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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche GerichtSamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. .V «l. Dienstag, den 8. Anglist 187«. _ _ . . ' -W———W——W» Bekanntmachung. Nachdem das Königliche Ministerium des Innern im Einverständnisse mit dem Königlichen Finanzministerium den Stadträthen und Lez. den Herren Bürgermeistern zu Wilsdruff und Siebenlehn die Befugniß zur Ausstellung von Gewerbesteuerscheinen ertheilt hat, wird dies zur Nachachtung hiermit bekannt gemacht. Meißen, am 5. August 1876. Königliche Amtshauptmannschast. i. v. Frh. von Wirsing. Die Weltausstellung in Philadelphia. Die deutsche Abtheilung der Weltausstellung beginnt jetzt weit mehr Beifall zu ernten als im Anfang. So meldet jetzt der „Phil. Demokr.": „Der Mitbesitzer einer der bedeutendsten Kattun- Fabriken Amerikas, welcher eine Reihe von Jahren namentlich auch in Frankreich und dem Elsaß Kattun-Fabriken studirt hat, und der selbst aus der Ausstellung einen der bedeutendsten Schaukästen im amerikanischen Departement mit seinen Fabrikaten hat, erklärte, daß die in der deutschen Abtheilung ausgestellten Kattune alle andere auf der ganzen Ausstellung an Schönheit und Geschmack der Farben weit überträfen. Dies ist gewiß ein großes Compliment für die deutschen Aussteller aus dem Kreise Gladbach. Nicht weniger anerkennend sprach sich derselbe Herr über die vorzügliche Ausstellung von Baumwollcn- Sammeteu der mechanischen Weberei in Linden bei Hannover, über die Plüsche von Weigert L Co. in Berlin und über die vorzüglichen Seidenstoffe, Sammete rc. von Gebhardt <L Co. in Elberfeld und Greffard L Co. in Hilden aus." Ein anderer Bericht des „Phil. Demokr." sagt: „Die französischen Anilin-Farben, deren überaus geschmackvolle Ausstellung allgemein anerkannt wird, werden, wie französische Sachverständige offen erklärt haben, an Schönheit von den in der deutschen Abtheilung ausgestellten, weit übertroffen. Einer der französischen Herren bemerkte dabei: „Es ist nor gut, daß wir unsere Farben mehr in die Augen fallend und geschmackvoller ausge stellt haben, sonst könnten wir mit den deutschen Farben gar keine Concurrenz beginnen." . Aus einer Correspondenz der Illinois Staatszcitung von Dr. Max Lortzing fügen wir hier noch einige Sätze zur Ehre Deutsch lands bei: Eine nicht unerhebliche Schaustellung bietet das Königreich Baiern mit seiner Collectivausstellung von Spiegeln und Spiegel gläsern, Glaskugeln und Cylindern, ovalen und eckigen Miniatur- spiegeln und mit seinen geschliffenen Gläsern für gewerbliche Zwecke aus'Fürth. Die beiden Nachbarstädte Nürnberg und Fürth bringen eine farbenglänzende und geschmackvoll angeordnete Entfaltung bay erischer Blattmetalle und Bronzesarben, prächtige Gold- und Silber borden, Flitter, Stickereien, Spitzen und Brocate aus vergoldetem und versilbertem Draht, sowie die sogenannten leonischen Waaren, äußerst feine Fabrikate aus Kupferdraht in sehr schönen Schattirungen. Aus den nämlichen Mittelpunkten der Fabrikation erblicken wir ein wahres Paradies für die Kindcrwelt, die Collektivausstellung bayerischer Spielwaaren, Puppen in allen Größen und Trachten, feine Blech- spielwaaren, Zinnfiguren, Schaukelpferde, ein ganzes Orchester mu sikalischer Instrumente für die Jugend, allerhand Waffen für die Knaben, belehrende Spiele aller Art, Baukästen, Schiffe und Archen, bunte Laterne», komische Masken, ein Thierreich im Kleinen, mag netische Spielwaaren, physikalische, mechanische und durch Uhrwerk getriebene Zauber-Apparate und Anderes mehr. Vergleichen wir diese einfachen, aber hübschen Sachen mit den Macy'schen Waaren in New-Jork, die mit einer viel größeren Eleganz und Kostbarkeit gearbeitet sind, so dürfen wir wohl den Schluß daraus ziehen, daß Aoung America ungleich rasfinirter und schwerer zn befriedigen ist, als die fröhliche Jugend unserer alten Heimalh. Einen Glanzpunkt der Aufstellung bildet die Jahrhunderte alte deutsche Textil-(Webe) Industrie. Die Leineweberei Schlesiens, Sachsens Westphalens, Baierns und Württembergs ist reich vertreten, Bielefeld mit seinen weltbekannten Hemdeneinsätzen, Berlin mit seinen Kragen und Manchetten, Württemberg mit einer Collectivausstellung seiner dichten, nach Art der irländischen Handweberci gearbeiteten Gewebe, Schlesien mit seinem auch in Amerika geschätzten Damast. Rheinland und Westphalen, Sachsen, Hannover, Baiern, Württemberg und Elsaß, die Hauptsitze der deutschen Baumwollcnindustrie, zeichnen sich durch ihre soliden Näh- und (Strickgarne, Kattune, Shillings, Rock- und Hosenstoffe aus. Hannover glänzt durch einen eleganten Pavillon, in welchem herrliche Velvets und sammetartige Baumwolleustoffe auf das Geschmackvollste ausgebreitet sind. Sachsen bietet weiße und farbige Tisch- und Bettdecken, das Elsaß unter anderen schöne Ja- connets und Mousselins, das Handelskammergnt Crefeld prächtige, den französischen nahezu ebenbürtige Seidenwaaren in reicher Auswahl, vom leichtesten Futtergaze bis zum schwersten Faillc-Gcwebe, schwarze und farbige Kleiderstoffe, Kirchenparameute, fayonnirte Besatzartikel in Seide und Halbseide, Salins, schwarze und farbige Sammete und Sammetbänder. Die niederrheinische Tuchiudustrie liefert ein großes Lager von Tuchen, von geringen Sorten an bis zu den feinsten Stoffen, Paletot-, Confectionsstoffe und Buckskins mit ausgesuchten Mustern. Ferner sehen wir hier Kleiderstoffe aus wollenen Kamm garn, leichte Merinos und Cachemirs von vorzüglicher Güte und Ar beit, eine bedeutende Elberfelder Collectiv-Ausstellung von Zanella oder italienischem Tuch, baumwollene, halbwollene, wollene und halb seidene Bänder, Litzen und Besatzartikel aus Bernau, wollene Ripse und Damaste aus Chemnitz, hübsche Shawls und Mützen-Plüsche aus Berlin, Brüsseler Velours- und Tapisserie-Teppiche, und Imitationen von Smyrna-Teppichen, ein reiches Sortiment feiner Spitzen aus dem Königreich Sachsen, sowie die berühmten Strumpswaaren und Handschuhe dieses betriebsamen Landes, das überhaupt von dein deutschen Reiche mit am besten vertreten ist. Wir begeben uns jetzt in das musikalische Gebiet. Von dem gcsammten Orgelbau Germaniens, der sonst einen wohlverdienten Ruhm genießt, sehen wir weiter Nichts als eine Kirchenorgel mit eichenem Gehäuse in gothischem Styl von E. F. Walker L Co. in Ludwigsburg. M. Velte und Sohn in Freiburg haben ein kleines und ein mittleres Orchestrion ausgestellt, und der deutsche Klavierban ist durch eine Reihe altbewährter Firmen vertieten, darunter I. Blüthner in Leipzig mit seinen berühmten Concertflügeln und Pianinos. Die Collectivausstellung der wohlbekannten Mark-Neukirchner Musik instrumente und Sailen bringt Harfen, Guitarren, Violinen, Violas, Violoncellos, Zithern, Streichquartette, Bögen und Saiten, Blasin strumente verschiedener Art aus Messing, Goldmessing und Neusilber, und die württembergischcn Städte Trossingen und Knittlingen liefern als ihre Besonderheit eine Menge von Mundharmonikas. Den schönste» Platz nimmt die königliche preußische Por- zellanmanufaktur ein, und zwar in der großen Rotunde, wo die vier Hanplstalioncn mit ihren besten Erzeugnissen prangen. Neben ihren herrlichen Vasen und Ziergesäßen, ihren plastischen Arbeiten in Viscuit sunglasirten Porzellanfi ihren staffirten Figuren und ge schmackvollen Blumenschalen bringt dieselbe meisterhaft ausgesührte i Monnmcntalwerke, darunter die prächtige Victoria-Vase mit dem Bilde „Aurora" nach Guido Reni, die Germania-Vase mit den Gemälden: „Germania, Kunst und Wissenschaft pflegend" und „Borussia, der Schild und Schutz des Reiches" nach v. Heyden, eine Krater Vase