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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich l Mark 20 Ps. prsnuworaoäo. Äiyetzcr Inserate werden bis spätestens Mittags des vorhergehenden TageS des Erscheinens erbeten und die Corpusspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Qt»gan für den Stadtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redakteur: Bernhard Ott in Zwönitz. «s.Sonnabend, den 28. Mai L88I.6. Jahrg. Tagesbericht. — In Folge des Mangels an Theologen bleiben jetzt nicht selten geistliche Stellen mit geringem Einkommen lange Zeit unbe setzt, weil sich nicht ein einziger Bewerber dazu findet und den jüngeren Theologen die Bewerbung auch um die größten geistlichen Stellen sreisteht, von deren Einkommen sie bis zum 40. Lebensjahre einen bestimmten größeren Theil zum Pensionsfond zu zahlen haben. Schon öfters hat sich das Konsistorium genöthigt gesehen, kleinere Diakonate vorläufig einzuziehen. Neuerdings sind aber im oberen Voigtlande zwei kleinere Pfarrämter zu Wiedersberg und Sachs- grün vereinigt und dem bisherigen Diakonus zu Hartha, Luthardt, einem Sohne des Leipziger Professors, übertragen worden. — Dresden, 26. Mai. Gestern stierte Herr Hoflithograph Fürstenau das diamantene Künstlerjubiläum. Vor 60 Jahren trat er in seinen Beruf ein und heute, wo er 81 Jahre zählt, ist er immer noch thätig. Kapellmeister Trenkler brachte mit seiner Ka pelle dem Jubilar eine Morgenmusik. Im Laufe des Tages gingen ein sehr schmeichelhaftes Glückwunschschreiben des Stadtraths und der Stadtverordneten und zahlreiche Telegramme aus Mailand Konstantinopel, Prag, Ems u. s. w. ein. — Am Sonntage Nachmittags ging auf der Thalheimer Chaussee, da, wo sie in die Zwönitzer einmündet, ein Pferd durch. Von den zwei Insassen des Wagens wurde der eine — ein Lehrer ans Thalheiin — so unglücklich herabgeworfen, daß er bewußtlos in ein Haus getragen werden mußte; der andere kam unbeschädigt davon. Das Geschirr gehörte dem Braumeister Nöbel aus Thalheim und verunglückte bereits voriges Jahr an derselben Stelle einmal. — Johanngeorgenstadt. Bekanntlich wurden am 11. April d. I. im Staatsforstrevier Bockau an der Johanngeorgenstädter Straße in einem dichten Gebüsch die Ueberreste eines Leichnams anfgefun- den, welche seit ungefähr 1 Jahre oder länger dort gelegen haben konnten. Da man am Schädel einen auffälligen Knochensprung wahr- genommen hatte, mar die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß ein Verbrechen in Frage. Wie wir nun hören, ist in die fragliche An gelegenheit insofern etwas Licht gekommen, als es möglich war, mit Hülfe der vorhandenen Reste weiblicher Kleidungsstücke und eines Schuhes, welchen man am 24. April d. I. nebst einem Unterbeine unweit der Stelle aufgefunden hatte, an welcher der Leichnam ge legen, mit zremlicher Bestimmtheit festzustellen, daß der Leichnam det der ledigen Auguste Amalie Groß von hier ist. Dieselbe wurde seit ca. 1 Jahre vermißt. Sie stand nicht im besten Nnfe, trieb etwas Handel, lebte aber wohl in der Hauptsache vom Bettel. Sie hielt sich stets in den Amtsgerichtsbezirken Johanngeorgenstadt, Schwarzen berg, Lößnitz, Schneeberg und Eibenstock auf und wird wohl nie weiter fortgekommen sein. In letzter Zeit soll sie öfter an Kopf schmerzen und Magenkrämpfen gelitten haben, so daß es nicht un möglich wäre, daß sie anläßlich eines solchen Anfalles in das frag liche Gebüsch gekrochen ist und dort ihren Tod gefunden hat, doch ist bis jetzt nichts zu ermitteln gewesen, sodaß das Dunkel, das über dem Fall schwebt, noch immer nicht gelichtet ist. — Unweit des voigtländischen Dorfes Wernitzgrün fand dieser Tage der dortige königl. Förster einen stattlichen Rehbock am Waldrande verendet vor. Das Thier war sehr abgemagert und ist augenscheinlich verhungert, weil es jedenfalls seinen Kopf wegen der ungemeinen Schwere desselben nicht mehr zu tragen vermochte, wenigstens nicht mehr gut zur Aesung sich bücken konnte. Der Bock, ein Kreuzbock, wie die Jäger sagen, zeigte nämlich keinerlei Ver wundung, wie denn auch sein Geweih ganz normal gebildet und noch mit Best überzogen ist. Aber der Kopf selbst weißt einen eigen- thümlichen Auswuchs auf, eine Art „Gewüchs". Dasselbe, welches einen Theil des Schädels und des Gesichts einnimmt, so daß das linke Auge schon verwachsen ist, greift sich hart an und scheint in« Innern knochig zu sein. Herr Oberförster G. in Erlbach hat den Kopf zur Präparirung nach Dresden gesandt und wird sich nun wohl feststellen lassen, ob es ein bloses Fleischgewüchs, eine Schwamm bildung oder eine außergewöhnliche Ablagerung von Hornsubstanz ist. Jedenfalls ist die Abnormität des Thieres aber beachtenswerth. — Der Waldwärter Haag in Sayda, im Dienste bei dem Kammerherrn von Schönberg auf Purschenstein, hat ein interessantes Experiment ausgeführt. Am Charfreitag d. I. ließ er nämlich durch einen Holzarbeiter drei Eier aus einem Krähennest nehmen, das sich auf dem Gipfel einer hohen Fichte befand und an deren Stelle ver suchsweise drei Hühnereier hineinlegen. Die Krähen scheinen den Tausch nicht bemerkt zu haben, denn sie verließen das Nest nicht und 23 Tage später hörte Haag das Piepen junger Hühner hoch oben auf der Fichte. Er ließ sich die kleinen Thierchen herunter holen, die heute noch am Leben und in seiner Wohnung zu sehen sind. — Dieser Tage durchlief Roßwein ein Gerücht bezüglich der Entdeckung des so lange unermittelt gebliebenen Mörders der verw. Handelsfrau Claus in Marbach, die zur Weihnachtszeit 1879 in früher Morgenstunde in ihrem Kramladen durch Zerschmetterung der Hirnschale getödtet wurde. Bekanntlich übernachtete der Handels mann Trommler in der Wohnung der Claus, als die Mordthat ge schah. Derselbe sagte im Verhör aus: Unmittelbar nachdem muth- maßlicher Weise der Mord vollzogen war, sei ein fremder Mann mit einem Lichte in die Schlafkammer gekommen, habe ihm in's Ge sicht geleuchtet und als Trommler gefragt habe, „was die Uhr sei?" sich sofort wieder entfernt. Diese verdächtige Persönlichkeit konnte aber nicht ermittelt werden, obwohl die Gendarmerie eifrig recher- chirte, auch mehrere Personen in Untersuchung gezogen, aber wieder daraus entlassen werden mußten. Vor einigen Tagen befand sich der Handelsmann Trommler als Zeuge in einem Processe im Land gerichte zu Freiberg. Als er in das Nerhandlungszimmer eintrat und den Angeklagten H. sah, welcher sich wegen der Anschuldigung von Urkundenfälschung, begangen bei Bestellungen von Leichensteinen als Agent des Bildhauers Schulze in Döbeln, zu verantworten hatte, rief er sogleich: „Du bist derjenige, welcher mir in's Gesicht geleuchtet hat!" Der Angeklagte, durch diese Beschuldigung betroffen, die in keiner Verbindung zu dem obschwebenden Processe stand, begriff aber sofort den Sinn derselben, denn er erwiderte ohne Nachdenken: „Ich bin zur Zeit, wo das geschehen ist, gar nicht in Marbach gewesen!" Darauf hin wurde die Untersuchung gegen H. eingeleitet, welcher sich durch seine, von einem bösen Gewissen zeugende Antwort selbst ver dächtig gemacht hatte. — Mittweida. Ein trauriger Unglücksfall ereignete sich am Montag Abend in Altmittweida. Der Geselle des Schmiedemeisters Böttger, namens Fricke von hier, war im Begriff, ein Pferd zu be schlagen, als dasselbe scheu wurde und demselben außer bedeutenden Verletzungen im Gesicht ein Schulterblatt ausschlug. — In dem be nachbarten Dorfe Frankenau wurden vor einigen Tagen Abends kurz nach 9 Uhr drei den Dorfweg passirende Mädchen von einer Anzahl im Dorfe herumstreichenden jungen Burschen überfallen und mit höchst unsittlichen Angriffen belästigt. Die beiden ältesten dieser Mädchen waren im Stande, sich den Händen der Burschen zu ent winden und die Flucht zu ergreifen, während die jüngere, noch nicht ganz 15 Jahre zählende, der Gewalt dieser Burschen verfiel, die nun nicht nur die gröbsten Unsittlichkeiten unmittelbar am Dorfwege, in einem Garten, mit ihr Vornahmen, sondern sie auch noch in ein Getreidefeld schleppten und an ihr Nothzucht verübten. Fünf dieser rüden Burschen sind gestern hier in Haft gebracht worden und werden hoffentlich einer exemplarischen Strafe nicht entgehen. Deutschland. In der Plenarsitzung des Reichstages am Mitt woch wurde in zweiter Lesung die allgemeine Rechnung über den Haushalt des deutschen Reiches für die Rechnungsperiode der Zeit vom 1. Januar 1876 bis einschließlich 31. März 1877 erledigt. Hierauf wurde die Anfrage der Commission gemäß, die Wahl des Abgeordneten für den 4. Württembergischen Wahlkreis für giltig