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MchnOrTaMatt für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, TszrLtatt- «scheku «» «Len Werttogen nachmittags S Ate. Beplgaprei»: Bei Äbhalung in meichaftestell« und den Ausgabestellen 2 WM. im Monat, bei Zustellung durch iS« Boten r,SS RM., bei Pnstdcftellnag „ .. . gebühr. Einzelnummern Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend P^°,-nu^n ^^^tUlgrgtu. Z» Falle HLHerer Eemalt, tbrieg oder sonstiger Betriedostürnnaeu bestellt kein Anspruch ans Lieienm, o««mg oder KLrZuntz der Bezugspreises» — NücksendLngieinsesavdrer Schriftstücke erforgt nvr. wenN Psrtv briliegt. 265. — 87 JahrgKNA Telegr.-Adr.: „Amtsblatt« WiLsdrufi-Dresdea Postscheck: Dresden 264k Dierrstag, den 43 November 1S28 .AAsefpaiieue Aamazeile 20 «psg., Li« «gespaltene Zeile der amtlichen Vek-nntm-chuu-e» ««eich». I Reich.mart. N-ch»M>,nesg-bLhe ro i-i-w>spje>,^ Fernsprecher: Amt Wilsdrnff Nr. 6 LNLN'WA - - - - - - »«»SLWWSM«^ AsAIoN ist '"? Veröffentlichung der amtlichen Bcstanntmachunge» der Amt-H°npstnannschast W-iß-m, des Amts, ««richte und der Stadtratr zu Wilsdruff, des ssorftrentamts Tharandt und des Finanzamts Noffen behördlicherseits bestimmte Blatt Wieder pomcare. Europa und Amerika. a,.,.^un ist Poincars doch wieder französischer Mnister- vwNdent; er hat sich erst ein wenig geziert, sich ein bißchen «Maubt, seinen angeblichen Überdruß an der ganzen da" tonend zum Ausdruck gebracht, — aber der Besitz kr Macht ist doch zu süß, als daß man ihn ohne zwingen- Grund aufgibt. Zwingende Gründe lagen aber bei ganzen Kabinettskrise in Frankreich nicht vor; der Außenstehende schaut sogar ziemlich hilflos den ost sehr ^sonlichen Triebkräften zu, die iu Frankreich ein Kabi- stürzen oder erheben können. Oft ist der einzige ^rund, den es für eine Ministerkrise gibt, nur der, daß »er betreffende Amtsinhaber nach Ansicht der Konkurrenten Mon allzulange im Besitz der Macht ist. Vielleicht mag *iesnial mstgespielt haben, daß die französische Kirchsn- -esetzgebuttg der Vorkriegszeit einen argen Stoß erleiden Ete und dadurch gerade die Träger dieser Politik, näm- die Radikalsozialisten, so sehr verschnupft wurden, daß ihrerseits dem Kabinett Poincars ein Bein stellten. M Sieger der letzten Wahlen, Poincars also, hat aber Fehdehandschuh ausgenommen nnd jetzt trat fast das HWnteil von dem ein, was man nach den Wahlen er- Mtete, nämlich eine Verlegung des parlamentarischen Schwerpunktes nach links. Poincars stützt sich auf die rechtsradikalen der Gruppe Marin, während dis radikalsozialisten es keinem ihrer Parteimitglieder er hüben wollten, in das neue Kabinett Poincars einzu- Die parlamentarische Grundlage der „Nationalen Mheit« ist also dahin und der Appell des französischen ch'uisterpräsidenten in der Rede, die er kürzlich in Caen M und in der er das Parlament aufforderte, sich ange- Ws bevorstehenden Reparationsverhandlungen fest Mter die französische Negierung zu stellen, hat wenig ge- M, Und unsicher ist die Mehrheit, auf die er sich jetzt MH — wenn es überhaupt eine Mehrheit ist, Die Ver- A'ebung der Politik nach rechts wird manchen in die ^Position führen, wird manche Partei zu Widersachern Tuchen, die aus außenpolitischen Gründen Poincars bis- M gestützt hat. Er hat jetzt Verzicht geleistet auf das ?^her von ihm innegehabte Finanzministerium, begnügt ö? mit dem Posten des Ministerpräsidenten. An seine stelle «rat ein Deputierter, dem allseitig größte Fach- AMtnis in allen Bndgetfragen zugesprochen wird und der Mn dem vorigen Kabinett Poincars angehörte. Poincars Mst hat erklärt, er wolle sich vor allem den bevorstehen- M Wichtigen Verhandlungen über die Reparation s- Mgen widmen, und spricht sogar von einer Reise »ach Berlin, wenn in dieser Stadt die nene Repa- Monskonserenz stattfinden sollte. Eine derartige Absicht MM, sicherlich nicht einer gewissen politischen P'lanierie! Freilich fragt es sich immer noch, ob sein neues Minett lange genug Bestand haben wird, um ihm diese Me zu ermöglichen. Denn auch der neue Finanzminister Feinde genug. Wachsen doch selbst in der Frage, wie nun dasNepa - f? > i 0 nspr 0 blem geregelt werden soll, die Schwierig- immer höher empor. Obwohl der jetzige amerika- Präsident Coolidge in ein paar Monaten sein kl,.«^erlegen wird, hat er zur Feier desWafsen- dic, " ndes eine hochpolitische Rede gehalten, bel^ "lit dem Verhältnis zwischen Amerika nnd Europa sMaftigi. Daß er darin nicht allein seine eigene Meinung » sondern die der amerikanischen Politik von heute auch die seines Nachfolgers, ist selbst- kck» » auffallend ist nur die Schärfe des Tones, die ^chrosfheii der Mahnung an Europa, endlich einmal die w "?.^onzupaüen, um die man dort nun schon jahrelang s r» » horumgeht. Natürlich steht die Abr ü stungs - jetzt im Vordergrund und sie wird von Coolidge orastisch verknüpft mit der der allgemeinen Schul- dorbe^,? un g. „Wir wünschen nicht, künftige Kriegs- Awcriw - §en zu finanzieren." Und das hat man in wit den ° ^1, Schuldenabkommen berücksichtigt, die man schließen ^.Mischen Staaten abgeschlossen hat oder ab machen M' Da wird man in Paris einigen Lärm ewaten n-^Mge wünscht, daß Europa den Vereinigten Halimi ''M immer bloß Vorwürfe über die Zurück- bäilcl ' ^"che, die man jenseits des Ozeans den euro- Zungen und Wirrungen entgegenbringt, sondern '"Uffe jetzt erst einmal den amerikanischen M:- gegenüber etwas mehr Entgegenkommen zeigen. Wunen kaum getadelt werden, wenn wir uns nicht wischen, deren Regelung in der Hauptsache die » u » M M anderer ist oder wenn wir unsere Bedin - kried-,, MM* Mo solche Beteiligung bekanntgeben." Zu- ; u w Coolidge eigentlich nur mit dem Verhältnis ^criiu,^ " '' w l a n d. Das ist kein Wunder; denn die 'urA-MM Ml dem deutschen Wirtschaftsleben hat sich Holger.» a überaus gelohnt. Und daraus zieht Coolidge Man müsse überhaupt mehr zu einem rein «nd Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten ^urovnkommen; kurz, immer die gleiche Mahnung: bei fick !?" bor allem selbst den endlichen Versuch machen, Ordnung zu schaffen, dann werde auch Amerika Ser EiseliksilsM mir dem Reilhstag Mchmgiermg, Parteien Md MOemng. Erklärung des R e i ch s a r b e i t s m i n i st e r s. Der Reichstag bot am Montag nachmittag zu Beginn seiner Wintertagung das Bild eines großen Tages, da die Tribünen überfüllt waren und das Haus sehr gm besetzt. Auch die Reichsminister waren fast vollzählig zur Stelle, ebenso zahl reich die Vertreter der Regierungen der einzelnen deutschen Länder. Das Publikum war angelockt von der Aussicht auf spannende und lebhafte Debatten in der Ruhrfrage, doch dürfte es kaum aus seine Rechnung gekommen sein. Der Reichstag folgte in dieser Beziehung dem Beispiel seines Schwesterparla- ments, dem Preußischen Landtag, wo man die mit diesem Fragenkomplex zusammenhängenden Fragen auch im allgemeinen ruhig und sachlich behandelte. Ehe man jedoch zum eigentlichen Thema kam, gab es noch ein kleines Zwischenspiel. Der Abgeordnete Dr. Frick von den Nationalsozialisten wollte eine Anschluß debatte entfesseln und beantragte die Absendung eines Telegramms an den Österreichischen Nationalrat, worin der Reichstag der Tatsache gedenken wollte, daß vor zehn Jahren der Nationalrat in einem Telegramm an die damaligen Volksbeauftragten für möglichst schnelle Vereinigung Deutsch lands mit Österreich eintreten würde. Der Antrag fand jedoch nur Anklang bei den Antragstellern selbst und den Deutsch- nationalen. — Dann begann die Ruhrdebatte, wobei, entgegen den sonstigen Gebräuchen, zuerst die Jnrerpellationsredner sprechen zu lassen, gleich der Reichsarbeitsminister Wissell das Wort ergriff und in eineinyalbstündiger Rede den Standpunkt und die Haltung der Reichsregierung in dem ganzen Ruhr kampfe verteidigte. Es war eine fast rein akademische Vorlesung, die aber auf der linken Seite häufig große Zustimmung fand. Dann begann erst die Reihe der Jnterpellationsredner, die der Kommunist Florin mit sehr temperamentvollen Worten einleitete. Wenn die Reichstagsverhandlungen auch am Montag ziemlich sachlich und leidenschaftslos geführt wurden, so ist damit die Stellung der Reichsregierung doch keinesfalls ge sichert, denn im Hintergründe lauert die Entscheidung über den Bau des Panzerkreuzers kl, dessen Bau die Sozialdemo kraten durch einen im Reichstag eingebrachten Antrag ver hindert Wissen wollen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß dieser Punkt zu einer Kabinettsfrage werden wird. Allgemeines Aufsehen hat tn Reichstagskreisen ein Vor stoß der Zentrumspartei erregt, die an der Führung der Außengeschäfte durch Dr. Stresemann manches zu tadeln hatte. In politisch-parlamentarischen Kreisen spricht man da von, daß das Zentrum wieder zu seinem schon bei der Re gierungsbildung vorgebrachten Wunsch zurückkehren will, tm Reichskabinett den Vizekanzlerposten mit einer seiner führen den Persönlichkeiten zu besetzen, die dann die Geschäfte des Reichsautzenministeriums in Abwesenheit Dr. Stresemanns führen würde. Alle diese Wünsche würden natürlich erst wieder bei einer Umbildung des Reichskabinetts akut werden, die nach Erledigung der Fragen der Aussperrung und des Baues des Panzerkreuzers in Angriff genommen werden soll, vorausgesetzt, daß das Kabinett diese Erledigung noch überlebt. ReichsarSertsmünKer Wissell, der die Erklärung für die Reichsregierung abgab. Sitzungsbericht. (11. Sitzung.) 6L. Berlin, 12. November. Zu Beginn der Sitzung teilte Präsident Löbe mit, daß er anläßlich der glücklichen Ankunft des Zeppelinluftschiffes tn Amerika namens des Reichstages ein Glückwunschtelegramm an Dr. Eckener gesandt habe. Aus der Tagesordnung stehen die Interpellationen und Anträge zur Aussperrung in Westdeutschland. Die Kommunisten beantragen die Gewährung von Arbeits- MMl'Mrstutzung an die Ausgesperrten und Aushebung des gesetzlichen Schlichtung^ Das Zentrum hat neben einer Interpellation drei Gesetzentwürfe eingebracht. einmal: das Gesetz über die Arbeitslosenversicherung soll ^ahin geändert werden, daß bei Aussperrungen trotz Verbindlichkeitserklärnng eines Schrcosspruches Arbeitslosenunterstützung an die Aus- gesperrten zu zahlen ist; ferner werden Änderungen der Ver ordnungen über Tarifverträge und über das Schlichtungs- weseu beantragt. Danach soll unter anderem gegen einen als verbindlich erklärten Schiedsspruch von den Parteien beim Arbeitsgericht Nichtigkeitsklage erhoben werden können, die aber keine aufschiebende Wirkung haben soll. Weiter wird die Retchsregierung ersucht, schon fetzt Maßnahmen zu treffen, um einer Wiederholung ähnlicher Auseinandersetzungen wie legt rn Westdeutschland vorzubeugen. Die sozialdemokratische Fraktion legt gleichfalls einen Ge setzentwurf über die Unterstützung der Äusgespcrrten vor. Die Mittel sollen der Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung vom Reiche erstattet werden. Die Arbeitgeber sollen zum Er satz der Mittel verpflichtet sein. Vor Eintritt in die Tagesordnung beantragt Abg. Dr. ^rick (Nat.-Soz.) die Absendung eines Telegramms an den Österreichischen Nationalrat, wonach der Reichs tag des heute vor zehn Jahren vom Nationalrat bekundeten Anschlußwillens Deutsch-Osterreichs an das deutsche Mutter land gedenke und gelobe, seinerzeit alles zu tun, um den An schluß so schnell wie möglich zu verwirklichen. In einem An träge. soll ferner die Reichsregierung ersucht werden, alles zu tun, um auch den Deutschen als einer den Tschechen, Polen, Jugoslawen, Rumänen und anderen Kulturvölkern gleich berechtigte Nation das Selbstbestimmungsrecht zu sichern und aus-der nächsten Völkerbundratssitzung die Zustimmung zum Anschluß Deutsch-Lsterreichs zu erwirken. Die Behandlung dieses Antrages wird gegen die Stim men der Deutschnationalcn und der Antragsteller abgelehnt. Das Haus trat dann in die Tagesordnung ein. Das Wort erhielt sofort der Rerchsarbeiismimster Wissell zur Beantwortung der vorliegenden Interpellationen. Unter lebhaften „Hört, Hört!"-Rufen teilt er zunächst mit, daß das Arbeitsgericht in Duisburg dem Antrag des Arbeitgeberver bandes stattgegeben und die Verbindlichkeitserklärnng für rechtsunwirksam erklärt babe. Er glaube nicht, daß die Rechts frage damit endgültig entschieden sei. Mit Sicherheit müsse mit einer Anrufung des Reichsarbeitsgerichts gerechnet werden. Der Minister gab dann einen historischen überblick über die Entwicklung des Kampfes in Westdeutschland. Die Gewerkschaften hätten das Lohnab kommen zu Recht gekündigt und, nachdem die Verhandlungen mehrfach ergebnislos geblieben seien, den Schlichter än- gerufen. Nach dreitägigen schwierigen Verhandlungen, die die Möglichkeit einer Einigung nicht ergeben hätten, sei am 26. Oktober nachmittags der Schiedsspruch gefällt worden. Am 13. Oktober — also bereits vor Einleitung des Schlich tungsverfahrens — hätten die Firmen auf Anweisung ihres Verbandes den Arbeitern zum Monatsende gekündigt. Diese Maßnahme des Arbeitgeberverbandes hätte die Schlichtungs verhandlungen außerordentlich belastet. Die Erklärungsfrist sei am 29. Oktober abgelaufcn. Die Gewerkschaften hätten einen Schiedsspruch angenommen, die Arbeitgeber ihn aber abgelehnt. Am gleichen Tage hätte das Reichsarbeits ministerium für den 30. Oktober die Parteien zu einer Aus sprache, die bis in die frühen Morgenstunden des 31. Oktober oauerte, geladen. In den Vormittagsstunden — so erklärt der Minister — hätte er dann die Entscheidung über die Verbind lichkeitserklärnng getroffen und für umgehende telegraphische Verständigung der Parteien gesorgt. Die Entscheidung sei bereits erhebliche Zeit vor der Entlassung der Belegschaften in de» Händen der Parteien gewesen. Ihm sei wohl bekannt, daß durch den Schiedsspruch eine neuerliche Belastung der Werke entstehen würde. Er hätte aber andererseits nicht übersehen können, daß in anderen Bezirken der Metall industrie die Löhne und Verdienste der Arbeitnehmer günstiger als in der Gruppe Nordwest seien, und zwar sogar noch nach Durchführung des umstrittenen Schiedsspruches Diese höheren Löhne seien sogar zum Teil frei vereinbar« worden. Die Entlassung hätte nur erfolgen können, wenn am 1. No vember ein tarifloser Zustand Vorgelegen hätte. Das sei nach seiner Auffassung nicht der Fall gewesen. Die .lrbettgeber nähmen den Standpunkt ein, daß der Schiedsspruch rechtlich nicht wirksam gewesen sei und Nechtswirksamkett auch nicht durch die Verbindlichkeitserklärung hätte erlangen können. Woll ten sie diesen Standpunkt durchsetzen, so wäre es nicht nottg, deswegen 213 000 Arbeiter auszusperren. Die Rechtslage hatte durch die Arbeitsgerichte entschieden werden können. Er habe sich bemriht, die arbeitsgerichtliche Entscheidung der Rechtsfrage möglichst zu beschleunigen. Er wolle auch alles tun, um die Spruchrevision des heute vom Arbeitsgericht Duisburg gefällten Urteils in einem möglichst baldigen Termin zu erreichen. Wenn angeregt worden sei, die Retchsregierung möge erneut vermitteln, so glaube er, daß eine solche Vermittlung surdie Reichsregierung bis zur Klärung der Rechtslage nicht in Frage kommen könne Er stehe auf dem Standpunkt, daß durch den für verbindlich er klärten Schiedsspruch ein rechtsgültitzer Tarifver trag zustande gekommen sei. Er könne seine Hand nickt dazu bieten, daß der rechtsgültige Taris durch eine von ihm als un rechtmäßig betrachtete Kampshandlung einer Partei geäußert werde. Er halte cs aber für möglich, auch schon jetzt den Zu stand herbeizusühren, der durch die Verbiudlickkettserttarung herbeigesührt werden sollte, daß nämlich in den Werken der Arüeitgeüerorganisatiou wcitergca.ac.tet und die strittige Rechtsfrage aus dem M^r vorgesehen^ «rbeitsaerichllicken Wege ausgetragen nnd entschieden wird.