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Amts- UN- Knzeigeblatt für den elmtsgerichtsbezirk Eibenstock und dessen Umgebung > Bezugspreis vierteljährl. IN. 1.50 einschließl. ! des „JUustr. Unterhaltungsblatts" und der > humoristischen Beilage „Seifenblasen" in der > Expedition, bei unserenBoten sowie bei allen Reichspostanstalten. 1lel.-Kdr.: Amtsblatt. für Eibenstock, Larlsfeld, yundshübel, ENgrvMt» Neuheide, GbersKtzengrün, Schönheide, Schönheiderhammer,Sosa,Unterstützengrün,wildenthalusm Verantwortlicher Redakteur, Drucker und Verleger: Emil Hannebohn in Eibenstock. Erscheint täglich abend; mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage für den folgenden Tag Anzeigenpreis: die kleinspaltige Seile 12 Pfennige. Im amtlichen Teile die gespaltene Seile 30 Pfennige. Fernsprecher Nr 210. — 87. Jahrgang» Mittwoch, den 9. November 1»KG Mit Ende dieses Jahres läuft die gegenwärtige Wahlperiode der dem hiesigen Ge meinderat als Ausschußpersonen angehörenden Herren Baumeister Karl Ferdinand Ber ger, Privatmann August Kolbe, Barbier Otto Emil Frieß, Kaufmann Franz Hermann Seidel, Polierermeister Christian Friedrich Schädlich und Tischlermeister Karl Eduard Poller ab. Aus diesem Grunde macht sich die Neuwahl einer Ansschntzperso« aus der Klasse der höchstbesteuerten Ansässigen, dreier «n-schutzpersonen aus der Klasse der übrigen Ansässigen und -Weier Ansschutzperfone« aus der Klasse der Unansässigen nötig. Außerdem sind sechs Ersatzmänner zu wählen, von denen je zwei einer der drei ver schiedenen Klassen anzugehören haben. Unter Hinweis auf die Bestimmungen in 88 8, 9, 10, 11, 12 und 13 des hiesigen Ortsstatuts wird hierdurch bekannt gemacht, daß die vorzunehmenden Wahlen Montag, den 21. Kovemver 1910 von vormittags 10 bis nachmittags 1 Uhr für die »«sSsfigen, Ptenstag. den 22. Kovemöer 1910 von vormittags 10 bis nachmittags 1 Uhr für die una «siiffige « stattfinden sollen. Als Wahllokale sind bestimmt: 1) Die StathanSWirtschaft für den die Häuser Nr. 1—53, 264 8 bis 4308 und 444—471 des Brandkatasters umfassenden Unteren Wahlbezirk, 2) Die vlanke'fche Schankwirtschaft (Bahnhof Schönheide) für den die Häuser Nr. 54—264 und 431—443 8 umfassenden obere« Wahlbezirk. Schönheide, am 5. November 1910. Der Gemeinderat. Haupt. Bekanntmachullg. In einem Elternabende, der kommenden Mittwoch, den 9. November 1910, von abendS 8 Uhr ab im Saale des Deutschen Hauses abgehalten werden wird, soll Gelegenheit zu einer AnSsprache über die Errichtung einer Mädcheu-kyortbildungS- schnle (freiwilligen Besuches) gegeben werden. Zum Besuche dieser Veranstaltung ladet die hochgeehrten städtischen Körperschaften, die Eltern und Pfleger unserer Schülerinnen, so wie alle Freunde und Gönner unserer Jugend und Schule hierdurch aufs herzlichste ein Eibenstock, den 7. November 1910. Die Schuldireltion. Petzold. Die türkische Anleihe. Die türkische Anleihe ist nunmehr unter Dach und Fach gebracht worden, und damit hat Deutschland ei nen unbestrittenen Erfolg erzielt. Nicht bloß auf wirt schaftlichem Gebiete, denn es steht außer Frage, daß der Verlauf der ganzen Affaire einen Wendepunkt in der Orientpolitik bildet, wenigstens in der Richtung, daß die Stellung der Türkei gegenüber Deutschland eine andere geworden ist. Man weiß, daß der Eintritt des jungtürkischen Regimes im Osmanenreiche eine Entfremdung mit Deutschland brachte, weil die neuen Machthaber Deutschland als eine der stärksten Stützen der Regierung Abdul Hamids betrachteten. Ueberdies war man den englischen Lockungen verfallen, die so lieblich ertönten und den Jungtürken das Blaue vom Himmel herunter versprochen hatten. Als aber die Probe auf das Exempel gemacht werden sollte, siehe da, da mußten die Jungtürken die trübe Erfahrung machen, daß man in England mit Worten sehr schnell bei der Hand ist, es meist aber bei den leeren Versprech ungen sein Bewenden haben läßt. Der Verlauf der schweren Balkankrisis zeigte den Jungtürken die kor rekte Haltung Deutschlands und man faßte seitdem wieder größeres Vertrauen. Die Annäherung zwischen Deutschland und der Türkei war begreiflicherweise Eng land und Frankreich wenig angenehm und so kamen die Treibereien, die sich bei der jüngsten türkischen Anleihe abspielten. Allenthalben fand der türkische Finanz minister Dschavid verschlossene Türen, sowohl in Lon don, wie auch ganz besonders in Paris. Frankreich stellte unerfüllbare Forderungen und zwar keineswegs auS wirtschaftlichen Gründen, sondern man ließ sehr deutlich Hindurchblicken, daß politische Motive dabei mit im Spiele waren und es wurde ganz offen von der Presse erklärt, man wolle der Türkei keine Anleihe ge ben, damit diese das Geld für militärische Anschaffun gen brauche, die in Deutschland gedeckt würden. Gleich zeitig mußte allerdings Frankreich das seltsame Schau spiel erleben, daß ihm seine guten englischen Freunde beinahe in den Arm gefallen wären, indem eine eng lische Finanzgruppe geneigt war, das Geschäft mit der Türkei zu machen. Diefes kam aber nicht zustande und so legte sich dann die deutsche Finanzwelt ins Mit tel und nach allem, was man hört, scheint man da bei kein so schlechtes Geschäft zu machen. Sind doch die der Anleihe zugrundeliegenden Garantien, die Zoll einnahmen der Provinz Konstantinopel, die erstklas sigsten, die man sich denken kann. Wie verlautet, ist in den Konferenzen zwischen dem Finanzminister Dscha vid und dem Direktor der Deutschen Bank Geheimrat Helfferich vereinbart worden, 5^/, prozentige Schatz- fcheine von 6 Millionen Pfund mit Lauffrist bis zum 14. Mai 1911 auszugeben, des ferneren wurde eine 4 »/« Zollanleihe fest übernommen, wenn auch für deren .Emission ein gelegener Zeitpunkt abgewartet werden soll. Aber es handelt sich, wie gesagt, nicht nur um diese finanzielle Transaktion, sondern auch die poli tische Seite der ganzen Angelegenheit ist von Bedeu tung, wo auch der genannte türkische Finanzminister in einer Unterredung ausdrücklich erklärte, daß die freundschaftliche Haltung Deutschlands es der Türkei möglich gemacht habe, in einem kritischen Moment ihre Unabhängigkeit und Würde zu wahren. Damit ist deut lich die Stimmung in der Türkei charakterisiert, und es wird Sache unserer Staatsmänner sein, die Ge legenheit beim Schopfe zu fassen, um uns wieder am Goldnen Horn auf die Dauer einen maßgebenden Ein fluß zu sichern. In dieser Hinsicht dürfen wir Ver trauen zu dem jetzigen Leiter der Auslandspolitik Deutschlands haben, denn Herr von Kiderlen-Wächter kennt aus langjähriger Praxis das dortige schwierige Terrain zur Genüge. An der Seine wie an der Themse wird man freilich, obwohl dieser Gang der Dinge vor auszusehen war, nicht sonderlich erbaut sein, wie denn auch die Potsdamer Monarchenbegegnung den Herren schwer auf der Leber gelegen hat, weil man daraus eine engere Annäherung Rußlands an Deutschland und da mit auch eine Aenderung hinsichtlich der Mächtekon stellation auf dem Balkan befürchtete. All' das kann uns aber herzlich kalt lassen, auf dem Gebiete der Weltpolitik wird nur der respektiert, welcher unbeküm mert auf sein Ziel losgeht und nicht vor den andere^ katzenbuckelt, was stets für ein Zeichen der Schwäche ausgelegt wird. Tagesgeschichte. Deutschland. — Besuch des Kaisers beim Zaren. Der deutsche Kaiser wird auf seiner diese Woche erfolgen den Reise nach Donaueschingen dem Zaren einen kur zen Gegenbesuch machen. — Nach dem Zarenbesuch. Ueber den Besuch des Zaren beim Kaiser erfährt der Berliner Korre spondent der „Köln. Ztg." noch, daß das vielfache Zu sammensein der beiden Monarchen sich in der unge zwungensten und freundschaftlichsten Weise gestaltete, so, wie das den engen Familienbeziehungen der beiden Häuser und der stets freundlichen persönlichen Gesin nung der beiden Kaiser entspreche. Bei den Unterre dungen, die der neu ernannte Leiter der auswärtigen Politik Rußlands, Herr Sasonow, sowohl mit dem Reichskanzler von Bethmann-Hollweg wie auch mit dem Staatssekretär von Kiberlen-Wächter hatte, wurden in ausgiebigster Besprechung alle diejenigen Punkte be rührt, an denen Deutschlands Interessen beteiligt sind und die möglicherweise zu Meinungsunterschiedungen und zu Reibungen zwischen Rußland und Deutschland führen könnten. Das sehr erfreuliche Ergebnis dieser loyalen Verhandlungen besteht darin, daß man dahin überein gekommen ist, künftig sofort bei auftauchenden Schwierigkeiten eine offene Aussprache zwischen den beiden Regierungen eintreten zu lassen. — Die Kronprinzenreise. Der Reichspost- dampser „Prinz Ludwig" des Norddeutschen Lloyd mit dem Kronprinzenpaar an Bord hat Sonntag abend 7 Uhr auf seiner Ostasienfahrt bei schönem Wetter Kre ta passiert. Das Kronprinzenpaar nimmt reges Inte resse an dem Leben und Treiben an Bord und betei ligt sich auch viel an dem Unterhaltungsspiel. Es läßt sich Passagiere vorstellen, die es durch persönliche Liebenswürdigkeit einnimmt. Der Dampfer wird ver mutlich am heutigen Dienstag 7 Uhr morgens in Port Said ankommen. — Dem Reichstage sind die Entwürfe dreier Gesetze zugegangen, deren Beratung auf der Tagesord nung der ersten Sitzung am 22. November nachmittags 2 Uhr steht. Es handelt sich um den Gesetzentwurf, be treffend die durch die neue Strafprozeßordnung veran laßte Aenderung des Gerichtskostengesetzes, den Schutz des zur Anfertigung von Reichsbanknoten verwendeten Papiers gegen unbefugte Nachahmung und um die Be seitigung von Tierkadavern. — Zur Reichsversicherungsordnung. Die „Berl, polit. Nachr." schreiben anscheinend offiziös: Bei der am 10. d. Mts. beginnenden zweiten Lesung der Reichsversicherungsordnung in der betreffenden Reichstagskommission werden hoffentlich diejenigen Be schlüsse erster Lesung wieder beseitigt werden, die zu erheblichen Bedenken Anlaß geben. Wenn etwa unter den Mitgliedern der genannten Kommission die Auf fassung bestehen sollte, daß die Regierung in dem Wun sche, vor den nächsten Reichstagswahlen und mit Rück sicht auf diese das große gesetzgeberische Werk zum Ab schluß zu bringen, andernfalls von ihr nicht zu er langende Konzessionen machen werde, so dürste sich sehr bald herausstellen, daß eine solche Auffassung der tatsächlichen Unterlage entbehren würde. Bei man chen Parteien mögen für ihre Entschließungen Rück sichten auf den Ausfall der nächsten Reichstagswahlen und andere Gründe der Tagespolitik maßgebend sein, die Regierung wird sich bei ihrer Stellungnahme zu den Beschlüssen der Kommission in erster Lesung aus schließlich von sachlichen Rücksichten leiten lassen, wie dies ja auch Mein ihrer Pflicht und Stellung ent spricht. Man wird sich daher auch unter den Mitglie dern der Kommission der Ueberzeugung nicht verschlie ßen dürfen, daß auf eine Verabschiedung der Reichsver sicherungsordnung und damit auch der Witwen- und Waisenversorgung der Arbeiter in der laufenden Tag ung des Reichstages nur dann zu rechnen ist, wenn den gewichtigen sachlichen Bedenken der Regierung entspre chend Rechnung getragen wird. — Verfassung der Reichslande. Der el saß-lothringische Verfassungsentwurf sollte Montag oder Dienstag dem Bundesrate zugehen. Referent für das Plenum ist der Vertreter des Königreichs Sachsen. Der Entwurf soll dem Reichstag möglichst bald nach Neujahr zugehen. — Drohbriefe. Landgerichtsdirektor Lieber in Berlin, der den Vorsitz in dem am Mittwoch begin nenden Moabiter Krawallprozeß führt, hat zahlreiche Drohbriefe erhalten. Es heißt darin, wenn Lieber den Vorsitz nicht niederlege, werde das Gerichts gebäude demoliert oder in die Luft gesprengt werden. — Nationalliberalismus und Sozial- demokra tie in Baden. Der nationalliberale Ge neralsekretär im Königreich Württemberg, Herr Klei- nath, hat kürzlich in einer Stuttgarter Parteiver sammlung die Worte ausgesprochen: „Eine selbstän dige nationalliberale Partei würde es in dem Augen blicke nicht mehr geben, in dem sie sich an die Seite der Sozialdemokratie drängen ließe." Diese Worte sprechen, wie man dem nationalliberalen „Schwäb. Merkur" aus Karlsruhe schreibt, mit erstaunlicher Kür ze und Genauigkeit das aus, „was wir leider in Baden erlebt haben. Eine selbständige nationalliberale Par tei gibt es hier nicht mehr. Die Sozialdemokraten behandeln die Nationalliberalen als ein Anhängsel, das sie glauben, nach ihrem Belieben kommandieren zu kön nen, und die eigenen Anhänger wenden sich verstimmt von der Partei ab, in deren früherer Gestalt sie ein not wendiges Erfordernis der Reichspolitik erblickt hatten. Es wird noch lange dauern, bis eine bessere Erkenntnis in Baden Platz greift, denn gegenwärtig halten die Teil nehmer an dem Kasseler Parteitag landauf landab