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Donnerstag» äen 24. April 1919 14. Jahrgang Nr. 93 DM Anzeiger für das Erzgebirge sTW«--» mit -er wöchentlichen Unterhaltungsbeilage r /luer Sonntagsbla«. MÄSZW fr«!',»"UN» Nu.aad^'"«n,"f»w'« Sperchsiunö, ü»r Nr-aktloumUNurnahm» SrrSonntag»nachmittag» 4—sUhr. — r»I»gramm'fl-r»ss», Lag,blatt siu»»r-g»b!rg». -»rnsprrche» -r. nus»°!.'o« Hn^'A L.";m^Wüüu7.^M^ r«' unarrlang. «Ing.fan»,. Manuskrlv.« kann a.währ nicht-g.l.ig.t w.rü.n. möLllMK»^ Das Neueste vom Tage. Ter Bvlkerbundentwurf der deutschen Regterung wird setzt veröffentlicht. (Stehe Leiegramme.) Die nächste Sitzung de» FrtedenSauSschusse» de» Nationalversammlung findet am 2. Mat ln Berlin statt. Zum Schutze gegen etwaig« Behelligungen der deutschen Bevollmächtigten wird der ganze Raum zwischen deren Wohnort in Versailles, dem Hotel Vatel und dem Lrianon mit Stachel draht umgehen. Di« Bildung der neuen deutschen Reichs wehr wird im Juli beendet sein. Ta» Große Hauptquart 1 er in Kolberg wird Anfang Juli a uf- gelvst. Ta» Ministerium fiir soziale Fürsorge hat bis zur reich-gesetzlichen Regelung die Einführung von Betriebsräten in allen Betrieben und Büros mit mindesten» 10 Angestellten, eiri- Miestlich der staatlichen, verfügt. Orlando wird infolge der Spannung wegen Dalmatien und der Ad.riasrage Pari» mor gen verlassen. Llovd Georg« versuchte vergeblich, ihn zur Ausgabe seiner Abreise zu bewegen. Ti« dein Direktorium der ukrainischen Volksrepublik wohlgesinnten Aufständischen entrissen den BvlschewistentruppenKiew und besetzten den grüßten Teil der Stadt. Reine Illusionen! P.L.F. Wir haben au» dem Verlauf und dem Ende des Kriege» wohl da» ein« sicherltch lernen kön nen, daß nicht» so gefährlich und verderblich ist, al» in der Politik sich Illusionen hinzugeben. Wie ost haben wir entscheidende Stege gefeiert, wie ost war un« das siegreiche Ende de» Kriege» irr nächster Zeit angesagt worden, wie oft ist die Revolution in Italien ausgebrochen? Illusionen! Und da» Spiel wurde fortgesetzt, weil die unsterbliche Hoffnung die Mutter der Illusionen und die Not der Stund« ihr Vater ist. So hieß es auch nach der Revolution: die Fran zosen verbrüderten sich mit un»^ di« englischen Bor- postenschifft hätten die rote Fahne gehißt. Illusionen! Und nun wieder gibt e» viele unter uns, die meinen, in wenigen Wochen würde der Friede unterzeich net sein! Nehmen wir sogar an, die Bedingungen/die die Presse brachte, wären Sensationsmache, der Vertrag wäre haivweg» annehmbar! Mer, «in Vertrag, an dem die Feind« fünf Monat« gearbeitet hab«n, der nichts geringere» zu lösen suchen muß, als den Neu« aufbau ver Weltvezietzungeu, «in Vertrag, der 000 Seiten stark sein soll, läßt sich doch nicht in drei Ta gen, ja nicht einmal in drei Wochen prüfen. Erst recht aber, wenn Über ihn verhandelt werden sott, und da» erwarten wir doch alle, werden diese Besprechun gen mindesten» die doppelt« Zeit beanspruchen -7- da ist sechs Wochen. Anfang Mai, frühesten», könnt« be gonnen werden, Mitt« Juni könnt« di« Arbeit ab- ,geschlossen fein. Jeder Mensch weiß, daß bei allen Verhandlungen ruhig Blut, klarer Kopf, kalt« Nerven die Hauptsache sind, Haß aber ist das Verderblichste. Wir müssen uns also vor allem auf «ine lang» Taner etnrtchwn. DSir dürfen un» aber auch nicht der Illusion hingeben, al» wenn diese Verhandlung«« in einem Strich reibmwstlo» zu End, gehen müßten. Wir haben den besten Willen, gewiß, aber wie steht «» mit Frankreich? Wie mit England? Tie Lag« ist derart, daß diesen Völkern und besonder» ihren Negierungen mehr am schnellen Frio- donsschlnß liegt, al» uns. Darum braucht un» etn «v«n. tueller Abbruch nicht zn ängstigen, dis Gegner wer« den sich sofort um «in« Neuanknüpfung deniüh«n. Wir wollen nicht Propheten. Ah«r «» ist nicht unmöglich, 'aß an Stell« «ine» gemeinsamen yrieden-schlusfe» Son. derberatungen und Sonderverträge tretens denn der Völkerbund, wie England und Frankreich ihn meinen, ist kein Völkerbund. Darum vor allem: Ruh« im In nern, Geduld und kalte» Blut'aber ja keine,Illusionen. vir rosiäaiM Ser niensckuann Kwrlt. ren Bedingungen Deutschland, sind solidarisch mit denen aller Länder der Welt. In der allgemeinen Lrkrnntnst diese» Solida rität erblick« ich di« beste Garantie fU« den Weltfrieden. Der unge. heuerliche, vor dem Krieg« von einem englischen Blatte ausgestellte Satz, daß der wirtschaftliche Ruin Deutschland, «in« Bereicherung England» bedeuten würde, hat relativ« Gültigkeit sür «ine lapita, listische Gesellschaft, stellt aber in de, neuen sozialistischen Welt ei nen erschreckenden Wahnsinn dar. Der französischen Auffassung verdankt der Sozialismu« einen groben Teil seiner schöpferischen Ideen. Deshalb vertrau« ich Frankreich, daß r, sich dem Gedanken derSoltdaritLtdergefamtenmenfch. lichen Arbeit nicht verschrieben wird. Gewinnt dies« Ge danke in Frankreich di« Oberhand, dann werden sich auch gut« v«- Die Antwort der Entente auf die deutsche Note. Ter TitvisionSgeneral Nudant, Vorsitzender der ständigen interalliierten WafsenstillstandSkommtssion, hat an den Vorsitzenden der deutschen Waffenstillstand-kom. misston folgende Note übersandt: Ter Marfchall- Oberb«febl»haber der alliierten Aruwen telegra- phterl am 22. April unter de« Nr. 20VS: wollen Sie die folgend« Antwort der alliierten und assoziierten Regierungen der deutschen Regierung übermitteln r 1. Tie deutsche« Delegierten können abreisen, wann sie hierzu bereit sind. Tie deutsch« Regierung wird gebeten, den Termin ihre« Abreis« sa schnell wie mög lich bekanntzrrgeben. Ihre Avis« im alliierten Gebiet wird so geregelt, vast sie abends in Versailft» ankomt- men, um in Rühe sich etnrichte« zu können. * 2. Di« deutsche«Delegierten werde« je»« Bewe gungsfreiheit zur Erfüllung ihrer Mission« habe«. Ebenso haben sio völlig« Freiheit für telegraphische und teletzhonilch« Verbind«- mit ihrer Regierndg. S. Tie deutschen Delegierten können schon jetzt eine Dreimi lgltederksmmission wachs Veriatlle» senden, um die Unterbringung vorzuberettan. (geh.) Nudant. Ties« Antwort Nudant» stellt die Entgegnung daraus die Note des Grafen Brockdorfs-Rantzau vom 21. April. In dieser beantwortet« der Graf da« zweite Telegramm de» französischen Ministerpräsidenten, in dem di« deut, sch« Regterung aufgefordert worden war, ihre Dele gierten mit einer vollständigen Ermächtigung zu Ver handlungen über di« Gesamtheit der Frie. denSfragen zu versehen. Gras BrockdorffiRantzau teilte die Rainen der sechs deutschen Delegierten mit, Welter hieß e» dann in der deutschen Not«: Ti« deut, sch« Regierung ist bereit, di« vorstehend bezeichneten Personen nach Versailles zu entsenden, wenn ihr di« Zusicherung gegeben wird, daß den Delegierten und ihren Begleitern während ihre» Aufenthalt» dort Be wegungsfreiheit sowie freie Benutzung von Tele graph und Telephon -um Verkehr mit der deut- schen Regierung gewährleistet ist. St« behält sich vor, für einzeln« FriedenSfragen «nachträglich besonder« Sach verständige zu benennen. Ti« Zusammensetzung der ventschM NriedonSatordnung. Die deutsch« yriedensdelegatton wird au» insgesamt 80 Personen bestehen. Außer den sechs Unterhänd lern werden ihr sieben Berkretev de« Auswärtigen Amte», je zwei Vertreter der übrigen beteiligten Neichsämter, ds» Generalstade», Lei« Admi- ralität und der Waff«nstillsrand»kommiss1on angehvren, fern«» Vertreter d«r GeschäftSstells für di« griedentzverhandlungen, sowie Sekretäre, Dolmetscher» Bureaup«rsonal und da» Personal des Nachrichtendien ste». Di- Abreise der D-l-gatiom «st fist den 28. April in Aussicht genommen. Li« Delegation wird im Son derzug Ub«r Köln nach Versailles fahren. Di« Frag«, welche Pressevertreter di« Delogation begleit«» w«rd«n, war gestern mittag noch nicht geregelt. ArfOdONsvor-rrettunssn in Weimar. zirhungrn zwischen den beiden Ländern «instellen. Deutschland ist bereit, diesen Gedanken in di» r»t vmzvfrtzen und Frankreich mit allen Kräften zu helfen, um di» Tchricknisi« de» Kriege» wieder gut ,« machen. E, wär« jedoch vorteilhaft, wenn dies« Arbeiten auf Kosten Deutschland« durch Freiwillig« geleistet würden und nicht durch die Masi« versklavter deutscher Kriegsgefangener. Die Schaffung ein«, rheinisch,westfälischen Pufferst««» t« » könnt« nicht al« ein« Garantie für den Frieden «der f»r di künftigen guten Beziehungen zu Frankreich betrachtet «erden. Di» Einsicht in di« wahren Interessen ihr«, Lande« wird hoffentlich die französischen Staatsmänner hindern, von Deutschland di« Un terschrift unter «inen Vertrag zu verlangen, de, tu» Gegensatz zu dm» wahren Interesien Frankreich, steht. regier««- bekannt fein. Nutest dstft« UmPänstest würde «in« vorzeitig« Einberufung der deutsche« Natio nalversammlung kaum Zweck habe«. Die angeblichen Friedensbedingungen. DaS Journal d« Genev« gibt nach den bisherigen Pariser Meldungen und nach seinen privaten Jnfvrrna- ttonen «in« Zusammenfassung der Frisbrn»« bedingungen. Danach handelt AS sich in motzen Zügen um folgenden Inhalt de» vorläufigen Fkiedens- vertragesr 1. Gebtet»besttm«nstg«». TdntManst stew li-rt Elsaß-Lothringen, Pole» in den nnga, sähren Grenzen von 1772, vergrößert durch polnisch» Tistrifie in HberMesten, und Nords chleöwi^ nach den Grenzen» wie si« stustch.dst Volksabstimmung fcstzustellen sein werden. Wette« Meint ist, daß nm» Belgien di« angeblich! belgischen Bezirk« stost Mer«»«et, Ensten «nst Makmedh mit oster rchue Volksabstimmung zufpr»chrn will. Danzig nnd daß Saargebiet wepdan nutest internatztonale Kontrolle gestellt, «nd wenigsten» für da» Saaw gebiet wipp die «blktzabschmmnng nach! 1» -atz«» vorgesehen. 2. gn militä rische» Hiusichtr Tie Nnftß» Haltung eine» VolkSheero» wird TentMand NW« tersagt. Tie Stärke seine« Truppen «nd ihre Be waffnung werden eine» Ueberwachnng nnterwow ft«, und ihre Zahl scheint «ns 100 OVO Man« festgesetzt zu sein. Neber Flott« nnd Flugzeuge ist nicht» näheres bekannt. Teutschland wird keine Mili tärmacht auf dem linken Nheinnfer unterhalten dürfen, ebrnsmoenig auf einem 80 Kilometer breit«» Streifen auf dem rechten Rheinuftr. Möglicherweist sind ähnliche Bestimmungen auch an de« vstgren-r »uw Schntzo Polen» beschlossen, Helgoland »ing de« Vernichtung auägelieftrt, da die künstlichen Gchntz» wälle gegen Veschäpjgungstu stnpch da» Meer tzefchfttW werden müssen. S. Sn wirtschaftliche» Hinsicht» TvuliM, land zahlt 128 Milliarden Innerhalb d»G 80 Fahren mit Zinsen. Von den Anfangtzzahiuug von 28 Milliarden erhält B-kgstn 18 rÜMtia«d-n ,m» Frankreich 5»/, Milliarden. Frankreich erhält außer« den» al» Entschädigung für seine zerstörten Kohlen gruben da» unbeschränkte Eigentumsrecht auf di« Gaargrube», so daß TentWan», wenn nach 18 Sah«-« sich da» Saargebiet für Deutschland erklären sollte, diese Gruben zu rückkau sen muß. Teutschland derliert/eine Kole«ten.dst an den Völkerbund übergeben werden, und seine U«ber- seekabel, deren AnBnntzMg sich dis Alliierten Vor behalten. Di« Entscheidung, ob Deutschland diesen Vertrag an nehmen wird und kann, hängt wesentlich von dem Mab an wirtschaftlichen Zugeständnissen ab, di« der Vortrag, wie da» Journal d« Gonrv« ba- haupstt, zwetsello» den D«utschen inacht, denn and«,» — so meint die» so wenig d«utschfr«undliche Blatt — vernröcht« man in de« Tat nicht «tnzu sehen, wa» Hst Deutschen veranlassen stllt«, solche Lasten auf sich zu nehmen. e Das Journal d, Geneve wurde von de» französischen Negierung während de» Kriege» und auch noch danach mit Vorlieb« dazu benutzt, Meldungen hü lancieren, deren Erscheinen in der französischen Presst au» irgend einem Grund unerwünscht war. JedensallS besitzt dstft» sogenannt« neutrast Organ recht gute Beziehungen gn Paris«, RegierungSkveistn, und deshalb köiuun dst von ihm wiedergeaebenen Grund-Üg* de» yrtedenSvertrn- g«s nicht so ohne weiteres al» ein« der zahlreichen To» denzmeldungon adgetan werdens schon au» d«m Grund» nicht, weil bst Bedingungen Hst» schärst, umAssm find, ast in de» bisherig«» Rachetchstu, zu« andern ah«, Aeich,p,äs«d,ut a»«,t üb,» di« Srunblag» d«u»i«b»u S»t«b«u» Da» v«»»«u Gue«p»p»»tz m«lstt «u« P«»I»i Am vftttftuntag uatte d« R«>ch«p»äsib»nt »»,,» An, Unt»»»«d«ug mit ckn-m Ko»»»sp«ntz»»t«n di» L»mp ». Di» inm« Ü-ß» D-uischstntz», «N klär.« Ldrrt, hängt von »er allgiwri»«« Wrltlvg» «». Dst stn«. Tie Reich»regier«»g wirst sich, wst wir hörm, bereit» am 1. Mat «ach Welmar begeben. T» um dftst Zeit dst Verhandlungen de» Friede«^ auSschuss« s v-r Nationalvrrfammluiig beginne«, hat pst Regierung bagreislichEeift ein Sustresst daran, während der bevorstehenden SritdenOwrhaudlungen in Vari» während »er Tagung de» Frt«deu»au»kch«ssW in Weimar auwesonst »u fei«. Dst Gollpersamminn- gen der peutsch-n Natirnalberfammlung west» den voraussichtlich auf 5. oder ». Mat SrgtuwAi. Eine frühere Einberufung der NatstGalversammluug rürfte «ich» in Frage stGAwu. Die FriedeubbediNFun» gen stürfsta -rühehstug am 2. Mai her NeiH», Bor den Verhandlungen in Versailles.