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Tagesgeschichte. In Zella bei Nossen fand am 8. Jnni die Generalversammlung des landwirlhschaftlichen Kreisvereins zu Dresden, verbunden mit einer Jungviehausstellung, statt. Der Vorsitzende, Rittergutsbesitzer Leutritz auf Deutschenbora, eröffnete die Sitzung und entrollte so dann ein Bild, über die Organisation des Dresdner Kreisvereins, ver glich das Sonst mit dem Jetzt in Bezug auf Anzahl der Mitglieder und zog daraus günstige Resultate, wenn er auch nicht verschwieg, daß große Grundbesitzer und Pächter sich noch zu wenig als aclive Mitglieder am Vereine betheiligten und gute Gegenden wenig Vereine zählten. Ein Drittel von den Einnahmen erheischt das Bureau als Schwerpunkt des Krcisvcrcins und die anderen zwei Drittel werden zur Anregung und Belehrung verwandt. Sowohl er als auch der Secretär haben die Vereine oft besucht und manchen belehrenden Vortrag gehalten. Im vergangenen Winter haben zwei Unterrichts- curse stattgefundcn, die anregend gewirkt haben. Der Generalsecretär von Langsdorfs in Dresden beantwortete die Frage, ob Aufzucht von Rindvieh für Sachsen noch Bedeutung habe, mit Ja, weil der Verbrauch an Thiercn ein größerer geworden ist, als die Production an Thiercn. Leider wird bei der Aufzucht noch zu wenig auf Rasse, Milchergicbigkeit, Bauart der alten Thiere gesehen. Dem Jungvieh ist ein Tummelplatz emzuräumen, reichliche passende Nahrung zu ge währen, und bei Prämurung wolle man das Klima, welches das Thier genossen hat, mit in Erwägung ziehen. Es folgte sodann die Vorführung, Namhaftmachung der prämiirten Thiere auf dem Aus stellungsplatze und sichtlich erfreut nahmen die Besitzer derselben die Preise und lobenden Anerkennungen in Empfang. Nachdem während des Sonntags fortwährend im Elbthalkessel eine auffallende Schwüle der Lufttemperatur geherrscht hatte, entlud sich am Montag früh in der Morgendämmerung in nordöstlicher Richtung von Dresden ein furchtbares Unwetter mit wolkenbruchartigem Regen, das genau so wie vor'm Jahre auf den rechtusrigen Wein bergen vom ehemaligen Elysium bis hinaus nach Pillnitz ungeheure Schäden an Bäumen, Weinstöcken rc., vor Allem aber im Loschwitzer Grunde an Wegen, Brücken, Häusern rc. angerichtet hat. Seyda. Am Donnerstag vor 8 Tagen sind infolge Blitzschlags ca. 25 im Nordosten der Stadt gelegene Scheunen, in Friedersdorf die Scheune des Wirthschaslsbesitzcrs Hinkel und in Kämmcrswalde das Seitengebäude des Schreiber'schcn Wohnhauses niedcrgebrannt und 6 Kühe in dessen Stall getödtet worden. Am Tage vorher ist ebenfalls in folge Blitzschlags in Dörnthal das Kreller'sche Wohnhaus in Flammen aufgegangcn. — In Plauen i. V. ist am nämlichen Abend das zur Stadt gehörige Gehöft Temcora mit den dazu gehörigen Gebäuden den Flammen zum Opfer gefallen. Leider ist dabei ein Menschenleben zu beklagen, indem der Sectionsführer der Steiger, Tischlermeister Wappler, als er eben im Begriff war, zwei seiner Leute vor einer drohenden Gefahr zu warnen, von einer Wand erschlagen wurde. Am 12. d. M. haben sämmtliche Tapezierergehilfen Dresdens die Arbeit eingestellt. Seitens der Meister wird zwar keine Lohnher- absetzung beabsichtigt, wohl aber, in Anbetracht des mißlichen Ge schäftsganges, die Wiedereinführung der früheren elfstündigen Arbeits- vM Kö tzschenbro da ist seit dem 5. Juni im Bahnrcstaurations- garten dre sogenannte Erdbeerenbörse eröffnet und bis zum 10. Juni das L,uer von dein Händler mit baar 3 Mark bezahlt worden. Eine Prelsreduction, wie in früheren Jahren, steht wohl kaum zu er hoffen, da der schwere Frost, ebenso die anhaltende Trockenheit dem Gedeihen der Erdbeeren empfindlichen Nachtheil zugefügt haben. ^n der Nacht vom 7. zum 8. Juni ist in Freiburg a. U. die Wlttwe des Turnvaters Friedrich Ludwig Jahn gestorben. Noch in jüngster Zeit waren unter den deutschen Turnvereinen Sammlungen im Gange, um den Lebensabend der hochbetagten Frau sorglos und mild zu gestalten. Sie hat ihren Gatten um nahezu 26 Jahre über lebt. Zittau. Während eines sehr heftigen Gewitters schlug am 9. Juui in und um Gabel ein Schloßcnwetter die meisten Fcldfrüchte nieder. Gleichzeitig tödtete ein Blitzstrahl die einzige, ganz armen Leuten gehörige Kuh im Stalle. Wurzen. Am 9. Juni wurden durch Hagelschlag die Gärten und Felder, besonders in den Orten Plagwitz, Lübschütz, Püchau, Canitz, Wasewitz, Thallwitz arg beschädigt. In Thallwitz lagen gegen Abend die Schloßen stellenweise noch 15 Elm. hoch. Der größte Theil der verhagelten Besitzer hat versichert. An nicht chaus- firten Wegen und bergigen Acckern richtete bas strömende Regenwasser verschiedene Verwüstungen an. Das große Räthsel sämmtlicher Politiker und Diplomaten Europa'» bilden die Pläne Bismarck's in der orientalischen Frage und über deren Lösung. Daher kommt die zögernde und schwankende Haltung Rußlands, daher das zweifclvolle Auftreten Oesterreichs, da her die argwöhnische Zurückhaltung Englands und endlich die Kühle Frankreichs und Italiens. Alle Mächte räthseln an Deutschland herum. Oesterreich und Deutschland wissen beide, was Rußland will; Ruß land und Deutschland wissen, was Oesterreich nicht will, aber Oester reich und Rußland wissen noch nicht, was Deutschland will oder nicht will. Aus diesem Grunde hält die berühmte Eintracht der drei Kaiser mächte alle Cabinete Europas in Unschlüssigkeit. Es ist die Livilta. Eattolioa, in Rom, das Hausorgan der römischen Curie, welches dieses Räthsel offen zur Sprache bringt, ohne den Schlüssel zu finden. Von unerwarteten Ereignissen abgesehen, haben wir in nächster Zeit schwerlich große Dinge im Orient zu erwarten. Die Groß mächte wollen dem neuen Sultan Zeit lassen, sich mit den Aufstän dischen zu verständigen und mit seinen Reformen aufzutreten. Den Aufständischen in Bosnien und der Herzegowina ist von dem Sultan eine Amnestie mit einer Frist von 6 Wochen verkündigt, um mit den türkischen Behörden zu verhandeln. Während dieser Zeit erfolgt eine Einstellung der militärischen Hin- und Herzüge, nur die kleine Festung Niksich wird verproviautirt. Den Serben und Montenegrinern ist in dieser Zeit Ruhe auferlegt. Zur hohen und höchsten Politik gehört es, dem deutschen Handel den Weltmarkt zu eröffnen und eine empfindliche Lücke zu schließen. In dem reichen Indien ist die deutsche Schifffahrt durch die englische Herrschaft von den Häfen vollständig ausgeschlossen. Seit Jahren ist in den Listen der in Bombay, Calcutta rc., ver kehrenden Schiffe kein deutsches Schiff zu finden, lauter englische, hin und wieder ein französisches, amerikanisches oder italienisches. Das möge den Verfechtern der englischen Herrschaft in Indien zur Be lehrung dienen, welche sagen: sie komme auch Deutschland zu gut, weil hie und da auch irgend einem deutschen Haus ein Plätzchen ver gönnt ist, um die Brosamen aufzuleseu, welche von der reichen in dischen Tafel fallen. Nur dort, wo England nicht unbeschränkt herrscht, findet der deutsche Handel, findet die deutsche Handelsflotte noch Märkte und Verwendung. Deßhalb ist cs sehr wichtig, daß die deutsche Negierung ernstlich und wirksam darauf bedacht ist, den Interessen des deutschen Handels und der deutschen Schifffahrt in den chinesischen Gewässern ihr Augenmerk zuzuwenden. Singabore ist der einzige Hafen des indischen Meeres, der eine Ausnahme von dem Gesagten macht, weil cs ein Knotenpunkt der großen Vcrkehrsstraßen im fernen Osten ist, und dort kehren auch fleißig die deutschen Kauffahrer ein. Das ist ein Stück aus der deutschen Zukunfts-Politik, die in der Gegenwart anhebcn muß. Die Kantone St. Gallen und Thurgau sind von großen Ueberschwemmungen heimgesucht worden. Die Wasser derMurg, des Thur und des Rheins sind ausgetreten und haben viele Häuser, Brücken und den Bahnkörper zerstört. In Frauenfeld sind einige Personen um das Leben gekommen. Der durch die Ueberschwemmungen augerichtete Schaden ist sehr bedeutend Die Höhe des Rheins bei Basel beträgt 15^ Fuß. Das Schussenthal (Württemberg, Donaukreis) von Aulendorf bis Langenargen und die Seitenthäler sind von Ueberschwemmungen Wochenblatt Wilsdruff, Tharandt, Rossen, SLevenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 46. Freitag, den 16. Juni I87TI