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16534 .7297 8962 5679 5393 6660 5798 1026 1686 1773 1168 !614 !200 >027 289 346 086 044 576 150 )53 )63 j84 Donnerstag, den 15 Mai 1884. 9. Iuhra. S8 Znser«« werden -i» spätesten» Mittag- de» vorhergehenden läge» de» Erscheinen» erbeten and die CorPuSspattenzrile nut in Pf., unter „Eingesandt" mi 20 Ps. berechnet. Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag-. Abonnement»prei» beträgt vierteljährlich l Mark 20 Ps Änreiyer für Zwönitz und Umgegend Organ für den Btadifiememderalh, den Kirchen- und Schulvorstand ;u Zwönitz. Redaktion, Druck und Verlag von C. Bernhard Ltt in Zwönitz. Sächsische Aachrichten. — Die „Mittheilungen" am Schlüsse des neuesten „Verordnungs blattes des LandeSconsistoriumS" verzeichnen einen höchst interessanten Fall, welcher wohl noch nicht vorgekommen sein durfte. Ein protestan tisches Ehepaar, welches vor einem Standesamt im Bezirk des Königreiches Sachsen seine Ehe geschlossen hatte, wurde nach kurzem Bestehen dieser Ehe wieder rechtskräftig geschieden. Die Geschiedenen einigten sich aber privatim wieder lind begehrten nun, abermaige standesamtliche Eheschließung auf Grund der früheren, noch in ihrem Besitze befindlichen Bescheinigung von ihrem Geistlichen die Trauung, und es wurde ihnen dieselbe, da dem Pfarrer von der inzwischen er folgten gerichtlichen Ehescheidung nichts bekannt war, ohne Bedenken gewährt. Dieses Vorkommniß ermahnt daher zu größer Vorsicht. Denn wenn es, wie sich im Verfolg der deshalb stattgehabten Ver nehmungen zwischen den kompetenten Behörden ergeben hat, aus praktischen Gründen unthunlich erscheint, bei Ehescheidungen die Be scheinigungen über die standesamtliche Eheschließung zu kassiren, so wird einer derartigen Erschleichung der Trauung nur dadurch zu be gegnen sein, daß die Geistlichen, wenn die standesamtliche Eheschließung längere Zeit zurückliegt, über die Verhältnisse der die Trauung Begehren den sich erkundigen und auch bei dem betreffenden Standesamts über die fortdauernde Giltigkeit der produzirten Ehebescheinigung Anfrage halten, zumal ihnen diese Auskunft nach 8 l6, Absatz 2 des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6 Februar 1875 zweifellos ohne Weiteres und kostenfrei ertheilt werden wird. — Die Direction der k. sächsischen Landeslotterie hat sich ver anlaßt gefunden, mit Genehmigung des k. Finanzministerium den „Allgemeinen Bestimmungen des Planes für die k. sächsische Landes lotterie" nachstehenden Zusatz hinzuzufügen: Die Bezahlung des Kauf preises für ein Loos hat gegen Aushändigung des Looses zu erfolgen. Diese Bestimmung tritt mit der 106. Lotterie in Kraft, so daß in Zukunft die Interessenten nur unter gleichzeitiger Bezahlung ihre Loose verlangen können, resp. die Zusendung der Loose erst nach voraus- gegangener Bezahlung zu geschehen hat. Es werden für die Folge die Spieler gut thun, immer rechtzeitig Claffe für Claffe zu renoviren, da im Unterlassungsfälle die Collecteure bei dem sich noch immer steigernden Mangel an Loosen der sächsischen Lotterie gezwungen sein werden, über die unbezahlt gebliebenen Loose anderweit zu verfügen, zumal sie an und für sich nur eine bedingte Zahl von Lagerloosen haben dürfen. — Der Proceß gegen den berüchtigten Aus- und Einbrecher Cigarrenarbeiter Carl August Alexander Hütterer aus Annaberg findet am Montag den 26. und event. Dienstag den 27. dss. Mts. vor der Strafkammer I des Freiberger königl. Landgerichts statt. — Am Sonntag Abend ist in Oberdrebach das der Wittwe Kretzschmann gehörige Gut total abgebrannt. Leider konnte bei dem rapid um sich greifenden Feuer nur wenig gerettet werden. Man nimmt an, daß das Feuer durch Brandstiftung entstanden ist. — Bei einer am Sonnabend in Grünhain abgehaltenen Spritzenprobe der dasigen Feuerwehr konnten zwei Feuerwehrleute, welche die mit 17 Mann besetzte Spritze den steilen Weg zur Mühle hinunterfuhren, nicht mehr erhalten, infolgedessen dieselbe mit der Mannschaft den Berg hinabsauste. Der Klempnermeister Wilh. Lohse, die Gefähr erkennend, sprang herunter und kam unglück licherweise unter die Spritze zu liegen, wobei ihm die Räder über Arm und Unterleib gingen und er dermaßen verletzt wurde, daß man an seinem Aufkommen zweifelt. Die Spritze wurde an eine Scheune gelenkt, wo sie stehen blieb. Weitere Verletzungen sind außerdem nicht vorgekommen. — Oelsnitz. In den letzten Tagen hat Herr Brandversicherungs- Jnspektor Treitzschke hier ein größeres Areal angekauft, auf dem nicht weniger als 26 Häuser erbaut werden sollen. Der Bau von fünf Häusern soll zunächst in Angriff genommen werden. politische Aundschau. Deutschland. In den Neisedispositionen des Kaisers war noch in letzter Stunde eine Aenderung eingetreten und dürfte seine Abreise nach Wiesbaden erst am Dienst ag Abend erfolgt sein. Vor seiner Abreise hat der Kaiser noch die Genehmigung zum Aus scheiden des Reichskanzler Fürsten v. Bismarck aus dem preußischen Ministerium ertheilt, doch ist noch nichts Näheres darüber bekannt, in welcher Forni diese Genehmigung gekleidet worden ist. Der Besuch der Kaiserin von Rußland in Deutschland steht in allernächster Zeit bevor. Wenigstens heißt es, daß, neben anderen zahlreichen Fürstlichkeiten, auch die russische Monarchin der am 26. d. Dl. in Kassel stattfindenden Vermählung des Erbprinzen von An halt mit der Prinzessin von Hessen-Philippsthal beiwohnen wird. Die im bejahendem Sinne ausgefallene Entscheidung des Reichs tages über die Socialistenvorlage hat unserer inneren politischen Situation wieder die so nöthige Klarheit und Gewißheit zurück- gegeben und ihrem in den letzten Wochen unsicher und schwankenden Charakter wieder einen festen Halt verliehen. Die so beliebt ge wordene Rechnung mit der Reichstags-Auflösung, an welche oft die sonderbarsten Combinationen geknüpft wurden, muß nun aufgegeben werden und dies ist schon ein Gewinn, den uns die entscheidende Debatte über das Socialistengesetz gebracht hat. Wenn nun aber auch die große Spannung, welche allseitig durch die Frage nachdem endlichen Schicksale des Socialistengesetzes erzeugt worden war, sich mit der erfolgten Entscheidung gelöst hat, so werden die dreitägigen Verhandlungen noch lange in den Gemüthern nachklingen. Es sind während derselben zu viele und wichtige Gesichtspunkte, berührt wor den, als daß der Eindruck der Socialistendebatte so rasch wieder ver blassen sollte; den nachhaltigsten Eindruck wird aber wohl das vom Fürsten Bismarck ausgegebene Schlagwort vom „Recht auf Arbeit" machen und wie rasch es die Socialdemokraten verstanden haben, sich dieses Wort zu Nutze zu machen, beweist der von den socialistischen Neichstagsabgeordneten eingebrachte Antrag, den Bundesrath zu er suchen, dem Reichstag unverzüglich einen Gesetzentwurf vorzulezen, welcher das von dem Herrn Reichskanzler proclamirte Recht auf Arbeit verwirkliche. Man kann gespannt darauf sein, welche Stellung die Reichsregiexnng diesem Antrag gegenüber einnehmen wird. — Die dritte Lesung der Socialisten-Vorlage in dec Montagssitzung des Reichstages bot im Vergleich zu den bewegten Scene» der zweiten Lesung wenig Bemerkenswerthes mehr dar. Höchstens zu erwähnen ist die 'Rede Bebel's, des Führers der deutschen Socialdemokraten, welcher seine Partei dagegen verwahrte, als ob sie revolutionäre Bestrebungen verfolge. Schließlich wurde die Vorlage in endgültiger Abstimmung in demselben Stimmenverhältniß angenommen, wie am Sonnabend. Abgelehnt wurden hierauf noch die von den Abge ordneten Stöcker und Windthorst zu der Vorlage beantragten Re solutionen. Auf der Tagesordnung für Dienstag stand u. A. auch das „Dynamit-Gesetz". Das preußische Abgeordnetenhaus führte am Montag die vorigen Sonnabend begonnene dritte Lesung des Nothcommunalsteuergesetzes zu Ende und nahm dasselbe im Ganzen mit sehr großer Ma jorität an. Vor dem Reichsgericht zu Leipzig hat am Montag der viel be sprochene Landesverrathsprozeß gegen den Schriftsteller I. v. Kras zewski aus Dresden und den preußischen Hauptmann und Tele- graphen-Secretair Hentsch aus Berlin seinen Anfang genommen. Beide Angeklagte sind beschuldigt, Nachrichten über den Aufmarsch und Eisenbahnstransport der deutschen Armee nach den westlichen Landestheilen und über die Dienstinstructionen für die Feldtelegraphie der französischen Negierung in den Jahre» 1876 bis 1881 gemein schaftlich übermittelt zu haben. Außerdem ist Hentsch allein ange klagt, der französischen Regierung verschiedene Nachrichten rein mili tärischer Natur, deren Geheimhaltung im Interesse des Wohles des deutschen Reiches geboten war, offerirt zu haben. Der erste Ver handlungstag war lediglich der Beweiserhebung gewidmet. Frankreich. Die militärischen Erfolge der Franzose» i» Ton kin sind nunmehr durch einen großen diplomatischen Erfolg ergänzt worden, als welcher der in der chinesischen Hafenstadt Tientsin er folgte Abschluß des Vertrages zwischen Frankreich und China zu be trachtet worden ist. Kraft dessen erkennt China das französische Protectorat über Anain und Tonkin in den bestehenden Grenzen an und eröffnet dem allgemeine» Handel seine drei südlichen Grenz- Provinzen; Zölle und Grenzpolizei sollen gemeinschaftlich geregelt werden. Eine Kriegsentschädigung zahlt indessen China nicht, welche Forderung die französische Regierung nach dem Erreichten auch ganz