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Ottendorfer Zeitung. kl- - !! Erscheint Dienstags, Donnerstags und Sonnabends abends. Bezugspreis: monatlich qo pfg., zweimonatlich 80 pfg., vierteljährlich l,ro Mark. O Einzelne Nummer io pfg. O l I-" > N Unterhaltungs- und Anzeigeblatt Wochenblatt und Anzeiger Neueste Nachrichten Bezirks- und General-Anzeiger y - - o Annahme von Anzeigen bi» spätestens Mittags p Uhr des Lrscheinungrtages. Preis für die Spaltzeile za pfg. Zeitraubender und tabellarisch« Satz nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen Preisermäßigung. Ü —— 0 Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", ^eld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Druck und Verlag von H. Rühle, Inh.: R. Storch in Groß-Okrilla. Für die Redaktion verantwortlich R. Storch in Groß-Gkrilla. No. 21. Freitag, ven 18. Februar 191^- 9. Jahrgang. -ertliches und Sächsisches. Dttendorf-Dkrilla, den u- Februar 8. L-L. Stumme Festteilnehmer. Zu Kaiser» oder Königs Geburtstag pflegt ein geschmückter Saal die festlich gestimmte Teil- mhmerschar zu vereinen. Dem Trinkspruche aus den hohen Geburtstäger folgt zumeist die von den Musikern gespielte Melodie: „Heil dir im Siegerkranz", nach der am KönigS- GeburtStage auch da« Lied: „Den König segne Tott" gesungen werden kann. Aber wie beim letzten Katsergeburtstage im Dresdner AuS- stellungSpalaste, wo an 200 am Festmahl teil nahmen, so wird auch sonst und anderwärts die Melodie schweigend angehört. Nur durch Tinstimmen in den dreimaligen Hochruf unter brechen die Festteilnehmer ihre schweigende Be teiligung. Wir sind, wie Staatsminister Graf Vitzthum kürzlich bemerkte, zu sehr bloße Zu schauer und Zuhörer geworden. Wenn nach dem Kaiserhoch der erste Vers von: Heil dir im Siegerkranz, nach dem Königshoch der erste Vera von: Den König segne GoN, von den Festteilnehmern gesungen würde, so würde das nach dem Trinkipruche des Festredners wie ein gemeinsames freudiges Bekenntnis aller Fest- leilnehmer wirken. Woher kommt jenes Schweigen? Wir sind singesaul geworden. Die Automaten-Musikwrrke haben auch in den Wirtschaften den Gesang der Gäste, ich will nicht sagen verdrängt, aber ersetzt. Und wir haben die Liederlexte vergessen. Diese sind wahrlich nicht bloß da», was mit einem über all» trockenen Namen als „Memorirstoff" be zeichnet wird, sondern Gedäcbtnisschätze, die zur gegebenen Zeit Hoch und Niedrig, Alt und Jung, Männer und Frauen in gemeinsamen Besang verbinden und erheben können. Von den meisten Liedern, die Gemeingut oller Deutschen sein sollten, haben wenige Deutsche Mehr al» den ersten Vera inne. Ich weiß eine deutsche Frau, die insbesondere an vater ländischen Gedenktagen ihr bekannte Kinder all- b Verse der Wacht am Nhein oufsagen läßt und wenn die Kinder das nicht vermögen, sie dazu auffordert da» jehlende sich zu eigen zu Machen. Da« machtvolle Lied, besten Inhalt auf dem Niederwalddenkmal in Erztasen wieder- gegeben ist, sollte ein persönlicher Besitz eines jeden Deutschen sein. Wir sollten die edlen Liederschätze unsre» Volkes mehr im Herzen tragen und bei festlichen Gelegenheiten, bei fröhlichem Wandern und sonst wieder im ge meinsamen Gesänge ou«strömen lasten. —* Die Herbstmanöver de» 19. Armeekorps. Au« zuverlässiger Quelle verlautet, daß di- dlerjährigen Manöver de» 19. Armeekorps bei Aue, Schwarzenberg, Buchholz, Annaberg ab- gehalten werden sollen, wenn der Stand der Feldsrüchte zu dieser Zeit ein vorgeschrittener ist, und die Flurschäden nicht zu hohe Summen fordern- —* Sachsen stellt die kleinsten Soldaten. Nach amtlichen Feststellungen über die Körpergröße der Soldaten stellte sich heraus, daß im Königreich Sachsen unter 1000 ein gestellten Mtliiärpersvnen 117,25 waren deren Körpergröße unter 1.65 Meter betrug. Dann kommt Altenburg und in weiterer Folg« Schlesien, Bayern, Reuß. Die größten Sol daten stellt Mcklenburg-Schwerin. —* Zur bevorstehenden Entlastung der Konfirmanden und der damit verbundenen Berufswahl empfiehlt sich die Beachtung der nachfolgenden Zeilen: „Jeder junge Mann, der jetzt die Schule verläßt, kann nicht genug vor der Ergreifung des Schreiberberufö gewarnt werden. Denn gerade di«ser Berus hat doppelt an dem großen Ueberangebot von Arbeitskräften zu leiden. Infolge der aus giebigen Verwendung der Schreibmaschine, deren Bedienung wiederum fast ausschließlich von weiblichen Hilfskräften erfolgt, und der erhöhten Zuhilfenahme der Stenographie ist eine erhebliche Verminderung des Schreibwerks herbeigeführt worden, worau» sich naturgemäß eine bedeutende Stellenverminderung ergibt. Hierzu tritt noch da« Bestreben der StaatS- und Gemeindehörden, möglichst an Beamten - stellen zu sparen und das bevorstehende Inkraft treten der neuen Gebührenordnung sür Rechts anwälte und die neue Zivilprozeßordnung sind alles wohl zu beachtende Umstände, die das Vorwärtskommen eine« vor allen Dingen nur mit Volksschulbildung ausgerüsteten jungen Mannes direkt ausschließen. Ein Blick in die Statistiken und Stellenangebote der größeren Verbände dieser Berussklaste zeigt die ständig steigende große Notlage und die über die Ein- kommenSverhältniffe dieser Kategorie angestellten Erhebungen führen eine so deullichc Sprache, daß eine weitere Begründung überflüssig ist. Eine besondere Schädigung bedeutet aber auch die Verpflichtung der Staats- und Gemeinde behörden, bei Stellenbesetzungen den Militär- anwärtrrn den Vorzug zu geben, und faßt man dann weiter ins Auge, daß die Beschäf tigung von jungen Leuten fast ausschließlich vom Besitz des Einjährigenzeugnistes abhängig gemacht wird, so erübrigt sich wohl ein weiterer Kommentar über die Aussichtslosigkeit in dem erwähnten Berus. Dre«den. In einem Hause des Mühl- gäßchens begoß sich eine 32 Jahre alte Frau in selbstmörderischer Absicht mit Petroleum und zündete die« an. Die Frau erlitt so schwere Brandwunden, daß an ihrem Auskommen gezweifelt wird. — Der 56 Jahre alte Pfarrer Füllkrütz au» Lauterbach bei Stolpen, der in Dresden eine Grabrede halten wollte, verstarb kurz nach seiner Ankunft aus dem hiesigen Bahnhof an Herzlähmung. — Die Sächsische Dampfschiffahrtagesellschast, die ihre Generalversammlungen bisher im „Italienischen Dörfchen" zHelbigS Etablissement) m Dresden abhiclt, wird dieses Jahr, nachdem das genannte Etablissement abgebrochen worden ist. auf dem Luxusdampfer „Kaiser Wilhelm" tagen. Niederlößnitz. Durch Vermittlung des Generals Sachse sind der hiesigen Gemeinde ein größerer Wald- und Wisenkomplex und 8650 Mk. zur Errichtung eines Waldparkes gestiftet worden. Mittweida. Der über 82 Jahre alte Türmer der hiesigen Stadtkirche, der Weber Seydel, hat seinem Leben freiwillig ein Ende gemacht. Die Türmerstelle wird künftig nicht wieder besetzt. Rossau bei Mittweida. Das große Los wie auch die Prämie der Landeslotterie und auch die Prämie der Völkerschlachtlotterie sind bereits nach Rostau gekommen. Jetzt hat wieder ein Einwohner unseres Ortes ein Zehniel des 50000 - Mark - Gewinnes der 3. Klasse der Landesiotterie gewonnen. Oschatz. Aus dem Bett heraus wurde in Arntitz ein Mann namens Kogisch verhaftet, der vor kurzem die Buttersrau Görlt aus Coffa- bra überfallen und um 200 Mk. beraubt hat. Kogisch hat sich nach der Tat zu seiner Frau begehen, von der er getrennt lebt, um ihr auch etwas von dem Geld zu geben. Er wurde zunächst nach dem Amtsgericht Lommatzsch ein geliefert und dann nach Oschatz überführt Der Verhaftete hat die Tat bereits ein gestanden. Olbersdorf. Auf dem Gelände der Braunkohlengrube „Glückauf" versank das zwei- spännige Geschirr eines Zittauer Lohnfuhrwerks - besitzers vier Meter tief in die Erde. Nach längerer Bemühung gelang es, das Gespann unerletzt zu bergen. Plauen. Die im Lohnkampfe stehenden Buchbinder und Kartonnagenarbeiter haben sich einer schweren Ausschreitung schuldig gemacht. Die Arbeitswilligen der Firma Albert Grimm in der Wilhelmstraße wurden mit einem Ge schirr nach Hause gefahren, auf dem auch der Arbeitgeber Platz genommen hatte. Kaum abgefahren, wurde auf das Gefährt von Streikenden geschossen. Der Kutscher wurde von einem Geschoß getrosten, das ihm durch die Nase grang. Es ist strenge Untersuchung eingeleitet. Schwarzburg. Im Forstorte Schabs- Haide wurde der Holzfäller Oberländer von einem stürzenden Baume so schwer getroffen, daß er seinen Verletzungen erlag. Der Ver unglückte hinterläßt eine Witwe mit drei kleinen Kindern. Grasdorf. In die im Gang befindliche Strohpresse geriet der Maschinensührer Decho mit dem rechten Arm, der ihm bis zum Ellen bogengelenk zermalmt wurde. Neuhausen i. Ezg. Hier macht sich in folge der innrer mehr ausblühenden Industrie Wohnungsmangel fühlbar. Man schritt daher zur Gründung eines Bauvereins, dem bereits 67 Mitglieder beitraten, welche zusammen die Lumme von 8700 Mk. zeichneten. Niederplanitz. Der Bahnübergang nach der Stenner Straße war am Dienstag nachmittag der Schauplatz einer aufregenden Vas Kökslein vor cker dckenke. Ein armer Gaul steht auf der Straß' Und stiert bis auf die Knochen, Doch drinnen wird ohn Unterlaß Dem Schnapse zugesprochen. Noch einen halben Klaren bloS Vermischt, ich wünsch, vom Guten I Es wartet ja das treue Roß Geduldig fünf Minuten. Da treten gute Freunde ein, Aus halben werden ganze. Schon strahlt herab der Sterne Schein, Der Mond im bleichen Glanze. Doch in der Schenk- ist es warm, Sie plaudern, trinken, essen — Und draußen friert, daß Gott erbarm, DaS Rößlein, ganz vergessen! „Nun stell' das Tier doch in den Stall" — Mahnt drauf nach einer Pause Der Wirt. — „O nein, auf keinen Fall, Jetzt fahr ich gleich nach Hause." — „Noch einen Halben!" ruft es hier, „Die Zahl mir abzurunden!" Doch aus dem Halben werden vier Und aus Minuten Stunden. Du armes Pferd, — du böser Mann! Hast du denn kein Empfinden? Dich sollte man an das Gespann Zu deinem Rößlein binden, Das wär dir recht, so müßt es sein, Zur Regel soll cS werden, Du trügest dann mit ihm die Pein — Und bester ging's den Pserden! Szene. Die Barriere war geschloffen, und jeden Augenblick mußte der Eisenbahnzug heran- brausen. Da kam die Straße von Stenn ein Radfahrer hereingesaust. Er fuhr mit voller Wucht gegen die geschloffene Schrankt, zerbrach diese und wurde mit seinem Rade auf die Schienen geschleudert. Im nächsten Augen blicke aber riß ihn ein entschlossener Mann von den Schienen zurück, -S war die höchste Zeit, denn noch eine Minute und der Zug wäre über den Radfahrer hinweggegangen. Der Radler, ein junger Mann aus Lichten tanne kam mit einigen Beulen und Hautwunden davon, aber er wird geewiß noch lange an diese schrecklichen Minuten denken. GotteSgab. Auf dem Wege vom Fichtel berg nach Gotlesgab rannte rin mit zwei Herren und einer Dame besetztes Auto gegen einen Felsen. Der Führer erlitt Rippenbrüche und innere Verletzungen, der zweite Insasse, ein Ingenieur, eine schwere Handoerletzung. Die Dame kam mit dem Schrecken davon. Da« Auto wurde stark beschädigt. Die Fahrgenoffen stammen aus Zwickau. Crimmitschau. Ein erst 12 Jahre alter Schulknabe, der kürzlich in einem Schrebergarten mit anderen Knaben einen Diebstahl ansführte, hat sich in der Nacht zum Dienstag eines neuen schweren Diebstahls schuldig gemacht. Er ließ sich in das Gehöft eines Bäckermeisters einschließen, gelangte dann nach Eindrücken einer Fensterscheibe in die Wohnung und entwendete dort die Tageskasse in Höhe von etwa 25 Mark. Auf demselben Wege schlich der junge Einbrecher zurück und begab sich wieder in sein Versteck, wo er dann später schlafend aufgefunden und arretiert wurde. Das Geld hatte der Junge in den Handschuhen versteckt. Rötha. Das neuerrichtete Amtsgericht wird voraussichtlich am 1. Oktober ds. I». eröffnet. Bet der zurzeit hier herrschenden Wohnungsnot aber dürfte es nicht leicht sein, geeignete Wohnungen sür den verheirateten Teil der Beamten zu beschaffen. Zwickau, Der Fabrikbesitzer Franz Berg aus Zwickau stürzte sich am Mittwoch früh in Berlin aus dem 4. Stockwerk eines Hauses in der Karlsruher Straße auf die Straße hinab und blieb mit zerschmettertem Schädel tot liegen. Er war nach Berlin gekommen, um sich einer Operation zu unterziehen. Löbau. Folgendes Schulgeschichtchen wird von hier gemeldet und als wahr verbürgt: An der Türe der untersten Knabenklaffe klopft es. Der Lehrer geht hinaus und findet draußen einen kleinen Knirps, der ihm auf die Frage des Lehrers, was er wolle, mit wichtiger Miene versichert, daß er Ostern bei dem Lehrer in die Schule eintrete, vorher möchte er sich aber die Sache einmal ansehen. Freundlich weist der Lehrer dem Kleinen dann einen Platz an, auf dem derselbe mäuschenstill bis zum Schluß des Unterrichts verharrt. Ala der Unterricht zu Ende war, äußerte der Kleine beim Ver laffen des Zimmers auf die Frage, wie eS ihm gefallen habe: „Na, mit dahn Schulegiehn doü war 'ch mer irscht wull noch amol überlähn." Lanr-UnlerrM für einzelne Personen jederzeit, auch Sonntags. Alle RunMuje in 3 Stunden, Walser und Rhein länder in 1 Stunde unter Garantie. -rivat-Institut Vnesäen-A., Maternistr. 1. Direktor Hugo Deuker u. krau. Besonders für ältere Personen ungeniert. sür 50 pfg. erfährt e« die gesamte Einwohnerschaft und die D der Nachbarorte, daß Sie etwas zu verkaufen D haben oder zu kaufen wünschen oder sonstigerlei Hi begehren, denn soviel kostet nur ein kleines M Inserat in der viel gelesenen Ottendorfer Zeitung. 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