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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonncmentspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. I>rrvmimoeanäo. Anzeiger Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit lv Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Pedacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. 3». Dienstag, den S. März I88V. 5. Jahrg. Tagesgeschichte. Deutschland. Die „Kölnische Zeitung" bringt die Meldung, daß Papst Leo sich — wenn auch mit schwerem Herzen — dem Standpunkt des preußischen Staates anbequemt und die Geistlichkeit auffordern wird, die unter allen Umständen bestehen bleibenden grund legenden, kirchenpolitischen Gesetze (Maigesetze) in Preußen zu be folgen und die Befugnisse des Staates, seine Nechtssphäre der Kirche gegenüber aus eigener Machtvollkommenheit zu bestimmen, still schweigend anzuerkennen oder doch über sich gehen zu lassen. Der Staat wird lediglich solche Zusätze zu den bestehenden Gesetzesbe stimmungen neu erlassen, welche im Geiste derselben liegen, aber der nunmehr geänderten Haltung des päpstlichen Stuhles dem Staate gegenüber Rechnung tragen. Wann dies geschehen werde, läßt sich genau nicht vorherbestimmen. Im Vatikan hofft inan, daß der Aus gleich noch in diesem Sonnner zu Stande komme. — Wir sind in der Lage, bestimmt versichern zu dürfen, daß Fürst Hohenlohe-Schillings fürst nur für ein Vierteljahr, nur für die Zeit vom 1. April bis 1. Juli d. I. zur Uebernahme der Staatssecretärstelle im Auswär tigen Amte sich verpflichtet hat. Damit ist allerdings nicht gesagt, daß nicht zum 1. Juli andere Neigungen hier oder dort sich anSge- bildet haben könnten. Frankreich. Wie aus Paris telegraphirt wird, beauftragte der Conseilpräsident Freycinet, sobald er von dem Attentat gegen den Grafen Loris-Melikow erfuhr, den Petersburger Botschafter Chanzy den Grafen zn seiner Errettung zu beglückwünschen. — Im Senat wurde am Donnerstag die Berathung des Art. 7 des Ferry'- schen Gesetzentwurfs über den höheren Unterricht fortgesetzt. Beranger (vom linken Centrum) bekämpfte den Artikel aufs entschiedenste und forderte die Nevublikaner auf, nicht einen Weg zn betreten, der zum Despotismus führe. Buffet sprach sich gleichfalls gegen den Artikel aus uud rühmte neu von den Jesuiten ertheilten Unterricht. Die Abstimmung über den Artikel erfolgt voraussichtlich erst in den nächsten Tagen. — Es heißt, daß der ehemalige Sicherheitschef des Napoleonischen Kaiserpalais nach Petersburg zur Beaufsichtigung des Winterpalastes berufen worden sei. Italien. Die italienische Regierung setzt ihre sorgsame Con- troliruug dec irredcntischen Umtriebe fort. Als die Präfecten von Mailand und Genua nach Nom meldeten, daß für den 10. d. M., den Todestag Mazzini's, Denwnstrationcn der Irredentisten und Re publikaner Oberitalims in Aussicht genommen seien, beanftragte Minister Depretis sofort die betreffenden Präfecten, die Veranstalt ung dieser Demonstration aufs strengste zu verbiete». Spanien. In Madrid hat in der Kammer gelegentlich des «etzten Attentats gegen den Kaiser von Rußland eine von einem Ab geordneten veranlaßte sympathische Kundgebung zu Gunsten des Kaisers staUgefunden. Der Abgeordnete erwähnte eine Zeitungsnach richt, nach welcher Fürst Bismarck einen Congreß nach Berlin wegen gemeinsamer Maßregeln gegen Nihilisten und Socialisten berufen wolle und empfahl Spaniens Betheiligung. Der Minister des Aus wärtigen wohnte der Sitzung nicht bei. Der Minister der öffentlichen Arbeiten schloß sich jener sympathischen Kundgebung an und schwieg über das Congreßgerücht. Das letztere, von welchem in Berlin Nie mand etwas vernommen hat, ist jedenfalls aus der falschen Pariser Nachricht entstanden, nach welcher der deutsche Reichskanzler, wenn die französische Regierung die bewußte Auslieferung Hartmanns ver weigern sollte, sich in einem Rundschreiben an die Mächte zur Ab wehr eines solchen Unfugs wenden wolle. Diese alberne Erfindung wurde schon officiös von Berlin aus dementirt, und mit dem frag lichen Congreß wird es dieselbe Bewandtniß haben. Rußland. Loris-Melikow macht wenig Umstände; seine Justiz — wenn von einer solchen die Rede sein kann — arbeitet schnell; denn schon am Freitag Vormittag ist das gegen ihn verübte Attentat ! durch den Henker gesühnt worden. Früh um 11 Uhr fand auf dem Gemenom'schen Platz die Hinrichtung des Verbrechers mittelst Stranges statt. Der Platz war von einer großen Menschenmenge bedeckt, der Nichtplatz war von Militär umstellt; die Ruhe wurde nirgends ge stört. — Nachdem in allen Hauptstädten der europäischen Völker- Familie die Friedensglocken geläutet worden, hält ein Berliner Blatt es an der Zeit, zur Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen Folgendes aufzuzeichnen: Als Deutschland sich weigerte, Oesterreichs Occupation Bosniens zu verhindern, unterbreitete die russische Ne gierung im Sommer vorigen Jahres Waddington einen bestimmten Plan zu gemeiusamen Angriffen gegen Deutschland. Gleichzeitig wurden russische Truppen in Polen gegen Deutschland vorgeschoben. Waddington und Grevy lehnten den russischen Vorschlag unter Oppo sition einiger unternehmungslustigen Minister ab. Waddington's und Grevy's Haltung war um so wichtiger, als gleichzeitig der nämliche Vorschlag auch Italien von russischer Seite gegen Oesterreich ge macht worden war. Waddington und Grevy stützten ihre Ablehnung ihren College» gegenüber hauptsächlich auf dem demoralisirenden Zustand Rußlands. Fürst Bismarck erfuhr diese russischen Pläne kurz vor der Abreise nach Gastein. Lokales und Sächsisches. Dresden, 5. März. In beiden Kammern gelangte ein königl Decrct zur Verlesung, durch welches die feierliche Verabschiedung des gegenwärtigen Landtags auf Mittwoch, den 10. d. M., Mittags 12 Uhr, festgesetzt wird. Ebenso wurde in beiden Kammern Vortrag er stattet über die Resultate des Vereinigungsverfahrens bezüglich des Etats des Ministeriums des Inner», die Anträge der zweiten Kammer auf.Vorlegung von Gesetzentwürfen über die Oberrechnungskammer und über die Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben des Staats, lind über das königl. Decret, die Erbauung mehrerer Secundäreisen- bahnen betr. Die bei dem ersten Gegenstände übrig gebliebenen un erheblichen Differenzen sind erledigt; bezüglich des zweiten ist eine Vereinigung nicht, bezüglich des dritten eine solche dahin erzielt wor, de», daß außer den von beiden Kammern genehmigten Linien Schwarzenberg-Johanngeorgenstadt und Hainsberg-Dippoldiswalde- Schmiedeberg auch die Linie Wilkau-Kirchberg-Saupersdorf genehmigt wird, die anderen beiden Linien aber abgelehnt werden. Beide Kammern erklärten sich mit diesen Vorschlägen einverstanden. Dresden. Donnerstag Abend hat der in Kötzschenbroda stationirte Gendarm Engelmann drei verdächtige Individuen in der Nähe des Albertschlößchens angehalten und versucht, dieselben dingfest zu mache». Während der Gendarm, welcher in der einen Hand das Tieiistgeivehr zu halten hatte, mit der andern Hand einen der Strolche erfaßt hat, sind die andern über ihn Hergesallen, haben ihm das Gewehr ent wunden und dasselbe an dem Kopfe des Gendarme» in Stücke zer schlagen. Engelmann ist — namentlich am Kopfe — schwer verletzt. Er hat sich als Soldat im Kriege durch seine große Tapferkeit das eiserne Kreuz, die Heiurichsmedaille rc. verdient und ist auch, seit dem er im Geudarmeriedienst steht, durch seinen Muth und seine Un erschrockenheit rühmlich bekannt. Bei dem gestrigen Vorfälle mag er sich tüchtig gewehrt haben; wenigstens hat er in dem Hnndgemeuge mit den drei gefährlichen Individuen dem Einem einen geladene» Revolver entwunden und sich im Besitze desselben, trotz der erhaltenen starken Verletzungen, behauptet. DrcSdcn, 4. März. Heute Vormittag in der 11. Stunde stürzte auf der Bodenbacher Linie (zwischen Mittelgrund und Niedergrund ein Felsstück von einem ungefähre» Gewicht von 30 Centiiern auf deu Bahnkörper herab. Da unmittelbar darauf oer 10 Uhr 30 Minuten in Bodenbach abgegangene Personenzug an der betreffende» Stelle a»la»gt, so erlitt derselbe eine» Aufenthalt von 24 Minuten, nach deren Ablauf die Weiterfahrt ungehindert stattfinden konnte.