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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, W« .Ml.dr-ff« ischetnl -a allen Werktagen nachmitt»,« 5 Uhr. «kzu,sprN.: Bei «dholung in «tschrft'ft-a-und den «u,,abefte»ea r «M. im Monat, bei Zuftrll-u, durch di« Boten 2,3» RM., de> Poftbeftellung MM. zuzüglich Abtrag» —, ,, -- —. __ . . gebühr. Einzelnummern «Mpsg. «l^Poftanftallen Wochenblatt für Wilsdruff u. Umaraend Postboten und uni-reAua. tgllaernnd Beschüftostellen — — nehmen zu jeder Zeit Be» sallnage» entgegen. ImFallr höherer Dewalt, Krieg oder sonstiger Letriedestörungen besteht dein Anspruch aus Lieserung taaS^wn, »der Kürzung des Bezugepreijer. - «Lrksendnng eingesandter Schriftstücke ersolgt nur, wenn Porto deiliegt. für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 3 gespaltene Ranmzeile 20 Mpsg., die 4 gespalten« Zeile der amtlichen Bedanntmachnnge» 40 Aeich»- ps-nnig, die s,«spalten« A«klam«zeile im teztltchen Teil« I Rrichrmark. SIachw«ijuugsg«bühr 20 Reichapsennige. Dar» geschriebeneErschrinung». —. - » . »w,. tag- und Platzvorschriften werden nach Möglichd.« Kernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 berücksichtigt, «nzei^n. annabmebi» oorm.KIUKr. Für di« Äichtigdüt der durch Fernrusübermitt«llenA»,rig«nübrruehmcn wir deinkDarantir. ^eder Aad al! an sprech er. licht, wenn drr Betrog durch Klag« eingezogen werd«» mutz oderderBustraggcderin Kondnr» gerät. Anzeigen nehmen alle Dermilttuvgeftellen entgeh». Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Rr. 120. — 87 Jahrgang r-egr Adr: .Amtsblatt- Wilsdruff« Dresden Postscheck Dresden L64V Donnerstag, den24 Mal 1SL8 Gasalarm! Grauenhaft war es, was in Hamburg geschah. Tückisch, unsichtbar, erst zu verspüren, wenn es zu spät war, schlich das Gas durch die Straßen, in die Häuser und mordete. Männer und Frauen, Kinder und Greise unterschiedslos. Immer weiter stieg die Zahl der Opfer. Wie oft hat man es einst im Kriege erlebt, daß drüben aus den feindlichen Gräben die dichten Wolken sich erhoben oder durch Riesenmassen von Granaten das Gelände weiter hinten, die Batterien und Zugangswege, vergast wurden. „Gasalarm!" — es war und blieb immer der schrecklichste Ruf im Kriege, blieb es trotz Gas maske und Sauerstoffapparat. Aber man war doch im Kriege, wußte darum, daß es immer um Leben und Tod ging und daß dieser Tod in allen möglichen Formen stets und ständig vor einem stand, zum Schlag mit der Sense bereit. Aber jetzt in Hamburg hallte nicht der Ruf, dröhnten nicht die warnenden Signale „Gasalarm!", schützten die Überraschten keine Masken oder Apparate. Da hatte der schleichende Tod leichtes Spiel. Er würgte die Angler, die ahnungslos unweit des Ursprungsorts der Kata strophe ihrem Sport frönten, würgte den Säugling in der Wiege, den Mann bei der Arbeit, die Frau am Koch herd. Und ein Gedanke steigt auf, ein Ahnen von der Graufigkeit eines Krieges von heute oder morgen, bei dem alle internationalen Beschlüsse, das Gas als Kampfmittel nicht zu verwenden, auseinanderflattern werden wie Spreu vor dem Winde. Ein winziger Ausschnitt nur von dem, was sich dann bei einem gelungenen Gasbomben angriff auf eine dagegen nicht zu verteidigende Stadt ab- fpielen wird, ist ja das, was jetzt in Hamburg geschah. Un denkbar Grauenhaftes würde sich ereignen. Noch recht ungeklärte Hintergründe stehen hinter dem aber auch höchstes Erstaunen erregenden Vorhandensein eines solchen Betriebes und solcher furchtbaren Gist massen in einer Stadt. Wieweit hierbei wirklich gewisse Beziehungen nach dem Ausland mitspielen, wird die deutsche Öffentlichkeit in dem Gerichtsverfahren, das die Schuldfrage klären, muß, recht bald und ausführlich er fahren ohne jede Färbung, ohne die Beimischung neuen Giftes. Den Behörden wär es bekannt, daß das Phosgen in Hamburg in großen Massen lagerte, nur langsam für andere wirtschaftlich-industrielle Zwecke Absatz finden konnte. Und die Militärkontrolle der Entente sorgte eifrigst dafür, daß nicht etwa neues produziert wurde, obwohl es nicht verboten ist, sofern es nicht zur Ver wendung als Kampfgas dient. Auch die deutsche chemische Industrie stellt in genau kontrollierten Betrieben dieses für Färbungszwecke brauchbare Gas her. In Ludwigs hafen ereignete sich ja schon einmal ein allerdings nur in engen Grenzen verbleibender Unglücksfall infolge Aus strömens von Phosgen; aber drei Menschenleben erlagen diesem tückischen Gas, konnten sich nicht mehr retten. Irgendwelche Heimlichkeit ist nicht dabei und trotzdem fehlt es in gewissen Kreisen des Auslandes nicht an Ver suchen, das Hamburger Schrecknis zur Herbeiführung einer Untersuchung durch den Völkerbund zu be nutzen. Dabei hat die Hamburger Fabrik sogar an Amerika geliefert, ganz offen und ohne jede Heimlichkeit. Und erfreulicherweise mehren sich auch im Ausland die Stimmen Sachverständiger, die sich dagegen wenden, wenn man Deutschland aus diesem Vorkommnis irgendwie einen Strick drehen wollte. . , Dazu ist es auch allzu schrecklich und sch,er unausdenk bar die Möglichkeit eines Massensterbens, das hauptsächlich durch den cinsetzenden Regen verhindert werden konnte. Und hoffentlich sind die Toten nicht umsonst ins Grab ge sunken, sondern werden die Lebenden vor einer Wieder holung solcher Ereignisse schützen. Zum NordpoS ßestariei. Die „Italia" unterwegs. General Nobile startete mit der „Italia" von Kings- bay au» bei klarem Wetter und Sonnenschein. Das Luft schiff soll m gerader nördlicher Linie etwa bis zum S3. Brettengrade geführt werden und wird dann Richtung auf den Nordpol nehmen. Die Expedition wird diesmal Z2 Ständen dauern. Der General will sich nun eventuell selbst mit einem Mann der Besatzung am Pol von Bord begeben, um dort meteorologische Feststellungen zu machen. BMMteM in Buenos Mes. Wie „Associated Preß" aus Buenos Aires meldet, explodierte dort im italienischen Konsulat eine Bombe, durch die fünf Personen getötet und 4V verletzt wurden. Der Urheber des Attentats ist bis jetzt noch nicht bekannt. Buenvs-Aires, 23. Mai. Eine zweite Bombe explodierte dsute si, dzr italienischen Bank. Die Zahl der Toten im italie- Mchen Konsulat ist inzwischen auf 12 gestiegen. M StmdeMmtw im MelemM» Llnseahute ZchrlmöMketten. Versuche in Berlin. Zum erstenmal wurden Versuche mit dem neukon- struiertenRaketenauto oder richtiger Raketenwagen auf der Berliner Autobahn Avus am Mittwoch öffentlich vor geführt. Die Vorführung durch den Konstrukteur Fritz von Opel gelang ohne Zwischenfall. Sie ries großes Staunen und Anerkennung bei den Zuschauern hervor. Fritz von Opel startete mit dem Wagen um 10,45 Uhr und durchfuhr die Bahn mit einer Höchstgeschwindigkeit von über 195 Kilometer. Um nicht Unbeteiligte zu gefährden, war der Start 100 Meter von der Tribüne entfernt verlegt worden. Die geladenen Gäste und die Anwohner nahmen den Ablauf durch plötzliche starke Detonationen wahr. Gleich darauf sauste der Wagen auch mit einem riesigen Feuer- «nd Rauchschweif vorbei. Unter den geladenen Gästen befanden sich u. a. Reichsernährungsminister Schiele, Reichsfinanzminister Köhler, Staatssekretär Zweigert vom Reichsinnenministerium, Staatssekretär Meitzner, Major von Hindenburg, Staatssekretär Kum- bier von der Reichsbahn, der preußische Innenminister Wrzesinski, Polizeipräsident Zörgiebel sowie der Reichs- kommissar für die öffentliche Ordnung, Künzer. Bei der zweiten Vorbeifahrt an den Tribünen, wo Herr von Opel die letzten Raketen entzündete, schätzte man die Geschwindigkeit auf etwa 200 Stundenkilometer während einer Dauer von 45 Sekunden. Der ganze Ver such dauerte etwa zwei Minuten. * Fahrten in den Weltraum? Vor dem Beginn der Fahrtversuche verbreitete sich Geheimrat Schütte über die Bedeutung des neuen Fort bewegungsmittels und die Möglichkeiten, welche durch die weitere Entwicklung nahe gerückt werden können. Geheimrat Schütte betonte auch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus, daß wir wahrscheinlich an einem Wende punkt in der Entwicklung des modernen Weltverkehrs stehen. Man dürfe aber die Hoffnungen auf die neue Erfindung zu- erst nicht uverspannen, der bevorstehende Kongreß der Wissen schaftlichen Gesellschaft für Luftsahrt werde sich mit der Be deutung der Rakete für einen Weltraumflug befassen. Wenn das Raketenflugzeug Tatsache geworden sei, dann werde man Newyork von Berlin aus in fünf Stunden erreichen können. Fritz von Opel erläuterte, wie sich die Erfinder den weiteren Fortgang ihrer Arbeiten denken. Als zweite Etappe der Entwicklung wird ein gleicher oder ähnlicher Wagen zu einem Angrif! aus den Geschwindigkeitsweltrekord eingesetzt werden, der aus 333 Kilometer steht. Dieser Angriff mutz aber aus Mangel an geeigneten Sttatzcn aus Eisen bahnschienen stattsinden Auch diese Versuche sollen nur zeigen, datz alle Leistungen auj der Erde von Raketen glatt übertroffen werden können und datz im Gegensatz zu anderen motorischen Mitteln der Wirkungsgrad der Rakete mit steigen der Geschwindigkeit nicht abnimmt, sondern wächst. Ferner wird ein Motorrad konstruiert, das den ans etwa 190 Kilo meter stehenden Weltrekord für Motorräder brechen soll. Von der dritten Etappe ab wird das Problem des Fluges in Angrif? genommen werden, um Flugzeuge mit 300 bis 400 Kilometer Geschwindigkeit fliegen zu lassen. Die vierte Etappe wendet sich der Höhenforschung zu. Gleichzeitig sollen Tiere wachsender Größe in die Stratosphäre (oberhalb der Erdatmosphäre) hinaufgeschickt werden, damit festgestcllt wird, ob vielleicht unbekannte schädliche Strahlen den Höhenflug menschlicher Organismen aufhallen können. Die fünfte Etappe soll dann den Übergang zu bemannten Raketen bringen und dann soll in der sechsten Etappe das für HöhenslugzweSe geeignete Flugzeug geschaffen werden, das Höhen von 20 bis 30 Kilometer und Geschwindigkeiten jenseits der MO-Kilomeler-Grenze erreichen soll. Daran würden sich Fernflüge über dem europäischen Festland anschließen. Die Erfinder glauben, daß es im Bereich der Möglichkeit liegt, einen Flug um die Erde in weniger als einem halben Tag zurückzulegen. Die siebente und letzte Etappe soll dann der fortwährenden Steigerung der Geschwin digkeit und der erreichbaren Höhen gelten. Hier bietet sich dann vielleicht die Möglichkeit zu dem berühmten Welt raumschiff. Für die sechste und siebente Etappe rechnete man ursprünglich mit einer Frist von 15 bis 20 Jahren. Ein überraschender Fortschritt in der Arbeit, der vor acht Tagen einttat, läßt aber aus höchstens sechs Jahre rechnen. WerWSlNtritt erst «Tag vor MslaMmMMt Berlin. Amtlich wird mätgeteilt: Das Reichskabinett be schloß in seiner heute unter dem Vorsitz des Reichskanzlers ab- gehallemn Sitzung unter voller Zustimmung des Herrn Reichs präsidenten zur Zeit von einer Demission abzusehen und in Aus sicht zu nehmen, am Tage vor dem Tage vor dem Zusammen tritt des Reichstages dem Reichspräsidenten seine Demission zu unterbreiten. Der neue Kreuzer „Köln". Stapellauf in Wilhelmshaven. Auf der Wilhelmshavener Marinewerft fand der St-pellauf des vierten neuen Kreuzers der Reichsmarine statt. An dem Stapellauf nahmen zahlreiche Gäste aus dem ganzen Reiche teil. Unter anderen waren erschienen der Reichswehrminister Gröner, Reichsjustizminister Hergt, Neichsfinanzminister Köhler und die Staats sekretäre der Reichskanzlei, des Reichsfinanz- und des Reichsverkehrsministeriums; außerdem der Chef der Marineleitung, Admiral Zenker, der Chef der Heeres leitung, General Heye, und wettere politische Persönlich keiten aus den deutschen Staaten. Oberbürgermeister Dr. Adenauer aus Köln hielt die Taufrede. Dr. Adenauer sagte u. a.: „Auf Anordnung unseres hochverehrten Reichspräsidenten soll dies Schiff den Namen „Köln" erhalten, zu Ehren und zur Erinne rung an das alte heilige Köln. So wie diese Stadt seit zwei Jahrtausenden den Stürmen der Zeit getrotzt hat, sollst du den Wogen und Stürmen des Meeres trotzen, sollst auf feinen Fluten die deutsche Heimat und die deutsche Küste schirmen und hüten!" Die Taufe selbst wurde vollzogen von der Witwe des mit der ersten „Köln" am 28. August 1914 in der Deutschen Bucht untergegangenen Kommandanten, Fregattenkapitän Weidinger, die folgende Worte sprach: „Was du ererbt von deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen. Auf Befehl des Herrn Reichspräsidenten taufe ich dich auf den Namen „Köln". Darauf ging der Stappellauf glatt vonstatten. Deutsch-österreichische Landvirtschast. Vereinheitlichung gefordert. Im weiteren Verlaus der Beratungen der österreichisch deutschen landwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft sprach der Wiener Hochschulprofessor Dr. Käserei über die Aufgaben der landwirtschaftlichen Hochschulerziehung für die Förderung der Landwirtschaft. Er forderte eine Angleichung der Hoch schulausbildung an die am stärksten in Fluß befindliche Ent wicklung der landwirtschaftlichen Praxis Dabei wünschte er besondere Berücksichtigung der ländlichen Eigenart bei der Vorbildung der landwirtschaftlichen Beamten, die volkstümliche Kulturausgaben aus dem Lande zu erfüllen hätten. Professor Dr. Ritter-Berlin beschäftigte sich mit der Studienangleichung zwischen Österreich und dem Reich. Heute bestünden bereits weitgehende Möglichkeiten zum Studenten austausch. In erster Linie mützle aber bei dem beiderseits ge wünschten Ausbau des landwirtschaftlichen Hochschulwesens gemeinsam im Sinne der Vereinheitlichung vorgegangen Werden. Den Schlutzvortrag hielt Sektionschcs Haager-Wien über die Entwicklung der bodenpolitischen Rechtsordnung in Österreich. Er entwickelte dann besonders die auch für das Reich vorbildliche Arbeit der Zusammenlegung im Wege der Flurbereinigung und der besonders dazu geschaffenen Agrar behörde. Ausgezeichnet bewährt habe sich das während des Krieges geschaffene Grundverkehrsgesetz, das der Freizügigkeit im Verkehr mit landwirtschaftlichen Grundstücken gewisse volks wirtschaftliche Grenzen setze. Die Mitglieder der deutsch-österreichischen landwirtschaft lichen Arbeitsgemeinschaft wohnten am Abend im Klub der Land- und Forstwirte einen Vortrag von Professor Dr. Zari- bnicky über „Zeitgemäße Feldwirtschaft" bei. Das stnterhastunMrogramm -es Wiener Sängerfestes. Das 10. Deutsche Sängerbundessest im Juli dieses Jahres wird deutsche Sänger aus allen Teilen der Welt, Menschen aller Gesellschaftsschichten, mit den verschieden artigsten Lebensgewohnheiten und Weltanschauungen, in Wien vereinigen. Um nun allen Festteilnehmern den Aufenthalt in Österreich und Wien abwechslungsreich zu gestalten, hat die Wiener Festleitung einen Vergnügungs ausschutz gebildet, der die Aufgabe hat, den Festgästcn die kulturellen, baulichen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten Österreichs vorzuführen und durch Vergnügungen aller Art für Kurzweil und Frohsinn zu sorgen. Die Wiener Theater bereiten aus Anlaß des Sänger bundesfestes SonverauMhrungen vor. Die Direktion des Theaters an der Wien hat bereits zugesagt, in diesem so wie im Stadttheater Meisteroperetten in erstklassiger Dar bietung und glanzvoller Ausstattung zur Aufführung zu drinnen.