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Is-V S^UMW^S s 8^1 Iiilili HMAAH. MWW^ SH, A, ^D^AAHA^UU^ Vie „(vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- >ag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Post bezogen z,20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Leid und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahme »»« Inserat« bi, veemtttag „ Nh».: Inserat« werden mit w p für di» Spaltzeil« t«r«chni LabellarischirzSatz nach desenderem Laris Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla No. 30. Sonntag, den 10. Mär; 1907. 6. Jahrgang. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Dkrilla, den 9. März zyg?' —* Ostern nah«, und die schicksalsschwere Frage taucht in vielen Familien auf: Was soll der Junge werden? Und wo man sich bereits endgültig für die« »der da« entschieden hat, da denkt man auch über so mancherlei nach. Obs denn wirklich da» Richtige wäre? Obs die Kosten lohnen wird? Ob der betreffende Beruf nicht zuweilen wie eine schwere Last sich gestalten werde? Ob, ob und tausendmal ob? Man hört und liest jetzt soviel von Ueber- füllung und Konkurrenz. Hier und da werden ausdrückliche Warnungstafeln aufgerichtet. Zuzug sernhalten. So lautet die Parole. Ist in der Regel wirklich gut gemeint. Man kennt das Elend, das überall droht, wo das Angebot die Nachfrage übersteigt Man weiß auch vom gebildeten Proletariat ein Lied zu singen. Da ist ein Vater, der hals am eignen Leibe erfahren, wie man rennen und ringen muh, um Halbweg« ein anständiges Auskommen zu haben. Ost genug hat er die Zähne zusammengebissen. Aber wa« hilftö? Wer nicht genügend Kapital hat, bleibt ein ge bundener Mensch. Kein Wunder, daß ihm jeder andere Beruf in viel rosigerem Lichte er scheint als die eigene Tretmühle. „Mein Junge soll» mal gescheiter anfangen, solle mal besser haben." Schöner Herzenswunsch. Doch ach — eben in allen Berufsarten gibts Klage lieder und SehnsuchtSschrei. Pessimistisch ver anlagte Naturen könnten schier den trübsten Berzweiflungögedanken nachhängcn. Aber — nur ruhig Blut! Nur nicht gleich bange werden I So ganz und gar braucht man den Idealismus nicht auSzuschalten. W. H. Riehl, der vortreffliche Kenner deutschen Lebens und Wirken». Hal schließlich auch recht, wenn er sagt: „Die Begeisterung für einen festen, praktischen Berus kann allein den strebenden Menschen in sich befriedigen." Die Hauptsache ist eben, daß man seinen Beruf lieb hat. Das setzt allerdings voraus, daß man ihn gründlich nach allen Seilen hin beherrscht. Nur wer tatsächlich etwas kann, und sei es immerhin aus einem enger umgrenzten Gebiete, nur solch einer im besten Sinne des Wortes Strebender hat Anspruch auf Erfolg und Lebensglück. Wa« für ein Beruf e» auch sei, man muß e« ernst damit nehmen, und man soll nicht wähnen, daß einem die gebratenen Taub-n nur so in den Mund fliegen. — * Eine Zählung der Reisenden ln den Zügen der sächsischen Staatseisenbahnen findet am 20., 21. und 22. März statt. Dresden. In großer Aufregung befanden sich Mittwoch zwei Familien auf der Sebnitzer Straße, weil zwei kleine vierjährige Mädchen sich seit vormittag» 11 Uhr vom Hause ent fernt hatten und alle» Suchen nach ihnen ver geben» war. Groß war die Freude der Eltern als abends gegen 9 Uhr vom 11. Wohlfahrls- polizeibezirk -- Slephanienstraße — die Meldung erstattet wurde, daß sich die Kinder dort be fänden. — Von dem vormaligen Hofopernsänger Emil Greder, besten Kontroktbruch vor mehreren Jahren so großes Aufsehen erregte, hat man lange garnichts gehöet. J-tzt wird nun sein Name genannt und zwar in einer öffentlichen gerichllichen Zustellung, die von der Firma F. Ries erhoben wurde, weil Greder vor seiner Abreise vergessen hatte, für einen dort enlnommencn Schutzflügcl 1100 M. zu zahlen Ob der Verschwundene sich auf diese öffentliche Zustellung melden wird? — Karl Burrtan, der Heldentenor, ist von seiner Amerika-Reise wohlauf in Dresden ein getroffen. Er tritt bereiis heule Sonnabend als Siegfried wieder aus. — Die kriegsgerichtliche Verhandlung gegen den Gefreiten des hiesigen GardereiterregimentS, besten Festnahme mit den erwähnten Selbst- mo.dc des GardereiterS Burkhardt in Ver bindung gebracht wird, soll in nächster Woche stattfinden. Der Gefreite befindet sich noch in Haft. — Der Mörder Schilling aus Chemnitz, welcher im Sommer vorigen Jahres ein Schulmädchen in der Nähe des Lichtenhainer Wasserfalles ermordete, sowie in der Sächsischen Schweiz eine Frau räuberisch überfiel und im Walde bei Basewitz-Kamenz die Tochter eine» Schmiedemeister» mißhandelte, war im Herbste zur Beobachtung seines Geisteszustände» nach der Irrenanstalt des Zuchthauses Waldheim gebracht worden. In diesen Tagen ist nun der Mörder von dort nach Dresden als geistig gesund zurückironsportiert worden, sodaß die Königliche Staatsanwaltschaft nunmehr die An klage gegen ihn erheben und der Mordprozeß wahrscheinlich schon vor dem am 18. März zusammcntretenden Schwurgericht zur Ver handlung kommen wird. — Ein schweres Unglück ereignete sich hier am Freitag Vormittag 11 Uhr. In der Lederfabrik von Bierling aus der Flcmming- straße explodierte ein Kessel, der explosive Stoffe enthielt, unter furchtbarer Wirkung. Die Decke des ArbcitsraumeS ist durchgeschlagen worden, und eine Wand ist vollständig eir- gestürzt. Dabei wurde ein Arbeiter, namens Füssel, getötet. Er wurde schrecklich verstümmelt. Die Feuerwehr mußte die einzelnen Körperteile des Verunglückten au» den Trümmern hervor- suchen. Ein anderer Arbeiter wurde schwer und ein dritter leicht verletzt. — Ausführlich wird zu der Explosion noch gemeldet: Die Explosion war von gewaltiger Wirkung. Ein Farbextrakt-ur, ein verhältnis mäßig kleiner Kestel mit nur zwei Atmosphären zulässigem Druck, hatte das Unheil angerichtet. Wie e» geschehen, und welche Ursachen es ge habt hat, läßt sich noch nicht feststellen da der einzige, der Auskunft geben könnte, bei dem Unglück ums Leben gekommen ist. Es ist der Albeiter Füssel, der eine Witwe und mehrere Kinder hinterläßt. Man fand die Leiche unter einem Trümmerhaufen. Der Schädel war offenbar durch einen schweren eiferen Träger vollständig eingeschlagen, so daß der Tod wahr scheinlich sofort eingetreten ist. Leicht verletzt wurden außerdem zwei Arbeiter, der eine durch schmerzhafte Brandwunden an den Armen, der andere durch eine blutige Wunde auf dem Kopfe. Beide konnten sofort b-handelt werden. Durch die Explosion wurde nicht nur eine starke Wand, die den Kestelraum von dem Maschinenraum trennt, gänzlich hinausgedrückt, sondern außerdem die Decke, über der sich der Torweg befand, auf eine Ausdehnung von etwa 40 Quadratmetern vollständig zerrissen. Ihre Trümmer begruben den tödlich Verun glückten unter sich. Die Feuerwehr mußte eine Stunde arbeiten, um die Trümmer fortzu räumen. Blasewitz. Ein unsaubere» Kleeblatt! Zwei Lehrlinge aus Vorstadt Striesen, die ichren Lehrmeistern entlaufen waren, wurden mit einem älteren Schulknaben, der sich ihnen an- geschlosten, hier in polizeiliche Obhut genommen, da sie ein abenteuerliches Leben führten. Sie hatten schon vor einigen Tagen in Weißer Hirsch und Bühlau gebettelt, in einem Schuppen genächtigt und führten jetzt dieses Vagabundcnleben dadurch weiter, daß sie im hiesigen Orte Frühstücksbeutel mit Inhalt ent wendeten. Dabei sind sie unschädlich gemacht und ihren Lehrherrn bez. Eltern zugeführl worden. Radeburg. Die konstituierende Mitglieder versammlung des nationalen Ausschusses für den 4. sächsischen ReichStagswahlkceiS ist aus den 13. März angesetzt. Seifersdors. In der Nacht zum Mittwoch übernachtete hier im Gastbof zu den drei Linden ein junger Mann. Als der Mensch sich am Morgen in der achten Stunde unbe obachtet sah, verließ er den Gasthof ohne Zahlung und Dank. Der Besitzer, Trepte, be- merkie aber sofort das Verschwinden des Nacht- gastes, dem er nicht da« beste zugetraut hatte. Da auch die Komodc de» Dienstmädchen er brochen worden war und 15 Mk. bare« Geld fehlte, nahmen der Wirt und der dort stationierte Gendarm sofort die Verfolgung de» Diebes aus. Die Spur führte nach Lange- brück. Indessen hatte der Flüchtling seine Ver folger bald entdeckt und verschwand darauf im Walde an der Hofewiese. Er konnte nicht er griffen werden. Pulsnitz. Am Donnerstag früh gegen 8 Uhr wurde auf dem Bahnhofe Bischheim der Bremser Hermsdorf au« Pirna beim Rangieren deü Pirnaer Güterzuges vom Zuge überfahren und am Arme schwer verletzt. Bautzen. Von einem Großseuer wurde am Donnerstag früh daö dem weltadrligen Fräuleinstist in Joachimsstein gehörige, vom RiltcrgutSpackter Klahre bewirtschaftete Ritter gut Preititz bei Plicßkowitz heimgesucht. Das Feuer brach im Kuhstalle aus und verbreitete sich mit unheimlicher Schnelligkeit über das ganze große Gebäude und dehnte sich schließlich auf die Brauerei aus. Nur energischer Löschhilfe ist es zu danken, daß das Feuer sich nicht noch auf die Spiritusniederlage aus dehnte. Der entstandene Schaden an Gebäuden und Mobiliar beträgt 60000 M- Heidenau. In den Fabrikräumen von Rockstroh und Schneider brach gleichzeitig an zwei Stellen Feuer aus. Mit sieben Minimax- Apparat-n konnte der Brand jedoch noch ge löscht werden. Der Schaden wird nunmehr am Gebäude auf 6000 bis 8000 und sonst auf 4000 bis 5000 M. geschätzt. Die Fabrik ist in kurzer Zeit dreimal vom Feuer heim gesucht worden. Die Entstehungsursache kann nur Brandstiftung sein Die Direktion der Fabrik hat deshalb einen Anschlag veröffentlicht des Inhaltes, daß eine Belohnung von 500 M. dem zugesichcrt wird, dessen Angaben zur Ent- d tckung des Brandstistr» führen. Wilsdruff. Von den früh 6 Uhr 18 Min. von hier nach Polschappel verkehrenden Güter- zuge mit Personenbeförderung sind am Donnerstag mehrere Wagen entgleist. Der Verkehr wird durch Umsteigen aufrecht erhalten. Verletzt wurde niemand. Borna. Ueber die Krisis in der Konfirmanden sparkasse wird geschrieben: Bei der hier be stehenden Konfirmandensparkafft, die ein private» Unternehmen de» vor kurzem durch Selbstmord geendeten Bürgerschullehrer« Zieger war, hat sich ein beträchtlicher Fehlbetrag herau»gestellt. Den vielen Verlustträgern, deren Zahl bald an 1000 grenzt, dürfte im günstigsten Falle die Hälfte ihrer Ersparnisse gerettet werden können. Jedenfalls aber müssen sie sich mit einem noch geringeren Prozentsätze zufrieden geben. E« wird deshalb der Konkurs über den Nachlaß Ziegers kaum zu vermeiden sein. Bedauerlich ist, daß wieder in der Hauptsache die minder bemittelten Schichten der Bürgerschaft betroffen werden. Um nun der dort herrschenden Not lage wenigstens einigermaßen zu steuern, hat Stadtrat Stopskuchen eine Sammlung in der Bürgerschaft veranstaltet, die den Betrag von 1650 M. erbrachte. Außerdem hat ein Bürger der Bürgerschule noch 1000 M. zur Verteilung überwiesen. Elsterwerda. Zu dem' am Freitag ab- gehallenen Diehmarkte, der sich eines guten Besuche» zu erfreuen hatte, waren 100 Stück Rindvieh, 500 Stück Ferkel und 40 Stück Läufer zum Verkauf gestellt. Pferde waren nur wenig vorhanden. Bei Ferkeln wurde der Markt geräumt. Nach Läufern war wenig Nachfrage. Erstere wurden mit 20 bis 40 M da» Paar, letztere mit 30 bis 40 M. das Stück bezahlt. In Rindern war der Umsatz zufriedenstellend. Siebenlehn. Der Stadtgemeinderat hat nunmehr unter den 115 Bewerbern um die erledigte Bürgermeisterstelle fünf Herren zur engeren Wahl in Vorschlag gebracht- Am Montag wird die endgültige Wahl unter diesen fünf Herren getroffen werden. Roßwein. Das hiesige Stadtverordneten» kollegium lehnte den Ratbeschluß ab betreffend Ankauf der seit 1870 dem Chemiker Neumann gehörenden Gasanstalt. Leipzig. Nach Mitteilungen der „VolkSztg." ist die Errichtung eine» Allgemeinen Arbeiter» bildungS-Jnstitut» für Leipzig geplant. Die dem Institut gestellten Aufgaben sollen da« ganze Bildung-wesen umfassen, neben der Ein richtung planmäßiger Unterrichtakurse über politische Oekonomie und Geschichte sollen ge- wiffenschaflliche Einzelvorträge und Vortrag»- Zyklen veranstaltet werden. Man will den Mangel an geschulten agitatorischen Kräften der Sozialdemokratie beseitigen. — Die bekannte Grußaffäre unter dem Lehrerkollegium der 11. Bezirksschule Käser kam in der Stadtverordnetensitzung ?am Mittwoch zur Sprache. E» wurde festgestellt, daß Käfer zwar ein pedantischer Mann sei, seinen An ordnungen aber gewisse Berechtigung nicht ab- zusprcchen sei. Die ganze Affäre läuft nach Ansicht der Mehrheit der Stadtverordneten auf eine gegen Käfer gerichtete Hetze hinaus, die dem bei der Lehrerschaft sehr unbeliebten Vorgesetzten seine» Amtes enthoben sehen möchte. Mittlerweile haben jedoch auch die Einwohner von Leipzig-Gohlis-Eutritzsch zu der Angelegenheit Stellung genommen. Der Evangelische Arbeiterverein hat eine die Zu stände in der 11. Bezirksschule scharf kritisierende Resolution an die Stadtverwaltung geschickt. — Der Brauer Schmidt au» Steindörfel stürzte sich am Freitag früh au« einem Fenster der vierten Etage in den Hof und blieb sofort tot. Der Aermste hatte Nahrungssorgen für seine Familie, denn er war schon längere Zeit ohne Arbeit. Frankenberg. In der hiesigen Textil industrie ist der Beschäftigungsgrad in allen Branchen andauernd stark. E» herrscht überall außerdem fühlbaren Arbeitermangel, sodaß die Bewältigung der zahlreich vorliegenden Auf träge hin und wieder Schwierigkeiten bereitet. Infolge der günstigen Konjuktur sieht sich di« mechanische Weberei von Schmidt und Pfitze in Frankenberg, die bereit» schon einen um- sänglischen Betrieb besitzt, genötigt, ihre Arbeit«- räume um mehr al» da» Doppelte zu ver größern. Ferner ist die Firma genötigt, 200 neue mechanische Webstühle aufzustellen. Lunzenau. Der Vorsteher der Octskranken- kaffe, Zigarenmacher Geidel, hat sich wegrn langjähriger Unterschlagungen der Staat»- anwaltschaft gestellt. Erlbach i. V. Dem Holzmacher Wilfert au» Stein wurde im Staat»forstrevier Erlbach von einem fallenden Baum der Kops zerdrückt. Wilfert war sofort tot. Schwarzenberg. Hier brach in der Metallwarenfabrik Kraut ein Feuer au», welche» sich bald über da» oberste Geschoß erstreckte und sehr bebrütenden Schaden anrichtete. E» sind große Vorräte an Farben, Lacken, Blechen rc vernichtet worden. Zwickau Das Schwurgericht verurteilte den Kellner Richard Unger aus Sosa, der einen betrunkenen Gast, mit dem er in Differenzen geraten war, eine steinerne Treppe hinunter« warf, so daß er nach wenigen Stunden starb, unter Zubilligung mildernder Umstände zu 6 Monaten Gefängni». Plauen i. V Hier nahm ein junge« Mädchen, um sich zu vergiften, eine Flasch« Tinte zu sich. Da» half nicht«, als dann die Lebensmüde aus dem vierten Stock 16 Meter tief herabspcang, erreichte sie ihren Zw«ck auch nicht; schwere Arm- und Beinbrüche nur find die Folgen gewesen. Ein Verweis wegen kleiner Unredlichkeiten im Konsumverein, wo da« Mädchen in Stellung wur, dürste die Ursache zu dem mißglückten Selbstmordv«rsuch gewesen sein.