangel großen Schaden angerichtet und den Schweiß tausender fleißiger Landarbeiter um seinen Lohn gebracht. Aber im großen ganzen ist die Ernte doch bei weitem nicht so schlecht ausgefallen, wie an fänglich ln weiten Kreisen befürchtet wurde. Die Preise für einzelne Lebensmittel sind nur in einzelnen LandeSteilcn, z. B- dem hiesigen, stark in die Höhe, in den meisten aber auf ihren normalen Stand zurückgcgangen, sodaß Man im ganzen im deutschen Va erlande wenigstens keinem ungewöhnlich teuren Winter rntgegengeht. Ja, in manchen Beziehungen darf die diesjährige Einte sogar zu den günstigsten und reichen gezählt werden, die wir überhaupt kennen, wir meinen in Bezug auf Wein und Obst. Während sich der Wein in der Kelter befindet, um später seine Feuer ¬ wirkung allen den Glücklichen milzuteilen, die sich eine Flasche des heurigen leisten können, findet das übrige Obst, Birnen und namentlich Aepfel, in den Haushaltungen ausgiebigste Verwendung. — Das „Dresdner Journal" schreibt: Einige Blätter haben erneut die Frage auf geworfen, ob die Gräfin von Montignose an den König!. Hof zurückkehren und Seine Majestät der König geneigt sein werde, sich wieder mit ihr zu vereinigen. Wie wir aus zuverlässiger Quelle misten, besteht auch nicht die entfernteste Aussicht dafür, daß es jemals zu einer Wiedervereinigung kommen könne. Se. Maj. der König hat nicht bloß vor dem Tode des hochseligen Königs, sondern auch j nach her in der allerbestimmtesten Weise die un zweideutige Willensmeinung kund gegeben, daß er für alle Zeiten jede Annäherung von jener Seite weit von sich weise. Dementsprechend sind schon früher bindende Abmachungen zwischen den beiden Beteiligten getroffen. Jeder Einsichtsvolle weiß von selbst, daß Se. Majestät der König noch allem Vorausgegangenen eine andere Haltung niemals einehmen kann. — Entgegen der Meldung über den Wert der Hinterlassenschaft des Königs Georgs, welche von Tag zu Tag immer höhere Summen nennen, hört man daß alle Mutmaßungen, welche die Summe von 70 Millionen Maa übersteigen, in das Reich der Fabel zu ver weisen sind. Bezüglich der letztwilligen Ver fügungen des Königs erfährt Man, daß Villa Hosterwitz der Prinzessin Mathilde zufällt. Dresden. Seine Majestät der König ließ am Diensteg im photographischen Atelier von Hugo Erfurth einige Aufnahmen von sich an ¬ fertigen, nach denen die neu zu prägenden Münzen gearbeitet werden sollen. Als der König wieder den Wagen bestieg, wurde er von einer großen Menschenmenge mit freudigen Hochrufen begrüßt. — Ein hier wohnhafter verheirateter Post schaffner hatte vor einigen Lagen seiner Ehe frau, mit der er in Unfrieden lebte, in das Miltagesten ein Quantum Arsenik gemengt, in der zugestandenen Absicht, sie aus der Welt zu schaffen. Das Gift hat aber nicht die ge wünschte Wirkung, sondern nur ein vorüber gehendes Unwohlsein verursacht. Infolgedessen versuchte er es ein zweites Mal, und zwar mit dem Nachmittagskaffe Die Frau hatte jedoch V-rdacht geschöpft, genoß deshalb nichts von dem vergifteten Kaffe, sondern veranlaßte, daß dieser, wie auch Reste der zu dem ersten An schläge benutzten Speisen von einem Chemiker untersucht wurden. Dieser stellte fest, daß die Speisen so viel Arsewk enthielten, daß dadurch eine größere Anzahl Menschen hätte getötet werden können. Der Täter wurde in Haft genommen. Ec behauptet, er habe das Gift von einem Kammerjäger, der sein Gewerbe im Umherziehen betreibe, und besten Name und Wohnung ihm vollständig unbekannt seien, zur Vertilgung von Ungeziefer gekauft und beschreibt den Unbekannten folgendermaßen: etwa 60 Jahre alt, untersetzt, etwas gebückt, ha! braunen Schnurbart und dergleichen K nnbart, trägt eine Umhängetascke. — Die „Vereinigten Elbeschiffahrts- gesellfchaften" schreiben: Nachdem die im Ver laufe der vorigen Woche bestandenen Stockungen des Elbeschiffahrtsbetriebes teils auf der böhmischen Elbestrecke bei Tischlowitz, teils auf preußischem Gebiete bei Wesnig noch Mehr tägiger Dauer überwunden wurden, hat sich Anfang dieser Woche auf anhaltischer Strom trecke zwischen Coswig und Bockerode ein eues Hindernis gebildet, wodurch der Verkehr inen abermaligen heute noch nicht abzusehenden Aufenthalt erleidet. Das mit der neuerlichen Verschlechterung des Elbewasterstandes im Zusammenhänge stehende Hindernis zeigt, unter welchem erschwerenden Umständen der gegen wärtig beschränkte Betrieb aufrecht erhalten werden kann und ist gleich-eitig der beste Be weis dafür, daß die Aufnahme des regel mäßigen Betriebes vor Eintritt günstigerer Zustände außerhalb des Bereiches der Mög lichkeit liegt. — Am 27. d. M. vormittags 10 Uhr ist auf dem Schötzenplatz hier ein Tafelwagen mit dem vorgespannien Pferde gestohlen worden. Das Pferd ist ein starker, 11 Jahre alter Flghswallach mit weißer Blume, starker Mähne und langem Schweife und ist frisch geschoren. Der Wagen ist grüngestrichen hat neue Achsen und rote, schwarzabgesetzte Räder. Auf der linken Seite des Wagens ist das Namensschild „Hermann Rumpf, Dresden-Neustadt", unter dem Trittbrett ist ein neuerer Werkzeugkasten angebracht. Auf dem Wagen befanden sich zur Zeit der Entwendung zwei Spankörbe, zwei Kolli in Leinwand, ein Packet Latten und ein leerer Pistonkasten. Als Täter kommt ein 25 bis 28 Jahre alter unbekannter Mann von untersetzter Gestalt in frage; er ist an geblich bartlos und schlecht rasiert. Bekleidet war er mit blauem Jacket und schwarzem, steifem Hut. Für die Herbeischaffung des Ge schirrs und für Mitteilungen, die zur Er mittelung des Täters führen, ist eine Belohnung von 50 Mark ausgesetzt. Wilsdruff. Auf dem Heimwege zwischen Kestelsdorf und Wilsdruff verunglückte der Wirtschaftsbesitzer Vogel durch ein an seinem Gefährt, vorübersausendes Automobil. Das Pferd war scheu geworden nnd V. war von dem Tischlerwagen, auf welchem er Möbel nach Dresden gefahren hatte, geschleudert worden. Dabei hat er mehrere Rippen gebrochen. Das Pferd ist ohne Schaden davongekommen. Telegraphenarbeiter haben den Verunglückten nach Hause gebracht. Moritzburg-Eisenberg. Die Weihe unserer neuen Kirche soll Sonntag den 7. November in festlicher Weise begangen werden. Der Bau ist im Stile unseres Schlosses ausgeführt worden und in weiter Ferne sichtbar. Die Orgel hat Herr Hos- orgelbauer Jehmlich erbaut. Im Schiff und auf der Empore sind 500, Sitzplätze vorhanden. Meißen. Dem beim hiesigen Fleischer meister JIschner beschäftigten Fleisckerlehrling Arthur Jlschner ist am 25. Oktober beim Zer legen eines Rindeiviertels in der Kühlhalle des Meißner Schlachthofes das Messer in das rechte Knie gefahren. Die Verletzung hat solche Folgen gehabt, daß das Kniegelenk operativ entfernt werden muß. Kmehlen. Donnerstag Nachmittag 2 Uhr landete auf hiesiger Flur, über Baßlitz kommend ein Luftballon der Berliner Luftschifferabteilung bemannt mit einem Oberleutnant und drei Reservisten. Der Ballon wurde nach .der Landung zusammengelegt, verpackt und nach Meißen befördert, von wo aus die Abteilung die Rückreise nach ihrer Garnison antrat. De Ballon (Inhalt: 1200 ebm) erreichte eine Höhe von 1800 m. Oschatz. Aus dem Fenster gesprungen ist am Mittwoch Nachmittag die Ehefrau des Gendarm Otto Kretzschmar. Die Bedauerns werte lag längere Zeit schon krank danieder und hat die unselige Tat vermutlich im Fieber wahn begangen. Böhrigen. Gestern früh in der 5. Stunde entstand im Webereigebäude der Firma F. G. Lehmann, Aktiengesellschaft, Feuer, welches dieses große Fabrikgebäude (das Hauptgebäude des Etablissements) zerstörte und dabei auch die Maschinen mit den angefangenen Waren Garnbeständen usw. vernichtete. Im Parterre aufbewahrte fertige Waren wurden gerettet. Dittersbach. Hier brannte ein zum Martinschen Drehwerk gehöriges Haus voll ständig nieder. Bei den Löscharbeiten ist leider der Schlostermeister Zedow von Neuhausen ver unglückt. Wald Haim. Wegen schwerer Sittlichkeits verbrechen verübt an einem 7 jährigen Schul mädchen, wurde ein 40 Jahre alter, ver heirateter Maurer verhaftet. Das bedauerns werte Kind mußte in ärztliche Behandlung ge geben werden. Leipzig. Kassierer und Buchhalter eines Fabrikgeschäft» „arbeiten" zusammen, um den Chef zu betrügen, „amüsierten" sich zusammen beim Sekt und Weibern und „verschwanden" heute auch zusammen hinter „schwedischen Gardinen." Leutzsch. Hier entspann sich zwischen einem Schutzmann und drei Fischdieben, welche ihre Beute (etwa 200 Stück Satzkarpfen in Sicher heit bringen wollten, ein heftiger Kampf, wobei der Beamte von der blanken Waffe Gebrauch machen mußte, selbst aber auch mehrfach verletzt wurde. Zwei der Diebe sind verhaftet, einer ist flüchtig. Hundshübel. Mehrere hiesige Einwoher darunter der Gemeindevorstand, waren der Be leidigung des Waldaufsehers Huster, früher in Hundshüb-l, und des Oberförsters Hartia an geklagt, weil sie ersteren eines Mordes letzteren der Vertuschung der Sache geziehen hatten. Das Schöffengericht Eibenstock verurteilte die Angeschuldigten zu je einem Monat Gefängnis. Das Landgericht Zwickau als Berufsinstanz hat das Urteil bestätigt. Rodewisch. Am Montagabend brannte hier eine gOO Zentner Getreide enthaltend« Feime und am Dienstagabend die Scheune des Gutsbesitzers Neidhardt vollständig nieder. Glauchau. Große Aufregung hat unter den hiesigen Ladeninhabern die Gründung einer Rabatt-Spargesellschaft hervorgerufen, die ihren Hauptsitz in Chemnitz und in verschiedenen Städten Sachsens bereits Niederlagen errichtet hat. Es fand deshalb am Dienstagabend eine Versammlung hiesiger Ladeninhaber statt, die gegen jene Gesellschaft Stellung nahm. Schließlich wurde ein zehngliedriger Ausschuß gebildet, der die Gründung eines Rabatt sparvereins vorbereiten soll. Der Bürgermeister hat den zu gründenden Verein finanzielle Unter stützung seitens der Stadtverwaltung zugesagt. Netzschkau i. V. Aus dem Krankenhause entwich ein in den 50er Jahren stehender geisteskranker Mann, mit Namen Mitlacher. Man konnte bis jetzt noch keine Spur von ihm entdecke». Plaueni. V. Wenig appetitlich ist eS vor wenigen Monaten in den Büfett des Zirkus Carrse zugegangen, als dieser dort seine gut besuchten Vorstellungen gab. Einige unweit des Büfett» sitzende Zuschauer nahmen schon bei den ersten Vorstellungen war, daß der Büffettier Rabe, der noch jetzt in Diensten des Zirkus steht und sich mit diesem auf Reisen befindet, stets den günstigen Moment, wenn etwas Besonderes in der Manege vorgeführt wurde, benutzte, um den Inhalt in dem auf dem Büfett befindlichen Zinkuntersatz, in dem die Bierneigen und auch das in den Gläsern nach dem Reinigen haftende Spülwasser ent leert wurden, zu sammeln und von neuem, zur Hälfte vermischt mit gutem Bier, als Getränk mit 15 Pfennigen für «/ia Liter zu verkaufen. Gegen Rabe ist deshalb Anzeige wegen Nahrungsmittelverfälschung erstattet worden, und es wurde ihm am Dienstag vom Schöffen gericht zu Plauen, das in Abwesenheit des kommissarisch vernommenen Angeklagten er handelte, eine Geldstrafe von 4V M. und Tragung der Kosten auferlegt,