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Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Druck un- Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag w Uhr. Inserate werden mit Pf. für die Sxaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Verlag von Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Für -ie Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. Nr. 41. Mittwoch, den 6. April 1904. 3. Jahrgang. Bekanntmachung. Zwecks gehöriger Aktenhandlung ist es erforderlich, daß die für die Akten bestimmten Schriftstücke (Eingaben, Gesuche, Beschwerden) auf ganren Kogen (Reichsformat) mit Ointe geschrieben werden. Ma» behält sich vor, Schriften, welche diesen Erfordernissen nicht entsprechen, sowie Post karten, Zettel aller Art, kleine Briefbogen etc. zurückzugeben oder überhaupt nicht zu beachten. Hieraus entstehende Nachteile haben sich die Absender vorschriftswidriger Schriften selbst zuzuschreiben. Sttendorf-M-ritzdakf, am 1. April 1904. Der Grmeindevorstand. Lincke. Deutliches und Sächsisches. Dttendorf-Vkcilla, 5. April 1804. — Die Herabsetzung des Zinsfußes der Reichs schatzscheine. Vor einigen Tagen lief der Zeit punkt ab, bis zu welchem die Inhaber der am 1. April und am 1. Juli fälligen vierprozen tigen Reichsschatzanweisungen vom Jahre 1900 ihre Stücke zum Umtausch in ^/«prozentige Schatzanwcisungen einreichen konnten. Die neuen Papiere haben Umlaufsfrist von vier Jahren, können aber auch schon nach zwei Jahren, sei tens des Reichs gekündigt werden. Wie die „Voss. Ztg." erfährt, sind von den 40 Millionen Mark fälligen Reichsschatzanweisungen nur 26 bis 27 Millionen Mark zum Umtausch einge reicht worden. Die Inhaber von 13 bis 14 Millionen Mark ziehen also die Rückzahlung zum Nennwert vor. Das ist ein schlechter Er folg, der um so auffälliger ist, als man auf einen ziemlich glatten Umtausch gerechnet hatte. Der Reichsfinanzverwaltung selbst erwachsen aus dieser Gestaltung der Dinge allerdings keinerlei unmittelbare Verlegenheiten, da mit der Darm- städter Bank und der Preußischen Zentral- GenossenschaftSkasse ein Abkommen getroffen worden ist, wonach diese beiden Institute den nicht zur Konvertierung eingereichten Betrag der am 1. April fälligen Schatzanweisungen etwas über pari übernehmen. — Die sächsische StaatSbahnverwaltung gibt ihren Dienststellen bekannt, daß die Reichs Telegraphen-Verwaltung für die Ermittelung vorsätzlicher oder fahrlässiger Beschädigungen rc. der Reichs-Telegraphenstangen rc. Belohnungen bis zur Höhe von 15 Mark in jedem Einzel falle dann gewährt, wenn es gelingt, die Täter zwar ermittelt worden sind aber wegen jugend lichen Alters, mangelnder Zurechnungsfähigkeit oder sonstiger persönlicher Gründe gesetzlich nicht haben bestraft oder ersatzpflichtig gemacht werden können. Belohnungen werden auch dann be willigt, wenn die Beschädigungen u. s. w. noch nicht wirklich ausgeführt, sondern durch recht zeitiges Einschreiten der zu belohnenden Personen verhindert worden sind, der gegen die Tele graphenanlagen usw. verübte Unfug aber soweit feststeht, daß die Schuldigen bestraft werden können. Dresden. Nachdem Diebe in ein Haus der Berliner Straße nachts wiederholt eingedrungen sind, wurde am Karfreitag abends gegen ^/,9 Uhr von Wächtern der Dresdner Wach- und Schließgesellschaft in den zu ebener Erde gelegenen Kontor- und Ge schäftsräumen der Firma Gebr. Schleißing, Böttcherei und Faßhandlung, Hamburger Straße 27, die Entdeckung gemacht, daß auch hier Diebe ihr Unwesen getrieben hatten. Die Fenster der betreffenden Räumlichkeiten waren ausgehoben, die Türen aufgesprengt, die Wände beschädigt und der große Geldschrank lag, auf die Vorderseite umgestürzt und mit Bohr- beziehungsweise Schlaglöchern versehen, auf den ebenfalls beschädigten Zimmerdielen. Des weiteren haben die Einbrecher ein Schreib pult gewaltsam geöffnet und aus demselben 400 Stück Zigarren entwendet. Barmittel oder sonstige Wertgegenstände sind den Dieben nicht in die Hände gefallen, da die Diebe den Geldschrank nicht zu erbrechen vermochten. Pirna. Berichtigend wird uns mitgeteilt, daß bei dem viergleisigen Ausbau der Bodenbach Dresdner Eisenbahnlinie von den Unternehmern Partzsch und Jacob nicht, wie früher gemeldet, 500 Arbeiter beschäftigt werden, sondern daß die Arbeiterzahl am 29. März 268 Mann im ganzen betragen hat. Von diesen hat am 29. März der größere Teil die Arbeit niedergelegr, weil die von den Unternehmern gemachten Zu geständnisse den Ansprüchen der Arbeiter nicht genügten. Ein nicht unbedeutender Teil da gegen wollte unter den gegebenen Bedingungen weiter arbeiten, wurde aber von den übrigen eingeschüchtert, so daß auch sie die Arbeit nieder- legten. Mittlerweile ist aber am 31. März eine Einigung zu stände gekommen, und die Arbeit ist allenthalben wieder ausgenommen worden. Hohenstein-Ernsttal. Die städtischen Kollegien beschlossen, die Kriegsteilnehmer mit einem jährlichen Einkommen bis ein schließlich 700 Mark in Zukunft von den Ge meindeanlagen zu befreien. Leipzig. Mit dem Anfang dieses Monats ist das Distriktsarztsystem bu der Ortskranken kaffe in Funktion getreten. Damit wird die Erwerbslätigkeit fast aller bisherigen Kassen ärzte — es waren deren 250 — in der empfind lichsten Weise eingeschränkt. Namentlich Ärzte, die in Bezirken mit vorwiegend der Ortskranken kaffe angehöcenden Bevölkerungsschichten prak tizierten, liegen so gut wie brach und sehen sich in ihrer wirtschaftlichen Existenz aufs ernstlichste bedroht. In mancher ärztlichen Familie wird die Not eintreten und Katastrophen dürften nicht ausbleiben. — Der Kaffenbezirk ist in 39 Distrikte eingeteilt, in denen 50 Distriktsärzte tätig sind- Die drei Beratungsanstalten sind mit 12 Ärzten besetzt; außerdem sind noch einige Spezialärzte und eine größere Anzahl Kassenärzte engagiert. Vielfach wird bezweifelt, zumal die Königlichen Kliniken ihre Verträge mit der Kaffe gekündigt haben, ob sämtliche Kassenpatienten hinreichend mit ärztlicher Hilfe versorgt werden können. Man weist unter anderem darauf hin, daß bei der außerordentlich großen Kinderpraxis in den Vororten, auch Kinder besucht werden müssen, die nicht schwerkrank sind. Auf einen Besuch bei einem Kassenmitglied seien mindestens drei Besuche bei Angehörigen zu rechnen. Seien also 300 Kaffenmitglieder bettlägerig, was bei einer Gesamtzahl von 350 000 Mitgliedern nicht zu hoch gegriffen ist, so seien nicht 300, sondern etwa 1200 Besuche täglich zu machen. Werdau. Dem „Werdauer Tageblatt" nach brannte heute vormittag in dem benach barten Ruppertsgrün die Vigognespinnerei von Berger L Walther völlig nieder. Der Schaden wird auf ungefähr eine halbe Million Mark geschützt. Plauen i. V- In der hiesigen Bauge werkenschule ist die Ausstellung von Schülcrar- beiten der sächsischen Baugewerkenschulen, sowie der Akademie Leipzig und der Gewerbeakademie Chemnitz eröffnet worden. Auerbach. Die hiesige Königliche Amts hauptmannschaft verbietet die öffentlichen hyp notischen und solche Vorstellungen, in denen es sich um Einwirkungen auf den Menschen mittelst Suggestion, Magnetismus und ähnlicher Me- thoden handelt. Nus der Woche. Die Segensworie des Osterfestes hallen durch alle Welt und finden lauten Widerklang in Millionen gläubiger Herzen, aber auf den Gang der Dinge gewinnen sie keinen Einfluß — da geht alles ruhig seinen Gang: der Krieg, die Prozesse, der Klaffenhaß, die Parteiungen, die Unduldsamkeit gegen die Meinungen andrer, die Profitgier, die Liebedienerei und Heuchelei die Gleichgültigkeit gegen das geistige und materielle Elend, die unbegrenzte Liebe für das eigene liebe Ich. Und wie die Verhältnisse zwischen den Einzelpersonen liegen, bei denen die gesellschaftlich notwendige Heuchelei oft nur notdürftig die Gesinnungen des Neides und der stillen Selbstüberhebung verhüllen, so auch zwischen den Völkern. Die Engländer können sich beispielsweise noch gar nicht von dem Staunen über die in Neapel zwischen Kaiser Wilhelm und dem König von Italien ge wechselten Telegramme erholen; haben sie doch schon seit Jahren in allen Tonarten versichert, daß der Dreibund nur noch eine leere und bedeutungslose Form sei. Jetzt aber erfährt man zuverlässig, daß ausgerechnet, gerade zur zeit der Anwesenheit Kaiser Wilhelms in Neapel ein Telegramm an König Humbert vom Kaiser Franz Josef eintraf, in dem die Haltung Osterreich-Ungarns in der Balkanfrage mit der Italiens in volle Übereinstimmung ge bracht und vorgeschlagen wurde, etwa noch auf tauchende Differenzpunkte vertrauensvoll dem deutschen Kaiser zum Ausgleich zu überweisen! Man ersieht daraus, daß der Dreibund, nicht nur in seiner alten, sondern in verstärkter und vertiefter Kraft fortbesteht und daß die Spe kulationen unserer englischen Freunde auf eine Isolierung Deutschlands durchaus verfehlt und nichtig sind. König Eduard, der jetzt mit seiner Gemahlin beim Schwiegervater Europas in Dänemark weilt, hat seiner vertrauten Um gebung das Schauspiel von Krokodilstränen ge boten über den unseligen Krieg zwischen dem England verbündeten Japan und dem heiß geliebten Rußland. Ja, wenn Rußland wenigstens so geschwächt aus dem großen Ringen hervorginge, daß es für Jahrzehnte seine Finger von den mittelasiatischen Angelegen heiten lassen müßte! Aber die armen Japaner, die anfänglich so achtungswerte Erfolge gegen den russischen Koloß aufzuweisen hatten, kommen und kommen nicht weiter, und die armen Ruffen auch nicht! Auf beiden Seiten wird ja offiziell der Mund möglichst vollgenommen, aber zugleich werden die Völker zur Geduld ermahnt, denn so schnell ginge die Sache nicht! Und sie haben beide recht. Es dürfte lange, sehr lange dauern, bis nur noch die beiden übriggebliebenen Schwänze an die zwei Löwen erinnern, die sich gegenseitig aufzufreffen vor hatten. Erfreulicherweise bietet die Zeit auch Lichtbilder. Wer kennt nicht den edlen Menschenfreund John D. Rockefeller! Nicht nur er, sondern schon sein Vater haben es für eine Lebensaufgabe betrachtet, mit allen Mitteln ein Riesenvermögen zusammenzu scharren; nicht nur etwa mit allen erlaubten Mitteln, sondern auch durch solche die das Gesetz verbiete; nur daß sich solchen überreichen Leuten gegenüber kein Richter findet, der das Gesetz zur Anwendung zu bringen wagte. Regt sich nun in Rockefeller das Gewissen oder halt er eine neue Reklame für notwendig: kurz, er will die Wohltätigkeit auf der ganzen Welt organisieren und hat zu diesem Zwecke ein eigenes Bureau mit wahnsinnig vielen Millionen Mark ausgestattet. Die Aufgabe dieses Bureaus ist es, die wohltätigen Unter nehmungen der ganzen Welt zu prüfen, und diejenigen, die der Unterstützung für würdig befunden werden, sollen von diesem Bureau unterstützt werden, durch das Rockefeller sehr große Summen zu verteilen gedenkt. Die „New-Aork-World" veröffentlicht soeben eine Liste von Mr. Rockefellers Schenkungen an verschiedene Universitäten. Bis zur Gegenwart betragen sie 140 Millionen Mark. Aber Rockefeller ist mit den Resultaten dieser Form der Wohltätigkeit nicht zufrieden und hat da her diesen neuen Plan gefaßt, durch den er weit größeren Nutzen zu stiften hofft. Armer Cecil Rhodes! Was wollen von deinem er gaunerten Reichtum die paar Millionen für Wohltätigkeitszwecke besagen, von denen ja auch ehrenvollerweise für deutsche Studenten in Oxford etwas abzefallen ist! Darum ruinieren solche Leute erst Tausende von Existenzen, denen sie die Lebensbedingungen nehmen, um dann ihr Geld, mit dessen Überfülle sie ja doch nichts Gescheites anzufangen wissen, in phantastischen Humanitätsspekulationen zu ver plempern! Unter die Leute kommt das Geld, das ist sicher; aber ob an die rechten? Im allgemeinen gefallen uns da die südafrikanischen Goldminen-Magnaten besser; da die Buren das Unglück hatten, ein Land ihr eigen zu nennen, dessen Berge Gold enthielten, so mußten sie weichen. Jetzt herrschen die Gold fürsten in den ehemaligen Republiken — an ihrer Spitze der berühmte Dr. Jameson — und führen chinesische Kulis ein, da die heimischen Arbeitskräfte zu teuer und zu frech sind. Allerdings bringen die Kulis auch Pest und Aussatz ins Land, aber was tut's? Die „Herren" leben ja nicht unter diesen Leuten. Solch ehrliche Rücksichtslosigkeit ist allemal dem heuchlerischen Getue der modernen HumanitätS- und Kuliurförderer vorzuziehen. Tageskalender für Gttendorf-Moritzdorf. Kaiserliches Postamt: Ottendorf-Okrilla, Radebergerstraße, geöffnet an Wochentagen von 7 Uhr bis 12 Uhr vormittags und 3—6 Uhr nachmittags. An Sonn- und Festtagen: 7 bis 9 Uhr vormittags und mittags von 12 bis 1 Uhr. Königliches Standesamt: Herr August Leonhardt in Groß-Okrilla, Königsbrückerstrabe. Geschäftszeit: Dienstags, Donnerstags und Sonntags von mittags 12—2 Uhr nachmittags. Friedensrichteramt. Herr Aug. Leonhardt Groß-Okrilla, Königsbrückerstraße. Geschäfts zeit nur Sonnabend nachmittags von 7 bis 8 Uhr. Königliche Gendarmeriestation: Gendarm, Köhler, Hermann, Radebergerstraße 25 L. Königliche Schlachtsteuereinnahme: Ein nehmer: Knöfel, August, Radebergerstraße. Königlicher Bezirksarzt: Hesse, Walther, vr. msä. Geh. Medizinalrat, Dresden- Strehlen, Julius-Ottostraße 11. Königlicher Bezirkstierarzt: Beier, Otto Dresden-Neustadt, Löbauerstraße 14. Gemeindeamt: Radeburgerstraße, Geschäfts zeit 8 Uhr Vormittags bis 4 Uhr Mittags, 3 bis 6 Uhr Nachmittags an Sonnabenden und Vorabenden von Festtagen von 8 Uhr ununterbrochen bis 3 Uhr Nachmittags. Die Gemeindekaffe 8 bis 1 Uhr, schließt bereits 5 Uhr und expediert an Sonnabenden und Vorabenden von Festtagen nur bis 2 Uhr. Schule: Radeberger- und Dresdnerstraße. Vorsitzender des Schulvorstandes: Ge meindevorstand Lincke. Schuldirektor End ler, Dresdnerstraße. Geschäftszeit: An den Wochentagen von 9 bis 10 Uhr Vor mittags, sonst unbestimmt. Aerzte: Theurich, Hugo, Or. vasä., Rade burgerstraße 78o. Sparkasse: Gemeindeamt, Geschäftszeit wie die Gemeindekaffe. Pfarramt: Kirchstraße, Expeditionszeit: Werk tags von vormittags 9—12, nachmittags unbestimmt, Sonntags geschloffen. Gemeinsame Gemeindekranken - Ver sicherung für Ottendorf u. Umgegend, Kleinokrilla. Geschäftszeit: Sonnabends von 11—1 Uhr, sonst unbestimmt. Ortsrichter: Gemeindevorstand a. D, Zeidler, Kirchstraße 38.