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Lokal-Anzeiger für Ottendorf-Okrilla und Umgegend Diertiljährlich r,Sv Mark, »«< Zust-llung durch die Baien Mark. Im Falle höherer Gewalt <Krieg od. sonst, tr^ndwelcher Ttdrungen de« Beiriedes der Z«s»n-, der Lieferanten od. d. Beförderung»- l! Ktartchtungen) der Beüeher keinen An- 1 e»«ch aus Ltekrung oder Bachltefernng der st gaitung od. »ufBllikzahlnng d. B«z»,»pr»«f»,. re rnnEr, wrr r^n r-r^r^r w^ Die ,O««ndorser Zeitung' erscheint Diens- j - tag, Donnerstag und Sonnabend. st . HlilkrhsltnzS' Nd AMM Lernsprech-Anschluß: Amt Dermsdorf b. Dr. Nr. 3j. Postscheck-Konto: Leipzig Nr. 29l48. Achriftleitung, Druck und Verlag: Hermann Xthl«, G«GiDkltll» Nummer l Sonntag, den 4- Januar l920 ^Y. Jahrgang. Rückblick unü Hurdlicir. Das schwerste Jahr der neuen deutschen Wirtschafts geschichte liegt hinter uns. Weltabgewandt in politischer Hinsicht hatte das deutsche Volk in unermüdlicher An spannung seine gesamte Kraft aus ökonomische Leistungen verschwendet. Unter eigener persönlicher Verantwortung schuf da« deutsche Unternehmertum eine wirtschaftliche Maschinerie, die ihres gleichen nicht einmal in den kapitalistisch entwickelten Amerika sand. Der Krieg brachte neue Verpflichtungen; sie wurden ge- tra!L,N. Die Arbcitsfreudigkeit des Volkes wurde durch sie im allgemeinen nicht beeinträchtigt. Wohl zehrte das Land, abgcschnürt von der ganzen Welt, von dem in langen Friedensjahren angehäujten Volkswohlstand. Die Krast und Elastizität deutschen Unternehmungsgeistes wurde dennoch nicht gebrochen. Die gewaltige Krastanstrengung während de« Krieges zeitigte gröbere Leistungen al» vorher, zwang aber auch zur Zurückhaltung im Konsum, sodab eine Rente erwirtschaftet werden konnte, aus der sowohl der lausende Verbrauch als die durch Maschinenoerschleiß, Werk- zeugabnutzung mw. erforderlichen Abschreibungen gedeckt werden konnten So wären unter der Voraussetzung, daß der Krieg nur einigermaßen mit einem Ausgleich geendet hätte, wohl die Bedingungen sür eine gesunde Fortent wicklung vorhanden gewesen, und die Annahme, daß Deutsch land« weltwirtschaftliche Position bald wieder zu erobern wäre, konnte mit Fug und Recht al« bestimmt begründet erscheinen. E« kam anders. Der unerwartet ungünstige Ausgang des Feldzuges brachte die Revolution, die auf einen Schlag eine Anzahl sozialer Probleme ausrollte. Die meisten von ihnen können nur gelöst werden, wenn die Arbcitsfreudigkeit sich steigert, wenn Deutschlands Volkswirtschaft Produktivität al« in Friedenszeiten erlangen kann. Das allerschwerste Problem de« verflossenen Jahre« war die Umstellung auf die Friedenswirtschaft Alle Vorbereitungen waren getroffen. Da aber nur mit der Siegesaussicht gerechnet worden war, wurden die Vorarbeiten mü einem Male wertlos, man stand vor der Notwendigkeit, au« dem Chaos etwa« ganz Neue« zu schaffen. E« muß gesagt sein, daß besonders das Unternehmertum trotz aller Hemmnisse entschlossen war, da« Unmögliche zu versuchen Aber e» konnte nicht gelingen. Eine von falschen Voraussetzungen ausgehende Arbeilnehmer- schicht fiel dem Unternehmer durch politische Kämpfe an dauernd in den Arm und erreichte durch eine weitverzweigte soziale Gesetzgebung, daß die freie Betätigung wirtschhafl- liche Energie erheblich eingeschränkt werden mußte. Anderseits hatte das Ausland uns Fesseln angelegt, in denen kaum möglich war, kinherzuschreiten, um wieviel weniger erst zu arbeiten. Durch raffiniert ausgeklügelte Waffenstillstand«- und Friedensbedingungen wurde eine Ausplünderung Deutschland« in Szene gesetzt, die einstweilen fast jede Hoffnung auf Friedensgenesung unterband. Die deprimierende Wukung des unglücklichen Kriegsausgang« aus die Arbettssreudigkeit des «anzen Volkes, diese ent nervende Wirkung Hai die deutsche Volkswirtschaft und damit indirekt auch die Hoffnungen der Feinde auf Erlangung grober Wiedergutmachungssummen am allerschwersten ge schädigt; viel mehr als die tatsächlich erfolgte Entziehung wichtiger deutscher Produktionsmittel durch die Feinde. Wa« nun einsetzet, in lediglich Folge dieser seelischen Depression Ein vertrauendes, hoffnungssrohes Volk würde der Ver suchung, um zeitlichen Gewinnes willen Unwiderbringliche» zu veräußern, leicht widerstehen. Ein zermürbtes Volk, dem die Zukunft ungewiß und grau erschein!, da« sich in der Hand einer gegnerischen Koalition befindet, die nur durch die Ansprüche an Deutschland zusammengehalten wird, kann c» nicht. So liegt Deutschland denn schutzlos da vor der gestiegenen Kaufkraft des fremden Geldes, und es kann, um ein Bild zu gebrauchen, sehr bald der Tag kommen, an dem Amerikaner „die Wartburg, in deutsches Papiergeld eingewickelt" nach dem neuen Kontingent transportieren werden. Gegen diese Wirkung des unglücklichen Krieg«au»gang«, die jede Hoffnung auf Wiederaufbau vernichten muß, ist mit allen möglichen Mitteln während des vergangenen Jahre« angekämpft worden; leider vergeblich. Die Kaufkraft der Mark ist unaufhörlich weiter gesunken, der „Ausverkauf der deutschen Volkswirtschaft" macht erschreckende Fortschritte. Aus Krieg uns Revolution hat Deutschland nichts gerettet al« seine geschwächte Arbeitskraft und eine noch immer ge- wattige Produktiontmaschinerie, zwei Größen, die theoretisch wohl ausrcichen würden, um den Wiederaufbau aufzunehmen, von denen pracktisch aber nicht bekannt ist, ob die Feinde ihrem Einsatz nicht Hindernisse bereiten würden, auch wenn die Ratifikationsurkunden ausgetauscht sein werden. Deutsch land wird Frieden nur dann haben, wenn die Gegner in friedlicher Gesinnung den vieldeutigen Vertrag von Versailles zur Ausführung bringen. Für die nächsten Jahre stehen enorme finanzielle Verpflichtungen zwar fest; aber es ist nicht einmal abzusehen, wie nur die ersten zwanzig Milliarden in Gold zur Auszahlung gelangen sollen. Gold wird Deutschland so lange unerreichbar sein, als unsere Zahlungsbilanz nicht aktiv geworden ist. Wie aber soll das gelingen, wenn sämtliche Organe unseres Ausfuhrhandels vernichtet sind und der Rest von seilen der Gegner durch Abschnürung weiter lebensunfähig gemacht wird. Zu der Einsicht des Widersinn«, der in dem Versailler Vertrag paragraphiert worden ist, hat sich die Entente bisher noch nicht verstehen wollen. England scheint sich der Ansicht hinzugeben, daß ihm eine vollständige wirtschaftliche Ver nichtung Deutschlands größere Vorteile bietet, als sie der Eingang der Kriegsforderungen zu bringen vermag. Anders liegt die Sache sür Frankreich, ebenso hat Italien da« größte Interesse an der Gesundung der deutschen Volkswirt schaft. Leider gibt man sich aber auch in Deutschland nicht in klarer Weise Rechenschaft über unsere volkswirtschaftliche Lage. Zwar hat sich der Nutzeffekt unserer Arbeit in den letzten Monaten etwas gebessert. Die Ausblähung unserer Geldeinheit täuscht Reichtum vor, der nicht vorhanden ist. Auch die Ernährungslage hat sich ein wenig günstiger ge staltet. All dem stehen aber die Aufgaben gegenüber, die aus der Ausührung de« Friedensvertrages im nächsten Jahre resultieren. Und bei dieser Gelegenheit können sich Hemmungen ergeben, die leicht da« Erreichte wieder voll kommen vernichten. Langsam bahnt sich bereit« eine große Geldknappheit an Die neue Steuergesetzgebung und die gewaltigen industriellen Astsprüche an den Kapitalmarkt (monatlich werden Milliarden beansprucht) lassen den Zeitpunkt nicht mehr fern erscheinen, da täglich Geld nur noch zu sehr hohen Sätzen zu erhalten sein wird. Da« wird die Zett der Prüfung für die Widerstandskraft unserer Volks wirtschaft sein. Wächst sich da« neue Jahr aber bereit« in Deutschland zu einer Krisenzeit au«, so werden auch die Siegerstaaien nicht unberührt bleiben. Allem Uebermut der Gegner zum Trotz muß auf die Solidarität der wirlschaft- lrchen Verhältnisse hingewiesen werden. Es gibt — wirt schaftlich gesehn — außer den Vereinigten Staaten in diesem Weltkrieg keine Sieger. Bricht die deutsche Volkswirtschaft in diesem Jahre unter der Last des Friedensvertrage« zu sammen, so wird eine Weltkrisi» unwetterhast über die krieg führenden Staaten dahinjagen und praktisch den Beweis erbringen, daß nur Solidarität von Siegern und Besiegten der Welt wiedergeben kann, was sie braucht; den Ersatz der durch fünfjährige Vernichtung verringerten Vorräte an Ge brauch gülern jeglicher Art. Oertliches und «ächfisches. Vltenöorf-Gkrtlla, den z. Januar i^2o. — De» Hohneujahrstages wegen gelangt die nächste Nummer unserer Zeitung bereit» Montag nachmittag zur Ausgabe. — Kirchenvorstandswahl. Die Anmeldezettel für die Wählerliste sind im Pfarrhaus, Teichhau», bei Herrn Peukert und Herrn Standesbeamten Leonhardt zu haben. Wahlbe- rechtigt sind alle Gemeindeglieder, Männer und Frauen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben. Die Wählerlisten werden vom 12. Januar an vierzehn Tage auslregen. Rege Wahlbeteiligung wird erwartet. — Kirchensammlungen: Kollekte zur Christmette 51,50 Mark für die Kirche, 2. Feiertag 47 Mark für kirch liche Versorgung der deutschen im AuSlano, 31 Mark am Silvester sür allgemeinen Kirchenfonds, 19 Mk. am Neujahr für die Kirche. — Die Aufführung der Christmette wird am Hohneujahr abends 5 Uhr wiederholt unter Mitwirkung des gemischten Chores. — Fleischoersorgung im Bezirke der Amtshauptmann schaft Dresden-Neustadt einschl. dec Stadt Radeberg. Für die Woche vom 29. Dezember 1919 bis 4. Januar 1920 erhallen auf die Reichsfleischkarten Reihe „U" Personen über 6 Jahre aus die Re'chsfleischmarken 1—10 150 gr Rinderpökelfletsch für 1,70 Mk., Personen unter 6 Jahren !auf die Reichsfleischmarken 1—5 7b gr Rinderpökelfleisch für 85 Pfg. Abschnitt 9 der Lungenkrankenkarte wird in dieser Woche mit 250 gr Autlandsspeck beliefert. — Der Sächsischen Volkskammer sind drei neue Gesetzentwürfe zugegangen. Der eine behandelt die i« ersten Vierteljahr 1920 außer der Einkommensteuer zu er hebenden Steuern. E» soll den Gemeinden da» Recht er teilt werden, neben einem besonderen Einkommensteuertermin, der bekanntlich bereit» vorgesehen ist, .auch Kirchen-, Schul- und Hundesteuern zu erheben. Der maßgebende Paragraph lautet: „Um den durch Einkommensteuer aufzubringcnden Teil des haushaltsmäßigen Aufwand» für die bürgerlichen Gemeinden, die Kirchen- und Schulgemeinden auf die Zeit vam 1. Januar bi» 31. März 1920 zu decken, können die bürgerlichen Gemeinden nach Z 60 und § 71 des Gemeinde steuergesetzes. § 17 des Kirchensteuergesetzes und tz 16 de« Schulsteuergesetzes beschließen, daß ein bestimmter Bruchteil de» Einkommensteuerbetrage» zu erheben ist, den die Steuer pflichtigen im Jahre 1919 für die bürgerliche, die Kirchen- und Schulgemeinde zu zahlen gehabt haben. Der Bruchteil muß in allen Klaffen de» Steuertarif» der gleiche sein. Die Steuerbeträge sind auf volle Markbeträge nach unten abzurundcn. Für da» erste Viertel des Jahre« 1920 darf auch in den Gemeinden, die am 1. April 1920 ein neue« Rechnungsjahr beginnen, ein besonderer Hundesteuertermin erhoben werden." Der zweite Entwurf bringt das von der Volkskammer beschlossene Kirchenaustrittsgesetz im Einklang mit den Bestimmungen der ReichSversaffung. E« handelt sich dabet vor allen Dingen darum, daß die Anzetgepflicht de« Kirchenaustritt« an den Pfarrer der bisherigen Kirchen gemeinschaft in Wegfall kommen soll und daß auch jungen Leuten unter 21 Jahren der Uebertritt von einer Kirchen gemeinschaft zu einer anderen gestattet sein soll. Die dritte Vorlage betrifft die Verlängerung der Gültigkeit der Ver ordnung über die Genehmigung zur Errichtung von Ge meinden- und Schulsparkaffen vom 19. Februar 1915. Diese Verordnung soll Gültigkeit bi» zum 31. Dez. 1925 erhalten. — Im Anschluß an den Vertretertag de» sächsischen Lehreroerein» haben sich die sächsischen Lehrer, soweit sie auf dem Boden der Sozialdemokratie stehen, zu einem Landes verband zusammengeschloffen. In den Vorstand dieser Organisation wurden gewählt Schultze-Dresden, Arzt-Dresden Dr. Schumann, Dr. Wünsch-Löbau, Müller-Chemnitz, Lessig- Zwickau und Hertzsch. Lößnitz. — Radeburg Hier wurde kurz vor dem Feier- tagen von den Neubauten im Gröffel'chen Gärtnereigrund stück am Bahnhof ein 10 PS Motor gestohlen, der auf interessante Weise wieder zum Vorschein kam. Der Bau leiter und Polier fahren allabendlich mit dem Zuge weg und beobachteten nach einigen Tagen einen jungen Mann, der einen Motor zum Kauf anbot. Al» sie ihn am andern Morgen wieder in demselben Ort autsteigen sehen, folgen sie ihm und melden sich al« Käufer. Er führt sie zu seinem Arbeitgeber, einem Echloffermeister in Lausa — ihre Ahnung täuscht sie nicht, und sie finden ihren Motor wieder. Dabet stellte sich herau«, daß ihn der Meister für geleistete Arbeiten in Zahlung genommen hatte. Dort wurde denn auch der Dieb in einem Arbeiter von oben genannten Neu bau ermittelt. Meißen. In einem Vororte sind in den letzten Tagen Typhuserkrankungen festgestellt worden. 17 Personen wurden in« Krankenhaus eingeliefert. Die Erkrankungen sind fast durchschnittlich mittlerer Art, bi» auf wenige schwererer Natur. Die Ursache der Erkrankungen wird auf schlechte Beschaffenheit de» Trinkwaffer» zurückgeführt. — In der Gaststube des Gasthofe» Zehren hielt sich am Sonntag nacht« ein junger Mann au« Wölkrich allein auf. Diesem leistete schließlich da« Hausmädchen de« Wirte« die Tochter der Witwe Findeisen aus Zehren, vorübergehend Gesellschaft. Plötzlich krachte au» der Gaststube ein Schuß, und die vom Saale nach der Gaststube eilenden Gäste fanden dar Mädchen, au« einer Schußwunde blutend, mit dem Tode ringend vor. Wie der junge Mann, ein ehe maliger Matrose, angibt, will er dem Mädchen einen Revolver gezeigt haben, der sich in den Händen de« Mädchen« entlud und dieses so schwer verletzte, daß es in kurzer Zeit verstarb. Siegmar. Am 1. Januar 1920 treten vier Ge meinden der Amtshauptmannschaft Chemnitz zu zwei Ge meinden zusammen, nämlich die Orte Siegmar und Stelzen- dorf, sowie Pfaffenhain und Seifersdorf. Stelzendorf wird schon 1200 und Siegmar 1375 urkundlich erwähnt.